Finanzierung der Unimedizin: Positive politische Signale Maßnahmen stehen aber noch aus



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Transkript:

03. Juli 2014 PRESSEMITTEILUNG Finanzierung der Unimedizin: Positive politische Signale Maßnahmen stehen aber noch aus Eine aktuelle Umfrage des Verbands der Universitätsklinika (VUD) unter seinen 33 Mitgliedern zeigt: 61 Prozent der deutschen Uniklinika (19) werden das Geschäftsjahr 2014 voraussichtlich mit einem Minus abschließen. Nur noch fünf Häuser (16 Prozent) rechnen mit einem positiven Jahresergebnis. Anfang des Jahres gingen dagegen nur 55 Prozent von einem negativen Ergebnis aus. Quelle: VUD Mitgliederbefragung Juni 2014, teilgenommen haben 31 von 32 Uniklinika Die Politik hat den Problemdruck erkannt, bislang aber noch keine konkreten Maßnahmen eingeleitet. Der Koalitionsvertrag verspricht eine bessere Vergütung der besonderen Aufgaben der Universitätsklinika. Im Juni forderten die Ministerpräsidenten der Länder weitergehende Maßnahmen von der Bunderegierung. Die Länder befürchten, dass die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Verbesserungen bei den Extremkostenfällen, den Hochschulambulanzen und der Notfallversorgung allein nicht ausreichen, um unsere wirtschaftliche Situation dauerhaft zu stabilisieren. Wir teilen diese Sorge, sagt Professor Michael Albrecht, Erster Vorsitzender des VUD. Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) und der MFT Medizinischer Fakultätentag vertreten die Interessen der 33 Universitätsklinika sowie der 37 Medizinischen Fakultäten in Deutschland. Ihr Dachverband ist die Deutsche Hochschulmedizin e.v. Gemeinsam stehen die Verbände für Spitzenmedizin, erstklassige Forschung sowie die international beachtete Medizinerausbildung und Weiterbildung. Deutsche Hochschulmedizin e.v. Alt-Moabit 96 10559 Berlin Deutschland

Die Hochschulmedizin fordert stattdessen eine eigenständige Finanzierungssäule (Systemzuschlag), um die besondere Rolle der Universitätsmedizin für das Gesundheitswesen besser zu finanzieren. Die Ministerpräsidenten haben sich bisher allerdings nur zur Finanzierung der besonderen Aufgaben der Universitätsklinika in der Krankenversorgung positioniert. Parallel dazu läuft derzeit die Debatte um die Reform der Hochschulfinanzierung. Hier geht es um Forschung und Lehre. Ob die Universitätsmedizin von der Einigung von Bund und Ländern in der Bildungsfinanzierung profitiert, ist unklar. Die angestrebte Grundgesetzänderung sieht keinen flächendeckenden Wiedereinstieg des Bundes in die Hochschulfinanzierung vor. Entscheidend wird hier die konkrete Grundgesetzänderung und deren weitere Umsetzung sein. Beides ist bislang noch offen, so Prof. Dr. Heyo Kroemer, Präsident des Medizinischen Fakultätentages. Kontakt Deutsche Hochschulmedizin e.v. Stephanie Strehl-Dohmen Alt-Moabit 96, 10559 Berlin, Tel.: +49 (0) 30 3940517-25, Fax: +49 (0) 30 3940517-17 E-Mail: strehl-dohmen@uniklinika.de Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) und der MFT Medizinischer Fakultätentag vertreten die Interessen der 33 Universitätsklinika sowie der 37 Medizinischen Fakultäten in Deutschland. Ihr Dachverband ist die Deutsche Hochschulmedizin e.v. Gemeinsam stehen die Verbände für Spitzenmedizin, erstklassige Forschung sowie die international beachtete Medizinerausbildung und Weiterbildung. Deutsche Hochschulmedizin e.v. Alt-Moabit 96 10559 Berlin Deutschland

Aktuelle Finanzierungssituation der Deutschen Universitätsmedizin Rapide Verschlechterung der Ergebnissituation der Universitätsmedizin Bei den Universitätsklinika entwickelt sich unter dem derzeitigen Finanzierungsrahmen bundesweit eine dauerhafte Defizitsituation. Es drohen zusätzliche Belastungen der Landeshaushalte. Seit dem Jahr 2011 verschlechtert sich die Lage drastisch: Das Gesamtdefizit für die Jahre 2012 und 2013 liegt bei über einer Viertelmilliarde Euro (Grafik 1 und 2). Für das Jahr 2014 erwarten 61 Prozent der Universitätsklinika ein Defizit (Grafik 3). Ursache sind Versäumnisse in der Krankenhauspolitik des Bundes Ein Teil der finanziellen Probleme beruht auf allgemeinen Fehlentwicklungen der Krankenhausfinanzierung. Das betrifft insbesondere die unzureichende Refinanzierung von Tarif- und Preissteigerungen bei Personalund Sachkosten (z.b. Energie). Darüber hinaus hat die Universitätsmedizin das spezifische Problem, dass ihre Sonderaufgaben für das Gesundheitssystem unzureichend finanziert sind. Zu nennen sind acht Punkte (Grafik 4). Hier sind die Universitätsklinika entweder überproportional zu anderen Krankenhäusern (z.b. Notfallvorhaltung, Facharztweiterbildung, Extremkostenfälle) oder sogar ausschließlich (z.b. Hochschulambulanzen) betroffen. Zusätzlicher Finanzbedarf Der reale Finanzbedarf der Universitätsmedizin liegt deutlich höher als das derzeit jährlich anfallende Defizit von 150-200 Mio. Euro. Der Grund: Die Rationalisierungsanstrengungen der letzten 15 Jahre haben flächendeckend zu einer angespannten Personalsituation insbesondere in der Pflege und teilweise auch zu Einschränkungen der Leistungs- und Ausbildungsangebote (z.b. in den Hochschulambulanzen) geführt. Notwendig ist daher eine Anhebung des Finanzierungsniveaus über den reinen Defizitausgleich hinaus. Der Verband der Universitätsklinika und der Medizinische Fakultätentag gehen davon aus, dass die 33 Universitätsklinika derzeit rund eine Milliarde Euro pro Jahr (ohne Berücksichtigung von Investitionen) mehr für eine angemessene Ressourcenausstattung benötigen. Je Universitätsklinikum wären das je nach Größe zwischen 20 und 40 Mio. Euro. Letztlich ist politisch zu entscheiden, welches Ausstattungsniveau für die Universitätsklinika angestrebt werden soll.

Zusatzfinanzierung innerhalb der regulären Krankenhausfinanzierung kaum umsetzbar Der Koalitionsvertrag stellt finanzielle Verbesserungen im Krankenhausfinanzierungssystem (Fallpauschalen) und bei der Hochschulambulanzfinanzierung in Aussicht. Damit würde man sich in den etablierten Finanzierungssystemen bewegen. Fraglich ist, ob auf diesem Weg schnell und in der notwendigen Höhe zusätzliches Geld bereitgestellt wird. Seit Einführung des Fallpauschalensystems 2002 fordern die Universitätsklinika erfolglos, ihre besonderen Leistungen besser zu finanzieren. Entsprechende Reformen im Fallpauschalensystem wurden regelmäßig blockiert. Die zuständige Selbstverwaltung (Spitzenverband der Krankenkassen, Deutsche Krankenhausgesellschaft) verweist dabei auf methodische Schwierigkeiten bei der Definition und Kalkulation. Das Bundesgesundheitsministerium wiederum verweist regelmäßig auf die Zuständigkeit der Selbstverwaltung. Ähnlich verfahren und komplex ist die Situation bei den Hochschulambulanzen. Wegen dieser Umsetzungsblockaden sind schnelle Hilfen in nennenswertem Umfang auf diesem Weg nicht zu erwarten. Sollte dieser Weg politisch dennoch weiter verfolgt werden, dann muss gesetzlich verbindlich geregelt werden, dass die notwendigen Mittel schnell und ohne den Umweg über die Selbstverwaltung im Fallpauschalensystem und bei den Hochschulambulanzvergütungen an die Universitätsklinika fließen. Systemzuschlagslösung außerhalb der etablierten Krankenhausfinanzierung als schnelle Lösung Aufgrund des langjährigen gesundheitspolitischen Stillstands hinsichtlich einer besseren Finanzierung ihrer besonderen Aufgaben hat die Deutsche Hochschulmedizin das Konzept eines Systemzuschlags entwickelt. Damit würde eine eigenständige Finanzierungssäule für die Universitätsmedizin außerhalb der etablierten Vergütungssysteme geschaffen. Ohne Umweg über die Krankenkassen und die Selbstverwaltung wäre eine direkte Finanzierung der Universitätsklinika aus dem Gesundheitsfonds möglich. Dadurch könnten schnell und im politisch gewollten Umfang Mittel aus der Gesetzlichen Krankenversicherung und ggf. dem Bundeshaushalt mobilisiert werden. Ein solcher Zuschlag ließe sich mit den Sonderleistungen der Universitätsmedizin für das gesamte Gesundheitssystem begründen (Medizinerausbildung, klinische Studien zur Bewertung neuer Therapieverfahren, forschungsnahe Behandlung Seltener Erkrankungen etc.). Da davon auch die Patientenversorgung profitiert, wäre hier mehr Mitverantwortung der Krankenkassen wünschenswert. Im internationalen Vergleich sind derartige Sonderfinanzierungen für Universitätsklinika üblich. Ordnungspolitische Grundsatzentscheidung notwendig Universitätsklinika unterscheiden sich in ihrer Struktur und ihren Aufgaben von anderen Krankenhäusern, auch großen Maximalversorgungskrankenhäusern. Als einziger Leistungserbringer im Gesundheitswesen steht die Universitätsmedizin in einem intensiven internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe in der Medizin und die Erforschung und Entwicklung von Innovationen. Das Gesundheitswesen insgesamt und die medizinische Versorgung im Besonderen profitieren in vielfacher Weise davon, dass die Universitätsmedizin ihre Aufgaben in der Ausbildung und Forschung erfolgreich wahrnimmt. Trotzdem geht Deutschland im Verhältnis zu den internationalen Wettbewerbern den Sonderweg, Universitätsklinika bei der Finanzierung im Gesundheitswesen mit allen anderen

Krankenhäusern gleichzustellen. Hier ist dringend eine Korrektur des ordnungspolitischen Rahmens notwendig. Die Sonderrolle der Universitätsmedizin und die damit verbundenen zusätzlichen Belastungen müssen endlich angemessen finanziert werden. Über die etablierten Finanzierungssysteme scheint das kaum umsetzbar. Deshalb sollte der ordnungspolitische Rahmen um eine eigenständige Finanzierungssäule ( Systemzuschlag ) für die Universitätsmedizin ergänzt werden. Grafik 1 Grafik 2

Grafik 3 Grafik 4

03. Juli 2014 PRESSEMITTEILUNG IT-Investitionsstau bedroht Krankenversorgung und Forschung Moderne Medizin ist ohne Einsatz leistungsstarker IT-Technologie undenkbar: Genomdiagnostik und neue Bildgebungsverfahren sind auf hohe Rechenkapazitäten angewiesen und bieten somit völlig neue Möglichkeiten für die Behandlung und Erforschung von Volkskrankheiten wie Krebs, Diabetes oder von dementiellen Erkrankungen, sagt Prof. Dr. Christoph Reiners, Vorstand des Universitätsklinikum Würzburg und Vorstandsmitglied des VUD. In der medizinischen Forschung bieten Schlüsseltechnologien neue Perspektiven. Wir können den Nutzen von Big-Data-Technologien, die einen Umgang mit großen Datenmengen ermöglichen, noch gar nicht vollkommen abschätzen. Daher müssen wir heute in Technologien investieren, mit denen diese Datenmengen medizinisch nutzbar gemacht werden können, beispielsweise für die personalisierte Medizin. Auch in der Ärzte-Ausbildung setzen Universitätsklinika zunehmend auf IT-gestützte Ausbildungssysteme und aufwändige Simulationstechnologien. Mit modernen IT-Systemen könnte die Produktivität der Universitätsmedizin in Forschung, Lehre und Krankenversorgung weiter gestärkt werden. Der Investitionsstau in der IT-Ausstattung der Universitätsklinika ist aber bereits groß und lässt die Deutschen Uniklinika im internationalen Vergleich schlecht aussehen, so Prof. Reiners. Laut einer Schätzung des VUD benötigt jede deutsche Uniklinik derzeit zusätzliche 5 bis 10 Millionen Euro jährlich für ihre IT-Ausstattung. Nachholbedarf sieht auch die Expertenkommission Forschung und Innovation der Bundesregierung: Sie fordert in einem Gutachten Bund und Länder zu einem Aktionsplan für die Nutzung großer und komplexer Datenmengen in der medizinischen Forschung auf. Das von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka angekündigte Aktionsprogramm der Bundesregierung für die Medizininformatik muss daher dingend anlaufen, so Reiners. Der Investitionsstau ist die Konsequenz der strukturellen Unterfinanzierung der Hochschulmedizin. Angesichts einer seit Jahren rückläufigen Investitionsquote der Länder fehlen die erforderlichen Mittel zum Aufbau leistungsfähiger IT-Kapazitäten. Die Grundausstattung für IT-Infrastruktur (Personalkosten, Software und Technik) muss dauerhaft auf mindestens 4 Prozent des Umsatzes erhöht werden. Die Hochschulmedizin kann dieses Ziel nicht aus eigener Kraft erreichen. Bund, Länder und Krankenkassen sind gefordert, in einer konzertierten Aktion durch eine bessere finanzielle Ausstattung der Hochschulmedizin Spielräume für IT-Investitionen zu eröffnen. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem Positionspapier des VUD IT-Ausschusses im Anhang. Kontakt Deutsche Hochschulmedizin e.v. Stephanie Strehl-Dohmen Alt-Moabit 96, 10559 Berlin, Tel.: +49 (0) 30 3940517-25, Fax: +49 (0) 30 3940517-17 E-Mail: strehl-dohmen@uniklinika.de Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) und der MFT Medizinischer Fakultätentag vertreten die Interessen der 33 Universitätsklinika sowie der 37 Medizinischen Fakultäten in Deutschland. Ihr Dachverband ist die Deutsche Hochschulmedizin e.v. Gemeinsam stehen die Verbände für Spitzenmedizin, erstklassige Forschung sowie die international beachtete Medizinerausbildung und Weiterbildung. Deutsche Hochschulmedizin e.v. Alt-Moabit 96 10559 Berlin Deutschland

Positionspapier Medizinischer Fortschritt braucht leistungsstarke IT-Lösungen Road-Map des VUD für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur 01. Juli 2014 Forschen. Lehren. Heilen.

Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.v. (VUD), 2014 Kontakt Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.v. (VUD) Alt-Moabit 96 10559 Berlin info@uniklinika.de www.uniklinika.de Oliver Stenzel Politik und Gremienarbeit F. +49 (0)30 3940517-19 stenzel@uniklinika.de Seite 2/11 Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) < Medizinischer Fortschritt braucht leistungsstarke IT-Lösungen Eine Road-Map des VUD für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur>

Präambel Die Gesellschaft erwartet von den Universitätsklinika, dass sie: Erkenntnisse und Ergebnisse der medizinischen Forschung schnell in Diagnose- und Therapieverfahren für Patienten verfügbar machen die Ausbildung der Medizinstudenten und Weiterbildung der Ärzte auf Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und der modernsten Technologie gewährleisten die medizinische Forschung in Deutschland vorantreiben und international wettbewerbsfähig halten moderne Versorgungsformen entwickeln und Antworten für die medizinischen Herausforderungen einer alternden Gesellschaft bieten. Moderne Universitätsmedizin ist auf IT-Lösungen angewiesen. Die zu verarbeitenden Datenmengen in der Diagnostik (Bildgebung, Biobanken, Genomanalytik etc.) und in der Therapie (z.b. personalisierte Medizin, Robotik, Telemedizin) steigen in unvorhergesehenem Umfang. Ein Grund dafür ist, dass zum Beispiel Nationale Studien zur Erforschung von Volkskrankheiten über große Populationen ausgedehnt (Kohortenstudien) werden und immer komplexere Lebensumstände in ihre Datenerhebungen abbilden. Außerdem finden Forschungsprojekte heute in Verbünden statt, in denen Uniklinika Teile großer (inter-)nationaler Netzwerke sind. Auch für die Patientenversorgung werden eine grenzüberschreitende Kooperation und der damit verbundene Datenaustausch immer bedeutender. Ein Beispiel ist der Aufbau von europäischen Referenzzentren für Patienten mit Seltenen Erkrankungen. Eine besondere Herausforderung für die Universitätsmedizin ist dabei, dass künftig ein Drittel der weltweit erhobenen und austauschbaren Daten auf den Gesundheitssektor entfallen werden. Die Einrichtungen der Hochschulmedizin sind die Zentren der Innovation, an denen diese enormen medizinischen Datenmengen ( Big-Data ) unter wissenschaftlichen Bedingungen ausgewertet und mit medizinischen Fragestellungen verknüpft werden müssen. Zudem sind die Uniklinika die Einrichtungen der Wahl um diese Daten in (inter-)nationalen Forschungsverbünden auszutauschen und sie für spätere Forschungen zu archivieren. Die Verknüpfung großer Datenmengen ( Data-Mining ) bietet vielfältige Möglichkeiten für die medizinische Forschung an Universitätsklinika. Die IT-Infrastruktur der deutschen Hochschulmedizin hält nicht Schritt mit dieser Entwicklung. Die Folge: Das Potential der medizinischen Daten für die Forschung kann nicht ausreichend genutzt werden. Seite 3/11 Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) < Medizinischer Fortschritt braucht leistungsstarke IT-Lösungen Eine Road-Map des VUD für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur>

Was fehlt, ist eine nationale IT-Strategie im Gesundheitswesen: Während die Informationstechnologie sich mit großer Dynamik entwickelt, stützt sich die medizinische Dokumentation und der Befund- und Bildaustausch zwischen den Einrichtungen im Gesundheitswesen in Deutschland in der Regel noch auf Krankenakten aus Papier. Die enormen Defizite der IT-Ausstattung an Deutschen Krankenhäusern (nicht nur an Uniklinika) hat auch die Europäische Kommission in ihrem European Hospital Survey 2013 festgestellt (siehe Grafik 2). 1. Unser Gesundheitssystem braucht eine leistungsfähige IT- Ausstattung der Uniklinika a) Uniklinika erschließen neue Daten-Potentiale für die Patientenversorgung Große Mengen von Patientendaten in die Therapieplanung und Versorgung einzubeziehen, ist eine der zentralen Herausforderungen der modernen Medizin. So umfasst zum Beispiel die Analyse des Genoms eines Krebspatienten etwa zwei Terabyte. Die Auswertung dieser enormen Menge individueller Patientendaten bietet große Chancen für eine verbesserte Patientenversorgung. Die Entwicklung von Diagnose- und Behandlungsmethoden an Universitätsklinika ist daher auf Big Data-Technologien, der intelligenten Verknüpfung und dem Management großer Datenmengen, angewiesen. Ein weiterer Grund für steigende Datenmengen sind die rasanten Entwicklungen im Bereich der Bildgebung. Doch die schnelle Auswertung hochauflösender Bilder für die Therapieplanung wird zunehmend problematisch. Die Leistungsfähigkeit von IT-Systemen in einer Uniklinik wird somit zu einem Nadelöhr der medizinischen Versorgung. b) IT-Systeme bringen Uniklinika-Know-how in die Fläche Moderne IT-Infrastruktur ermöglicht den Transfer von hochspezialisiertem Wissen aus den Universitätsklinika in die Fläche. So entstehen neue dezentrale Versorgungskonzepte, die auf Vernetzung und Austausch medizinischen Wissens ausgerichtet sind. Die Einrichtung von Servicenetzen und die Entwicklung von Telekonsultationen in Forschung und Versorgung sind hierfür beispielgebend. Die Diagnostik und Therapieplanung für Krebspatienten erfolgt z.b. zentral in universitären Onkologischen Spitzenzentren. Die medizinische Vernetzung ermöglicht dann eine weitere Behandlung in wohnortnahen Einrichtungen oder ambulant. Ein weiteres Beispiel sind die Zentren für Seltene Erkrankungen, in denen das Wissen über Diagnoseund Therapieplanung gebündelt wird, die Therapie aber über vernetzte Strukturen wohnortnah und dezentral organisiert werden kann. Seite 4/11 Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) < Medizinischer Fortschritt braucht leistungsstarke IT-Lösungen Eine Road-Map des VUD für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur>

Diese regionale und überregionale Vernetzung und Kooperation der Uniklinika ist politisch gewollt und nur möglich geworden, weil sich Medizin und IT weiterentwickelt haben. Partner dieser Entwicklung sind inzwischen nicht mehr nur (Lehr-) Krankenhäuser, zuweisende Einrichtungen und Partner in Kompetenznetzen, sondern zunehmend auch Patienten, die durch neue IT- Systeme in ihrer unmittelbaren Umgebung (HomeCare, elektronische Gesundheitskarte, implantierte Systeme, Telemonitoring, mobile Telekommunikation, usw.) an ihr Klinikum angeschlossen sind. c) Nur mit einer leistungsfähigen IT behalten Uniklinika den Anschluss an neue Forschungstechnologien International wettbewerbsfähige medizinische Forschung ist ohne den Einsatz moderner Informationstechnologie nicht mehr möglich. Die Erfassung und Verarbeitung von Daten im Rahmen von klinischen Studien erfordert ein aufwändiges Qualitätsmanagement und unterliegt komplexen regulatorischen Vorgaben. Beispiel: Breit angelegte Register- und Kohorten- Studien. Die Herausforderung bei diesen Studien ist die Sammlung, Auswertung und langfristige Archivierung von Daten, ohne dass ihr wissenschaftlicher Wert von Beginn an absehbar wäre. Viele der erhobenen Daten gewinnen erst im Lauf der Jahrzehnte an Bedeutung. Bilddaten bilden schon seit längerem die Grundlage vieler biomedizinischer Forschungsprojekte. Ihr Einsatz in der Forschung nimmt zu. Eine professionelle Bilddateninfrastruktur ist die Grundvoraussetzung für aussagekräftige und verifizierbare Forschungsergebnisse. Biobanken mit hochwertigen Biomaterialien und patientenbezogenen Zusatzinformationen sind für die Forschung entscheidend. Die Verwaltung der Biomaterialien mithilfe von professionellen IT-Systemen steht in Deutschland noch am Anfang. An den Universitätsklinika müssen in den kommenden Jahren die Voraussetzungen für eine effiziente Integration dieser Softwaresysteme in die Anwendungssysteme von Kliniken und Forschungsprojekten geschaffen werden. Mit der Verbreitung von Smartphones und Tablet-PCs bieten sich neue Chancen für die Erhebung von Patientendaten und Umweltfaktoren. Diese neuen Technologien müssen in die etablierte Forschungsarchitektur integriert werden. Zugleich unterliegen diese mit Hilfe von»smart Devices«erhobenen Daten in einer klinischen Studie den gleichen hohen regulatorischen Anforderungen wie eine Datenerfassung über Standard-Software. Seite 5/11 Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) < Medizinischer Fortschritt braucht leistungsstarke IT-Lösungen Eine Road-Map des VUD für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur>

d) Mit IT-Systemen lässt sich die Qualität und Produktivität der Versorgung erhöhen Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung von älteren und wenig mobilen Patienten in ländlichen Gebieten ist eine weitere zentrale Herausforderung unseres Gesundheitssystems. Uniklinika tragen durch die Entwicklung neuer IT-gestützter Versorgungsformen dazu bei, den Fachkräftemangel im ärztlichen wie auch im pflegerischen Bereich zu kompensieren. Zugleich erfordert ein wirtschaftlicher Umgang mit finanziellen Mitteln des Gesundheitssystems den Einsatz effizienter Technologien. So lassen sich Behandlungskosten senken und Behandlungszeiten reduzieren. Zentrales Instrument zur Prozessoptimierungen ist die Einführung der Elektronischen Patientenakte. Hiermit kann der Datenaustausch zwischen den verschiedenen Gesundheitssektoren erleichtert werden. Zugleich werden teure und belastende Doppeluntersuchungen vermieden. Moderne Verfahren des klinischen Leistungsmanagements können Ärzte und Pflegekräfte von Berufsgruppen-fremden Tätigkeiten entlasten. So wird die Qualität des Behandlungsprozesses im Sinne der Leitlinien-konformen Therapie erhöht. Die Uniklinika tragen dazu bei, neue telemedizinische Behandlungsmethoden zu entwickeln, zu erproben sowie diese in die Versorgung und Medizinerausbildung zu überführen. Hierzu müssen neue, leistungsfähige IT-Systeme entwickelt und vorgehalten werden. Zugleich müssen vorhandene Technologien (z.b. Smart Devices) in diese neuen Anwendungen integriert werden. e) Moderne Ärzte-Ausbildung benötigt IT-Lösungen Eine moderne Ärzte-Ausbildung ist auf innovative Technologien angewiesen. Eine effiziente Ausbildung im Klinik-Alltag erfordert auch den Einsatz von IT-gestützten Ausbildungssystemen. So werden die angehenden Ärztinnen und Ärzten frühzeitig an die unterschiedlichen IT-gestützten Arbeitsabläufe des Klinikalltags herangeführt. Auch im Medizin-Studium kommen vermehrt E-Learning Module zum Einsatz, etwa in Form von elektronischen Klausuren oder in der Anatomie- Ausbildung. Auch die IT-basierte Simulation von Operationen und minimalinvasiven Eingriffen ist immer öfter Bestandteil der Ausbildung. Die Anforderungen an den Datenschutz, an die Rechtssicherheit der elektronisch abgenommenen Prüfungen und den Aufbau der entsprechenden Infrastrukturen für jeweils einige hundert Studenten erfordert erhebliche Investitionen in die IT-Infrastruktur sowie den Aufbau entsprechender personeller Kapazitäten für Betrieb und Wartung der IT-Systeme. Seite 6/11 Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) < Medizinischer Fortschritt braucht leistungsstarke IT-Lösungen Eine Road-Map des VUD für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur>

f) Hohe IT-Anforderungen an das medizinische Wissensmanagement der Uniklinika Ein Charakteristikum von Uniklinika ist die Kombination von Krankenversorgung, Lehre und Forschung. Patientendaten, die in der Krankenversorgung gewonnen werden, stehen direkt der klinischen Forschung zur Verfügung. Dies macht Uniklinika zu idealen Orten des medizinischen Wissensmanagements. Die Gewährleistung eines strukturierten Umgangs mit medizinischem Wissen stellt weitreichende Anforderungen an die IT-Ausstattung sowie an die Qualität der zugrundeliegenden Daten. IT-Infrastrukturen müssen die parallele Nutzung der Patientendaten für die Krankenversorgung und die Versorgungsforschung ermöglichen. Dies betrifft Patientendaten, die in der Grundlagenforschung genutzt werden ebenso wie Daten, die für die Planung und Durchführung klinischer Studien erhoben werden. In klinischen Datawarehouses können diese unterschiedlichen Datensätze zusammengeführt werden. Hier sind ein hoher Datenumfang und eine maximale Datenqualität entscheidend für die Einsatzmöglichkeit in der späteren klinischen Forschung z.b. mittels Data-Minings. Hohe Anforderungen an den Datenschutz und die Datensicherheit müssen hierbei berücksichtigt werden. Patienten müssen im Einzelfall entscheiden können, ob und wie ihre Daten für die Forschung verwendet werden dürfen. Die IT-Infrastrukturen müssen diese Einzelfallentscheidung der Patienten über ein digitales Rechtemanagement abbilden und gewährleisten, dass nur von den Patienten autorisierte Daten in Forschungsvorhaben eingesetzt werden. In gleicher Weise stellen auch Biomaterialbanken, die digitale Pathologie oder die Genomanalyse hohe Anforderungen an die Administration sowie an die Leistungs- und Speicherfähigkeit der IT-Infrastrukturen. Modernes Wissensmanagement setzt Forschungsinfrastrukturen voraus, die eine Zusammenfassung von großräumigen und interdisziplinären Forschungsprojekten ermöglichen. So sammeln die neuen groß angelegten Kohortenstudien zur Erforschung von Volkskrankheiten umfangreiches Datenmaterial aus den verschiedensten Regionen und Wissenschaftsdisziplinen. Hier kann Wissensmanagement nicht an der Landesgrenze halt machen. Vernetzung und Austausch mit weiteren nationalen und internationalen Forschungsstätten muss ermöglicht werden. Entscheidende Voraussetzung ist die Vereinheitlichung von Prozessen und Datenbeständen. Seite 7/11 Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) < Medizinischer Fortschritt braucht leistungsstarke IT-Lösungen Eine Road-Map des VUD für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur>

2. Weiterentwicklungsbedarf der IT an Universitätsklinika Riesige Investitionslücke Ungeachtet des großen Potentials der IT zur Stärkung der Aufgaben der Universitätsklinika in Forschung, Lehre und Krankenversorgung ist die aktuelle Problemliste der IT-Ausstattung lang. So hat nach Schätzung des VUD derzeit jede deutsche Uniklinik einen ungedeckten finanziellen Mehrbedarf von 5 10 Mio. Euro jährlich für ihre IT-Ausstattung. Hier sind Investitionslücken entstanden, deren Folgen bereits zu spüren sind: Die deutschen Uniklinika geraten mit ihrer IT-Ausstattung im internationalen Vergleich ins Abseits. Schwieriges Umfeld für Entwicklungspartnerschaft mit der Industrie Moderne IT-Infrastruktur muss in enger Partnerschaft mit der Industrie entstehen, weil es wegen der besonderen Anforderungen an die IT in Uniklinika aus der Industrie keine Angebote von ready-to-use -Technologien gibt. Neue Systeme müssen in Forschungsverbünden mit der Industrie entwickelt werden. Dies führt zu hohen Kosten und selten zu marktgängigen Produkten, für die es auf dem öffentlichen Markt weitere Absatzmöglichkeiten gibt. Erschwerend kommt hinzu: Weil Unikliniken das Geld für Investitionen fehlt, erwägen führende Hersteller für medizinische IT-Lösungen einen Rückzug aus dem deutschen Markt. Fehlendes Fachpersonal Neben Investitionen fehlt es auch an der Ausbildung geeigneter Nachwuchskräfte. Der Fachkräftemangel ist in der Krankenhaus-IT schon lange zu beobachten. In Deutschland gibt es zu wenige Ausbildungsstätten für Medizin-Informatik, zu wenige Absolventen und starke Konkurrenz von außerklinischen Arbeitgebern. Zersplitterung und Fragmentierung von IT an Uniklinika Viele IT-Systeme an Uniklinika sind über Jahrzehnte organisch gewachsen und können inzwischen häufig die heutigen Anforderungen an eine ganzheitliche und Prozess-orientierte IT-Infrastruktur nicht mehr erfüllen. Austausch und Aktualisierung dieser heterogenen Systeme sind auf hohe Investitionen und komplexe Lösungen angewiesen. Im Extremfall müssen neue und alte Systeme in Übergangsphasen mit zusätzlichem personellem und finanziellem Aufwand parallel betrieben werden. Veraltete und fragmentierte IT-Systeme erschweren eine Sektoren- und Krankenhaus-übergreifende Vernetzung. Zudem behindern sie den für eine Seite 8/11 Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) < Medizinischer Fortschritt braucht leistungsstarke IT-Lösungen Eine Road-Map des VUD für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur>

moderne Forschung erforderlichen interdisziplinären Datenaustausch und den Einsatz von Zukunftstechnologien, wie etwa mobile Endgeräte. Heterogene Systeme erschweren ebenfalls ein Schritthalten mit den Anforderungen an die IT-Sicherheit und den Datenschutz. 3. Handlungsbedarf Der Investitionsstau in der IT-Ausstattung der deutschen Universitätsklinika ist Konsequenz einer strukturellen Unterfinanzierung der Hochschulmedizin. Angesichts einer seit Jahren rückläufigen Investitionsquote der Länder fehlen die Mittel zum Aufbau nachhaltig leistungsfähiger IT-Kapazitäten. Die Grundausstattung für IT-Infrastruktur (Personalkosten, Software und Technik) muss dauerhaft auf mindestens 4% des Umsatzes erhöht werden. Die Hochschulmedizin kann dieses Ziel nicht aus eigener Kraft erreichen. Umschichtungen in den Budgets sind angesichts der anhaltenden Unterfinanzierung in allen Bereichen nicht möglich. Wo es sinnvoll ist, werden die Einrichtungen der Hochschulmedizin auch in Zukunft kooperieren, um Kosten zu senken. Hierzu zählen der gemeinsame Erwerb von Hardware und Softwarelizenzen. Bund, Länder und Krankenkassen sind gemeinsam gefordert, für eine bessere finanzielle Ausstattung der Hochschulmedizin zu sorgen, um damit Spielräume für IT-Investitionen zu ermöglichen. Notwendig ist dazu ein Maßnahmenpaket, das an mehreren Stellen gleichzeitig ansetzt (siehe Roadmap im Anhang): 1. Kurz- und mittelfristig sind Förderprogramme des Bundes dringend erforderlich. Denkbar ist beispielsweise eine Ergänzung der Hightech- Strategie der Bundesregierung um die speziellen Bedürfnisse der Entwicklung der IT in der Hochschulmedizin, etwa für übergreifende Forschungsinfrastruktur. Hilfreich wäre außerdem ein Förderprogramm für Schlüsseltechnologien im BIG DATA -Kontext, etwa der DATA MINING Technologie. Weitere Ansatzpunkte für die Programmförderung wären Leuchtturmprojekte, etwa der Aufbau von IT- Strukturen für neue Versorgungsnetzwerke, die Integration von Smart Devices, die Implementierung telemedizinischer Lösungen oder der Ausbau des IT-gestützten Studiums Seite 9/11 Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) < Medizinischer Fortschritt braucht leistungsstarke IT-Lösungen Eine Road-Map des VUD für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur>

2. Mittelfristig braucht die Hochschulmedizin auch eine deutlich höhere Investitionsförderung sowohl für Forschung und Lehre als auch für die Krankenversorgung. Hierfür sind sowohl in der Hochschulfinanzierung als auch in der Krankenhausfinanzierung Reformen nötig. Der Bund muss sich gezielt an IT Investitionen beteiligen. Gleichzeitig müssen die Krankenkassen für den Bereich der Krankenversorgung in die Investitionsfinanzierung einbezogen werden. Die Länder alleine sind dauerhaft nicht in der Lage, die teure hochschulmedizinische Infrastruktur adäquat zu finanzieren. 3. Investitionsmittel sind allerdings nur eine Seite der Medaille. Moderne IT-Ausstattung bietet mehr unternehmerische Möglichkeiten, verbessert oft die Qualität und Standards der Leistungserbringung, verursacht aber auch höhere Kosten für Wartung und Betrieb. Nicht immer geht damit eine entsprechende Einsparung etwa in der Verwaltung oder den medizinischen Prozessen einher. Die Betriebskostenfinanzierung muss diesem Umstand Rechnung tragen: a. Für Forschung und Lehre heißt dies, dass die Grundausstattung der medizinischen Fakultäten dem heutigen Potenzial der IT angepasst werden muss. Während in den letzten 10 Jahren die technischen Möglichkeiten rasant gestiegen sind, haben die Landeszuführungsbeträge für Forschung und Lehre abgenommen. Dringend notwendig ist, dass dieser schleichende finanzielle Abbau beendet und die Grundfinanzierung der Fakultäten dauerhaft verbessert wird. b. Für die Krankenversorgung bedeutet dies, dass die Leistungsentgelte der Krankenkassen auf die steigende Bedeutung ITgestützter Diagnostik und Therapie ausgerichtet werden müssen. Die aufwändige Nutzung von BIG DATA -Technologien in der Onkologie oder telemedizinische Anbindungen müssen dort Eingang in die Finanzierung finden, wo sie für Patienten echten Mehrwert schaffen. Die Hochschulmedizin ist die Institution, an der neue Technologien für Diagnose und Therapie erprobt und evaluiert werden können. Zugleich gewährleistet die Verbindung von Forschung, Lehre und Krankenversorgung die schnelle Überführung neuer Technologien und Methoden in das Gesundheitssystem. Diese Schlüsselaufgabe ist mit einem besonderen Aufwand Seite 10/11 Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) < Medizinischer Fortschritt braucht leistungsstarke IT-Lösungen Eine Road-Map des VUD für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur>

verbunden, der bislang nicht über das System der Krankenhausfinanzierung ausgeglichen werden kann. Das Gutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) der Bundesregierung aus dem Frühjahr 2014 zeigt auf, dass die strukturelle Unterfinanzierung der Hochschulmedizin den medizinischen Forschungsstandort Deutschland schwächt. Andere forschungsstarke Länder dagegen finanzieren ihre Uniklinika zusätzlich, um diese Sonderbelastungen auszugleichen und Investitionen zu ermöglichen (beispielsweise die Niederlande, Österreich, USA und Großbritannien). Seite 11/11 Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) < Medizinischer Fortschritt braucht leistungsstarke IT-Lösungen Eine Road-Map des VUD für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur>

VUD-Road-Map IT Zeitplan 2014-2024 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 Reduzierung des Investitionsstau Reduzierung Fachkräftemangel Aufbau von BIG-DATA Kapazitäten Neue Entwicklungspartnerschaft mit Industrie Ausbau regionaler IT-Netzwerke Integration von Smart Devices elektronische Patientenakte IT gesteuertes Leistungsmanagement Ausbau telemedizinischer Anwendungen Vernetzung Biobanken mit Klinischen Daten Data Warehouse Klinische / Translationale Forschung Übergreifendes Wissensmanagement Ausbau e-learning IT-gestütztes Medizinstudium 12

Grafik 2: 2012 ehealth Use and Availability composite indicator by country Quelle: European Commission, Joint Research Centre: European Hospital Survey: Benchmarking Deployment of e-health Services (2012 2013); Luxemburg 2013 13