Iconic Turn Die neue Macht der Bilder Simone Faxa, Daniela Haarmann, Ines Weissberg, Nikolaus Schobesberger
Iconic Turn? Wende vom Wort zum Bild Entwicklung eines bildlichen Geschichtsverständnisses Anerkennung des Bildes als Quelle in der Geschichtsforschung Iconic Turn als Kulturwissenschaftliches Erkenntniskonzept
Begriffsgeschichte griech. Bild, Gemälde, Gleichnis Die Ikone ist nicht Abbildung der Realität, sie ist Symbolisation einer tieferen, hinter ihr steckenden Bedeutung William J. T. Mitchell (1992) Pictural Turn als Gegenströmung zum Linguistic Turn Rehabilitierung des Denkens in Bildern Bruch mit dem Primat der Sprachlogik Gottfried Boehm (1994) Iconic Turn Hervorhebung der Bedeutung des Bildes in den Kulturwissenschaften Rückkehr der Bilder als Teil des Erkenntnisprozesses Anerkennung des strukturierenden Charakters von Bildern Frage nach dem Logos des Bildes
Eigenschaften Bildlicher Information Das Bild wirkt intuitiver als Text Über Bildlichkeit sind komplexe Zusammenhänge scheinbar schneller zu erfassen Das Bild vermittelt einen höheren Grad an Emotionalität Das Bild postuliert absolute Wirklichkeit und Realität Besonders Fotografien und Film werden als besonders realitätsnah interpretiert
Wende vom Wort zum Bild These: Das Bild verdrängt die Sprache in ihrer Funktion als primärer Informationsträger Bildlichkeit nimmt seit dem 19. Jh. rasant zu Omnipräsenz von Bildern in den neuen Medien Das Bild verliert den Charakter einer Textergänzung und wir eigenständig zum Informationsträger Entstehung Innerer Bilder im kognitiven Prozess
Entwicklung eines bildlichen Geschichtsverständnisses Politische, gesellschaftliche, historische wie aktuelle Ereignisse werden über Innere Bilder identifiziert Die Bilder in unserem Kopf bestimmen unser historisches Wissen Bilder stellen einen persönlichen Bezug zu Ereignissen her Je nach subjektiver Deutung des dargestellten Ereignisses werden Bilder unterschiedlich wahrgenommen
Iconic Turn als Kulturwissenschaftliches Konzept Iconic Turn analog zum Linguistic Turn Bilder sind wie die Sprache ein gesellschaftlich-kulturelles Konstrukt Bilder zeigen nicht die Realität sondern sind Abbildung einer subjektiv konstruierten Wirklichkeit Die Narration eines Bildes ist von der Lebenswelt, dem sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Hintergrund des Betrachters abhängig!
Bilddokumente in vorfotografischer Zeit
Welche Unterschiede bestehen zwischen damaliger und heutiger bildlicher Darstellung?
Welche Absicht stand hinter bildlichen darstellungen?
Inwiefern trat im Fotozeitalter ein Wandel auf?
Fotografie als Mittel zur Manipulation Seeing is believing Bild spricht die emotionale Ebene an und umgeht die rationale Ebene Bild gilt als Beweismittel ABER: Bild ist eine aus dem Kontext gerissene Momentaufnahme
Analoge Fotomanipulation 19. Jahrhundert Ziel der Bildretusche: Fotografie aus seiner Starrheit zu befreien Fotografie möglichst nah an Gemälde und Malerei heranbringen Retuschemöglichkeiten: Negativretusche Fotomontage Fotografie ersetzte nach und nach Ölgemälde und Porträtmalerei Bearbeitung von Fotos aus dem US-Bürgerkrieg
Analoge Fotomanipulation
Digitale Fotobearbeitung Neue Möglichkeiten Analoge Fotobearbeitung leicht erkennbar Digitale Fotobearbeitung kaum nachzuvollziehen für den Laien Photoshop Marktführer der Bildbearbeitungsprogramme Wird seit 1987 entwickelt, erste Version 1990 Photoshop inzwischen abwertender Begriff für stark überarbeitete Bilder
Juristische Situation Legal: Veränderte Bilder auf Magazinen Müssen als Fälschung gekennzeichnet bzw. erkennbar sein Dürfen keinen Anspruch erheben, Originale zu sein Illegal: Visuelle Lüge Fotomanipulation aber nicht explizit verboten!
Visualisierung ein kulturelles Defizit? Verlust oder Gewinn? Visualisierung als Begleittechnik? Geschriebener Text vs. Bild: Text als ultimativer Phantasieförderer? Gegenmeinung: Text gibt Handlungsrahmen vor Bild als weitestgehende Möglichkeit für autokreative Involvierung? Bild stellt ein Moment dar, dass vom Rezipienten weiterentwickelt werden kann
Visualisierung ein kulturelles Defizit? Lesefähigkeit von Text und Bild Theorie: Visuell angebotene Inhalte bedürfen kürzere Erfassung; Textverarbeitung benötigt länger Textverarbeitung muss zurücktreten Selektion weniger geläufige Kommunikationstechnik tritt zurück Soziale Zuordnung von Medien Veränderung der kulturellen Wertschätzung eines Mediums: Text als Versatzstück intellektueller Ritualität Bild als Medium weniger gebildeter Schichten eigentliches Problem: ständige Zugriff sprachlicher Kommunikation auf Bild
Visualisierung ein kulturelles Defizit? Schrift/Sprache als abgeschlossenes System Visualisierung wird durch eine nichterfolgte Loslösung von schrift/sprachtechnischen Strukturen an der Entwicklung als eigenständige Technik gehindert Entstehung isolierter Technikgemeinden : Verhärtende Fronten zwischen Fans der verschiedenen Medien Selektion des Mediums ist Prestige Lösungsmöglichkeiten?