Was ist Sucht/Abhängigkeit?

Ähnliche Dokumente
Alles total geheim Kinder aus suchtbelasteten Familien

Normalgebrauch, Gewöhnung, Missbrauch, Sucht. Patientenunterricht am Dr. med. Werner Traub

S o S Sozialraumorientierte Suchthilfe

Von Monika Horneff, Dipl.Soz.Päd.(FH), Adaptionseinrichtung An der Bergstrasse, Heppenheim Caritas-Verband Darmstadt

Psychische Erkrankungen und Abhängigkeiten. Prim. Dr. Christian Korbel Tagung der HPE Österreich Salzburg, 29. April 2016

F1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen

Inhalt. Basiswissen. Grundlegende Informationen 11. Alkohol: Zahlen und Fakten 32. Vorwort 9. Was Sie über Alkoholismus wissen sollten 12

Inhalt. Grundlegende Informationen Was Sie über Alkoholismus wissen sollten 12

Sucht und Abhängigkeit

Wege aus der Abhängigkeit

Heutige Themen. 1. Kurze Vorstellung: - Person - Suchtberatung der Perspektive Thurgau. 2. Sucht im Alter

Rau/Dehner-Rau Raus aus der Suchtfalle!

Dependenz und Ko-Dependenz bei Personen mit Abhängigkeitserkrankungen Johannes Lindenmeyer

Nationale Umfrage zum Stigma psychischer Erkrankungen

Integration Suchtkranker in die Arbeitswelt (Neue) Herausforderungen für professionelles Handeln

Prävalenz, Ätiologie und Therapie von Cannabisabhängigkeit

Wenn Alkohol zum Problem wird

3. Wie häufig trinken Sie 6 oder mehr Standarddrinks an einem einzigen Anlass?

Medikamente. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. 23. Juli Gesundheitstag

Alkoholabhängigkeit -

SUCHT oder. Abhängigkeit. Sucht und. Sind wir nicht alle etwas süchtig?

Wenn Alkohol zum Problem wird

2,6 Mio. ca In Halberstadt leben. Kinder & Jugendliche in solchen Familien

Frauen: Sucht und Gewalt Gewalt und Sucht: Wege aus dem Desaster Teil 1: Sucht/ Sucht + Gewalt

Anamnesefragebogen. Angaben zu Ihren aktuellen Beschwerden und Problemen

Sucht und Alter. Vanessa Boss; Fabian Höhler achtsam Klinikum Stuttgart

Suchtentwicklung. Ablauf

DBT S. Dialektisch Behaviorale Therapie fürr Menschen mit einer Borderline-St. und einer Suchterkrankung. Bohus (w) %

Sucht im Alter neue Herausforderungen für die Altenpflege. Aachen,

Suchtentwicklung. Ablauf

WEGE AUS DER ABHÄNGIGKEIT

Alkohol, Medikamente, Partnerschaft: Frauen als Betroffene und Mitbetroffene Karin Mohn, Universität Dortmund

Hellweg-Klinik Bielefeld Ganztägig ambulante Rehabilitation suchtkranker Menschen

t C Von der Ahnungslosigkeit zur Nachdenklichkeit: Sich Grundwissen zur Sucht und zu Suchtstoffen aneignen..

Wenn Alkohol zum Problem wird

Schlusswort 11. Suchtforum 07. Dezember 2012

Wo findet Sucht in unserer Gesellschaft statt? Ein bisschen auch bei uns oder nur bei den anderen?

Verbrauch, Missbrauch, Abhängigkeit - Zahlen und Fakten

Abhängigkeit: Krankheit oder Schwäche? Prof. Ion Anghelescu Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Illegale Suchtmittel

Fachveranstaltung Kinder suchtbelasteter Eltern

Sucht und Drogen in Unternehmenszusammenhängen Zahlen, Daten, Fakten

Angehörige von suchtkranken Menschen Abhängigkeitserkrankungen aus einer anderen Perspektive

Konzepte zur betrieblichen Gesundheitsförderung für KMU

Entwicklung von Sucht

Sucht im Alter neue Herausforderungen für die Altenpflege

Kinder stärken, gemeinsam für mehr Gesundheit. Herzlich Willkommen. Gemeinsam für mehr Gesundheit

Seminareinheit "Alltagsdrogen: Zwischen Genuß und Sucht" Gliederung. Dro 1

Schullehrplan Betagtenbetreuung FBE Bereich: Mensch und Entwicklung

GenoGyn-Prävention-aktiv : Frauenärzte gegen Alkoholmissbrauch

Missbrauch. Abhängigkeit. Alkohol, Medikamenten oder. illegalen Drogen. oder. von. Behandlungswegweiser Sucht

2.2 Wichtige Ursachen im Überblick

Entstehung, Gründe und Ursachen von übermässigem Alkoholkonsum und Binge Drinking in der Oeffetnlichkeit bei Jugendlichen und jungen Partygängern

Gesunde Mitarbeiter in gesunden Unternehmen Blickrichtung Sucht und psychische Erkrankung

Alkoholabhängigkeit. W. Wolfgang Fleischhacker Univ.-Klinik für Biologische Psychiatrie Medizinische Universität Innsbruck

Symptome und Ursachen der Erkrankungen

Herzlich willkommen zum 38. Ehemaligenfest der Fachklinik Fredeburg. Dr. med. Dieter Geyer

Das Suchtgedächtnis: Woran erinnert es sich und wie können wir helfen zu "vergessen"? [Auszüge aus der Präsentation] 12. Oktober 2016 Dr.

Suchtverhalten bei Frauen und Männern gleich?

Orientierungshilfe, gefährdende Indikatoren des Kindeswohls und Risikofaktoren, Beispiele

Alkoholprävention im Alter

Genuss, riskanter Konsum oder doch schon Sucht? Förderung genussorientierter Konsummuster

Abhängigkeitssituation in BRD Einleitende Fragen zum Thema: (Zahlen aus 2006) Wie viele Menschen in der BRD rauchen?

Schuld und Scham. ARWED, Hagen R. Holzbach I LWL - Kliniken Lippstadt und Warstein

Verherrlicht und verpönt Alkoholkonsum zwischen Gut und Böse

Verwendung im Unterricht. Diskussion der Fragen zu den Clips. Fortsetzen/Verändern

Schullehrplan Betagtenbetreuung FBF Bereich: Mensch und Entwicklung

Weitere Therapieziele

Junge Betreute im Netz der sozialen Hilfen und Leistungen die Brandenburger Suchthilfelandschaft

Essstörungen. Essstörungen Schule für Kinder- und Jugendlichenpflege 2. ABJ. 2008/11

Modul 2. Arbeitsbogen 2.1 Vor- und Nachteile von Abstinenz und Trinken. Infoblatt 2.1 Die Abstinenz das Ziel Ihrer Wahl?

Neue und häufige Süchte. Reinhard Haller

Ein bisschen Spaß muss sein? - Alkohol im Alter. Sucht im Alter

Wieder arbeiten gehen. Ein Stück Normalität zurückgewinnen

(Geistige) Behinderung und Sucht

Diplomlehrgang Sozial- und berufspädagogische/r TrainerIn. Teil 1: Sucht

Alkoholabhängigkeit Merkmale, Entstehung und Behandlung Dr. Sirko Kupper Psychologischer Psychotherapeut Supervisor BDP

Sucht im Alter. Martin Beutel Kraichtal-Kliniken

Vom Stress zum Burnout

Bindungsstörung bei psychisch kranken Eltern

Ritter Rost und die Räuber

Betriebliches Gesundheitsmanagement bei der Stadt Wolfsburg

Genuss und Konsum Lehrerinformation

Männer in der Sucht (-hilfe) Geschlechtsspezifische Theorie

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Impressum:

WEGE AUS DER SUCHT KOMPASS CITY

Sucht Alter Pflege. Eine besondere pflegerische Anforderung mit geringer Tradition in der Altenpflege. Andreas Kutschke

Sucht im Betrieb AOK - Die Gesundheitskasse Harald Danzl, Fachbereichsleiter Personal

Suchtprobleme. stationären Altenpflege

EIN BLICKWECHSEL KANN IHR LEBEN VERÄNDERN

Vom Genuss zur Abhängigkeit Prävention vor Therapie

Transkript:

Was ist Sucht/Abhängigkeit? 1

Suchtkranke sind in der Regel nicht - unter der Brücke zu finden - ständig betrunken - offensichtlich suchtkrank - leistungsunfähig - aggressiv - labil und willensschwach Sucht ist keine - Charakterschwäche - Erbkrankheit - Folge von Problemen Sucht ist nicht - abhängig von der Menge der konsumierten Substanz - abhängig von der Dauer der konsumierten Substanz - die Schuld der Eltern oder der anderen

Suchtentstehung: Man nehme drei Zutaten Person: Lernerfahrung, Reizverarbeitung, Frustrationstoleranz, Selbstbewusstsein und innere Stabilität Umwelt: Situation: Belastungssituationen, Stress, ungünstige soziale Beziehungen, negative Gefühle und Reize Unklare Regeln, hohe Toleranz (Alltäglichkeit) gestörte Trinkkultur bietet viel Freiraum ohne soziale Kontrolle

Jährlicher pro- Kopf-Konsum von Reinalkohol in Litern bei Über-15- Jährigen* Krankheitsjahre für alkohlbedingte Störungen pro 100,000 Einwohner 2002** DALYS: gelb: 50 Orange: 550-650 Rot:1050 Quelle WHO 2002, Wikipedia: Alkoholismus

Unsere Kultur ist eine gestörte Trinkkultur Im Gegensatz zu Abstinenz- oder Trinkkulturen gibt es keine klaren gesellschaftlichen Regeln, was den Konsum von Alkohol angeht. Das bedeutet: hoher und weitverbreiteter Alkoholkonsum! Große Zahl an behandlungsbedürftig erkrankten Alkoholikern! Schwerwiegende gesellschaftliche und individuelle Folgen. Nach Lindenmayer 2005

1. Ungeschriebenes Gesetz: Regelmäßiger Alkoholkonsum ist normal! Akoholkonsum deutscher Erwachsener Täglicher Konsum 25% Mind.1 mal pro Woche über 50% Abstinent 7-12% Nach Lindenmayer 2005

2.Ungeschriebenes Gesetz: Alkohol gehört dazu!

3. ungeschriebenes Gesetz: Alkohol tut gut! Ich fühle mich wohler in Gesellschaft. Ich kann mich besser entspannen! Ich fühle mich besser und kreativer! Alkohol hilft bei schlechter Stimmung! Ich traue mich mehr bei sexueller Annäherung! Ich kann besser abschalten!

Und zum Schluss... 4. Gesetz: Trinke soviel wie dein Nachbar! Oder: Normalität ist relativ. 5. Gesetz: Alkoholtrinken ist Privatsache! Dh. Einmischen ist nicht erlaubt, denn jeder muss es selbst wissen. Deshalb wird gedeckt und niemand hingehängt. Dies gilt auch im sozialen Nahraum und am Arbeitsplatz.

Personale Suchtbedingungen Frustrationstoleranz Spannungstoleranz bei negativen Gefühlen Innere Stabilität, Selbstbewusstsein Genetische Veranlagung?

Personale Suchtbedingungen Vater Alkoholiker: Jungs haben statistisch größere Gefahr auch suchtkrank zu werden, Mädchen heiraten eher wieder Alkoholkranke. Die Verletzlichkeit entsteht hauptsächlich durch ungünstige soziale Bedingungen. Bei Nichtausgleich (z.b. durch andere Personen) werden bekannte Verarbeitungsstrategien im späteren Leben angewandt.

Situative Bedingungen, die eine Suchterkrankung aber auch andere psychische Erkrankungen fördern können: - Dauerhafter Stress, Gefühle von Über- oder Unterforderung - Ungelöste Konflikte, Schwierige Beziehungen - Wenig Handlungsmöglichkeiten bei Problemen: sich gefangen fühlen - Nicht Nein-sagen können, Gefühl von Selbstunwirksamkeit - Gefühle von Sinnlosigkeit - Alleinsein, keine Familie und Freunde haben

Suchtentstehung: Das Zusammenspiel von Verhalten und Gehirn Wodarz 2011, Schwarz 2011 Angenehme Hauptwirkung: Enspannung, Kick, Ruhe, etc. Droge Belohnungssystem im Hirnstamm Veränderte Wahrnehmung der Situation Wiederholter onsum, hirnphysiologische Anpassung Positive Verstärkung Dauerhaftes Training des Gehirns Konditonierung Ausweitung auf andere Situationen, Lernerfahrung wird generalisiert/gewöhnung Craving Verlangen nach mehr Abkoppelung von Situationen und Trinkgründen, (Wodarz) körperliche Abhängigkeit, Suchtgedächtnis

Sucht/Abhängigkeit ist eine Krankheit, weil körperliche und geistig - seelische Veränderungen vorliegen, die sich deutlich vom gesunden Zustand unterscheiden. die subjektiv und objektiv feststellbar sind. die eine Therapie erfordern. die vom Betreffenden nicht bewusst herbeigeführt werden. die Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben. Schneider 1998

FAZIT Sucht entsteht nicht als Folge eines Ereignisses, sondern entwickelt sich über einen längeren Zeitraum: Aus Genuss wird Missbrauch, aus Missbrauch wird Abhängigkeit/Sucht. Missbrauch bedeutet: Drogen werden regelmäßig eingesetzt, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Dabei entstehen Schwierigkeiten sozialer, körperlicher oder seelischer Art.

Von Abhängigkeit oder Sucht sprechen wir, wenn die willensmäßige Kontrolle über die Aufnahme psychoaktiver Stoffe nicht mehr möglich ist, ohne dass unangenehme Zustände körperlicher und seelischer Art entstehen. Dies gilt auch für gezeigtes Verhalten (z.b. Glückspielen) im Bereich der nichtstoffliche Süchte! Weitere mögliche Diagnosekriterien: Starkes Verlangen oder eine Art Zwang zu konsumieren (Craving). Toleranzentwicklung Körperliches Entzugssyndrom Negative Folgen des Konsums