Nomos. Däubler [Hrsg.] Tarifvertragsgesetz. mit Arbeitnehmer-Entsendegesetz. 3. Auflage

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Transkript:

NomosKommentar Däubler [Hrsg.] Tarifvertragsgesetz mit Arbeitnehmer-Entsendegesetz 3. Auflage Nomos

NomosKommentar Prof. Dr. Wolfgang Däubler [Hrsg.] Tarifvertragsgesetz mit Arbeitnehmer-Entsendegesetz 3. Auflage Dr. Martina Ahrendt, Richterin am Arbeitsgericht, Berlin Prof. Klaus Bepler, Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht, Erfurt Prof. Dr. Wolfgang Däubler, Universität Bremen Prof. Dr. Olaf Deinert, Universität Göttingen Dr. Detlef Hensche, Rechtsanwalt, Berlin Dr. Johannes Heuschmid, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Gemeinschaft (IAAEG), Universität Trier Thomas Lakies, Richter am Arbeitsgericht, Berlin Dr. Frank Lorenz, Rechtsanwalt, Düsseldorf Prof. Dr. Katja Nebe, Universität Bremen Dr. Gabriele Peter, Rechtsanwältin, Berlin, früher Juristin beim Hauptvorstand der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Hamburg Dr. Uwe Reim, Rechtsanwalt, Bremen Birgit Reinecke, Richterin am Bundesarbeitsgericht a.d., Bonn Prof. Dr. Dagmar Schiek, University of Leeds Wolfgang Schimmel, Rechtsanwalt, Ammerbuch Dr. Regine Winter, Richterin am Bundesarbeitsgericht, Erfurt Dr. Bertram Zwanziger, Richter am Bundes arbeitsgericht, Erfurt Nomos

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8329-5870-1 3. Auflage 2012 Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2012. Printed in Germany. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Vorwort Das TVG ist in über 60 Jahren kaum geändert worden. Dennoch ist das Tarifvertragsrecht eine ungemein dynamische Materie. Regelmäßig entstehen neue Rechtsprobleme, wenn die Tarifpraxis eingefahrene Gleise verlässt. Dabei mag die Versuchung bisweilen groß sein, das tarifpolitisch Unerwünschte für rechtswidrig zu erklären und sich so jede weitere Auseinandersetzung am Verhandlungstisch und in den Betrieben zu ersparen. Oft ergeben sich aber echte Unsicherheiten, die nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass der gesetzliche Rahmen nur wenige Fixpunkte gibt. Rechtsprechung und Literatur werden unter diesen Umständen zu zentralen Entscheidungsinstanzen, deren Überlegungen hohe Aufmerksamkeit verdienen. Der vorliegende Kommentar verfolgt das Anliegen, den Benutzer möglichst umfassend über den Stand der Judikatur und die in der Rechtswissenschaft gewechselten Argumente zu informieren. Zugleich bemühen sich die Autorinnen und Autoren um eine eigenständige argumentative Vertiefung, wo sich dies mit Rücksicht auf die Bedeutung des Problems und den Diskussionsstand anbietet. Sie wollen insoweit Anregungen für die wissenschaftliche Diskussion wie für die Praxis geben. Die Mitschreibenden kommen aus der Arbeitsgerichtsbarkeit, der Anwaltschaft und dem Hochschulbereich; ihre Problemwahrnehmung wie ihre Erfahrungen sind deshalb nicht identisch. Dies hat zu einem lebhaften internen Meinungsaustausch geführt, der wie wir hoffen der Qualität der Arbeit zugute gekommen ist. Inhaltlich konzentriert sich der Kommentar nicht allein auf die großen Fragen wie die verfassungsrechtlichen Grenzen der Tarifautonomie und das Verhältnis des Tarifvertrags zum Gesetz und zu betrieblichen Verhandlungssystemen. Vielmehr geht es auch um viele sehr konkrete Probleme, die von den Ausschlussfristen über die Bezugnahmeklauseln bis zu neuen Formen der Altersversorgung reichen. Einbezogen sind flankierende Regelungen wie das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und das Verbot des Lohnwuchers. Mit Rücksicht auf die fortschreitende Internationalisierung der Wirtschaft hat das Kollisionsrecht eine besondere Vertiefung erfahren. Auch haben sich im öffentlichen Dienst wie in der Privatwirtschaft zahlreiche nicht-tarifliche Kollektivverträge entwickelt, die mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bei Beamten erhöhte Bedeutung gewinnen werden. Von den Autoren der Vorauflage sind Dr. Detlef Hensche und Dr. Uwe Reim aus persönlichen Gründen ausgeschieden. Beiden sei auch an dieser Stelle für ihre engagierte Mitarbeit gedankt. Ihren Part haben Dr. Martina Ahrendt, Dr. Johannes Heuschmid, Prof. Dr. Katja Nebe und Wolfgang Schimmel übernommen. Die vorliegende 3. Auflage verarbeitet Rechtsprechung und Literatur bis Dezember 2011; das Arbeitnehmer-Entsendegesetz ist auf dem neuesten Stand kommentiert. Zahlreiche Einzelfragen wurden vertieft. Die Autorinnen und Autoren freuen sich über Anregungen und Kritik. Bremen, März 2012 Wolfgang Däubler 5

Inhaltsverzeichnis Vorwort... 5 Bearbeiterverzeichnis... 9 Abkürzungsverzeichnis... 11 Einleitung... 19 A. Entstehung und Entwicklung von Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie bis zur Gegenwart... 20 B. Verfassungsrechtliche und völkerrechtliche Garantien der Tarifautonomie... 45 C. Tarifvertrag und anders legitimiertes Recht... 80 D. Auslegung von Tarifverträgen... 203 E. Tarifverträge im arbeitsgerichtlichen Verfahren... 221 F. Tarifverträge mit Auslandsberührung... 236 G. Europäische Kollektivvereinbarungen... 268 H. Sonstige Kollektivverträge zwischen Tarifparteien... 322 I. Gemeinsame Vergütungsregeln, 32, 36, 36 a UrhG... 342 Tarifvertragsgesetz In der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1323) (FNA 802-1) zuletzt geändert durch Art. 88 Bundesrecht-BereinigungsG vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864) 1 Inhalt und Form des Tarifvertrages... 368 2 Tarifvertragsparteien... 915 3 Tarifgebundenheit... 1004 4 Wirkung der Rechtsnormen... 1105 5 Allgemeinverbindlichkeit... 1485 Anhang 1 zu 5 TVG:: Staatliche Vergütungskontrolle im Arbeitsrecht... 1557 Anhang 2 zu 5 TVG:: Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG)... 1615 6 Tarifregister... 1743 7 Übersendungs- und Mitteilungspflicht... 1755 8 Bekanntgabe des Tarifvertrages... 1760 9 Feststellung der Rechtswirksamkeit... 1769 10 Tarifvertrag und Tarifordnungen... 1788 11 Durchführungsbestimmungen... 1790 12 Spitzenorganisationen... 1794 12 a Arbeitnehmerähnliche Personen... 1799 12 b Berlin-Klausel... 1826 13 Inkrafttreten... 1827 Literaturverzeichnis... 1831 Stichwortverzeichnis... 1969 7

Bearbeiterverzeichnis Dr. Martina Ahrendt, Richterin am Arbeitsgericht, Berlin ( 1 Abschn. V VI) Prof. Klaus Bepler, Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht, Erfurt ( 4 Abschn. V) Prof. Dr. Wolfgang Däubler, Universität Bremen (Einl. Teil A, B, D, F und H) Prof. Dr. Olaf Deinert, Universität Göttingen ( 4 Abschn. I IV) Dr. Detlef Hensche, Rechtsanwalt, Berlin (Einl. Teil I, 1 Abschn. IV 2 9) Dr. Johannes Heuschmid, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Gemeinschaft (IAAEG), Universität Trier ( 1 Abschn. IV 2 9) Thomas Lakies, Richter am Arbeitsgericht, Berlin ( 5, Anhang 1 und 2 zu 5) Dr. Frank Lorenz, Rechtsanwalt, Düsseldorf ( 3) Prof. Dr. Katja Nebe, Universität Bremen ( 1 Abschn. I III) Dr. Gabriele Peter, Rechtsanwältin, Berlin, früher Juristin beim Hauptvorstand der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Hamburg ( 2) Dr. Uwe Reim, Rechtsanwalt, Bremen ( 1 Abschn. I III, V VI) Birgit Reinecke, Richterin am Bundesarbeitsgericht a.d., Bonn (Einl. Teil E, 6 13) Prof. Dr. Dagmar Schiek, University of Leeds (Einl. Teil C und G) Wolfgang Schimmel, Rechtsanwalt, Ammerbuch (Einl. Teil I) Dr. Regine Winter, Richterin am Bundesarbeitsgericht, Erfurt ( 1 Abschn. IV 1) Dr. Bertram Zwanziger, Richter am Bundesarbeitsgericht, Erfurt ( 4 Abschn. VI VIII) Zitiervorschlag: Däubler/Bearbeiter, TVG,, Rn 9

1 Inhalt und Form des Tarifvertrages 984 985 986 Akzentsetzung. 3168 Zugleich hat die Entscheidung dazu beigetragen, dass das Thema tarifpolitisch in den Hintergrund trat, wobei es nie gänzlich von der Bildfläche verschwand und in der Praxis durchaus immer wieder erhebliche Relevanz entfaltete. 3169 Hervorzuheben ist in diesem Kontext insbesondere eine Entscheidung des LAG Hamm, das in bewusster Abweichung vom Beschluss des GS einen Firmentarifvertrag für rechtsmäßig ansah, nach dem Gewerkschaftsmitglieder, die einer Urlaubskasse der Tarifvertragsparteien beigetreten waren, einen Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld in der Form einer Erholungsbeihilfe hatten. 3170 Zu einer letztinstanzlichen Entscheidung des Rechtsstreits durch das BAG kam es auch hier nicht, da die Prozessparteien einen außergerichtlichen Vergleich schlossen. 3171 Auf einer anderen Ebene fand die Debatte ihre Fortsetzung in dem Vorschlag eines Solidaritätsbeitrags, den Nichtorganisierte zugunsten der Gewerkschaften zu zahlen hätten. 3172 Vorbild war und ist eine entsprechende Regelung des Friedensabkommens in der Schweizer Maschinen-, Metall- und Uhrenindustrie. Die Gewerkschaften der Bundesrepublik haben diese Idee jedoch nie ernsthaft verfolgt. bb) Die rechtliche Konstruktion von Differenzierungsklauseln. Inhaltlich und rechtlich sind verschiedene Wege bei der Gestaltung von Differenzierungsklauseln denkbar. 3173 Die einfachste Variante besteht darin, die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft in der tarifvertraglichen Anspruchsnorm explizit als rechtsbegründende Anspruchsvoraussetzung zu bestimmen, sog. einfache Differenzierungsklausel; 3174 das schließt freilich eine einzelvertragliche Vereinbarung der Außenseiter mit dem Arbeitgeber über die gleiche Leistung nicht aus. Die Gleichstellung wird jedoch nicht ohne Weiteres durch jede arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel erreicht. 3175 Vielmehr muss die Bezugnahme explizit beinhalten, dass der Außenseiter in allen Fällen wie ein Gewerkschaftsmitglied zu behandeln ist. 3176 Einfache Differenzierungsklauseln dieser Art hält das BAG inzwischen ausdrücklich für zulässig (s. Rn 991 ff). 3177 Neben den einfachen Differenzierungsklauseln können auch qualifizierte Differenzierungsklauseln vereinbart werden. 3178 Diese gibt es zunächst in der Form der sog. Tarifausschlussklausel. Hierbei handelt es sich um die schuldrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers, be- 3168 Brox/Rüthers, Arbeitskampfrecht, Rn 242; Schaub/Treber, 190 Rn 15 ff; Höfling in: Sachs, GG, Art. 9 Rn 125; Jarras/Pieroth, GG, Art. 9 Rn 52; BK-Kemper, Bd. I, Art. 9 Rn 182; Löwisch/Rieble, TVG, 1 Rn 819, sehen in Differenzierungs- und Abstandsklauseln eine verfassungsrechtlich unzulässige Diskriminierung; die individuelle Vertragsgestaltung dürfe unter keinen Umständen durch kollektive Regelungen behindert werden; deshalb komme es auf den Druck zum Gewerkschaftsbeitritt gar nicht an; ähnl. argumentiert Franzen, RdA 2001, 1 ff, 9 f: Differenzierungsklauseln seien ein diskriminierender Eingriff in die Vertragsfreiheit und negative Koalitionsfreiheit des Außenseiters; s. auch Giesen, NZA 2004, 1317, 1318 f, der in einer Schlechterstellung allein wegen der Eigenschaft als Nicht- oder Andersorganisierter eine Verletzung des Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG sieht, ohne dass es auf die Intensität des Drucks, um Außenseiter in die Gewerkschaft zu treiben, ankomme; s. dagegen mit Recht Gamillscheg, NZA 2005, 146, 149. 3169 Däubler, Tarifvertragsrecht, Rn 1181. 3170 LAG Hamm 11.1.1994 11 Sa 979/93 LAGE 4 TVG Nr. 4; ebenso LAG Düsseldorf 29.1.1974 8 Sa 482/73 LAGE Art. 9 GG Nr. 2; s. dazu auch Zachert, DB 1995, 322, 324; Berg/Platow/Schoof/Unterhinninghofen, 3 Rn 201. 3171 Berg/Platow/Schoof/Unterhinninghofen, 3 Rn 201. 3172 Biedenkopf, JZ 1961, 346, 349 ff mwn; Wiedemann/Wiedemann, Einl. Rn 281; Franzen, RdA 2006, 1. 3173 Wiedemann/Wiedemann, Einl. Rn 275; Däubler, Tarifvertragsrecht, Rn 1186. 3174 Däubler, Tarifvertragsrecht, Rn 1186; Wiedemann/Wiedemann, Einl. Rn 275; Thüsing/Braun-Mengel/Burg, HdB Tarifrecht, S. 318; Schubert, ZTR 2011, 579 f; Leydecker, AuR 2009, 338 f; Franzen, RdA 2006, 1 ff. 3175 Brecht-Heitzmann/Gröls, NZA-RR 2011, 505 f. 3176 Vgl BAG 18.3.2009 4 AZR 64/08 AP Nr. 41 zu 3 TVG. 3177 Vgl BAG 18.3.2009 4 AZR 64/08 AP Nr. 41 zu 3 TVG. 3178 Wiedemann/Wiedemann, Einl. Rn 275; Berg/Platow/Schoof/Unterhinninghofen, 3 Rn 191 ff; Däubler, Tarifvertragsrecht, Rn 1186; Thüsing/Braun-Mengel/Burg, HdB Tarifrecht, S. 319; Jacobs/Krause/Oetker- Krause, 1 Rn 51; Schubert, ZTR 2011, 579, 582; Franzen, RdA 2006, 1 ff. 816 Hensche/Heuschmid

IV. Typischer Inhalt von Tarifvertragsnormen 1 stimmte Leistungen den Außenseitern nicht zu gewähren. 3179 Eine normative Wirkung geht von einer solchen Regelung nicht aus. 3180 Zudem hat eine Tarifausschlussklausel keine Auswirkungen auf entgegen der Klausel geschlossene Arbeitsverträge. 3181 Verletzt der Arbeitgeber die Verpflichtung, löst dies Sanktionen aus sofern solche ausdrücklich vereinbart sind und kann durch Erfüllungs- genauer: Unterlassungsklage beantwortet werden. Effektiv können derartige Regelungen deshalb nur in Firmentarifverträgen eingesetzt werden, bei denen die Gewerkschaften im Stande sind, die Einhaltung der Absprachen unmittelbar zu überwachen und durchzusetzen. 3182 Eine andere Variante der qualifizierten Differenzierungsklausel sind tarifliche Regelungen mit normativer Wirkung. Freilich kann der Tarifvertrag nicht das Arbeitsverhältnis des Außenseiters normieren. Regelbarer Gegenstand kann daher nur der Anspruch des Gewerkschaftsmitglieds sein, der dadurch definiert wird, dass er in jedem Fall um x höher sein muss als die vergleichbare Leistung an den Außenseiter. Man spricht insoweit von Spannen- bzw Abstandsklauseln. 3183 Die Spannenklausel enthält also eine Regelung zur Spannensicherung, die den Abstand zwischen der Behandlung von Mitgliedern der vertragsschließenden Gewerkschaft und den Außenseitern sicherstellt. 3184 Dadurch soll verhindert werden, dass die Exklusivität der tariflichen Leistung unterlaufen wird, indem gleichartige Leistungen mit kompensatorischem Charakter an Außenseiter gewährt werden. 3185 Solche Klauseln hält das BAG auch nach neuester Rechtsprechung kaum überzeugend für unzulässig (s. ausf. Rn 995 ff). 3186 cc) Die aktuelle Rechtsprechung. In den vergangenen Jahren sind Forderungen nach Exklusivleistungen für Gewerkschaftsmitglieder wieder in die Tarifpolitik zurückgekehrt. 3187 Die IG Metall hat das Thema in firmenbezogenen Standortsicherungstarifverträgen (s. Rn 838) aufgegriffen und Besserstellungen bzw wohl genauer: mildere Opfer von Gewerkschaftsmitgliedern geltend gemacht und diese in einigen Tarifverträgen auch vereinbart, zb in Gestalt höherer Jahresleistungen und anderer Einmalzahlungen oder durch Zuschüsse zur Altersversorgung. 3188 Auch in anderen Branchen wurden und werden Differenzierungsklauseln diskutiert und in Tarifverträgen vereinbart, 3189 was nicht nur dazu geführt hat, dass die Diskussion neu angeregt wurde, 3190 vielmehr hatte auch das BAG erneut Gelegenheit, sich zu dieser Problematik zu äußern. 3191 Hierauf ist nun näher einzugehen. Anlass der ersten hier zu erwähnenden Entscheidung 3192 war ein Haustarifvertrag, den die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) im Jahr 2003 geschlossen hat- 987 988 989 3179 Däubler, Tarifvertragsrecht, Rn 1186. 3180 Bauer/Arnold, NZA 2011, 945, 948. 3181 Vgl Kocher, NZA 2009, 119, 124 mwn. 3182 Leydecker, AuR 2009, 338 f; Berg/Platow/Schoof/Unterhinninghofen, 3 Rn 242. 3183 Däubler, Tarifvertragsrecht, Rn 1186, Wiedemann/Wiedemann, Einl. Rn 275; Berg/Platow/Schoof/Unterhinninghofen, 3 Rn 195; Thüsing/Mengel/Burg, S. 319. 3184 Schubert, ZTR 2011, 579, 582. 3185 BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff. 3186 BAG 29.11.1967 GS 1/67 AP GG Art. 9 Nr. 13 = BAGE 20, 175; BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff. 3187 Schmalz, AiB 2011, 438 f. 3188 Bepler, AuR 2010, 234, 241; Gamillscheg, NZA 2005, 148; ErfK-Dieterich, Art. 9 GG Rn 34. 3189 Siehe DGB (Hrsg.), einblick 1/2005, 6. 3190 Vgl statt aller: Däubler, BB 2002, 1643; Giesen, NZA 2004, 1317; Kempen, FA 2005, 14; Leydecker, Der Tarifvertrag als exklusives Gut, 2005; Klebeck, SAE 2008, 97; Thüsing/v. Hoff, ZfA 2008, 77; Franzen, RdA 2008, 304; Leydecker, AuR 2009, 338; Kocher, NZA 2009, 119; Bauer/Arnold, NZA 2009, 1169; Greiner/ Suhr, NJW 2010, 131. 3191 BAG 9.5.2007 4 AZR 275/06 AP Nr. 23 zu 3 TVG Verbandszugehörigkeit; 18.3.2009 4 AZR 64/08 AP Nr. 41 zu 3 TVG; BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff. 3192 BAG 9.5.2007 4 AZR 275/06 NZA 2007, 1439. Hensche/Heuschmid 817

1 Inhalt und Form des Tarifvertrages 990 991 992 te. 3193 Der Tarifvertrag enthielt eine einfache Differenzierungsklausel, die eine zusätzliche monatliche Vergütung ihv 55 EUR vorsah. Diese Differenzierungsklausel war mit einer Stichtagsregelung kombiniert, nach welcher der Anspruch auf die 55 EUR nur für Arbeitnehmer entstand, welche seit dem 1. Juni 2003 Mitglied der IG BCE sind und bleiben. Der erkennende 4. Senat erklärte diese Stichtagsregelung für unwirksam und sprach den tarifvertraglichen Anspruch auch Außenseitern kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme bzw betrieblicher Übung zu. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass die Stichtagsregelung in Widerspruch zu 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG stünde, wonach die Geltung von Rechtsnormen des Tarifvertrages hinsichtlich der Tarifgebundenheit allein von dem Beginn der Mitgliedschaft abhängig sei. 3194 Die hiervon abweichende Regelung führe zu einer Beeinträchtigung der positiven Koalitionsfreiheit. 3195 Zudem bestehe ein Widerspruch zu der Rechtsfolgenanordnung des 3 Abs. 3 TVG für den Fall des Austritts aus der Gewerkschaft, wonach die Tarifgebundenheit bestehen bleibt, bis der Tarifvertrag endet. 3196 Der Gewerkschaftsaustritt werde damit durch den sofortigen Wegfall der dem Arbeitnehmer zunächst tarifrechtlich eingeräumten Leistungen bestraft. Abgesehen davon schaffe die gewählte Regelungstechnik keinen Anreiz zum Gewerkschaftsbeitritt, so dass dieses Argument als Rechtfertigungsgrund ausscheide. Ob und in welchen Grenzen Differenzierungsklauseln generell zulässig sind und inwieweit an der Entscheidung des GS festzuhalten sei, ließ der 4. Senat ausdrücklich offen. Nach dieser Rechtsprechung ist zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, einen Stichtag festzulegen, zu dem die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft nachgewiesen werden muss; die Stichtagsregelung darf jedoch nicht dazu führen, dass ein Arbeitnehmer, der nach dem Stichtag der Koalition beitritt, in der Folgezeit trotz Gewerkschaftsmitgliedschaft von dem Anspruch ausgeschlossen ist bzw dass ein Arbeitnehmer aufgrund der Stichtagsregelung am Austritt aus der Koalition gehindert wird. Eine Regelung, wonach der Anspruch auf eine Sonderzahlung an die Mitgliedschaft eines Arbeitnehmers zu einem bestimmten Stichtag anknüpft, ist daher unproblematisch, wenn durch einen späteren Beitritt der Anspruch zwar nicht mehr für das laufende Jahr, aber dennoch für das folgende Jahr begründet werden kann. 3197 In einem weiteren Schritt hatte das BAG im Jahre 2009 über eine einfache Differenzierungsklausel zu entscheiden. 3198 Die streitgegenständliche Klausel eines zwischen der AWO und ver.di geschlossenen Haustarifvertrages sah vor, dass die ver.di-mitglieder als Ersatzleistung für die zum Ausgleich des strukturellen Defizits entfallene Sonderzahlung eine jährliche Ausgleichszahlung ihv 535 EUR erhalten. Das BAG erklärte die Klausel für wirksam und verneinte den Anspruch der klagenden Außenseiter auf Zahlung der Ausgleichszahlung. In den Entscheidungsgründen setzte sich das Gericht zunächst mit der Frage auseinander, wie sich eine tarifvertragliche Regelung, die die Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft als eigenständige anspruchsbegründende Voraussetzung vorsieht, auf das Arbeitsverhältnis eines Außenseiters auswirkt, wenn der streitgegenständliche Tarifvertrag insgesamt durch arbeitsvertragliche Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Nach Auffassung des BAG bewirkt die einzelvertragliche Verweisung auf den Tarifvertrag lediglich die Anwendbarkeit des Tarifvertrages; sie stellt den Außenseiter jedoch nicht einem Gewerkschaftsmitglied gleich und ersetzt nicht die als eigenständige Anspruchsvoraussetzung fest- 3193 Leydecker, AuR 2009, 338 f. 3194 BAG 9.5.2007 4 AZR 275/06 NZA 2007, 1439 ff. 3195 BAG 9.5.2007 4 AZR 275/06 NZA 2007, 1439 ff. 3196 BAG 9.5.2007 4 AZR 275/06 NZA 2007, 1439 ff. 3197 Vgl BAG 18.3.2009 4 AZR 64/08 AP Nr. 41 zu 3 TVG. 3198 BAG 18.3.2009 4 AZR 64/08 AP Nr. 41 zu TVG 3; Leydecker, AuR 2009, 338, 340; Brecht-Heitzmann/ Gröls, NZA-RR 2011, 505 f. 818 Hensche/Heuschmid

IV. Typischer Inhalt von Tarifvertragsnormen 1 geschriebene Gewerkschaftsmitgliedschaft. 3199 Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn die Bezugnahmeklausel explizit klarstellt, dass der Außenseiter in allen Fällen wie ein Gewerkschaftsmitglied zu behandeln ist. 3200 Letzteres war vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Wirksamkeit der Differenzierungsklausel überprüfte der erkennende Senat sodann an der negativen Koalitionsfreiheit wobei er es ausdrücklich offen ließ, ob die negative Koalitionsfreiheit von Art. 9 Abs. 3 GG geschützt wird. Im Ergebnis lehnte das BAG eine Verletzung der negativen Koalitionsfreiheit mit überzeugender Begründung ab. 3201 So schütze die negative Koalitionsfreiheit die Außenseiter zwar vor Zwang oder Druck, nicht aber vor einem bloßen Anreiz zum Koalitionsbeitritt, wie das BAG in Übereinstimmung mit dem BVerfG 3202 feststellte. 3203 Der Anspruch der Außenseiter auf tarifliche Leistungen könne sich grundsätzlich nur durch einzelvertragliche Bezugnahme ergeben. Diese Möglichkeit, im Rahmen der Vertragsfreiheit einen entsprechenden Anspruch mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren, werde durch die Differenzierungsklausel jedoch nicht eingeschränkt und solle durch diese auch nicht eingeschränkt werden. Daher könne von der Differenzierungsklausel nicht mehr Druck auf den Außenseiter ausgehen als von anderen Tarifnormen, die ebenfalls nicht normativ auf sein Arbeitsverhältnis wirken. Vielmehr sei die Ungleichbehandlung in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise in 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG geradezu angelegt. 3204 Danach wandte sich das BAG in einer Hilfsüberlegung der konkreten Ausgestaltung der Klausel zu. 3205 Aus einer Gesamtschau verschiedener Rechtssätze entnimmt das Gericht die Anforderung, dass Tarifverträge angemessene und ausgewogene Regelungen für ihren Geltungsbereich enthalten sollen, die prinzipiell geeignet sind, an die Stelle einer staatlichen Regelung über Arbeitsbedingungen zu treten. 3206 Daraus folgert das BAG weiter, dass die Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normsetzung auch die Interessen der nicht normunterworfenen Außenseiter zu berücksichtigen hätten. 3207 Bei nach Koalitionsmitgliedschaft differenzierenden Regelungen folge hieraus die Pflicht, auch die negative Koalitionsfreiheit der Außenseiter zu berücksichtigen. Daraus ergebe sich die Grenze für Differenzierungen: Eine Differenzierungsklausel dürfe nicht an den Regelungen des Austauschverhältnisses von Leistung und Gegenleistung anknüpfen, die Grundlage des laufenden Lebensunterhaltes sind. Dies gelte auch für Sonderleistungen außerhalb des Synallagmas, die aufgrund ihrer Höhe nach wertender Betrachtung nur als eine Art Umschichtung des insgesamt versprochenen Entgelts von der laufenden Vergütung hin zu einer Einmalzahlung verstanden werden können. Der finanziellen Höhe nach ist diese Grenze nach Auffassung des BAG bei einer jährlichen Sonderzahlung (hier ihv 535 EUR), die im Durchschnitt etwa ein Viertel einer Monatsvergütung und nicht mehr als zwei Jahresmitgliedsbeiträge der Gewerkschaft ausmacht, nicht erreicht. Von einer Vorlage der Sache an den GS hat der erkennende Senat abgesehen. Zum einen habe der GS nicht die Zulässigkeit einfacher Differenzierungsklauseln, sondern die Zulässigkeit qualifizierter Differenzierungsklauseln und damit eine andere Rechtsfrage behandelt; zum anderen sei die streitgegenständliche Klausel auch unter Anwen- 993 994 3199 Ebenso: Schubert, ZTR 2011, 579 f; Kamanabrou, AP Nr. 41 zu TVG 3 (Anmerkung); Kocher, NZA 2009, 119, 122 f; Brecht-Heitzmann/Gröls, NZA-RR 2011, 505 f; Leydecker, AuR 2009, 338, 340. 3200 Schubert, ZTR 2011, 579 f; Brecht-Heitzmann/Gröls, NZA-RR 2011, 505 f. 3201 BAG 18.3.2009 4 AZR 64/08 AP Nr. 41 zu TVG 3. 3202 BVerfG 11.7.2006 1 BvL 4/00 NJW 2007, 51 ff. 3203 BAG 18.3.2009 4 AZR 64/08 AP Nr. 41 zu TVG 3. 3204 Bepler, AuR 2010, 234, 241. 3205 Bepler, AuR 2010, 234, 241. 3206 BAG 18.3.2009 4 AZR 64/08 AP Nr. 41 zu TVG 3; Thüsing/Braun/Mengel/Burg, HdB Tarifrecht, S. 321. 3207 BAG 18.3.2009 4 AZR 64/08 AP Nr. 41 zu TVG 3. Hensche/Heuschmid 819

1 Inhalt und Form des Tarifvertrages 995 996 dung der vom GS aufgestellten Rechtsgrundsätze wirksam. 3208 Insbesondere sei die Differenzierungsklausel weder sozialinadäquat noch unzumutbar für den Arbeitgeber; auch die Grenzen der Tarifmacht seien nicht überschritten. 3209 In der aktuellsten Entscheidung aus dem Jahr 2011 musste sich das BAG nunmehr über 40 Jahre nach dem Beschluss des GS erneut mit der Zulässigkeit einer qualifizierten Differenzierungsklausel in der Form einer sog. Spannenklausel (s. Rn 987) befassen. 3210 Der streitgegenständliche Tarifvertrag enthielt eine einfache und eine qualifizierte Differenzierungsklausel. In der einfachen Differenzierungsklausel war eine tarifvertragliche Erholungsbeihilfe ihv 260 EUR jährlich für ver.di-mitglieder geregelt. Die ver.di-mitgliedschaft war folglich eigenständige Voraussetzung für den Erhalt der Erholungsbeihilfe. Ergänzt wurde die einfache Differenzierungsklausel durch eine Spannenklausel. In dieser war vorgesehen, dass sich die Erholungsbeihilfe für die Mitglieder von ver.di im Fall der Gewährung der Erholungsbeihilfe an Außenseiter um den entsprechenden Betrag erhöht. Wenig überraschend erklärte der 4. Senat im Anschluss an seine Entscheidung aus dem Jahr 2009 die einfache Differenzierungsklausel für wirksam. 3211 Weder sei durch diese Regelung die negative Koalitionsfreiheit der Außenseiter noch die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers unzulässig beeinträchtigt. Die in der Literatur erwartete Wende in der Judikatur des BAG zu qualifizierten Differenzierungsklauseln 3212 blieb jedoch aus; vielmehr hielt das BAG wie bereits der GS an der Unwirksamkeit tariflicher Spannenklauseln fest. 3213 Die Begründung divergiert allerdings erheblich von der des GS aus dem Jahr 1967. 3214 Denn nunmehr stützt sich das BAG ausschließlich auf eine Überschreitung der Tarifmacht und eine Verletzung der Vertragsfreiheit des Arbeitgebers und der nicht bzw anders organisierten Arbeitnehmer. 3215 So erklärt sich auch, warum das BAG in seiner aktuellen Entscheidung trotz identischer Sachmaterie mit keiner Silbe auf den Beschluss des GS einging. Hieraus lässt sich nur schließen, dass die Begründung des GS aus der Sicht des BAG überholt sein dürfte. 3216 In seinen Entscheidungsgründen führt das BAG zunächst aus, Art. 9 Abs. 3 GG ermögliche es den Koalitionen, Mindeststandards in Tarifverträgen autonom zu vereinbaren. Die normative Anwendung dieser Standards auf das Arbeitsverhältnis beruhe auf der privatautonomen Entscheidung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zum Koalitionsbeitritt. 3217 Der Abschluss von Tarifverträgen stelle sich somit als kollektive Ausübung von Privatautonomie dar. Die individuelle Privatautonomie werde durch die kollektive jedoch nicht grundsätzlich verdrängt, dies ergebe sich bereits aus der Existenz des Günstigkeitsprinzips. Ein Tarifvertrag könne daher individualvertraglich begründete Rechte grundsätzlich nicht verkürzen und die Möglichkeit, einzelvertraglich günstigere Vereinbarungen zu treffen, nicht einschränken. Dies gelte erst recht im Verhältnis zu nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern. Tarifverträge dürften deshalb nicht mit zwingender Wirkung Arbeitsbedingungen für Außenseiter festsetzen, also in den sog. außertariflichen Bereich eingreifen. Die das Grundrecht aus Art. 9 3208 BAG 18.3.2009 4 AZR 64/08 AP Nr. 41 zu TVG 3; Schubert, ZTR 2011, 579 f; Leydecker, AuR 2009, 338, 340. 3209 BAG 18.3.2009 4 AZR 64/08 AP Nr. 41 zu TVG 3. 3210 BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff; Schubert, ZTR 2011, 579 ff; Brecht-Heitzmann/ Gröls, NZA-RR 2011, 505 ff; Schmalz, AiB 2011, 438 ff; Bauer/Arnold, NZA 2011, 945 ff. 3211 BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff. 3212 Leydecker, AuR 2009, 338, 343; Bauer/Arnold, NZA 2009, 1169, 1170 (erwarteten eine neue Vorlage an den GS); Thüsing/Braun-Mengel/Burg, HdB Tarifrecht, S. 324. 3213 BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff; aa in der Vorinstanz: ArbG Hamburg 26.2.2009 15 Ca 188/08 AuR 2009, 366 f. 3214 Bauer/Arnold, NZA 2011, 945 f. 3215 BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff. 3216 Bauer/Arnold, NZA 2011, 945 f. 3217 BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff. 820 Hensche/Heuschmid

IV. Typischer Inhalt von Tarifvertragsnormen 1 Abs. 3 GG ausgestaltenden gesetzlichen Regelungen des TVG begrenzten die Macht der Tarifvertragsparteien zur Setzung von Abschluss-, Inhalts- und Beendigungsnormen auf ihre Mitglieder. Aufgrund der Überschreitung der Tarifmacht bedürfe es keiner Abwägung von Verfassungspositionen. 3218 Eine Spannenklausel bewirke zwar keine absolute, aber eine relative Begrenzung der einzelvertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten. Insbesondere sei es dem Arbeitgeber rechtlichlogisch unmöglich, die Arbeitsbedingungen der Außenseiter an die der ver.di-mitglieder anzugleichen. Die Möglichkeit, eine Gleichstellung zwischen Außenseiter und Gewerkschaftsmitglied herbeizuführen, habe das Gesetz nicht verboten und dürfe auch nicht durch eine Kollektivvereinbarung mit normativer Wirkung verboten werden. Bereits bestehende oder noch einzugehende vertragliche Gleichstellungsverpflichtungen würden ohne jedes weitere Handeln eines Beteiligten eine rechtlich-logisch nicht begrenzte unendliche Erhöhung der jeweiligen Leistungsverpflichtungen des Arbeitgebers auslösen. 3219 Damit werde in unzulässiger Weise in die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers und der Außenseiterarbeitnehmer eingegriffen. Die Verletzung der Vertragsfreiheit durch die Verunmöglichung einer Angleichung der Arbeitsbedingungen der Außenseiter an die tariflichen Arbeitsbedingungen beinhalte ein qualitatives Moment. 3220 Dies gelte auch dann, wenn man die Spannenklausel richtigerweise so auslege, dass der Anspruch der ver.di-mitglieder nur durch Kompensationszahlungen mit kollektivem Charakter (zb im Rahmen einer Gesamtzusage oder betrieblichen Übung) ausgelöst werde. 3221 Schließlich wäre es aufgrund dieser rechtlich-logischen Erwägungen auch einer anderen Gewerkschaft verwehrt, eine vergleichbare Spannenklausel zu vereinbaren, da auch sie zur beschriebenen Wirkung führe. Dass jedoch nur mit einer Gewerkschaft eine wirksame Spannenklausel vereinbart werden könne, sei nicht mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar. 3222 dd) Kritik. Trotz der neu geschaffenen Konturen werden Differenzierungsklauseln auch künftig für Kontroversen in Literatur und Rechtsprechung sorgen. 3223 Neben den ganz grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit von qualifizierten Differenzierungsklauseln stellt sich die Frage der Feinjustierung an verschiedenen Stellen. Insbesondere die aktuelle Entscheidung des BAG zu Spannenklauseln bedarf einer kritischen Auseinandersetzung. 3224 Entgegen dem BAG liegt eine Überschreitung der Tarifmacht durch die tarifvertragliche Vereinbarung von Spannenklauseln nicht vor. Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, dass Spannenklauseln die Arbeitsverhältnisse der Außenseiter nicht normativ regeln. 3225 Einer Regelung unterworfen werden allenfalls die Arbeitsverhältnisse der Tarifvertragsparteien. Wie das BAG zu Recht anerkennt, haben die Außenseiter weiterhin die Möglichkeit, ihre Privatautonomie durch die einzelvertragliche Gleichstellungsvereinbarungen auszuüben. 3226 Der anspruchsbegründende Tatbestand der Spannenklausel wird nämlich wie das BAG zu Recht ausführt erst durch eine Leistung des Arbeitgebers erfüllt, die aufgrund eines generalisierenden Prinzips mit kollektivem Bezug erfolgt. 3227 Hierbei handelt es sich typischerweise um Gesamtzusagen, betriebliche Übungen oder Einheitsarbeitsbedin- 997 998 3218 BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff; Schubert, ZTR 2011, 579, 583. 3219 BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff. 3220 BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff. 3221 BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff. 3222 BAG 23.3.2011 4 AZR 366/09 NZA 2011, 920 ff. 3223 So auch die Einschätzung von Leydecker, AuR 2009, 338, 344; Schmalz, AiB 2011, 438 ff. 3224 So auch: Schubert, ZTR 2011, 579 ff; Schmalz, AiB 2011, 438 ff; zurückhaltender: Brecht-Heitzmann/ Gröls, NZA-RR 2011, 505 ff; aa Bauer/Arnold, NZA 2011, 945 ff. 3225 Schmalz, AiB 2011, 438, 440. 3226 Berg/Platow/Schoof/Unterhinninghofen, 3 Rn 224. 3227 Leydecker, AuR 2009, 338, 341. Hensche/Heuschmid 821