Dienst für Gesellschaftspolitik



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Transkript:

31 + 32 15 Inhaltsverzeichnis 30. Juli 2015 Gesetzliche Krankenversicherung: Logopädenhonorar: Tönerne Argumente der AOK Sachsen-Anhalt!? Seite 2 Private Krankenversicherung: dfg-pkv-ranking: Im PKV-Markt trennt sich weiter die Spreu vom Weizen Seite 4 Hilfsmittel: Alle sind am Wehklagen ändern wird sich wenig Seite 10 Verlagsmitteilung I: Dieser dfg-ausgabe liegt als Supplement die Ausgabe Nr. 4-15 der BzG Beiträge zur Gesellschaftspolitik mit dem dfg-pkv-ranking Liste der deutschen privaten Krankenversicherungsunternehmen nach Versichertenzahlen zum Stichtag 1. Januar 2015 bei. Verlagsmitteilung II: Die politisch weniger ereignisreiche Zeit, die so genannte parlamentarische Sommerpause, nutzt die dfg-redaktion für intensive Recherchen. Daher erscheint die nächste dfg-ausgabe am 13. August 2015. dfg - Dienst für Gesellschaftspolitik gegründet 1962 von Albert Schiefer (+) ISSN 1615-4436 A 53191 Chefredakteur: Wolfgang G. Lange Anschrift von Verlag und Redaktion: MC.B Verlag GmbH Hannoversche Str. 22 10115 Berlin-Mitte Vertrieb: Telefon 0 30/275 965 90 Telefax 0 30/275 965 92 E-mail: vertrieb@mcb-verlag.de Redaktion: Telefon 0 30/275 965 91 Mobil: 01 72/25 00 324 E-mail: Lange@mcb-verlag.de Bankverbindung: Deutsche Apotheker- und Ärztebank (BLZ 300 606 01) Konto-Nr. 000 344 56 58 IBAN: DE29 3006 0601 0003 4456 58 - BIC: DAAEDEDDXXX Der dfg ist nur im Jahresabonnement (p.a. 456,00; jeweils inkl. Versand, zzgl. Mwst.) erhältlich. Im Laufe des Jahres eingegangene Abonnements werden pro rata temporis abgerechnet. Der dfg ist urheberrechtlich geschützt, jede Art des Kopierens, des Ab- und Nachdruckes, der Vervielfältigung, Speicherung auf elektronischem oder anderem Wege bzw. Weiterverbreitung bedarf der schriftlichen Genehmigung durch den Verlag. Es gelten die AGB-Bestimmungen des Verlages in der jeweils gültigen Fassung.

Gesetzliche Krankenversicherung: Logopädenhonorare: Tönerne Argumente der AOK Sachsen-Anhalt!? (dfg 31+32 15) Die Heilmittelerbringer in der Bundesrepublik fangen langsam an sich zu emanzipieren. Sie nehmen nicht mehr jede Entscheidung aus der Ärzteschaft oder gar von den Kassen hin. Am 22. Juli 2015 machten die rund 300 LogopädInnen in Sachsen-Anhalt mobil. Die Sprachtherapeutinnen können nicht verstehen, warum eine der reichsten Krankenkassen in Deutschland sich gegen einen Spruch eines Schiedsamtes vom 28. Oktober 2014 wehrt und diesen aktuell dem Sozialgericht Magdeburg (SG) zur Entscheidung vorgelegt hat. Die LogopädInnen im Land der Frühaufsteher würden mit dem Schiedsamtsspruch hinsichtlich ihrer Honorare etwas zum üblichen Niveau jenseits der Elbe aufschließen. Das findet die vermögende Magdeburger Körperschaft rechtswidrig. Die prognostizierten Ausgabensteigerungen im einstelligen Mill.- -Bereich würde sie vermutlich andererseits leicht aus der Portokasse begleichen können ohne daß sie das in finanzielle Schwierigkeiten brächte. Vor dem Schiedsspruch 2014 soll der sachsen-anhaltinische AOK-Satz für eine 45-minütige logopädische Einzelbehandlung bei 25,76 gelegen haben. Laut dem Deutschen Bundesverband für Logopädie (dbl) der e Tiefstwert im gesamten Bundesgebiet. Die nicht auf finanziellen Rosen gebettete AOK Bayern zahlt für die gleiche Leistung 41,30, das bedeutet bundesweit Spitzensatz. Im benachbarten Baden-Württemberg lautet der von der Stuttgarter AOK vereinbarte Satz 38,35. In nordrheinischen Gefilden sind die Kassen mit 39,68 dabei. Noch besser dran sind die saarländischen LogopädInnen. Zwischen Merzig, Perl und Saarbrücken dürfen sie für die 45 Minuten 40,20 kassieren. Es gibt auch bundesweite Verträge. Die im vdek zusammengeschlossenen Ersatzkassen haben einen Satz von 35,49 fixiert, in der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV) sind sogar 39,61 vereinbart. Derartige Unterschiede existieren nun einmal im Bundesgebiet seit Jahrzehnten. Aber man darf wohl mit Fug und Recht behaupten, daß weder Aus- und Weiterbildung der Heilmittelerbringer noch ihre Praxis- und Lebenshaltungskosten einen Unterschied von rund 60 Prozent rechtfertigen. Oder anders ausgedrückt: Ein Berufsangehöriger im strukturschwachen oberpfälzischen Hof erhielt mit 41,30 rund 60 Prozent mehr Honorar als ein Kollege im sachsen-anhaltinischen Weissenfels mit 25,76. Jeder unabhängig denkende Schiedsamtsvorsitzende würde vor diesem Tableau brüten und sich so seine Gedanken machen. Wenn er sich im Sinne eines audiatur et altera pars die 2014 in Sachsen-Anhalt geltenden Honorare angeschaut und mit denen in den neuen Bundesländern verglichen hätte, wäre er vermutlich auch zu der Erkenntnis gekommen: In Sachsen-Anhalt besteht honorarpolitisch für Logopäden Anpassungsbedarf. Denn fast überall jenseits der Elbe lagen die Sätze bei den anderen Kassen über der Grenze von 30. Die ebenfalls nicht unvermögende AOK PLUS steigerte ihre Sätze von 2013 bis zum 30. Juni 2015 von 29,12 auf 31,49. Die finanziell anders aufgestellte AOK Nordost ist vertraglich in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern bis zum 31. Juli 2016 mit 31,50 dabei. In Berlin sogar mit 33,95. Die Sätze der anderen Kassenarten haben meist die Benchmark von 30 übersprungen und reichen bis zu 35,49 (vdek). 31 + 32-15 / 30. Juli 2015 Seite 2

Kein Wunder also, daß das Schiedsamt sich zu Honorarsteigerungen entschloß. Es legte für 2014 eine Steigerung von 17 Prozent fest. Ab dem 1. Januar 2015 waren weitere 4 Prozent fällig. Mit den so endgültig für 2015 fixierten 31,34 je 45-minütige Einzelbehandlung hätten sich die sachsen-anhaltinischen LogopädInnen einträchtig im gültigen Ost-Honorar-Niveau wieder gefunden. In der Lüneburger Straße in Magdeburg sah man das anders. Warum die Juristen dort über ein halbes Jahr benötigten, um die gegen den Schiedsspruch gerichtete Klage beim SG Magdeburg einzureichen, das ließ die befragte Pressestelle der AOK Sachsen-Anhalt nicht nur gegenüber dem regionalen TV-Sender MDR offen, sondern auch gegenüber der dfg-redaktion. Zur deren Ehrenrettung sei gesagt, daß die Kasse Ende Juli 2015 auch sprachunfähig war. Der seit 2011 amtierende Vorstand der AOK, Ralf Dralle (43), urlaubt und will anscheinend für Anfragen der Medien unerreichbar sein. Für die fast zeitgleich zur Vorsitzenden des Verwaltungsrates avancierte Susanne Wiedemeyer (54) gilt der gleiche Fakt, wie der DGB-Landesbezirk wissen ließ. Immerhin, man war bereit, schriftlich Stellung zu beziehen. Diese liest sich wie folgt: Die AOK Sachsen-Anhalt hat Klage beim Sozialgericht Magdeburg gegen den Schiedsspruch vom November 2014 eingereicht. In dem Schiedsverfahren war eine Preissteigerung um 17 Prozent und ab dem Januar 2015 eine nochmalige Steigerung um vier Prozent entschieden worden. Damit ergibt sich eine Gesamtsumme von 7,1 Mio. Euro pro Jahr, die von den Beitragszahlern zu schultern ist. Die AOK Sachsen-Anhalt hält eine Preissteigerung in dieser Größenordnung für rechtswidrig. Aus Sicht der AOK Sachsen-Anhalt hat der Schiedsspruch vom 28.10.2014 zur Vergütung der hiesigen Logopäden den hierzu bestehenden gesetzlichen und auch von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Rahmen sowie den daraus resultierenden Beurteilungsspielraum überschritten. Insbesondere sind bei der festgesetzten Vergütungssteigerung die grundsätzlich vorzunehmende Vorjahresanknüpfung sowie die Anwendung der srate nicht ausreichend berücksichtigt worden. Im Ergebnis wird der Beitragszahler in ungerechtfertigter Weise belastet. Daher hat sich die AOK Sachsen-Anhalt entschlossen, die Rechtmäßigkeit des Schiedsspruches gerichtlich überprüfen zu lassen. Die erhöhten Entgelte werden von der AOK Sachsen-Anhalt bereits unter Vorbehalt gezahlt. Alles Weitere wird das Sozialgericht entscheiden. Man kann über die juristische Einschätzung der AOK Sachsen-Anhalt geteilter Meinung sein. Andererseits müßte der ehemalige Magdeburger Sozialrichter Dralle als Volljurist wissen, was er sich mit seinem abwartenden wie aktuell abwimmelnden Verhalten eingebrockt hat. Vielleicht wollte er auch nur den anderen zehn AOK-Schwestern und bzw. den anderen GKV-Körperschaften im Lande durch sein Verhalten helfen. Denn im Heilmittelbereich drohen ab 2016 neue SGB V-Vorschriften. Seit dem 23. Juli 2015 gilt aufgrund des VSG II ein neu gefaßter 125 SGB V. Danach werden demnächst zwar weiterhin landesweite Höchstpreise vereinbart. Aber laut dem neu eingefügten Abs. 3 gilt ab 2016 quasi eine Preisuntergrenze. Die Untergrenze für die Jahre 2016 bis 2021 ist der Betrag, der sich jeweils aus dem niedrigsten Preis zuzüglich zwei Drittel der Differenz 31 + 32-15 / 30. Juli 2015 Seite 3

zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis des betreffenden Landes ergibt. Die für jedes Bundesland geltende Preisuntergrenze ermittelt laut den neuen Gesetzesvorgaben dann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-SV). Schafft es also der Volljurist Dralle durch seine ehemaligen SG-Richterkollegen per Urteil die früheren 25,76 zu erhalten, wären die LogopädInnen im Land der Frühaufsteher honorarpolitisch gelackmeiert oder spät dran. Sie blieben weiterhin am untersten Ende der bundesweiten Honorarskala. Nur, die von der AOK dafür öffentlich wie im Klageschriftsatz vorgebrachten Gründe dürften auf tönernen Füßen stehen. Natürlich kann sich die AOK Sachsen-Anhalt gegen einen Honorar-Vergleich bzw. eine Angleichung der Sätze in den neuen Bundesländern ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung wehren. Das kommt allerdings gerade im strukturschwachen Sachsen-Anhalt nicht gut an. Dort benötigt die Wirtschaft jeden aus allen möglichen Quellen. Nicht nur, um über die Runden zu kommen, sondern auch, um den Konsum anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Allerdings verweigert die Magdeburger Körperschaft, die von vielen der 122 anderen Körperschaften aus der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) über den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (MorbiRSA) regelrecht finanziell gepampert wird und dadurch einen überdurchschnittlich, mit Vermögen prall gefüllten Juliusturm aufgebaut hat, diesen Schritt. Dieser Vermögensturm stellt nun einmal die öffentliche AOK-Achillesferse dar. Denn optimal geführt wird die Kasse immer noch nicht, das beweisen ihre ebenfalls überdurchschnittlichen Verwaltungsausgaben in Höhe von 220,73 je Versicherten. Der Bundesschnitt lag um die 140 herum. Das AOK-Argument, der sachsen-anhaltinische Beitragszahler würde durch eine Summe von 7,1 Mill. über Gebühr belastet und die Beitragssatzstabilität wäre gefährdet, steht für sich. 2013 gab man in Magdeburg über 152 Mill. an Verwaltungskosten aus. Allein durch ein Kostensenkungsprogramm oder aber durch effektive Kostenprüfungsprogramme bei anderen Ausgabenposten wären die Honorarsteigerungen für die LogopädInnen mehr als finanzierbar. Aber nun haben erst einmal die Ex-Kollegen des aktuellen AOK-Vorstandes das Wort. Private Krankenversicherung: dfg-pkv-ranking: Im PKV-Markt trennt sich weiter die Spreu vom Weizen (dfg 31+32 15) Am 1. Dezember 2015 tritt der hessische SPD-Politiker Dr. med. Thomas Spies MdL (52) sein neues Amt als Oberbürgermeister der Stadt Marburg an. Damit dürfte einer der Väter der Idee der Bürgerversicherung aus dem Blickwinkel der Bundespolitik weitgehend verschwinden. Doch die Auswirkungen dessen, was der Arzt und seine damalige Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti MdL (58) auf dem Bundesparteitag 2003 durchdrückten, wirkt noch heute nach. Drei der sechs im Bundestag vertretenen Parteien favorisieren in der einen oder anderen Art diese Form der Absicherung der Bevölkerung. Die davon betroffene Private Krankenversicherung (PKV) kämpft tapfer dagegen. Aber die 42 im PKV-Verband zusammengeschlossenen Unternehmen konnten nicht verhindern, daß die Zahl der PKV-Vollversicherten zum dritten Mal in Folge auch im Jahr 2014 weitgehend stagnierte. Auch wenn einige Unternehmen überaus erfolgreich im Markt agierten, das ständige Gerede über die Branche nagte wie auch die übliche Sterbequote an den Beständen. Bei einigen Versicherern traten ökonomische Fehlentscheidungen hinzu, die bei die- 31 + 32-15 / 30. Juli 2015 Seite 4

sen zu einer gewaltigen Erosion der Bestände führten. Der PKV-Verband steuert durch entsprechende Beschlüsse und Maßnahmen zwar erfolgreich gegen den Trend an und hält vor allem seine früheren schwarzen Schafe in Schach. Eigentlich waren die letzten Jahre seit 2013 politisch gute Jahre für die Unternehmen. Das Kreuzfeuer der Medien und der Gesundheitspolitiker von SPD, BündnisGRÜNEN und LINKEN nahm ab. Dank der Großen Koalition (GroKo) wagen sich vor allem Sozialdemokraten kaum noch aus der Deckung, um der Einführung der Einheitsversicherung das Wort zu reden. Also können sich die PKV-Unternehmen wieder voll auf ihr Geschäft konzentrieren. Das haben manche auch bitter nötig. Nahm 2013 der Bestand bei den Vollversicherten netto um 0,7 Prozent ab, so waren es 2014 zwar nur noch 0,6 Prozent. Aber immerhin waren zum Stichtag 1. Januar 2015 nur mehr etwas über 8.834 Mill. Bürger in einer PKV-Vollversicherung versichert. 55.600 weniger als noch zum 1. Januar 2014. Auf der anderen Seite: In den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts dümpelte die PKV noch mit Vollversichertenzahlen um die 7 Mill. herum. Da der Bestand aber auch schon 2012 stagniert hatte, müssen die Unternehmen genauso wie manche Tanker aus der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sich permanent bemühen, wenigstens die übliche Sterbequote durch Neuakquisition von Versicherten wett zu machen. Das scheint einigen außerordentlich schwer zu fallen. Denn die Abschlußkosten je Neuversicherten sollen nach den Erkenntnissen von Versicherungsmedien erheblich gestiegen sein. So bluteten einige Unternehmen vor allem einige der auf Gewinn achtenden Aktiengesellschaften in den letzten Jahren erheblich. Auch so manches, zu aggressives Vertriebsverhalten, das einige Töchter großer internationaler e praktizierten, rächt sich allmählich. Mit nichtkostensenkenden Prämien kann man heute in der PKV nicht mehr punkten. Die Details der Auswirkungen auf die einzelnen 42 PKV-Unternehmen kann man dem neuesten dfg-pkv-ranking, der Liste der deutschen privaten Krankenversicherungsunternehmen zum Stichtag 1. Januar 2015 entnehmen, das als Ausgabe 4 15 der BzG Beiträge zur Gesellschaftspolitik dieser dfg-ausgabe beiliegt. Schaut man sich die aktuellen Winner-Loser-Listen an, dann dürfte sich innerhalb der Branche weiter die Spreu vom Weizen trennen. Wie in der GKV so kann man bei dem Ranking nach Vollversicherten nur behaupten, daß der Marktführer den anderen davoneilt. Der Koblenzer Debeka gewann 2014 netto weitere 29.602 Vollversicherte hinzu. Sogar geringfügig mehr als in den zwölf Monaten zuvor und das trotz des im vergangenen Jahr von den Medien angezettelten Hetzkrieges um die Akquisemethoden am Deutschen Eck. Die Beamten, traditionell starke Debeka-Kunden, dürften den Koblenzern weiterhin die Treue halten. Sie lieben es, intensiv betreut und beraten zu werden. Und das scheint dieser Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit zu tun. Das führte dazu, daß er weiterhin mit weitem Abstand das Ranking anführt. Oder anders ausgedrückt: Die Debeka weist in ihren Statistiken ungefähr genauso viele Vollversicherte aus wie die drei auf den Plätzen 2 bis 4 rangierenden Wettbewerber. Weiterhin konnte die Debeka von der Schwäche ihrer drei ärgsten Verfolger profitieren. Die drei töchter internationaler Assekuranzmultis wiesen entweder wie die AXA nur die branchenweit niedrigen Nettozuwächse aus oder gerieten wie die DKV und die Allianz Private (beides ehemalige PKV-Marktführer) in schwierige Gewässer. Im 1-Jahres-Vergleich tauchen die ERGO-Tochter und das PKV- Unternehmen Allianz sogar in der TOP 5-Loser-Liste auf. Nicht nur in München scheinen die vergreisenden Bestände ein Problem darzustellen. 31 + 32-15 / 30. Juli 2015 Seite 5

Ranking nach Vollversicherten Top 5 Gewinner nach 1 Jahres-srate 2014/2015 1 Debeka 29.602 30 CONCORDIA Krankenversicherungs-AG 3,80 % 6 HUK-COBURG- 4.152 21 R + V 2,08 % 12 HanseMerkur 3.432 12 HanseMerkur 1,50 % 3 AXA 1.495 1 Debeka 1,32 % 21 R + V 1.208 6 HUK-COBURG- 1,04 % Top 5 Gewinner nach 5-Jahres-srate 2010/2015 1 Debeka 158.724 12 HanseMerkur 64,93 % 12 HanseMerkur 91.437 21 R + V 42,85 % 3 AXA 66.483 17 16,23 % 2 DKV Deutsche 55.249 22 ALTE OLDENBURGER 12,42 % 6 HUK-COBURG- 40.171 27 Württembergische 11,63 % Top 5 Verlierer nach 1 Jahres-srate 2014/2015 2 DKV Deutsche - 21.824 8 CENTRAL - 5,60 % 8 CENTRAL - 21.225 18-3,27 % 4 Allianz Private Krankenversicherungs-AG - 13.801 19 MÜNCHENER VEREIN Krankenversicherung a.g. - 2,64 % 9 Bayerische Beamtenkrankenkasse AG - 8.613 2 DKV Deutsche - 2,55 % 15 Gothaer - 3.898 15 Gothaer - 2,47 % Top 5 Verlierer nach 5-Jahres-srate 2010/2015 8 CENTRAL - 141.508 8 CENTRAL - 28,33 % 4 Allianz Private Krankenversicherungs-AG - 68.429 19 MÜNCHENER VEREIN Krankenversicherung a.g. - 12,13 % 9 Bayerische Beamtenkrankenkasse AG - 39.337 18-11,63 % 18-13.215 9 Bayerische Beamtenkrankenkasse AG - 10,06 % 13 Landeskrankenhilfe V.V.a.G - 12.436 4 Allianz Private Krankenversicherungs-AG - 9,65 % 31 + 32-15 / 30. Juli 2015 Seite 6

Die weiteren Erfolgsstories im Bereich der Vollversicherung scheinen sich im bayerischen Coburg und in Hamburg abzuspielen. Die HUK Coburg und die HanseMerkur zeigen, daß man vor allem mit klaren Produkten und Zielen sowie einer abgestimmten Imagearbeit im Markt punkten kann. Ganz im Gegenteil zur Kölner CENTRAL. Die rheinische Tochter des italienischen Assekuranz-Multis Generali scheint in den letzten Jahre viele, viele Fehler begangen zu haben, über die sogar die Branche aktuell am liebsten den Mantel des Schweigens decken würde. Das zeigt sich nicht nur im 5-Jahres-Vergleich. Die früheren Bestandsgewinne seit Anfang des Jahrtausends vor allem durch Billigtarife für Neueinsteiger sind quasi verspielt, zahlreiche Manger mußten in der Domstadt ihre Sessel räumen. Und ein Ende der Turbulenzen scheint noch nicht abzusehen, schenkt man Insiderberichten Glauben. Es gibt Auguren, für die zählen die Angebote von Zusatzversicherungen der PKV-Unternehmen zum Zukunftsmodell der Branche. Stolze 411.100 Versicherte mehr im Jahr 2014 zeugen davon, der Renner waren Zahnzusatztarife. So mancher Anbieter scheint den größten Anteil seines Vertriebsaufwandes in diesen Sektor der Assekuranzsparte zu stecken. Nur sieben der 31 Anbieter von Zusatzversicherungen konnten 2014 netto keinen Zuwachs verbuchen. Für die ERGO-Tochter DKV rechnet sich diese Zielsetzung sogar. Die Kölner führen weiterhin mit weitem Abstand das Ranking an. Wie gut sie akquirieren konnten, demonstriert der 5-Jahres-Vergleich. Denn ihre Zuwächse an Zusatzversicherungen resultieren nicht aus dem Kooperationsgeschäft mit den Krankenkassen wie bei anderen Wettbewerbern. Aufgrund des Bestandes an Zusatzversicherungen rangiert die DKV im Gesamtmarkt hinsichtlich ihres Marktanteiles auf 2. Ranking nach Zusatzversicherten Top 5 Gewinner nach 1-Jahres-srate 2014/2015 7 ENVIVAS 71.671 14 R + V 10,43 % 14 R + V 66.504 21 Württembergische 7,13 % 13 AXA 57.746 13 AXA 7,09 % 9 33.013 7 ENVIVAS 5,83 % 4 ERGO Direkt Versicherungen AG 30.744 25 MÜNCHENER VEREIN Krankenversicherung a.g. 5,70 % Top 5 Gewinner nach 5 Jahres-srate 20142015 1 DKV Deutsche 1.132.917 7 ENVIVAS 407,39 % Württembergische 7 ENVIVAS 1.044.019 21 74,58 % 14 R + V 288.331 14 R + V 69,30 % 2 Allianz Private Krankenversicherungs-AG 218.218 20 DEVK Krankenversicherungs-AG 67,63 % 3 Debeka 171.396 1 DKV Deutsche 47,24 % 31 + 32-15 / 30. Juli 2015 Seite 7

Top 5 Verlierer nach 1-Jahres-srate 2014/2015 28 NÜRNBERGER NÜRNBERGER - 62.756 28-31,77 % 16-11.168 16-2,29 % 12 Continentale Krankenversicherung a.g. - 7.545 26 Landeskrankenhilfe V.V.a.G - 1,60 % 26 Landeskrankenhilfe V.V.a.G - 2.986 12 Continentale Krankenversicherung a.g. - 0,84 % ALTE OLDENBURGER 11 Barmenia Krankenversicherung a.g. - 1.726 29-0,58 % Die 6 Verlierer nach 5-Jahres-srate 2010/2015 6 SIGNAL Krankenversicherung a.g. - 136.875 28 NÜRNBERGER - 25,58 % 28 NÜRNBERGER - 46.328 6 SIGNAL Krankenversicherung a.g. - 9,06 % 16-46.305 16-8,84 % 12 Continentale Krankenversicherung a.g. - 44.425 12 Continentale Krankenversicherung a.g. - 4,74 % 11 Barmenia Krankenversicherung a.g. - 5.997 23 INTER Krankenversicherung ag - 1,79 % 23 INTER Krankenversicherung ag - 4.125 11 Barmenia Krankenversicherung a.g. - 0,66 % Bleibt noch der Blick auf das Geschäft der PKV-Unternehmen mit den Krankenkassen. Seit über einem Jahrzehnt, seit 2004 ist es den Körperschaften gesetzlich erlaubt, im Bereich der Zusatzversicherungen mit den PKV-Unternehmen zusammen zu arbeiten. Das Geschäft lief für manche der privaten Krankenversicherer erst stockend an, andere wie z.b. die HUK Coburg waren Feuer und Flamme. Wieder andere wie die Dortmunder Continentale hielten sich aus dem Geschäft ganz heraus. In Köln, bei der DKV mag man vermutlich seine Jubelschreie von früher nicht mehr hören. In der Domstadt war es gelungen, mit einem Großteil der AOK-Familie Verträge abzuschließen. Das dürfte sich am Anfang gerechnet haben. Doch die Treue der Ortskrankenkassen hielt nicht lange. Noch zum Stichtag 1. Januar 2010 meldete die DKV über 380.000 Kooperationsversicherte, man lag damit immer noch auf einem Podestplatz, auch wenn es seit 2005 immer für Platz 2 dieses dfg-rankings gereicht hatte. Doch nach der Erosion der AOK-Verträge dürfte es am Rhein hinsichtlich der Zahl der Kooperationsversicherten mau geworden sein. Die DKV ist seit 2011 nicht mehr bereit, sich zur Bestandsentwicklung zu äußern. Im Bereich der Kooperationsversicherung zeigt die Branche ein mehr als uneinheitliches Bild. In den Fokus sollte man einmal die Kölner ENVIVAS nehmen. Vom reinen Zahlenbild ein Erfolgsmodell sondergleichen. Und trotzdem ein gewisses Sorgenkind für den einzigen Kooperationspartner. Der residiert in Hamburg und heißt Techniker Krankenkasse (TK). Dort dürfte man sich Sorgen über den Zustand und vor allem über die Zukunft seines Kooperationspartners machen. Denn die ENVIVAS wurde einst eigens nur gegründet, um dem Kooperationsvertrag mit der TK ein eigenes Gesicht zu geben. Die frühere gesellschaftsrechtliche Mutter der ENVIVAS hieß nämlich CENTRAL Krankenversicherung AG. Und die geschilderten Turbulenzen der Kölner Generali-Tochter dürften auch 31 + 32-15 / 30. Juli 2015 Seite 8

Ranking nach Kooperationsversicherten Top 5 Gewinner nach 1 Jahres-srate 2014/2015 1 ENVIVAS 71.671 16 LVM Krankenversicherungs-AG 17,07 % 3 Barmenia Krankenversicherung a.g. 31.727 12 SDK Süddeutsche Krankenversicherung a.g. 9,24 % 2 HanseMerkur 5.389 3 Barmenia Krankenversicherung a.g. 7,02 % 7 5.230 1 ENVIVAS 5,83 % 9 HALLESCHE Krankenversicherung a.g. 3.182 7 5,45 % Top 5 Gewinner nach 5-Jahres-srate 2010/2015 1 ENVIVAS 1.044.019 11 R + V 482,00 % 3 Barmenia Krankenversicherung a.g. 86.106 1 ENVIVAS 407,39 % 2 HanseMerkur 51.615 12 SDK Süddeutsche Krankenversicherung a.g. 103,96 % 4 HUK-COBURG- 49.080 17 Württembergische 43,00 % 11 R + V 47.718 10 DEVK Krankenversicherungs-AG 31,77 % Top 5 Verlierer nach 1 Jahres-srate 2014/2015 14 Debeka - 8.641 14 Debeka - 49,80 % 6 SIGNAL Krankenversicherung a.g. - 3.963 13-3,33 % 4 HUK-COBURG- - 3.634 6 SIGNAL Krankenversicherung a.g. - 3,29 % 10 DEVK Krankenversicherungs-AG - 1.744 10 DEVK Krankenversicherungs-AG - 2,58 % ALTE OLDENBURGER Provinzial Krankenversicherung 8-1.115 18-1,70 % Hannover AG Die 4 Verlierer nach 5-Jahres-srate 2010/2015 14 Debeka - 146.408 14 Debeka - 94,38 % 16 LVM Krankenversicherungs-AG - 23.642 16 LVM Krankenversicherungs-AG - 81,33 % 13-2.256 13-13,49 % 7-2.252 7-2,18 % Quellen: eig. Recherchen, Geschäftsberichte, Angaben der Unternehmen dfg Dienst für Gesellschaftspolitik 2015 31 + 32-15 / 30. Juli 2015 Seite 9

die damalige Unternehmens-Enkelin erreicht haben. Man erlöste daher die ENVIVAS aus dem Gesellschaftsverhältnis mit der CENTRAL und überführte sie in den verbund der GENERALI Deutschland Holding AG, deren 100prozentige Tochter sie seither ist. Außerdem verpaßte man dem TK-Kooperationspartner ein neues Markenbild. Mit dem neuen virtuellen Auftritt rücke die EN- VIVAS auch optisch näher an den Partner heran, gesteht die Kölner Gesellschaft in ihrem Geschäftsbericht 2014. Vermutlich alles Maßnahmen, um die TK weiter an die Kölner zu binden. Denn wirtschaftlich lohnt sich das Kooperationsverhältnis für die Italiener aktuell überhaupt nicht. Dem Geschäftsbericht 2014 der ENIVAS kann man entnehmen, daß ihr Rohüberschuß in dem abgelaufenen Jahr 15,5 Mill. betrug. Aus dem Rohüberschuß habe man 11,7 Mill. in die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) an die Versicherten überführt. Nach Steuern sei dann ein Jahresüberschuß von 2,5 Mill verblieben. Den sich ergebenden Bilanzgewinn habe man in die anderen Gewinnrücklagen eingestellt. Also keine Gewinnabführung an eine gewinngierige Mutter? An diese wohl nicht. Aber wohl an die neue Schwester, die Kölner Central. Genau: Denn der Versicherungsbetrieb wird über Funktionsausgliederungs- und Dienstleistungsverträge von der CEN- TRAL Köln wahrgenommen. Das entnimmt man dem ENIVAS-Geschäftsbericht. Wie hoch die dorthin abgeführten Gelder sind, das erwähnt man nicht. Das dürfte seine Gründe haben. Denn eigentlich ist die ENVIVAS im GKV-Kooperationsbereich seit 2011 die unangefochtene Nr. 1. Nur scheinbar ein wackelnder, völlig verunsicherter Riese. Das merkte die dfg-redaktion bei ihrer Recherche. Die dfg-anfrage vom 27. Mai 2015 landete in Köln. Aber erst nach weiterem Drängen äußerte sich am 27. Juni 2015 eine Hamburger Agentur, spezialisiert auf Werbung für Marken und deren PR. Sie gab auch bereitwillig die nachgefragten Zahlen heraus. Nur stutzig machte der folgende Satz: Aus datenschutzrechtlichen Gründen können wir leider keine Auskunft über GKV-Kooperationsversicherte machen. Hinter dem Datenschutz haben sich schon so manches Ministerium, Körperschaften wie auch Unternehmen versteckt. Dann darf man aber die so wichtigen Bestandszahlen nicht im eigenen Geschäftsbericht veröffentlichen. Wie kommentieren das die alten Kölner: do laache jo de Höhner. Hilfsmittel: Alle sind am Wehklagen ändern wird sich wenig (dfg 31+32 15) Für die Hilfsmittelversorgung der Versicherten gaben die 123 Krankenkassen im Jahr 2014 keine acht Mrd. aus. Im I. Quartal 2015 waren es 1,92 Mrd.. Das sind knapp vier Prozent der gesamten Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Doch in kaum einem Bereich des Gesundheitswesens wird so viel geklagt, gejammert und gegreint. Von allen Beteiligten, niemand ist zufrieden. Seien es nun die Versicherten, die Kassen und ihre Verbände oder die Lieferanten bzw. Hersteller sowie deren Zusammenschlüsse. Kein Wunder, daß die bündnisgrüne Bundestagsfraktion versuchte, aus den Zuständen aktuell politisches Kapital zu schlagen. Doch Teile der Antwort der Bundesregierung auf die entsprechende Kleine Anfrage (BT-Drs.: 18/5494) vom 8. Juli 2015 zeigen auch, daß viel publizistischer Wind um den Hilfsmittelbereich erzeugt wird. 31 + 32-15 / 30. Juli 2015 Seite 10

Kaum ein Bereich des Gesundheitswesens ist so fragmentiert und reglementiert wie der Hilfsmittelbereich. Schon beim dahingegangenen IKK Bundesverband in Bergisch-Gladbach, der einst für diesen Sektor innerhalb der GKV verantwortlich zeichnete, klagte man über die Masse von unterschiedlichsten Anbietern und über die Flut von unterschiedlichsten Produkten, die die unzähligen Hersteller ständig in immer neuen Varianten auf den Markt warfen. Das so genannte Hilfsmittelverzeichnis zeichnete und zeichnet sich dadurch aus, daß die Produktflut in einem fünfstelligen Bereich ausgeartet ist. Der mittlerweile zuständige Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV- SV) unterhält in der Berliner Reinhardtstraße eine ganze Mitarbeitertruppe (Referat 3120). Deren erheblichen Probleme kann man dezidiert dem aktuellen Geheim-Bericht der Baseler prognos AG über die Prozeß- und Organisationsanalyse des GKV-Spitzenverbandes vom 18. Mai 2015 entnehmen, der der dfg-redaktion vorliegen. Die Aufgabe der Truppe ist es u.a., sich um die Erstellung, Pflege und Weiterentwicklung des voluminösen Verzeichnisses zu kümmern. Allein die 1.200 Anträge müssen sie jährlich bearbeiten, bei denen enge gesetzliche Fristen zu beachten sind. Denn werden diese von den Beschäftigten des GKV-SV nicht eingehalten, dann drohen Untätigkeitsklagen nicht nur aus der Industrie. Oftmals müssen für spezifische Hilfsmittel erst einmal Experten gesucht und befragt werden, damit die Anträge überhaupt bearbeitet werden können. Ein weiteres Problemfeld für die Referatstruppe stellt die Neu-Ermittlung und die Überprüfung der Festbeträge dar. Auch da scheint die Industrie nicht gerade hilfreich zu sein, denn die notwendigen Daten liefert sie anscheinend nur schleppend, meint das Beratungsunternehmen. Auch wenn der dafür teilweise zuständige Verband BVMed auf der anderen Straßenseite gegenüber residiert. Kein Wunder, wenn man beim GKV-SV verstärkt auf das Mittel von Ausschreibungen von Marktanalysen zurückgreift. Die gehen ins Geld, das die Kassen für ihren Verband aufbringen müssen. Das die Beschäftigten in der Reinhardtstraße sich dann auch noch mit dem Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes (MDS) in Essen um Details zoffen, steht auf einem anderen Blatt. Ein Zuckerschlecken ist es nicht. Aber ein Aufwand ohne Ende. Und das alles nur für schlappe vier Prozent der GKV-Ausgaben. Denn es sind ja nicht nur die auf ihren Profit schielenden Unternehmen, die sich beklagen. Man darf ja zusätzlich nicht einige der Gesundheitshandwerker vergessen, die sich um die eigene Produktion (z.b. Orthopädieschuhtechniker) bzw. um die Abgabe von Hilfsmitteln (z.b. Hörgeräteakustiker, Augenoptiker) kümmern. Ach ja, und da sind ja auch noch die bundesdeutschen Apotheker, die als Offizin oder als Versandapotheke sich um Geschäfte rund um die Hilfsmittel verdient machen wollen. Die Kassen behelfen sich angesichts der wahren Flut von Leistungsanbietern damit, alle sich ihnen bietenden Möglichkeiten des 127 SGB V (Ausschreibung, Preisverhandlungen, Einzelfallentscheidungen) auszuschöpfen. Denn sie sollen ja schließlich wirtschaftlich handeln. Das führt dann eben dazu, daß auch noch Logistik-Unternehmen an der Versorgung verdienen. Die bündnisgrünen Bundestagsfragerinnen rund um Maria Klein-Schmeink MdB (57) und Elisabeth Scharfenberg MdB (52) formulierten in ihrer Kleinen Anfrage ein wunderschönes Paradigma: Beispielsweise kommt der Badewannenlifter von einer Firma aus Dortmund, der Toilettenstuhl aus Sigmaringen, das Inkontinenzmaterial aus Berlin und das Pflegebett aus Gütersloh etc.. Je mehr Hilfsmittel ausgeschrieben würden, umso höher sei die Anzahl der verschiedenen Leistungserbringer, die einen einzelnen Patienten beliefern so ist nicht nur das Fazit aus der bündnisgrünen Ecke. Eine intensive Beratung bzw. Einweisung vor Ort kann da nicht stattfinden. Reparaturen unterblieben, so daß elementare Serviceleistungen entfielen und eine Überprüfung der Er- 31 + 32-15 / 30. Juli 2015 Seite 11

gebnisqualität durch die Krankenkassen erfolge viel zu selten. Und auch die Tätigkeit der von den Kassen vielfach eingesetzten Hilfsmittelberater sehen die Bündnisgrünen kritisch. Vom Verhalten der diversen Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDKen) mal ganz abgesehen. Man sieht der bündnisgrünen Frageliste regelrecht an, aus welcher Ecke ihre kritischen Bemerkungen stammen. Das ist kein Wunder, denn im Quengeln und Klagen sind die betroffenen Versicherten oder ihre Angehörigen scheinbar findig. Auch im Aufstacheln von Medien, die sich gerne auf die ach so beliebten Einzelfälle im Rahmen ihres Betroffenheitsjournalismus stürzen. Aber anscheinend müssen sich die Verhältnisse in den letzten Jahren etwas verbessert haben. Das zuständige Bundesgesundheitsministerium (BMG) reportiert nämlich die Beschwerdezahlen von Versicherten beim Bundesversicherungsamt (BVA). Im Jahr 2011 gingen z.b. beim BVA insgesamt 3.729 Eingaben ein, davon entfielen auf den Hilfsmittelbereich 290. Im Jahr 2014 waren es noch 2.486 Eingaben bei 188 Hilfsmittel-Fällen. Allerdings: Die Quote fiel nur von 7,78 Prozent auf 7,56 Prozent. Bei vier Prozent der GKV-Ausgaben bedeutet das: Wenn es um die (Versorgungs-)Qualität von Hilfsmitteln geht, dann sind die Versicherten und ihre Umgebung besonders kritisch. Arztleistungen können sie nicht immer korrekt bewerten, im Krankenhaus wollen sie behandelt werden, aber wenn es um die Aufsaugfähigkeit von Inkontinenzwindeln geht, dann weiß man Bescheid und gibt sich der Compliance hin. Daß das BMG versucht, die Vorstöße der parlamentarischen Opposition abzuwimmeln, das ergibt sich von selbst. Das Haus von CDU-Minister Hermann Gröhe MdB (54) sieht sogar in einigen der gesetzlichen Normen Vorteile. So habe sich z.b. das so genannte Präqualifizierungsverfahren bewährt und leiste einen wichtigen Beitrag zur Strukturqualität der Hilfsmittelversorgung. Der so genannten Prozeßqualität diene das altbewährte und durch den GKV-SV weitergeführte Hilfsmit telverzeichnis. Und was die Ausschreibungen der Krankenkassen angehe, da beschränkten sich die Körperschaften meistens auf sechs Produktgruppen wie z.b. die Inkontinenzhilfen. Windeln kann man halt gut ausschreiben, weil es sich um Massenproduktion handelt. Das BMG: Das Finanzvolumen der Ausschreibungen im AOK-System und bei den Ersatzkassen beträgt geschätzt zwischen fünf bis zehn Prozent am gesamten Ausgabenvolumen für Hilfsmittel. Die übrigen über 100 Krankenkassen führten kaum Ausschreibungen durch. Und nehme man paradigmatisch die Versorgung mit Inkontinenzhilfen, so entfielen 75,4 Prozent des Ausgabevolumens auf Verhandlungsverträge, 17,7 Prozent auf Ausschreibungen und 6,9 Prozent auf Verträge zum Festbetrag. Wobei man sich angesichts dieser Zahlen fragen muß, warum es für diese Produktgruppen überhaupt noch einen Festbetrag und damit das an sich schon umständliche Verfahren durch den GKV-SV noch geben muß. Das BMG zieht sich darauf zurück, daß es im Entscheidungsbereich einer jeden Kasse liege, ob eine Versorgung zum Festbetrag oder darauf basierenden Vertragspreis objektiv ausreichend sei. Sie müsse schließlich nichts finanzieren, was über das Maß des Notwendigen hinausgehe. Daß Patienten und ihre Angehörigen angesichts des ihnen anerzogenen Anspruchsdenkens den Sachverhalt manchmal anders sehen, kann man verstehen. Aber das muß ja nicht immer politisch gelöst werden. Großes Handeln durch die Berliner Politik ist daher nicht zu erwarten. 31 + 32-15 / 30. Juli 2015 Seite 12