Natürliche Mehrsprachigkeit

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Transkript:

Natürliche Mehrsprachigkeit Vortrag im Rahmen der Integrationskonferenz 2011 Erftstadt 10. Mai 2011 Folie 1

Natürliche Mehrsprachigkeit 1. Vorstellung 2. Natürliche Mehrsprachigkeit? Prof. Claudia Riehl, Uni Köln 3. Die Situation in NRW: Die Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) 4. Die Situation in Köln: Das Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration 5. Beispiele: Rucksack, mehrsprachige Kitas, Verbund Kölner Europäischer Grundschulen 6. Werbung: Mehrsprachigkeit im Gespräch, Historisches Rathaus Köln (11.05.) Folie 2

Natürliche Mehrsprachigkeit als Weg zum Schulerfolg Prof. Dr. Claudia Maria Riehl Zentrum Sprachenvielfalt und Mehrsprachigkeit, Universität zu Köln Folie 3

Warum ist Mehrsprachigkeit 'natürlich'? Folie 4

Belege durch die Hirnforschung Das Gehirn sieht keine eigenen Gebiete für die eine oder andere Sprache vor Das entsprechende Gehirnareal (Broca- Areal) ist von vorneherein auf den Erwerb mehrerer Sprachen ausgerichtet Angeboren ist die Sprachfähigkeit an sich, nicht die Kenntnis eines bestimmten Sprachsystems Folie 5

Unterschiede zwischen Früh- und Spätmehrsprachigen Amt für Weiterbildung Bei Frühmehrsprachigen zeigen die Sprachen mehr überlappendes Substrat als bei Spätmehrsprachigen Frühmehrsprachige verfügen über ein Netzwerk im Sprachareal, an das man andere Sprachen "andocken" kann Frühmehrsprachige müssen auch beim Sprechen einer dritten Sprache weniger Substrat aktivieren Folie 6

Folgerung: Meisels These Amt für Weiterbildung "Monolingualism can be regarded as resulting from an impoverished environment where an opportunity to exhaust the potential of the language faculty is not fully developed. "Einsprachigkeit ist das Ergebnis einer verarmten Umgebung, in der die Möglichkeit das Potential der Sprachfähigkeit auszuschöpfen nur unvollständig entwickelt ist." Folie 7

Kognitive Vorteile von Mehrsprachigen Folie 8

Kognitive Vorteile mehrsprachiger Kinder Mehrsprachige Kinder haben Vorteile gegenüber Einsprachigen bei Aufgaben, die ein hohes Maß an Kontrolle erfordern. Mehrsprachige Kinder haben ein hohes metasprachliches Bewusstsein. Mehrsprachige Kinder sind kreativer. Folie 9

Ergebnisse Amt für Weiterbildung In vielen Tests zeigen Mehrsprachige bessere Ergebnisse als Einsprachige sowohl im Bereich sprachlicher als auch im Bereich figuraler Originalität Aber: Es gibt einen signifikanten Zusammenhang zwischen zwischen dem Grad der Kreativität und dem Grad mehrsprachiger Kompetenz Das Potential der natürlichen Mehrsprachigkeit kann nur genutzt werden, wenn die Mehrsprachigkeit ausgewogen ist Folie 10

Bedeutung ausgewogener Mehrsprachigkeit Folie 11

Wie entsteht eine ausgewogene Mehrsprachigkeit? Amt für Weiterbildung Ausgewogene Mehrsprachigkeit entsteht nicht automatisch. Ausgewogene Mehrsprachigkeit muss gefördert werden. In diesem Zusammenhang ist besonders der Erwerb von Schriftsprache wichtig Folie 12

Schriftsprache und kognitive Fähigkeiten (Cummins) Amt für Weiterbildung Wenn man eine Sprache nur mündlich kann, besitzt man sog. Basic Interpersonal Skills (BICS), Sprache zum unmittelbaren persönlichen Austausch. Mit der Schriftsprache erwirbt man auch eine sog. Cognitive Academic Language Proficiency (CALP), Sprache in dekontextualisierten "akademischen" Situationen Wenn Kinder keine differenzierten Sprachformen ihrer Muttersprache erwerben und auch nicht in der Lage sind, das in der Zweitsprache zu tun, kann das zum sog. subtraktiven Bilingualismus führen. Folie 13

Konsequenzen für die Sprachpolitik Folie 14

Folgerungen Amt für Weiterbildung Die Förderung von Mehrsprachigkeit muss möglichst früh einsetzen Das Potential natürlicher Mehrsprachigkeit muss ausgebaut werden und darf nicht brachliegen Um ausgewogene Mehrsprachigkeit zu erzielen, müssen beide Sprachen in Wort und Schrift erworben werden Folie 15

Forderungen Amt für Weiterbildung Politische und schulische Institutionen sollen Familien ermutigen und unterstützen darin, ihre Kinder zweisprachig zu erziehen. Netzwerke (zwischen Familien, Eltern und Erziehern) müssen etabliert und unterstützt werden. Es müssen mehrsprachige schulische Programme zur Verfügung gestellt werden. Muttersprachenunterricht muss im Rahmen des Regelunterrichts angeboten werden. Natürliche Ressourcen müssen ausgeschöpft werden. Folie 16

fine Kontakt: Prof. Dr. Claudia M. Riehl Zentrum Sprachenvielfalt und Mehrsprachigkeit Universität zu Köln Albertus-Magnus-Platz D-50923 KÖLN, Germany Email: claudia.riehl@uni-koeln.de Folie 17

3. Die Situation in NRW Die Regionale Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA): www.raa.de seit fast 30 Jahren, zuerst im Ruhrgebiet, Verbund in NRW aktuell 27 Regionalstellen und eine Hauptstelle (in Essen) finanziert durch Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales NRW sowie das Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW und die jeweilige Kommune / den jeweiligen Kreis Folie 18

Die Situation in Köln: Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration (ZMI) www.zmi-koeln.de Das Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration (ZMI) ist eine Kooperation der Stadt mit der Bezirksregierung und der Universität zu Köln seit April 2008, unbefristet angelegt Die RAA vertritt die Stadt Köln im ZMI. Ziele: Förderung der Mehrsprachigkeit Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte Folie 19

Rucksack in der Grundschule Köln Folie 20

Rucksack... ist ein Kooperationsprojekt von: Amt für Weiterbildung RAA Amt für Kinder, Jugend und Familie Jugendförderung Interkultureller Dienst Kindertageseinrichtungen Kath. Familienbildung Schulamt für die Stadt Köln Kölner Grundschulen Folie 21

Förderung der allgemeinen kindlichen Entwicklung Grundschule Sprachförderung Erwerb von Alltagskompetenzen Sachlernen Sozial emotionales Lernen interkulturelle Kompetenz Zu Hause Bearbeitung der Rucksackthemen mit der Mutter Intensivierung der Eltern Kind Beziehung Steigerung des Selbstwertgefühls Vertiefung des Sachlernens Muttersprachliche Förderung/ Förderung der Zweisprachigkeit Ganzheitlicher Ansatz Ganzheitlicher Ansatz Folie 22

Mehrsprachige Kindertagesstätten Seit November 2010 sind aufgrund einer Initiatibe des Integrationsrats zwei städtische Kitas in Köln mehrsprachig: - Gruppe in deutsch-türkisch - Gruppe in deutsch-russisch Erste Erfahrungen: vor allem begeisterte Kinder! Folie 23

Verbund Kölner Europäischer Grundschulen 2009 gegründet Initiative des Integrationsrates Wettbewerb mit Aufruf des Oberbürgermeisters zehn Schulen mit systematischen zweisprachigen Programmen: KOALA und Bilinguale Schule Folie 24

Kontakt Dr. Beate Blüggel Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration (ZMI) beate.blueggel@stadt-koeln.de Folie 25