Fachtagung Frühkindliche Bildung und Betreuung heute eine multidisziplinäre Herausforderung Dezember 2010, Bosch Repräsentanz Berlin

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Transkript:

Fachtagung Frühkindliche Bildung und Betreuung heute eine multidisziplinäre Herausforderung 9. 10. Dezember 2010, Bosch Repräsentanz Berlin 1

NUBBEK Studie Pädagogische Qualität und ihre Bedeutung für Bildung und Betreuung Anlage und erste Erfahrungen der NUBBEK-Studie Forschungskolleg Frühkindliche Bildung DIW Berlin Robert Bosch Stiftung 10. Dezember 2010 Wolfgang Tietze, PädQUIS, FU Berlin

Herausforderungen an das deutsche Früherziehungssystem Quantitativer Ausbau Qualitative Verbesserung und Qualitätssteuerung Funktionserweiterung (Eltern-Kind-Zentren, Familienzentren)

Effekte des Kindergartenbesuchs gut belegt NRW-Studie (Tietze 1987): In Grundschulklassen mit höherem Anteil kindergartengeförderter Kinder. Weniger Zurückstellungen, weniger Sitzenbleiber, weniger Überweisungen zur Sonderschule IGLU-Studie (Bos et al. 2003): bei > 1 Jahr Kindergartenbesuch höhere Schulleistung SOEP-Studie (Bücher: Spieß 2007): Mehr Kindergärten, geringere Hauptschulwahrscheinlichkeit Institut der Deutschen Wirtschaft (Anger et al. 2007): Auf der Grundlage von PISA: Anteil ohne Schulabschluss von 16 auf 10 %, Hochqualifizierte von 32 auf 38 %

Warum auf Qualität achten? Die Qualität des Kindergartens macht bis zu einem Jahr Entwicklungsunterschied bei Kindern im Vorschulalter aus. Die Qualität des Kindergartens hat Langzeitauswirkungen und schlägt sich in Schulleistungs- und Entwicklungsunterschieden der Kinder in der Grundschule nieder. Die durch die Kindergartenqualität bedingten Schulleistungs- und Entwicklungsunterschiede sind am Ende der zweiten Grundschulklasse so groß wie die durch die Grundschulqualität bedingten Unterschiede.

Langzeiteffekte qualitativ guter Früherziehung Beispiel: Perry-Preschool-Project Selteneres Schulversagen (Sitzenbleiben) Geringere Kriminalitätsraten Geringere Abhängigkeit von sozialer Wohlfahrt Höhere Bildungsabschlüsse Höhere Einkommen Bessere Steuerzahler Kosten-Nutzen-Analysen sehr positiv: 1 : 12

Politischer und wissenschaftlicher Kontext Ausbau des Früherziehungssystems (besonders U3) nur mit eingeschränkter Wissensbasis Kaum Rückbindung an internationale wissenschaftliche Diskussion Explizites Defizit an deutschen Studien Die NUBBEK-Studie als Kristallisationspunkt der deutschen Fachdiskussion und als Bindeglied zur internationalen Forschung

NUBBEK - Studienpartner PädQUIS, Kooperationsinstitut der FU Berlin (Koordination) Deutsches Jugendinstitut (DJI), München Forschungsgruppe Verhaltensbiologie, Kandern NUBBEK-Arbeitsgruppe Universitäten Bochum/Osnabrück Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP), München Beratendes Mitglied: SOEP-Arbeitsgruppe am Deutschen Insitut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Untersuchungsfragen Wege in die familienergänzende BBE: Welche Kinder aus welchen Familien besuchen in welchem Alter welche Betreuungsform (z.b. Krippe, Kita, Kindertagespflegestelle)? Durch welche Faktoren bei den Familien wie auch auf Angebotsseite (Einrichtungen, Kindertagespflege, Jugendämter) ist die elterliche Wahlentscheidung motiviert?

Untersuchungsfragen Qualität der Bildung, Betreuung und Erziehung Wie stellt sich die pädagogische Qualität in den verschiedenen Betreuungsformen (Kindergarten, Krippe, Kindertageseinrichtung mit verschiedenen Altersmischungen, Kindertagespflege, Nur- Familienbetreuung) dar? Welches durchschnittliche Niveau ergibt sich? Mit welchen Unterschieden innerhalb und zwischen den Formen ist zu rechnen? Wie unterscheiden sich Struktur-, Orientierungs- und Prozessqualität bzw. Qualität des Familienbezugs?

Untersuchungsfragen Bildungs- und Entwicklungsstand der Kinder Wie stellt sich der Bildungs- und Entwicklungsstand von Kindern verschiedener Altersstufen (2-jährige und 4- jährige) in verschiedenen Bereichen wie Sprache, Denken, soziale Kompetenz, Motorik, Alltagsfertigkeiten und Gesundheit dar? Welche Beziehungen ergeben sich zwischen dem Bildungs- und Entwicklungsstand der Kinder einerseits und den Qualitätsfaktoren in den Betreuungsformen und in den Familien andererseits?

Untersuchungsfragen Rückwirkungen auf Familien Mit welchen Rückwirkungen auf die Familien (z.b. Zufriedenheit mit der Lebenssituation, emotionale Entspannung, Passung mit Familienabläufen, Erwerbstätigkeit) ist die Betreuung und deren Qualität verbunden? Kinder und Familien mit Migrationshintergrund Wie stellen sich die Gegebenheiten und Zusammenhänge speziell für Kinder und Familien mit Migrationshintergrund dar (besonders für Kinder mit türkischem und russischem Migrationshintergrund)?

Konzeptioneller Rahmen Input Output Outcome Familienexternes Betreuungssetting Betreuungssetting Familie Orientierungsqualität z.b. Auffassungen über Bildung und Erziehung Strukturqualität z.b. Gruppengröße, ErzieherInausbildung Prozessqualität Bildung, Erziehung und Betreuung Elternabstimmung, Vernetzung mit anderen Stellen Kindlicher Entwicklungsstand Bewältigung von Entwicklungsaufgaben Sozial-emotionale, sprachliche, kognitive, motorische Entwicklung, Gesundheit Rückwirkung auf Familie Elternzufriedenheit, Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit, Sozio-ökonomische Situation Sozioökologischer Kontext

Untersuchungsstichprobe drei Ebenen 1. Auswahl von Gebietseinheiten (aus Hälfte aller Bundesländer) repräsentativ für Deutschland 2. Zufallsauswahl von Betreuungssettings (Kitas, Krippen, Kindertagespflege) in Gebietseinheiten 3. Zufallsauswahl von Kindern aus Betreuungssettings 4. Nur-Familienkinder als Paarlinge für 2-Jährige in Einrichtungen und Tagespflege

S t i c h p r o b e Betreuungstypen 2-Jährige 4-Jährige Gesamtstichprobe Klärungen ohne Migrationshintergrund mit Migrations-hintergrund ohne Migrationshintergrund mit Migrations-hintergrund Türkisch Russisch Türkisch Russisch (1) Krippe: Altersbereiche: 2;6 2;11 bzw. 4;0 4;11 unter 3 Jahre 300 75 75 450 (2) Kindergarten: Migrationsstatus: 3-6 Jahre Ein-/Ausschlusskriterien (3) Kindertageseinrichtung; (altersgemischt): 0-6 Jahre 300 75 75 450 150 37,5 37,5 150 37,5 37,5 450 (4) Kindertagespflege: unter 3 Jahre (5) Nur Familien- (und Verwandten-) Betreuung 200 50 50 300 200 50 50 300 Gesamt 850 212,5 212,5 450 112,5 112,5 1950

Instrumente Außerfamiliale Settings Orientierungs-, Struktur-, Prozessqualität (Erziehungsziele, KES-R und Varianten, CIS, Pianta) Hintergrunddaten zu Einrichtung und Bezugserzieherin/Tagesmutter Familiale Settings Orientierungs-, Struktur-, Prozessqualität (Erziehungsziele, APQ, HOME, CIS) individuelles und familiales Functioning (ADS, bereichsspezifische LZ; PFB, EKS; Pianta) Betreuungsgeschichte, Zeitbudgets soziodemografische und familienbiografische Hintergrunddaten

Instrumente Entwicklungsstand des Kindes Sprache und Kognition (PPVT, Mosaik-Test aus HAWIVA, Kaufmann-ABC) Motorik und Alltagsfertigkeiten (Vineland) Sozial-emotionale Entwicklung und Problemverhalten (CBCL, ITSEA, SSIS) Gesundheit (retrospektiv)

Instrumente Sozialraum-Daten Gemeindetyp (Stadt/Land, DJI Datei) Bevölkerungsdichte Geburtenzahlen Migrantenanteil Kaufkraft Betreuungs-Infrastruktur (Betreuungsquoten U3 und 3-6; Besuchszeiten)

Übersicht zur Qualitätssicherung Übersetzung der Instrumente ins Türkische und Russische Pretest der Instrumente Kodierung der Erheber Rechnergestützte Datenerfassung (Beobachtung und Interview) Monitoring der Feldphase Rücklaufkontrolle, Datenscreening und -bereinigung Kontrollierte Integration der Datensätze

Verlauf der Erhebung - Gesamt

Verlauf der Erhebung mit und ohne Migrationshintergrund Prozentualer Anstieg der Kinderanzahl am geplanten Stichprobenumfang

Modifikationen der Rekrutierungsstrategien Kontaktaufnahme mit Bitte um Unterstützung: Kinderärzte, Beratungsstellen, Institutionen / Träger, die Aktivitäten für Mütter und Kinder anbieten, Institutionen / Vereine mit engem Kontakt zu Familien mit Migrationshintergrund Wartelisten / Anmeldelisten bereits teilnehmender Einrichtungen Elternbriefe des Arbeitskreises Neue Erziehung (ANE) Haustür-Rekrutierung von Kindern mit Migrationshintergrund (Adressenanforderung bei Einwohnermeldeämtern)

Erfahrungen - Studienorganisation Multizentrische Studie in Frühpädagogik Neuland Befragung von Migrantenfamilien und Durchführung von Kindertests in Survey-Studie kommerzielle Institute überfordert CA-Erhebungen in Kooperation mit kommerziellem Institut möglich

Erfahrungen Stichprobenorganisation Verbundene Stichproben: Einrichtungen Gruppen Familien/Kinder anfällig für Ausfälle JH-Feld schwierig, weil disparat; Unterstützung durch freie und öffentliche Träger unterschiedlich Datenschutz zuweilen als Argument für mangelnde Unterstützung

Erfahrungen Kooperationsbereitschaft von Einrichtungen und Familien Im Allgemeinen groß Schriftliche Ansprache oft unzureichend persönlicher Vorkontakt hilfreich, aber sehr aufwändig Vielfalt an Rekrutierungsstrategien erforderlich besonders bei Familien mit Migrationshintergrund

Und die Ergebnisse? Wir sind gespannt darauf

mehr vom Kindergarten? Was macht der Migrationsstatus dabei aus? Eine soziologische Analyse Dr. Birgit Becker Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES), Universität Mannheim Frühkindliche Bildung und Betreuung heute eine multidisziplinäre Herausforderung, Kooperationstagung der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) 9. - 10. Dezember 2010, Berlin

Gliederung Einleitung Befunde aus der Literatur zum Spracherwerb Teil 1: Die Wirkung von Segregation im Kindergarten Daten Ergebnisse Teil 2: Die Wirkung der Ausstattungsqualität Daten Ergebnisse Zusammenfassung und Diskussion

Einleitung Hauptthema in der Soziologie: Ungleichheit zwischen verschiedenen Gruppen in einer Gesellschaft und die Rolle von Institutionen ( Vergrößerung/ Reduktion der Ungleichheit) Ethnische Bildungsungleichheit: Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund in Bezug auf Schulleistungen und Bildungsergebnisse (vgl. Diefenbach 2007) Bisher oft im Blick: Rolle der Schule

Einleitung Aber: Der Grundstein für ethnische Bildungsungleichheit wird bereits vor Schulbeginn gelegt, da die Kinder die Schule mit unterschiedlichen Startvoraussetzungen beginnen (z.b. in Bezug auf sprachliche Kompetenzen) Daher: Rolle vorschulischer Bildungsinstitutionen Vermutung: Kompensatorische Wirkung des Kindergartenbesuchs Fokus des Vortrags heute: Rolle des Kindergartenbesuchs für die sprachlichen Kompetenzen von Migrantenkindern

Befunde aus der Literatur International: Besuch vorschulischer Einrichtungen positive Effekte auf Sprachfähigkeiten (z.b. Currie 2001) Migrantenkinder können dabei vom Besuch stärker profitieren als Einheimische (Magnuson et al. 2006) Es kommt aber v.a. auf die Qualität der Einrichtung an (z.b. NICHD 2002, 2004) Deutschland: Hinweis für Wichtigkeit der Qualität (Tietze et al. 1998) Wirkung für Migrantenkinder?

Der Kindergarten als Kontext zum Spracherwerb Außerfamiliäre Lernkontexte (wie der Kindergarten) können einen Zugang zur Sprache bieten Gerade für Migrantenkinder, die zu Hause durchschnittlich weniger Input in der deutschen Sprache bekommen, nehmen solche Kontexte wahrscheinlich eine Schlüsselstellung ein Neben formalen Sprachförderprogrammen bieten sich vor allem durch alltägliche Interaktionen und dem Umgang mit anregenden Materialien vielfältige Möglichkeiten zur Sprachförderung Aber: Es kommt auf die konkreten Rahmenbedingungen an!

Teil 1: Die Wirkung von Segregation im Kindergarten

Daten Osnabrücker Schuleingangsuntersuchung der Jahrgänge 2000 bis 2005 Komplette Jahrgänge werden erfasst kaum Nonresponse Standardisierte Erfassung der Entwicklung + kurzer Elternfragebogen Fallzahl: N=646 Kinder mit türkischem Migrationshintergrund Fallzahl Kindergärten: N=60

Messung für sprachliche Kompetenz: Förderbedarf in Deutsch Einschätzung durch die Schulärztin, ob Förderbedarf in Deutsch vorhanden ist oder nicht (anhand der Kommunikation mit dem Kind während der Untersuchung) Nur sehr grober Indikator; kann nur identifizieren, wer größere Probleme mit der dt. Sprache hat Nicht für deutsche Kinder auswertbar, da <1 Prozent betroffen Dichotome Variable: 0: kein Förderbedarf 1: Förderbedarf

Kindergartenbesuch Kindergartenbesuchsdauer: Bis zu einem Jahr, bis zu 2 Jahren, bis zu 3 Jahren, länger als 3 Jahre Segregation im Kindergarten: Anteil Migrantenkinder im jew. Jahrgang des besuchten Kindergartens Anteil Kinder der türkischen Kinder im jew. Jahrgang des besuchten Kindergartens

Ergebnisse aus logistic random intercept models Level 1: M1 Kindergartenbesuch: (Ref. < 1 Jahr) bis 2 Jahre bis 3 Jahre > 3 Jahre Level 2: 0.13-0.63-1.90 Anteil Migrantenkinder in Kita Anteil tk. Kinder in Kita R 0 (Varianz des gruppenspez. Residuums) ρ I (resid. Intraklassen-Korrelationskoeffizient) 0.44 0.06 In allen Modellen enthalten: Level 1: Alter, Geschlecht, Erhebungsjahr, Ausbildung und Erwerbsstatus beider Eltern, Geschwisteranzahl

Wirkung Kindergartenbesuch (Dauer) Deutschförderbedarf_ 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 bis 1 bis 2 bis 3 mehr als 3 Kindergartenbesuchsdauer Deutschförderbedarf im Kindergarten niedrig mittel hoch Nur türkische Kinder

Ergebnisse aus logistic random intercept models M1 M2 M3 Level 1: Kindergartenbesuch: (Ref. < 1 Jahr) bis 2 Jahre 0.13 0.13 0.13 bis 3 Jahre -0.63-0.60-0.60 > 3 Jahre -1.90-1.88-1.81 Level 2: Anteil Migrantenkinder in Kita 0.01 Anteil tk. Kinder in Kita 0.03 R 0 (Varianz des gruppenspez. Residuums) 0.44 0.37 0.20 ρ I (resid. Intraklassen-Korrelationskoeffizient) 0.06 0.04 0.01 In allen Modellen enthalten: Level 1: Alter, Geschlecht, Erhebungsjahr, Ausbildung und Erwerbsstatus beider Eltern, Geschwisteranzahl

Wirkung Kindergartenbesuch (Segregation im Kindergarten) Deutschförderbedarf 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Anteil türkischer Kinder im Kindergarten Deutschförderbedarf im Kindergarten niedrig mittel hoch Nur türkische Kinder

Teil 2: Die Wirkung der Ausstattungsqualität

Daten DFG-Projekt Erwerb von sprachlichen und kulturellen Kompetenzen von Migrantenkindern in der Vorschulzeit Stichprobe deutscher und türkischer Familien mit einem 3-4-jähigen Kind in 30 Städten und Gemeinden (aus Einwohnermeldedaten) Panel, bisher 2 Wellen, Panelmortalität 8% Bestandteile: CAPI-Interview mit einem Elternteil (2007+2008) Test K-ABC mit dem Zielkind (2007+2008) Schriftliche Kindergartenbefragung (2007 + neue ergänzt in 2008) Fallzahl: N=906 (466 dt. + 440 tk.)

Messung für sprachliche Entwicklung: Ergebnis aus dem Wortschatztest Den Kindern werden Bilder von Objekten gezeigt, die sie benennen sollten ( Was ist das? ) Der Name des Objektes musste immer auf Deutsch gesagt werden 24 Testaufgaben in aufsteigender Schwierigkeit Kind beim Test Kaufman Assessment Battery for Children

Kindergartenbesuch Kindergartenbesuchsdauer: Monate im Kindergarten seit der ersten Befragung Ausstattungsqualität im Kindergarten: Index verschiedener Items aus der Kindergartenbefragung, in Anlehnung an KES-R (dichotomisiert: sehr gut vs. durchschnittlich): o Sicheres Außengelände mit ausreichend Platz für die Kinder o Spielmaterialien sind vollständig und in gutem Zustand o Viele altersgerechte Bücher und Bildmaterialien vorhanden o Viele Materialien für musikalische Erfahrung vorhanden Segregation im Kindergarten: Hoher Anteil Migrantenkinder

Ergebnisse aus fixed effects Regressionen M1 M2 M3 M4 Monate im Kindergarten 0.07 0.03 0.02 0.01 Interaktionen: Monate im Kindergarten * tk. Migrationshintergrund 0.12 0.13 0.15 * Ausstattungsqualität in Kita 0.07 0.07 * Segregation in Kita 0.00 0.06 * tk. Migr. * Ausstattungsq. 0.02 * tk. Migr. * Segregation -0.09 In allen Modellen enthalten: Alter, kognitive Fähigkeit, Bücher, kommunikative Aktivitäten

Wirkung Kindergartenbesuch Zuwachs beim dt. Wortschatztest 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5 dt. Kinder, durchschnittl. Kiga-Ausstattung dt. Kinder, sehr gute Kiga-Ausstattung tk. Kinder, durchschnittl. Kiga-Ausstattung tk. Kinder, sehr gute Kiga-Ausstattung 0 3 6 9 12 15 18 Monate im Kindergarten seit der ersten Befragung

Zusammenfassung und Diskussion Dauer des Kindergartenbesuchs: Bei Migrantenkindern: positiver Einfluss Bei deutschen Kindern: kein Effekt, unbeobachtete Familienmerkmale Anteil Migrantenkinder im Kindergarten Hoher Anteil kann sich bei Migrantenkindern negativ auf Erwerb der deutschen Sprache auswirken Qualität der Kindergartenausstattung: Wirkt bei allen Kindern in gleichem Maße positiv

Zusammenfassung und Diskussion Selektivität bei der Kindergartenwahl ist zu beachten! Kinder verteilen sich nicht zufällig auf die Einrichtungen Besuch eines Kigas mit folgenden Merkmalen: Deutsche Kinder Türkische Kinder Ausstattungsqualität: Gering Mittel Hoch 24,1 48,3 27,6 37,7 40,8 21,5 Anteile in Prozent Migrantenanteil: Gering Mittel Hoch 57,6 28,3 14,1 26,3 34,7 39,0 Quelle: ESKOM-V

Zusammenfassung und Diskussion Implikationen: Segregation in den Kindergärten nur schwer steuerbar (Städteplanung?) Gute Ausstattung hat für alle positive Wirkung hier lohnen sich Investitionen daher besonders

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Becker, Birgit (2006): Der Einfluss des Kindergartens als Kontext zum Erwerb der deutschen Sprache bei Migrantenkindern. In: Zeitschrift für Soziologie 35, 6: 449-464. Becker, Birgit (2010): Wer profitiert mehr vom Kindergarten? Die Wirkung der Kindergartenbesuchsdauer und Ausstattungsqualität auf die Entwicklung des deutschen Wortschatzes bei deutschen und türkischen Kindern. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 62, 1: 139-163.

Anhang

Zeitveränderliche Kontrollvariablen Alter Kind in Monaten Kognitive Fähigkeit Anzahl Bücher in der Familie Kommunikative Aktivitäten in der Familie Aufgrund der gewählten Methode (fixed effects Regressionen) sind alle zeitkonstanten Merkmale automatisch kontrolliert

Methode: fixed effects Regressionen Problem: Selektivität der Teilnahme (Wer besucht einen gut ausgestatteten Kindergarten?) Fixed effects Modelle kontrollieren für alle zeitkonstanten (auch unbeobachtete) Merkmale und lösen damit das Problem (zumindest zeitkonstanter) unbeobachteter Heterogenität (vgl. Allison 2005) Statt sich die Unterschiede zwischen den Individuen (between-individual variation) anzusehen, werden Veränderungen der Individuen über die Zeit (within-individual variation) betrachtet

Ergebnisse aus fixed effects Regressionen (nur Kinder, die schon in der ersten Welle im Kindergarten sind, N=814) M1 M2 M3 M4 M5 Alter/ Monate im Kindergarten 0.31 0.27 0.26 0.26 0.25 Interaktionen: Alter/ Monate im Kindergarten * tk. Migrationshintergrund 0.13 0.13 0.13 0.15 * Ausstattungsqualität Kindergarten 0.07 0.07 0.07 * Segregation Kindergarten 0.01 0.06 * tk. Migr. * Ausstattungsqual. -0.00 * tk. Migr. * Segregation -0.09 In allen Modellen enthalten: kognitive Fähigkeit, Bücher, kommunikative Aktivitäten