S c h e m a t h e r a p i e Typische Lebensfallen und ihre Bearbeitung Dr. med. Walter Meili 1
Was ist ein Schema? Ein umfassendes Muster aus Erinnerungen, Kognitionen, Emotionen und Körperempfindungen, welche sich auf den Betreffenden selbst und seine Kontakte zu andern Menschen beziehen, ein Muster, das in der Kindheit oder Adoleszenz entstanden ist und stark dysfunktional ist (und deshalb auch «Lebensfalle» genannt wird) 2
Der Begründer der Schematherapie Jeffrey Young, geb. 1950 3
Persönlichkeitsstörungen Zu den grundlegenden Diagnosekriterien der Persönlichkeitsstörungen zählt, dass es sich bei diesen Störungen um tief verwurzelte und zeitlich überdauernde, dysfunktionale Verhaltensmuster handelt. 4
Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts wurde die Schematherapie nicht nur zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen, sondern auch bei chronischer Depression, Kindheitstraumata, Ess-Störungen, Paararbeit, in der Rückfallprävention bei Substanzmissbrauch und zur Behandlung von Straftätern eingesetzt. (Jeffrey Young, 2003) Häufig wird sie bei Patienten mit Achse-I-Störungen nach Abklingen der akuten Symptome zur Behandlung prädisponierender charakterologischer Probleme eingesetzt. 5
Wie entsteht ein Schema? Ein Schema entsteht als Reaktion auf die nicht angemessene Befriedigung von emotionalen Grundbedürfnissen, wie Sichere Bindung zu andern Menschen Autonomie, Kompetenz und Identitätsgefühl Realistische Grenzen gesetzt bekommen Freiheit, berechtigte Bedürfnisse und Emotionen auszudrücken Spontaneität und Spiel 6
Emotionales Grundbedürfnis Bindung Autonomie Realistische Grenzen Berechtigte Bedürfnisse und Emotionen Spontaneität und Spiel Schema - Verlassenheit - Unzulänglichkeit / Scham - Abhängigkeit - Verstrickung - Unzureichende Selbstkontrolle - Unterwerfung - Aufopferung - Überhöhte Standards 7
Schema «Unzulänglichkeit /Scham» aus: Eckhard Roediger, Was ist Schematherapie? 8
Schema «Unzulänglichkeit /Scham» aus: Eckhard Roediger, Was ist Schematherapie?
«Überhöhte Standards / Unerbittliche Ansprüche» aus: Eckhard Roediger, Was ist Schematherapie? 10
«Überhöhte Standards / Unerbittliche Ansprüche» aus: Eckhard Roediger, Was ist Schematherapie? 11
Schema «Aufopferung» aus: Eckhard Roediger, Was ist Schematherapie? 12
Schema «Aufopferung» aus: Eckhard Roediger, Was ist Schematherapie? 13
Das Modus-Modell Ein Modus ist der momentan aktivierte Erlebenszustand einschliesslich Verhaltenstendenz der Person Kurz - der momentane Zustand der Persönlichkeit. Er kann rasch wechseln 14
Das Modus-Modell Kind-Modi Dysfunktionale Elternmodi Dysfunktionale Bewältigungsmodi Gesunder Erwachsener 15
Kind-Modi Kind-Modi treten dann auf, wenn die Person intensive, negative, belastende oder überwältigende Gefühle erlebt, die der aktuellen Situation objektiv betrachtet nicht angemessen sind. 16
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Dysfunktionale Elternmodi antreibende oder bestrafende innere Stimme, die das wiederholt, was der Patient früher von Bezugspersonen gehört hat. Sie führt zu übertriebenen Anforderungen an sich selbst und/oder zu Selbstvorwürfen und Selbsthass. 20
Dysfunktionale Elternmodi Strafender Elternmodus «Wenn jemand dich richtig kennen lernt, wird er sich abwenden» Emotional fordernder Elternmodus «Stell deine Bedürfnisse nicht in den Vordergrund, das ist egoistisch» Leistungsfordernder Elternmodus «Wenn es nicht perfekt ist, ist es nichts wert» 22
Bewältigungsmodi Strategien zur Spannungsreduktion aus dem Leid, das durch die Eltern- und Kind-Modi ausgelöst wird. Unterordnender Modus (angepasster Unterwerfer) Gefühlsvermeidende Modi Überkompensierende Modi 23
Gefühlsvermeidende Modi I Distanzierter Beschützer Stunden versäumen, zu spät kommen Hausaufgaben «vergessen» Dem Patienten fällt nichts ein; keine Gefühle zulassen Den Therapeuten «zuquatschen» Dissoziieren Psychosomat. Symptome 24
Gefühlsvermeidende Modi II Distanzierter Selbstberuhiger Substanzgebrauch Promiskuität, Internetpornographie Computerspiele, Glückspiele Übermässiges Essen, Kaufen Risikosportarten Workaholismus 25
Überkompensierende Modi Selbsterhöher/Wichtigtuer Einschüchterer Zwanghafter Kontrolleur 26
Fassbinder, Schweiger, Jacob Therapie-Tools Schematherapie 27
Dysfunktionale Elternmodi bekämpfen «Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.» (Lk 14,26) Anselm Grün: «Wenn ich ganz ich selbst sein will, wenn ich das Leben leben möchte, das Gott von mir will, dann muss ich mich zuerst innerlich von den Eltern lösen. Es gibt viele Menschen, die nie reif werden, weil sie in ihrem Inneren immer noch von ihren Eltern bestimmt werden.» (Gut mit sich selbst umgehen, S. 55f) 28
Dysfunktionale Elternmodi bekämpfen Elternmodus identifizieren (Imaginationsübung) Den Modus erkennen Was sind die typischen Auslöser? Welche Gefühle habe ich in diesem Modus? Welche automatischen Gedanken habe ich in diesem Modus? Welche Erinnerungen und Bilder sind beteiligt/werden ausgelöst? Wie fühlt sich mein Körper typischerweise in diesem Modus an? Welches Verhalten zeige ich typischerweise in diesem Modus? Vor- und Nachteile suchen Alternative Botschaften des gesunden Erwachsenen suchen 29
Alternative Botschaft des gesunden Erwachsenen suchen Botschaft der problematischen Elternmodi Du bist geizig Du hast Strafe verdient! Du schaust zu stark auf dein Äusseres Du wirst von allen abgelehnt Du darfst keine Fehler machen Du machst alles falsch Es darf dir nicht gut gehen Du kommst in die Hölle Alternative Botschaft des gesunden Erwachsenen 30
Eltern-Modi bekämpfen Den Modus in der Imagination bekämpfen Den problematischen Elternmodus auf einen Stuhl setzen Das Gegenteil tun von dem, was der Modus sagt Hanne Baar, Die Namen meiner Feinde 31
Umgang mit dem verletzlichen Kindmodus 1. Therapeutische Beziehung 2. Kognitive Methoden 3. Erlebnisaktivierende Methoden 4. Behaviorale Methoden 32
1. Therapeutische Beziehung 1. Warmherzige, verlässliche Beziehung 2. «Präsenz» zwischen den Stunden: Zettel, Audio-Datei, Übergangsobjekt mitgeben. Telefon. Erreichbarkeit, Email-Kontakt 3. Evtl. Gebet 4. Konfrontation bei dependentem Beziehungsmuster 33
2. Kognitive Methoden Psychoedukation über emotionale Bedürfnisse des Kindes Bearbeitung von Schuldgefühlen Kognitive Umstrukturierung von dysfunktionalen Kognitionen wie «Niemand liebt mich und niemand wird mich je lieben»; «Ich bin eine Versagerin». 34
3. Erlebnisaktivierende Methoden Imaginationsübungen Arbeit mit mehreren Stühlen www.lebenskarten.de 35
4. Behaviorale Methoden Eigene Bedürfnisse zulassen und zeigen Auch in der Therapiebeziehung üben Schädliche Beziehungen beenden Rollenspiele Training sozialer Kompetenzen (Hinsch/Pfingsten) 36
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