Mit oder ohne? Ein Ratgeber des Ernährungsberatungsteams Monika Kraus & Sabine Seegets

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Mit oder ohne? Ein Ratgeber des Ernährungsberatungsteams Monika Kraus & Sabine Seegets

Als es keinen Kühlschrank gab Lebensmittel-Zusatzstoffe sind keine Erfindung unserer Tage. Schon unsere (Ur-) Großmütter nutzten E 501 (Pottasche) als Triebmittel beim Backen, E 524 (Natronlauge), um die Farbe der Lebensmittel zu erhalten, oder E 220 (Schwefel) als Antioxidationsmittel. Bis zum 19. Jahrhundert stand das Haltbarmachen von Lebensmitteln durch Räuchern, Einsalzen oder Zuckern im Vor dergrund. Mittlerweile stehen mehr die so genannten physikalischen Verfahren durch die Anwendung von Kälte oder Hitze im Fokus. Heute werden nicht nur im Haushalt, sondern besonders in der industriellen Lebensmittelherstellung Zusatzstoffe zugesetzt. Wozu eigentlich Zusatzstoffe? Der vielbeschäftigte Verbraucher erwartet optisch ansprechende Lebensmittel und Fer tigprodukte, in deren Zubereitung er nur wenig Zeit investieren muss. Bei der Kaufentscheidung spielt neben dem Geschmack die Haltbarkeit und die gleichbleibende Qua lität eine wichtige Rolle. Haben Sie schon darüber nachgedacht, ÎÎwie Fruchtjoghurt mit einem durchschnittlichen Fruchtzubereitungsanteil von 12 Prozent zu Geschmack und Farbe kommt? ÎÎweshalb im Salatdressing Kräuter und Öl in der Schwebe bleiben? ÎÎwarum beim Hart- und Schnittkäse die äußere Schicht bzw. die Rinde bis zu einem halben Zentimeter tief abgeschnitten werden soll?

Die Lebensmittelindustrie verwendet ÎÎGeschmacksverstärker, Süßungsmittel und Farbstoffe, um den Genusswert eines Lebensmittels zu erhöhen. ÎÎAntioxidationsmittel, Konservierungsstoffe und Überzugsmittel, um Lebensmittel haltbar zu machen. ÎÎFestigungs-, Gelier-, Schaum-, Verdickungsmittel, Füllstoffe, Emulgatoren, Schmelzsalze und Stabilisatoren, um die Konsistenz zu beeinflussen. ÎÎBacktriebmittel, Feuchthaltemittel, Komplexbildner, Mehlbehandlungsmittel, Schaumverhüter, Trennmittel, Trägerstoffe und Trägerlösungsmittel, Säuerungsmittel, Säureregulatoren, modifizierte Stärken, Kaumasse, Packgase und Treibgase, um technologische Prozesse zu erleichtern bzw. zu ermöglichen. Was sind Zusatzstoffe? Als Lebensmittelzusatzstoffe werden verschiedene Stoffe eingesetzt. Viele werden aus pflanzlichen Rohstoffen, einige mit Hilfe von Mikroorganismen und wieder andere auf dem Weg der chemischen Synthese hergestellt. Auch tierische Produkte können Aus gangspunkt für die Herstellung sein. Zusatzstoffe sind die am meisten geprüften Zutaten von Lebensmitteln. Bevor ein Zusatzstoff zugelassen wird, erfolgt eine EU-weit gültige Prüfung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).

Unbedenklich und sicher? Zusatzstoffe sind grundsätzlich nur zugelassen, wenn ÎÎsie gesundheitlich unbedenklich sind. Die unbedenkliche Zufuhrmenge wird mit dem ADI-Wert (acceptable daily intake) festgelegt. Er gibt die Menge an, die selbst bei lebenslangem täglichem Verzehr nicht zu gesundheitlichen Schäden führt. ÎÎsie technologisch notwendig sind, beispielsweise Backtriebmittel. ÎÎsie den Verbraucher nicht täuschen, z. B. keine Färbung von Eierlikör, um einen höheren Eigehalt vorzutäuschen. Trotz der strengen Zulassungsvorschriften kann es sein, dass empfindliche Personen auf bestimmte Zusatzstoffe mit allergieähnlichen Symptomen reagieren. Hiervon sind etwa 0,01 bis 0,2 Prozent der Bevölkerung betroffen. Es ist nicht bekannt, wer wie viele Zusatzstoffe mit Speisen und / oder Getränken zu sich nimmt. Hier besteht noch ein Wissensdefizit. Wie wird gekennzeichnet? Zusatzstoffe werden in der Zutatenliste mit ihrem Klassennamen aufgeführt. Dieser Name beschreibt den Anwendungsgrund. Zusätzlich zum Klassennamen folgt wahlweise der Name des Zusatzstoffes oder die E-Nummer. Beispiel: Geliermittel Pektin oder Geliermittel E 440

Die E-Nummern sind EU-weit gültig. E steht für EG oder EU. Die E-Nummer ist der Code, mit dem jeder Stoff, unabhängig von der jeweiligen Landessprache, eindeutig identifiziert werden kann. Die Nummer stellt dabei keine Bewertung dar. Was wird gekennzeichnet? Die Zutatenliste auf einer Lebensmittelverpackung erkennen Sie am Wort Zutaten. Nach der Überschrift folgt, ähnlich wie bei einem Rezept, die Aufzählung, aus welchen Zutaten das Lebensmittel zusammengesetzt ist. Aus der Reihenfolge der aufgeführten Zutaten kann auf die Mengenanteile geschlossen werden. An erster Stelle steht die Zutat, von der am meisten, an letzter Stelle die Zutat, von der am wenigsten im Lebensmittel enthalten ist. Jeder Stoff, einschließlich der Zusatzstoffe, der bei der Herstellung des Lebensmittels verwendet wird und unverändert oder verändert im Enderzeugnis vorhanden ist, muss verzeichnet sein. Frage: Was verbirgt sich hinter dieser Zutaten liste? ÎÎWasser, Fruchtzucker, Traubenzucker, Füllstoff Cellulose, Geliermittel E 440, Zuckeralkohol E 420, Säuerungsmittel E 296 und E 330, Antioxidationsmittel E 300, Farbstoff E 140, Aromen Lösung: Es handelt es sich schlichtweg um einen Apfel. Er müsste so deklariert werden, wenn er nicht in der Natur wachsen, sondern im Labor hergestellt werden würde.

E 440 Pektin E 420 Sorbit E 300 Ascorbinsäure E 140 Chlorophyll E 296 Äpfelsäure E 330 Citronensäure Zutaten undercover Nicht als Zusatzstoffe sieht der Gesetzgeber Verarbeitungshilfsstoffe und Pflanzenschutzmittel an. Ein weit verbreiteter Verarbeitungshilfsstoff der Lebensmittelindustrie ist die Transglutaminase. Mit diesem Enzym werden Eiweiße vernetzt. Beispielsweise kann damit Schinken aus einzelnen Fleischteilen zusammengeklebt werden, ohne dass der Laie dies erkennt. So kann die Wurstindustrie mühelos Scheiben mit einheitlichem Durchmesser liefern. Bio-Anbauverbände wie Demeter und Bioland schließen diese Flickmethode deshalb ganz klar aus. Laut den Mindestanforderungen der EG-Ökoverordnung ist der Fleischkleber aber ohne Kennzeichnung zulässig, wenn das verwendete Enzym gentechnikfrei ist.

Ebenfalls nicht gekennzeichnet werden muss die Pestizidbehandlung von Obst und Gemüse. Während die Bio-Ware meist unbelastet ist, deuten die Pestizidrückstände bei den meis ten konventionell angebauten Äpfeln darauf hin, dass die Obstbäume durchaus gespritzt wurden, oft auch mit verschiedenen Mitteln. Gut zu wissen Die EG-Öko-Verordnung schränkt die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen für Bio-Lebensmittel deutlich ein. Nur wenige der über 320 in der Europäischen Union zugelassenen Zusatzstoffe sind in der Erzeugung ökologischer Lebensmittel erlaubt. So sind etwa Farbstoffe, Süßstoffe, Stabilisatoren und Geschmacksverstärker vollständig verboten. EU-weit und für das Bio-Siegel maßgeblich sind die Vorschriften der EG-Öko-Verordnung. Die Richtlinien der ökologischen Anbauverbände (wie Demeter, Naturland, Bioland, etc.) sind jedoch häufig strenger, allerdings unterscheiden sich deren Richtlinien. Das EG-Bio Siegel, das seit 1. Juli 2012 für alle Bio-Lebensmittel verpflichtend ist, sieht so aus:

Fazit! Vermeiden lassen sich Zusatzstoffe nur, wenn der Verbraucher Speisen aus frischen Rohstoffen selbst herstellt. Als Faustregel kann gelten: Je weniger verarbeitet ein Lebensmittel ist, desto weniger Zusatzstoffe sind in ihm enthalten. Chemische Zusätze verlängern die Halt - barkeit der Nahrungsmittel und verkürzen die der Verbraucher. Oliver Hassencamp, deutscher Kabarettist Weitere Informationen im Internet ÎÎhttp://www.zusatzstoffe-online.de ÎÎhttp://www.vis.bayern.de/ernaehrung/ lebensmittelsicherheit/kennzeichnung/ zusatzstoffe_liste.htm ÎÎhttp://www.was-wir-essen.de/verarbei- tung/zusatzstoffe.php ÎÎhttp://www.bmelv.de/DE/Ernaehrung/ SichereLebensmittel/SpezielleLebensmittelUndZusaetze/Zusatzstoffe/zusatzstoffe_node.html ÎÎhttp://www.bfr.bund.de ÎÎhttp://www.efsa.europa.eu/de Stand: 06 / 2014, Literaturliste bei den Verfasserinnen, Bilder: fotolia.de