Pressekonferenz. Weißbuch Herz Versorgung des Akuten Koronarsyndroms in Deutschland. 28. August Uhr Tagungszentrum der Bundespressekonferenz

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Transkript:

Pressekonferenz Weißbuch Herz Versorgung des Akuten Koronarsyndroms in Deutschland 28. August 2013 9.30 Uhr Tagungszentrum der Bundespressekonferenz presse@iges.de

Pressekonferenz Weißbuch Herz Versorgung des Akuten Koronarsyndroms in Deutschland 28. August 2013 9.30 Uhr, Tagungszentrum der Bundespressekonferenz 09.30 09.35 Begrüßung 09.35 10.00 Die Versorgung herzkranker Menschen mit akutem Koronarsyndrom: Epidemiologie, Therapien und Kosten. Erkenntnisse aus dem Weißbuch Herz Hans-Holger Bleß, Leiter des Bereichs Versorgungsforschung, IGES Institut, Berlin 10.00 10.15 Aktuelle Versorgungssituation des akuten Koronarsyndroms in Deutschland und Verbesserungsmöglichkeiten Prof. Uwe Zeymer, Leitender Oberarzt Medizinische Klinik, Klinikum der Stadt Ludwigshafen 10.15 10.30 Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Spiegel des Fortschritts Wo stehen wir und wo geht es hin? Prof. Bertram Häussler, Vorsitzender der Geschäftsführung, IGES Institut, Berlin 10.30 ca. 10.45 Fragen und Diskussion Moderation: Sandra Jessel, Pressereferentin IGES Institut, Berlin presse@iges.de

Kampf dem Herzinfarkt: Deutschland muss nachholen Weißbuch Herz beschreibt erstmalig die Versorgung schwer herzkranker Menschen - Experten fordern bessere Prävention und Langzeitversorgung Berlin, 28. August 2013 (IGES Institut) In Deutschland ist das Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben, immer noch höher als in vielen anderen europäischen Ländern. Auch wenn sich die Versorgung herzkranker Menschen in den vergangenen Jahrzehnten herausragend verbessert hat, gibt es noch Defizite in der Prävention, der Notfallversorgung und in der Betreuung von Risikopatienten. Zu diesem Fazit kommen die Autoren des Weißbuch Herz Versorgung des Akuten Koronarsyndroms in Deutschland, das heute in Berlin vorgestellt wurde. Das Weißbuch Herz ist eine in seiner Form erstmalige Bestandsaufnahme der Versorgung lebensbedrohlich kranker Menschen mit Akutem Koronarsyndrom (ACS), zu dem auch der Herzinfarkt zählt. Wissenschaftler des IGES Instituts haben es in Zusammenarbeit mit namhaften Experten erstellt. Der Herzinfarkt ist immer noch Todesursache Nummer 2 der Deutschen, auch wenn sich die Sterberate in den vergangenen zehn Jahren um rund 37 Prozent verringert hat. Zielgerichtete Verbesserungen bei der Versorgung haben zu einem enormen Rückgang der Sterblichkeit an Herzinfarkt geführt. Bei dieser Entwicklung hinkt Deutschland im europäischen Vergleich allerdings stark hinterher, sagt Prof. Bertram Häussler, Leiter des IGES Instituts. Mehr Aufklärung über richtiges Notfallverhalten nötig Die Herzinfarkt-Sterblichkeit könnte noch weiter gesenkt werden, wenn die für das Überleben entscheidende Zeit zwischen Symptombeginn und der Akutbehandlung in einem geeigneten Krankenhaus verkürzt werden könnte, sagt der Weißbuch-Autor und Leiter des Bereichs Versorgungsforschung am IGES Institut, Hans-Holger Bleß. "Mehr Aufklärung in der Bevölkerung über die Symptome eines Herzinfarktes und das sofortige Alarmieren eines Rettungswagens sind nötig." presse@iges.de

Defizite in der Langzeitbetreuung von ACS-Patienten Fortschritte hat es in der akuten Behandlung des ACS gegeben. Goldstandard ist eine Herzkatheteruntersuchung mit daran gekoppelter Behandlung (medizinisch: perkutane Koronarintervention, PCI), die immer mehr Herzinfarkt- Patienten erhalten: Bei Patienten mit einem schweren Herzinfarkt, einem sogenannten ST-Streckenhebungsinfarkt (STEMI), liegt die Quote inzwischen sogar bei über 90 Prozent. Die Daten zeigen, dass die Behandlung des akuten Herzinfarkts zunehmend leitliniengerecht erfolgt, sagt Prof. Uwe Zeymer, Leitender Oberarzt am Klinikum der Stadt Ludwigshafen und Weißbuch- Experte. Defizite konstatiert das Weißbuch Herz aber weiterhin in der langfristigen medikamentösen Behandlung ACS-Kranker. Diese ist essenziell, um Folgekomplikationen wie einen weiteren Herzinfarkt zu verhindern. Zum Einsatz kommen Mittel zur Blutverdünnung, gegen Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen. Bekommen noch 60 bis 90 Prozent der Betroffenen 90 Tage nach einem ACS-Krankenhausaufenthalt entsprechende Medikamente verordnet, sind es fünf Jahre danach nur noch rund ein Drittel. Wir sehen einen Trend zur leitlinienkonformen Langzeittherapie bei ACS. Es gibt aber Defizite vor allem bei älteren Patienten und bei der Kontinuität der Therapie, so Bleß. Von Herzinfarkt-Patienten, die die Zeit des Krankenhausaufenthaltes überleben, stirbt jeder Fünfte innerhalb von fünf Jahren. Zeymer: Die Versorgung der ACS-Patienten sollte sektorenübergreifend von Klinik und ambulantem Bereich erfolgen. Hierzu sind Patientenleitpfade zur Optimierung der medikamentösen und nicht-medikamentösen Sekundärprävention sinnvoll, um die Prognose der ACS-Patienten weiter zu verbessern. Herzinfarkte zu verhindern, heißt Gesundheitsausgaben zu senken Rund 1,85 Milliarden Euro kostet die Herzinfarktbehandlung in Deutschland (2008). 70 Prozent der Kosten entstehen dabei im Krankenhaus, im Durchschnitt mehr als 6.000 Euro pro Patient. Auffällig ist die überproportionale Zunahme der Herzinfarktkosten: Stiegen die generellen Kosten aller Krankheiten 2

zwischen 2002 und 2008 um 16 Prozent, waren es für den Herzinfarkt 74 Prozent. Der Kostenanstieg wird vor allem durch die stark gestiegenen Kosten für Über-65-Jährige verursacht. Risikofaktoren für ACS sind wie bei allen Herz-Kreislauferkrankungen Diabetes, Bluthochdruck oder erhöhte Blutfettwerte, die maßgeblich durch den eigenen Lebensstil und wenn erforderlich durch die richtige Medikamenteneinstellung beeinflusst werden können. Individuelles gesundheitsbewusstes Verhalten gilt es zu stärken. Wir brauchen endlich ein nationales Herz-Kreislauf- Programm, betont Bleß. Das Weißbuch Herz Versorgung des Akuten Koronarsyndroms in Deutschland erscheint (Anfang September) im Georg Thieme Verlag. Es entstand im Auftrag des forschenden Arzneimittelherstellers AstraZeneca. Über das IGES Institut: Forschen Entwickeln Beraten für Infrastruktur und Gesundheit Das IGES Institut wurde 1980 als unabhängiges Institut gegründet. Seither wurde in über 1.000 Projekten zu Fragen des Zugangs zur Versorgung, ihrer Qualität, der Finanzierung sowie der Gestaltung des Wettbewerbs im Bereich der Gesundheit gearbeitet. In jüngerer Zeit wurde das Spektrum auf weitere Gebiete der öffentlichen Daseinsvorsorge ausgeweitet: Mobilität und Bildung. Das IGES Institut gründet seine Arbeit auf hohe Sach- und Methodenkompetenz und bietet in allen Arbeitsgebieten einen breiten Zugang zu eigenen und zu Datenquellen anderer Institutionen. Gemeinsam mit den Unternehmen CSG und IMC (beide Berlin) sowie HealthEcon (Basel) beschäftigt die IGES Gruppe mehr als 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 3

Überblick: Fakten aus dem Weißbuch Herz Versorgung des Akuten Koronarsyndroms in Deutschland Das Krankheitsbild Akutes Koronarsyndrom (ACS) Das akute Koronarsyndrom (ACS) ist ein Sammelbegriff für lebensbedrohliche Erkrankungen der Herzkranzgefäße, die einer schnellen und zugleich dauerhaften Behandlung bedürfen. Ursache des ACS ist meist ein Blutgerinnsel, das ein Herzkranzgefäß teilweise oder ganz verstopft. Als Folge kann es zu instabiler Angina pectoris, aber auch zum Herzinfarkt oder plötzlichen Herztod kommen. Fast alle ACS Patienten leiden unter mindestens einer Begleiterkrankung wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, starkes Übergewicht, Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, stabile Angina pectoris oder anderen Erkrankungen der Herzkrankgefäße. Einige dieser sogenannten Komorbiditäten sind gleichzeitig ein eigener Risikofaktor für das Entstehen eines ACS. Ein ACS hat schwerwiegende Folgeerkrankungen: Re-Infarkte bzw. erneute Anginen, Herzinsuffizienz, kardiogener Schock, Tachykardien (Herzrasen) und Hirninfarkte (Schlaganfälle). Vorkommen des ACS bzw. des Herzinfarkts Es gibt keine eigene, routinemäßige Berichterstattung über die Häufigkeit des ACS. Hinweise geben Statistiken der koronaren Herzkrankheit (KHK), von der das ACS eine phasenweise, lebensbedrohliche Ausprägung ist, sowie Daten zum Herzinfarkt. 9,3 % der Bundesbürger der Altersgruppe von 40 bis 79 Jahren (12,3 % der Männer, 6,4 % der Frauen) leiden an einer KHK. (Gößwald 2013) 1 presse@iges.de 1 Diese Studie lag zum Redaktionsschluss des Weißbuch Herz noch nicht vor und wurde hier ergänzt.

4,7 % der Bundesbürger der Altersgruppe von 40 bis 79 Jahren (7,0 % der Männer, 2,5 % der Frauen) erleiden einen Herzinfarkt. (Gößwald 2013) 1 Die Zahl der Herzinfarkt-Todesfälle geht seit Jahren zurück: Starben 2001 noch rund 65 Frauen und 83 Männer je 100.000 Bundesbürger (altersstandardisiert) an einem Herzinfarkt, waren dies 2011 noch 41 Frauen und 49 Männer, ein Rückgang der Todesrate um rund 37 bzw. 41 % (Statistisches Bundesamt 2012: Todesursachenstatistik). Der erste Herzinfarkt tritt bei Männern im Median mit 56 Jahren auf, neun Jahre früher als bei Frauen mit 65 Jahren (Anand 2008). 14% der Patienten mit einer ACS-Diagnose sterben innerhalb eines Jahres (Zeymer 2011) Früherkennung und Prävention des ACS Zur Früherkennung des ACS können gesetzlich Versicherte ab 35 Jahren alle 2 Jahre eine Gesundheitsuntersuchung ( Check-up-35 ) nutzen. Die Teilnahme am Check-up-35 hat zwar zugenommen, lag 2010 aber immer noch bei weniger als der Hälfte (42%) der Über-35-Jährigen (Bundesministerium für Gesundheit 2012, KG-3-Statistik) Notfallmedizinische Versorgung bei ACS 24% der Patienten mit einem Herzinfarkt im Alter zwischen 25-74 Jahre sterben vor der Ankunft in einem Krankenhaus (KORA Herzinfarktregister nach Robert Koch-Institut 2012). Eine möglichst kurze Zeit (Prähospitalzeit) von Symptombeginn bis zur stationären Akutversorgung bestimmt die Überlebenschance und den Therapieerfolg beim ACS. In der 1. Stunde nach Symptombeginn sind die Chancen einer Wiederherstellung der Durchblutung des Herzmuskelgewebes am größten. Herzinfarkt-Patienten, die sofort den Notarztwagen alarmieren statt zunächst einen niedergelassenen Arzt zu kontaktieren, haben eine deutlich kürzere Prähospitalzeit:1,8 vs. 7,6 Stunden (Maier 2011). 2

Vor allem bei Frauen und älteren Menschen kommt es bei einem Herzinfarkt zu einem verzögerten Beginn der Akutversorgung: Die Prähospitalzeit ist bei Frauen im Median um rund 50 Min. länger, bei Menschen über 75 Jahre um gut eine Stunde (Mark 2006). Experten führen die längere Prähospitalzeit bei Frauen nicht nur auf die bei Frauen unspezifischeren Herzinfarkt-Symptome zurück, sondern auch auf ein stärkeres Verharmlosen oder weniger Ernstnehmen der Anzeichen (Weißbuch Herz 2013). Diagnostik und stationäre Versorgung bei ACS Die Koronarangiografie (Herzkatheteruntersuchung) ist nach gültigen Leitlinien der Goldstandard zur Untersuchung der Herzkranzgefäße auf mögliche Gefäßverengungen und verschlüsse. Verengte Gefäßstelle(n) können im Rahmen einer perkutanen Koronarintervention (PCI) mit einem Ballon geweitet und ggf. mit einem Stent (Röhrchen) verstärkt werden. In Deutschland gibt es 1076 Kliniken für die Versorgung von Herzinfarkten. 36,5% verfügen über ein Herzkatheterlabor, somit ist in einem Drittel der Kliniken eine PCI möglich (Zeymer 2010). Das leitlinienorientierte therapeutische Vorgehen bei Herzinfarkt hat sich in den vergangenen 20 Jahren enorm verbessert. So stieg die PCI-Rate bei einer der Hauptformen des Herzinfarkts (STEMI-Infarkt) von 4,7% in den Jahren 1985-89 auf 66,7% in den Jahren 2000-2004 (beim NSTEMI von 6,0% auf 53,6%) (Kuch 2008). Zugleich verringerten sich die Komplikationen wie ein erneuter, nichttödlicher Infarkt während der Zeit des Krankenhausaufenthaltes: von 7,2% in den Jahren 1985-89 auf 2,6% in den Jahren 2000-2004 (beim STEMI- Infarkt) bzw. von 7,1% auf 3,6% (beim NSTEMI-Infarkt) (Kuch 2008). Medikamentöse Versorgung bei ACS Der Verbrauch von Arzneimitteln, die u. a. zur medikamentösen Therapie von ACS-Patienten eingesetzt werden, hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Insgesamt hat sich die sekundäre Arzneimittelprävention in Deutschland deutlich verbessert und ein hohes Niveau erreicht. Es gibt es eine Fehlversorgung bestimmter Patientengruppen, z. B. älterer Patienten, und eine mangelnde Kontinuität der Arzneimittelversorgung. 3

Eine Registerstudie zeigt, dass die medikamentöse Behandlung von Herzinfarkt-Patienten bei Krankenhausentlassung in den verschiedenen Altersgruppen voneinander abweicht. Über 75-Jährige erhielten zu 71% einen Betablocker bzw. in 24% der Fälle ein Statin, jüngeren Patienten wurde hingegen zu 85,7% ein Betablocker bzw. zu 60% ein Statin verschrieben (Schuler 2006). Die Verordnungsprävalenz wichtiger Arzneimittel für die sekundäre Arzneimitteprävention nimmt über die Jahre stark ab: Erhalten 90 Tage nach Entlassung aus dem Krankenhaus noch 82% der Patienten Betablocker, 73% Statine, 69% ACE-Hemmer und 66% ASS, waren es 5 Jahre nach Entlassung nur noch 36%, 17%, 31% und 10% (Mangiapane 2011). Kosten der ACS-Versorgung Herzinfarkt-Patienten haben im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung eine schlechtere gesundheitsbezogene Lebensqualität. Dies resultiert vor allem aus Ängsten bzw. Depression, Schmerzen bzw. Unwohlsein und Einschränkungen bei alltäglichen Aktivitäten. Eine Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität empfinden jüngere Patienten stärker als Ältere, Frauen häufiger als Männer. Die direkten Krankheitskosten für alle Erkrankungen sind in Deutschland von 2002 auf 2008 um 16,2 % gestiegen; im gleichen Zeitraum haben die Kosten für die Behandlung des Myokardinfarkts um 73,8 % (von 1.066 Mio. Euro auf 1.853 Mio. Euro) zugenommen (Statistisches Bundesamt 2012: Krankheitskosten). Diese direkten Krankheitskosten für Herzinfarkt-Patienten fielen im Jahr 2008 zu 71 % im stationären Sektor an; die ambulante ärztliche Versorgung machte 5 % der Kosten aus, Rehabilitationsmaßnahmen sowie der Rettungsdienst jeweils 4,6 % (Statistisches Bundesamt 2012: Krankheitskosten). Der größte Anteil der Herzinfarkt- bzw. ACS-bezogenen Versorgungkosten entfällt somit auf die stationäre Behandlung und liegt bei ca. 6.240 Euro je Behandlungsfall (Statistisches Bundesamt 2012: Krankheitskosten). 4

Literaturverzeichnis Anand SS, Islam S, Rosengren A, Franzosi MG, Steyn K, Yusufali AH, et al. Risk factors for myocardial infarction in women and men: insights from the INTERHEART study. Eur Heart J. 2008 Apr;29(7):932-40. Bundesministerium für Gesundheit (BMG) (2012). KG 3-Statistik. URL: www.gbe-bund.de; Gößwald A, Schienkiewitz A, Nowossadeck E, Busch MA. Prävalenz von Herzinfarkt und koronarer Herzkrankheit bei Erwachsenen im Alter von 40 bis 79 Jahren in Deutschland: Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, Vol 56. 2013(5/6):650-5. Kuch B, Heier M, von Scheidt W, Kling B, Hoermann A, Meisinger C. 20-year trends in clinical characteristics, therapy and short-term prognosis in acute myocardial infarction according to presenting electrocardiogram: the MONICA/KORA AMI Registry (1985-2004). J Intern Med. 2008 Sep;264(3):254-64. Maier B. Versorgung von PatientInnen mit Herzinfarkt: Aktuelle Situation in Berlin: Daten des Berliner Herzinfarktregisters. Vortrag auf dem BHIR Symposium, 14.11.2011. 2011. Mangiapane S, Busse R. Prescription prevalence and continuing medication use for secondary prevention after myocardial infarction: the reality of care revealed by claims data analysis. Dtsch Arztebl Int. 2011 Dec;108(50):856-62. Mark B, Meinertz T, Fleck E, Gottwik MG, Becker H-J, Jünger C, et al. Stetige Zunahme der Prähospitalzeit beim akuten Herzinfarkt: Eine Analyse der Entwicklung im bundesweiten Infarktregister (MITRAplus). Dtsch Arztebl International. 2006 May 19, 2006;103(20):1378-. Robert Koch-Institut (Hrsg). Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Daten und Fakten: Ergebnisse der Studie» Gesundheit in Deutschland aktuell 2010«(2012). URL: http://www.rki.de Schuler J, Maier B, Behrens S, Thimme W. Present treatment of acute myocardial infarction in patients over 75 years--data from the Berlin Myocardial Infarction Registry (BHIR). Clin Res Cardiol. 2006 Jul;95(7):360-7. Statistisches Bundesamt 2012: Krankheitskosten. URL: www.gbe-bund.de Statistisches Bundesamt 2012: Todesursachenstatistik. URL: www.gbe-bund.de Statistisches Bundesamt 2013: Krankenhausstatistik. URL: www.gbe-bund.de Zeymer U, Zahn R, Gitt A, Dech M, Senges J. [Aktuelle Versorgungsstruktur der Therapie des akuten Herzinfarkts in Deutschland. Der Kardiologe 2010;4(3):231-5. Zeymer U, Jünger C, Zahn R, Senges J, Gitt AK. P1647 - Aktuelle 1-Jahressterblichkeit von Patienten nach akuten koronaren Syndromen. Resultate des MITRA-Plus Registers. Clin Res Cardiol April 2011. 2011;100, Suppl 1,. 5

Pressekonferenz Weißbuch Herz Versorgung des Akuten Koronarsyndroms in Deutschland 28. August 2013 9.30 Uhr, Tagungszentrum der Bundespressekonferenz Hans-Holger Bleß Leiter des Bereichs Versorgungsforschung IGES Institut, Berlin Die Versorgung herzkranker Menschen mit akutem Koronarsyndrom: Epidemiologie, Therapien und Kosten. Erkenntnisse aus dem Weißbuch Herz presse@iges.de

Gesundheit Mobilität Bildung Weißbuch Herz: Versorgung des Akuten Koronarsyndroms in Deutschland Hans-Holger Bleß, IGES Institut Pressekonferenz Haus der Bundespressekonferenz, 28. August 2013 Weißbuch Herz IGES Institut. Ein Unternehmen 28.08.2013 der IGES Gruppe. Seite 1

Agenda Weißbuch Herz Versorgung des Akuten Koronarsyndroms (ACS) Epidemiologie, Früherkennung und Primärprävention Versorgungssituation von ACS- Patienten in Deutschland Gesundheitsökonomische Aspekte Handlungsbedarf und Lösungsansätze Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 2

Weißbuch Herz Akutes Koronarsyndrom Was ist ein Weißbuch? Weißbücher ( White Papers ) Systematische Sichtung des vorhandenen Datenmaterials Umfassende Aufbereitung aller Versorgungsaspekte und - bereiche Neutrale Information und verlässliche Daten zur Versorgungsgestaltung Identifizierung von Stärken und Versorgungsmängeln, Versorgungszielen bzw. Handlungsbedarf Akutes Koronarsyndrom (ACS) Hohe Prävalenz ( Volkskrankheit ) Führend in Todesursachenstatistik Referenzwerk über die Versorgung des ACS in Deutschland als Beitrag für die künftige Versorgungsgestaltung Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 3

Weißbuch Herz Akutes Koronarsyndrom Welche Inhalte werden dargestellt? 1. Ursachen, Symptome, Begleit- und Folgeerkrankungen 2. Epidemiologie 3. Früherkennung u. Primärprävention 4. Prähospitale Notfallversorgung 5. Diagnostik und stationäre Versorgung 6. Medikamentöse Versorgung 7. Kardiologische Anschlussheilbehandlung 8. Ambulante Versorgung 9. Akteure der ACS-Versorgung 10. Gesundheitsökonomische Aspekte 11. Anforderungen an eine angemessene Versorgung Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 4

Weißbuch Herz Akutes Koronarsyndrom Welche Experten wurden einbezogen? Katrin Berger Dipl.-med. Ingrid Dänschel Prof. Dr. Harald Darius Dr. Franz Goss Michael Jacobs Prof. Dr. Bernhard Schwaab Prof. Dr. Ulrich Tebbe Evert Jan van Lente Prof. Dr. Uwe Zeymer ambulante haus- und fachärztliche Versorgung stationäre Behandlung und Rehabilitation Mediziner und nicht ärztliche Berufe gesetzliche und private Krankenversicherung Epidemiologie und Versorgungsforschung Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 5

Gesundheit Mobilität Bildung 2. Epidemiologie, Früherkennung und Primärprävention Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 6

Epidemiologie Krankheitsbild ACS Erneute Angina Schlaganfall Re-Infarkt Kardiogener Schock Tod Herzinsuffizienz Kardiovaskuläre Erkrankungen Koronare Herzkrankheiten ACS: Myokardinfarkt (STEMI, NSTEMI) und instabile Angina pectoris Bluthochdruck Fettstoffwechselstörungen Diabetes Rauchen Adipositas Bewegungsmangel Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 7

Epidemiologie Inzidenz und Prävalenz 12 10 Anteil in % 8 6 4 Lebenszeitprävalenz KHK, 2010 Frauen Männer Gesamt 9,9 8,2 6,7 1.200 1.000 800 600 400 Anzahl vollstationärer Krankenhausfälle je 100.000 Einwohner (altersstandardisiert), 2000 2010 I20-I25 Ischämische Herzkrankheiten I21-I22 Herzinfarkt I20.0 instabile Angina pectoris 2 200 0 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Keine routinemäßige Berichterstattung über Häufigkeit des ACS in Deutschland Quellen: RKI: GEDA 2010; Statisches Bundesamt 2012 Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 8

Früherkennung Früherkennung: Gesundheitsuntersuchung Check-up-35 Ziel: frühzeitige Entdeckung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenerkrankungen sowie Diabetes anhand von Risikofaktoren Teilnehmerrate 2009/2010: 47% Frauen, 44% Männer Ursachen für Nicht-Inanspruchnahme sowohl bei Patienten, als auch bei Ärzten zu finden Bestimmung des Herzinfarkt-Risikos mittels Risiko-Scores Trotz Leitlinien-Empfehlung nur geringe praktische Anwendung 1998-2003: 23 % der Hausarztpatienten erhöhtes kardiovaskuläres Mortalitätsrisiko Quellen: Zentralinstitut der Kassenärztlichen Vereinigung; Zok 2007; Huy 2012; Othmann 2008; Krogsbøll 2012; Gohlke 2012; Geller 2007; Oriol-Zerbe 2007 ; Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 9

Primärprävention Primärprävention Zahlreiche Angebote: Einzelmaßnahmen, multifaktorielle Programme, Setting-Ansatz, nationale Informations- oder Mit- Mach-Kampagnen Inanspruchnahme von mind. 1 präventiven Einzelmaßnahme 2007-2009: 17 % (Frauen: 21 %; Männer: 12 %) Keine nationale Präventionsstrategie von Herz-Kreislauf- Erkrankungen und Präventionsgesetz erneut im politischen Entscheidungsprozess Ziel: (finanzielle) Stärkung der Prävention sowie gemeinsame Strukturen, Ziele und Evaluation Gesundheitsförderliches Verhalten (Nicht-Rauchen, Bewegung, Ernährung, Gewichtsreduktion) senkt Mortalitätsrisiko Effekte von Primärprävention nicht abschließend geklärt Quellen: RKI: GEDA 2009; Autenrieth 2011, Jockel 2009; Ebrahim 2011 Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 10

Gesundheit Mobilität Bildung 3. Versorgungssituation von ACS- Patienten in Deutschland Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 11

Notfallmedizinische Versorgung Möglichst kurze Zeit von Symptombeginn bis zur stationären Akutversorgung erhöht Überlebenschance und Therapieerfolg 24 % der Patienten mit Myokardinfarkt versterben schon prähospital (2001-2003, KORA) Einflussfaktoren der Prähospitalzeit Entscheidungszeit: von Symptombeginn bis Notruf variiert nach verschiedenen patientenabhängigen Faktoren Hilfsfrist: Notruf bis Eintreffen Rettungsdienst regional unterschiedlich, Ø 15 Min Ziel: 10 Min. von med. Kontakt bis EKG; dafür Ausstattung mit EKG und notärztlich besetzter Rettungsdienst erforderlich EKG-Befund soll über Wahl des Krankenhauses entscheiden; positive Evidenz für Herzinfarktnetzwerke vorhanden Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 12

Stationäre Versorgung Anwendung diagnostischer und therapeutischer Strategien bei Herzinfarkt, Region Augsburg 100 80 1985-1989 2000-2004 Anteil in % 60 40 20 0 Koronarangiographie Jegliche Revaskularisation PCI Bypass-OP STEMI NSTEMI Anteil durchgeführter Interventionen zeigt ansteigende PCI-Raten im Zeitverlauf Vorhandene Daten zeigen Trend zur leitliniennahen Versorgung Koronarangiographie Jegliche Revaskularisation PCI Bypass-OP Quellen: MONICA/KORA-Daten Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 13

Stationäre Versorgung Letalität und Komplikationen bei Herzinfarkt, Region Augsburg 14 12 1985-1989 2000-2004 Anteil in % 10 8 6 4 2 0 28-Tage-Letalität Re-Infarkt (nicht-tödlich) Schwerwiegende Arrhythmien Kardiogener Schock 28-Tage-Letalität Re-Infarkt (nicht-tödlich) Schwerwiegende Arrhythmien Kardiogener Schock STEMI NSTEMI Quellen: MONICA/KORA-Daten Rückgang von Letalität und Komplikationen im Zeitverlauf Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 14

Rehabilitation und ambulante Langzeitbehandlung Kardiologische Rehabilitation Inanspruchnahme kardiol. AHB nach Infarkt: 68% der STEMIund 52% der NSTEMI-Patienten (2000-2002 ACOS-Register) Wirksamkeit stationärer und ambulanter kardiologischer Reha bei Myokardinfarkt-Patienten vergleichbar; unklar bei IA Ambulante und medikamentöse Nachsorge Hausärztliche Nachsorge über mind. 1 Jahr bei den meisten ACS-Patienten Medikamentöse Langzeitversorgung im Zeitverlauf verbessert; aber immer noch Verbesserungspotential hinsichtlich leitlinienkonformer Arzneimitteltherapie bei bestimmten Patientengruppen oder mit bestimmten Arzneimitteln Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 15

Gesundheit Mobilität Bildung 4. Gesundheitsökonomische Aspekte Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 16

Gesundheitsökonomische Aspekte 2008: 6,2 Mrd. Krankheitskosten für ischämische Krankheiten, davon 1,85 Mrd. für Myokardinfarkt, verteilt auf: 9,5% 5,0% 3,2% 4,6% 2,3% 4,6% Arztpraxen Apotheken Krankenhäuser Rehabilitationseinrichtungen Pflege Rettungsdienste Sonstige (inkl. Verwaltung) 70,9% Quelle: Stat. Bundesamt, Krankheitskostenstatistik stationäre Behandlungskosten: Ø 6.240 je Fall Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 17

Gesundheitsökonomische Aspekte Veränderung der Krankheitskosten von 2002 bis 2008 Koronare -4,3% Herzkrankheiten Myokardinfarkt 73,8% Gesamtkrankheitskosten 16,2% -20% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Quelle: Stat. Bundesamt, Krankheitskostenstatistik Überproportionale Kostensteigerung für Myokardinfarkt, die sich nur teilweise mit veränderten stationären Fallzahlen erklären lässt Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 18

Gesundheit Mobilität Bildung 5. Handlungsbedarf und Lösungsansätze Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 19

Handlungsbedarf und Lösungsansätze Früherkennung Ausdifferenzierung des Check-up-35 bzw. Entwicklung geeigneter Screening-Programme Anpassung des Check-Up an verschiedene Altersstufen eine differenziertere Betrachtung der Laborwerte eine Erweiterung des Untersuchungsspektrums die Nutzung von Risiko-Scores Evaluation der Maßnahmen erforderlich Erhöhung der Teilnehmerquote Gezieltes Anreizsystem für Patienten mit erhöhtem Risiko Termin-Erinnerungssysteme Sensibilisierung bzw. Motivierung von Hausärzten Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 20

Handlungsbedarf und Lösungsansätze Primärprävention Ausbau und Förderung von gesundheitsförderlichem Verhalten als gesellschaftliche Aufgabe Präventionsgesetz zur Stärkung und Sicherung von Primärprävention Schaffung eines nationalen Herzkreislauf-Präventionsprogramms mit Kontinuierlichen massenmedialen Aufklärungskampagnen sowie Wissensvermittlung in Kitas und Schulen Settingbezogene Maßnahmen ergänzt durch individuelle risikostratifizierte Primärprävention Evaluation der Präventionsmaßnahmen Klärung der Finanzierung (z.b. Steuern, auf individueller Ebene über Krankenkassen) Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 21

Handlungsbedarf und Lösungsansätze Notfallmedizinische Versorgung Schnellere Erstversorgung und Transport in ein geeignetes Krankenhaus Zeitnahe Alarmierung des Rettungsdienstes durch kontinuierliche Aufklärungsarbeit erhöhen Rettungssanitäter so ausbilden, dass sie ein EKG auswerten, STEMI bzw. NSTE-ACS diagnostizieren und darauf basierend ein geeignetes Krankenhaus ansteuern können Abschaffung der Kreis- oder Landes-Grenzen im Rettungswesen, damit Wahl des Krankenhauses ausschließlich nach patientenorientierten Kriterien erfolgt Vereinbarung klarer Verantwortlichkeiten zwischen primär aufnehmendem und Interventionskrankenhaus bei Verlegungen Auswertung und Veröffentlichung von Daten über Rettungstransporte Weißbuch Herz 28.08.2013 Seite 22

Gesundheit Mobilität Bildung IGES Institut Hans-Holger Bleß www.iges.de Weißbuch Herz IGES Institut. Ein Unternehmen 28.08.2013 der IGES Seite Gruppe. 23

Pressekonferenz Weißbuch Herz Versorgung des Akuten Koronarsyndroms in Deutschland 28. August 2013 9.30 Uhr, Tagungszentrum der Bundespressekonferenz Prof. Uwe Zeymer Leitender Oberarzt Medizinische Klinik, Klinikum der Stadt Ludwigshafen Aktuelle Versorgungssituation des akuten Koronarsyndroms in Deutschland und Verbesserungsmöglichkeiten presse@iges.de

Versorgungsrealität des ACS in Deutschland Uwe Zeymer Herzzentrum Ludwigshafen Institut für Herzinfarktforschung Ludwigshafen Weißbuch Herz, Pressekonferenz, Berlin 28.08.2013

Therapie des ACS Leitlinie und Realität Was empfehlen die Leitlinien? Wie ist die Umsetzung in Deutschland?

Einteilung der akuten koronaren Syndrome (ACS)

STEMI-Leitlinien Reperfusionstherapie

Institut für Herzinfarktforschung MI / ACS Registries Study Subject Period n= 60-Min MIP STEMI 1992-1994 15.421 MITRA-1/2 STEMI 1994-2001 11.808 MIR-1/2 STEMI 1996-1999 17.092 ACOS ACS 2002-2004 17.258 GOAL ACS / PCI 2003-2004 2.888 OPTAMI STEMI / NSTEMI 2005-2008 2.432 SWEETHEART STEMI / NSTEMI 2007-2008 4,967 DHR STEMI 2007-2009 7,000

Versorgung des STEMI in Deutschland n=280

Reperfusionstherapie beim STEMI 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 % 3,5 Gesamt KH mit HK KH ohne HK 95,597,3 90,4 88,491,1 80,7 16,6 9,6 8,3 2,7 6,4 Lyse Koronarangiographie PCI Keine Reperfusionstherapie

Gründe gegen eine Reperfusionstherapie nach Erstversorgung 40 35 30 25 20 15 10 5 0 % KH ohne HK KH mit HK EKG Co-Morbidität Schlechter AZ Infarktdauer

Widimsky et al, EHJ 2010 Reperfusion beim STEMI in Europa

Krankenhaussterblichkeit beim STEMI % Gesamt KH mit HK KH ohne HK 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 7,3 8,3 7 1,8 1,8 1,7 2 2 0,8 0,7 1 Tod Reinfarkt Stroke Blutung 2

Sterblichkeit in Abhängigkeit vom kardiogenen Schock 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Sterblichkeit (%) Gesamt KH mit KH KH ohne HK 42,2 43,1 39,6 4,1 5,4 3,7 Kardiogener Schock Kein kardiogener Schock

Krankenhaussterblichkeit beim STEMI Deutschland 1994-2008 % 20 15 16,2 15,2 p<0.001 for trend 13,5 10 5 9,9 7,3 0 1994-95 1996-97 1998-99 2000-02 2007-08

% Frühe Reperfusionstherapie beim kardiogenem Schock (Fibrinolyse oder primäre PCI)

Einsatz der frühen PCI beim kardiogenen Schock %

Krankenhaussterblichkeit beim kardiogenen Schock %

Medikamentöse Therapie des ACS Aspirin The Big Five ADP-Rezeptor Antagonist (Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor) Beta-Blocker ACE-Hemmer/ARB Statin

Thrombozytenhemmende Therapie bei PCI 2012 (n=15000) STEMI NSTEMI 100 80 60 40 20 0 ASS Clopidogrel Prasugrel Ticagrelor

Vergleich STEMI NSTE-ACS in Deutschland 631 Patienten in 30 Kliniken STEMI (n=296) Alter 58,7 64,3 NSTE-ACS ( n=335) Frauen 22,6 % 22,5 % Lyse 6,1 % Koro 99,7 % 95,8 % PCI 94,9 % 76,6 % DES 56,3 % 46,7 % ACB-OP 1,0 % 4,2 %

Medikamentöse Therapie bei Entlassung 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 % Beta- Blockers STEMI NSTE-ACS Total ACE-I/ARB Statins Aldos-Ant. CCB

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 % Anteil der Patienten mit 5 leitliniengerechte Therapien (ASS, ADP-receptor antagonist, beta-bocker, ACE-I/ARB, statins) STEMI NSTE-ACS Total

Klinische Ereignisse nach Entlassung 6 5 5,3 4 3 2,9 2 1 1,2 1 0 Tod Reinfarkt Schlaganfall Blutung

1-Jahressterblichkeit nach ACS in Deutschland Kumulative Überlebenswahrscheinlichkeit nach KH-Aufnahme Einschlusskriterien: ACS Ausschlusskriterien: --- Studie: ACOS Überlebenswahrscheinlichkeit 1,00 0,95 0,90 0,85 0,80 0,75 0,70 0,65 P-log-rank < 0,0001 0,60 0 50 100 150 200 250 300 350 Tage nach Aufnahme STEMI NSTEMI IAP Claus Jünger, 24.09.2010

Anzahl der Medikamente nach einem Jahr ASS, ADP-Rezeptor-Blocker, Beta-Blocker, ACE-H/ARB, Statin % 40 35 38 30 25 20 21,3 24 15 10 5 0 12 4 0 5 4 3 2 1 0 Anzahl der Medikamente

Zusammenfassung Gute Umsetzung der ACS-Leitlinien in Deutschland Hohe Rate von Reperfusionstherapie beim STEMI Noch Verbesserungsbedarf bei neuen Thrombozytenhemmern Weiter hohe Sterblichkeit beim kardiogenem Schock Sekundärprävention im Langzeitverlauf

Pressekonferenz Weißbuch Herz Versorgung des Akuten Koronarsyndroms in Deutschland 28. August 2013 9.30 Uhr, Tagungszentrum der Bundespressekonferenz Prof. Bertram Häussler Vorsitzender der Geschäftsführung IGES Institut, Berlin Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Spiegel des Fortschritts Wo stehen wir und wo geht es hin? presse@iges.de

Gesundheit Mobilität Bildung Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Spiegel des Fortschritts Bertram Häussler, IGES Institut Pressekonferenz zur Vorstellung des Weißbuch Herz Haus der Bundespressekonferenz, 28. August 2013 Häussler: Im Spiegel des Fortschritts IGES Institut. Ein Unternehmen 28.08.2013 der IGES Gruppe. Seite 1

Sterblichkeit an ischämischen Herzkrankheiten sinkt seit 1980 um 60% Gestorbene Männer je 100.000 Männer 300 250 200 150 100 50 0 247 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 Männer, Deutschland ICD 9 ICD 10 99 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 http://www.gbe-bund.de/ (altersstandardisierte Werte) Häussler: Im Spiegel des Fortschritts 28.08.2013 Seite 2

Keine bedeutende Todesursache geht so stark zurück wie isch. Herzkrankheiten 0% Diabetes mellitus Darmkrebs Neubildungen Alle Sterbefälle Krankheiten des Kreislaufsystems Ischämische Herzkrankheiten Veränderung der Sterblichkeit (altersstandardisiert) 1998-2011 -10% -20% -30% -40% -50% -60% -8% -15% -21% -28% Männer, Deutschland -43% -48% http://www.gbe-bund.de/ (altersstandardisierte Werte) Häussler: Im Spiegel des Fortschritts 28.08.2013 Seite 3

Ernährung, Koronarchirurgie und verschiedene Wirkstoffklassen sind unabhängige Treiber der Entwicklung* 300 *) The impact of pharmaceuticals on the decline of cardiovascular mortality in Germany Gestorbene Männer je 100.000 Männer 247 250 200 150 100 50 Beta-Blocker Diuretika Ernährungsstil ACE Hemmer Ca. Antagonisten Koronarchir. Eingriffe Statine Häussler, Schiffhorst, Gothe, Hempel Pharmacoepidemiology and drug safety 2007; 16: 1167-1176 Antithrombotika AT2 Inhibitoren 99 0 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 http://www.gbe-bund.de/ (altersstandardisierte Werte) Häussler: Im Spiegel des Fortschritts 28.08.2013 Seite 4

Sterblichkeit an akutem MI sinkt in D langsamer als in vergleichbaren Ländern Gestorbene Männer je 100.000 Männer 300 250 200 150 100 50 0 1990 256 202 169 84 1992 1994 1996 Männer 1998 2000 2002 2004 2006 F D NL GB 2008 35 77 63 54 2010 Gestorbene Frauen je 100.000 Frauen 150 100 50 0 1990 131 96 70 40 1992 1994 1996 Frauen 1998 2000 2002 2004 2006 F D NL GB 38 31 28 15 2008 2010 OECD.StatExtracts (altersstandardisierte Werte) Häussler: Im Spiegel des Fortschritts 28.08.2013 Seite 5

Gesundheit Mobilität Bildung IGES Institut www.iges.de Häussler: Im Spiegel des Fortschritts IGES Institut. Ein Unternehmen 28.08.2013 der IGES Gruppe. Seite 6

Pressekonferenz Weißbuch Herz Versorgung des Akuten Koronarsyndroms in Deutschland 28. August 2013 9.30 Uhr, Tagungszentrum der Bundespressekonferenz Download der Abbildungen in Druckqualität (PDF) bzw. für Web-Einspielungen (JPG) unter www.iges.de/herz presse@iges.de