1 Recht für Wirtschaftswissenschaftler - Zivilrecht Sitzung 1: Zivilrecht: Regelt private Interessen (im Gegensatz zu öffentlichen) Zeichnet sich durch Gleichwertigkeit (meint Gleichrangigkeit) der Rechtssubjekte aus (X----X) Verträge im Zivilrecht: Manche Regelungen sind abdingbar (man kann es auch anders machen als im Gesetz), manche sind unabdingbar Vertrag: drückt die Privatautonomie aus, bindet diese, kommt durch zwei korrespondierende Willenserklärungen zustande (Angebot und Annahme) Pacta sunt servanda - Verträge sind einzuhalten selbst gewählte Beschränkung der Privatautonomie, dient der Sicherheit Privatautonomie: Durch Art. 1 GG & Art. 2 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) geschützt Freie Ausübung und Gestaltung der eigenen Rechte, eigene Verträge aushandeln Zwingendes Recht gibt Rahmen vor, da unbegrenztes privatautonomes Verhalten andere einschränkt Wodurch wirkt sie: Testierfreiheit, Vertragsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, Eigentumsfreiheit Gehört zu den Grundwerten der freiheitlichen Rechtsordnung Deutschlands Zivilrechtlicher Grundsatz Gutachten- und Urteilsstil: Subsumtionstechnik (im Gutachten- und Urteilsstil) Obersatz (O): Hypothese im Konjunktiv erstellen Es könnte ein Vertrag zwischen A&B bestehen. Definition (D): Legaldefinitionen aus dem Gesetz oder auswendig gelernt Wie ist ein Vertrag definiert. Subsumtion i.e.s. (S): Unterordnung des konkreten Sachverhalts unter die Rechtsnorm Ergebnis (E): Endergebnis der Argumentation Es ist ein Vertrag zustande gekommen. Unterschied: Gutachtenstil: Ergebnis am Schluss, Obersatz im Konjunktiv, Gutachtenerstellung, O-D-S-E Urteilsstil: Ergebnis am Anfang, Indikativ, gerichtliche Urteile, E-D-S Gemeinsamkeiten: beide bedienen sich der Subsumtion Subsumtion (=Syllogismus: logische Herleitung eines Schlusses): Sachverhalt wird unter die Voraussetzungen der Norm geordnet, Rechtsnorm hat Wenn-Dann-Struktur (Wenn=Tatbestand, Dann=Rechtsfolge) Brücke zwischen Realität und Recht 1
2 Recht für Wirtschaftswissenschaftler - Zivilrecht Tatbestand: besteht aus Tatbestandsmerkmalen, diese können kumulativ (a+b+c) oder alternativ (a/b/c) vorliegen Hinkelsberzfall (Hähne, Ställe) Kam überhaupt ein Vertrag zustande? Sitzung 2: Bürgerliches Gesetzbuch: seit 1900, handelsfreundlich BGB AT (Allgemeiner Teil): bezieht sich auf alles, was im BGB steht, vor die Klammer ziehen Inhalt: Personen, Sachen und Tiere, Rechtsgeschäfte, Fristen/Termine, Verjährung, Ausübung der Rechte/Selbstverteidigung/Selbsthilfe, Sicherheitsleistung Teile des Zivilrechts: Schuldrecht, Sachenrecht (EBV), Familienrecht, Erbrecht Schuldrecht: Schuldrecht AT: 241-432 BGB AT, allgemeine Regelungen für alle Schuldverhältnisse 241 BGB Definition Schuldverhältnis, einseitig verpflichtendes SV (Schenkung), zweiseitig verpflichtendes SV (=Synallagma: Gegenseitigkeit beim Vertrag) Schuldrecht BT: 433-853 BGB, häufige Vertragstypen, wenn nichts Spezielles vereinbart Vertragliche Schuldverhältnisse: begründet auf privatautonomen Verhalten 433-676c BGB: verschiedene Beispiele des Gesetzgebers, häufige Fälle Aufzählung ist nicht abschließend, es gibt auch Verträge sui generis (eigener Art) nicht abschließend wegen Privatautonomie (eigentlich freies Privatrecht, eigentlich frei, wegen Arbeits- und Mietsrecht, da Schieflage in der Gleichstellung Schutznormen) Gesetzliche Schuldverhältnisse: begründet auf Gesetzen 812-853 BGB abschließende Aufzählung, Bereicherungsrecht und Deliktsrecht (z.b. Schadensersatz, macht ohne Gesetz keiner), keine Privatautonomie Quasi-vertragliche Schuldverhältnisse: Geschäftsführung ohne Auftrag (z.b. Garagentor schließen für Nachbarn) culpa in contrahendo (Vertrag in Anbahnung, z.b. Hinfallen im Rewe bevor man dort eingekauft hat Vertrag wird angenommen) Rechtsnormen: Zwingende Rechtsnormen: Kündigungsschutz Nachgiebige Rechtsnormen: z.b. Haftung ausschließen 2
3 Recht für Wirtschaftswissenschaftler - Zivilrecht Sitzung 3: Unternehmenskauf: Abstraktionsprinzip: Trennungsprinzip: Trennung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft (verschiedene Rechtsgeschäfte) Abstraktionsprinzip: Unwirksamkeiten wirken sich nicht aufeinander aus Verpflichtungsgeschäft: schuldrechtlicher Vertrag, z.b. Kaufvertrag Verfügungsgeschäft: dingliches Rechtsgeschäft, z.b. Übereignung Bereicherungsrecht/Kondiktionsrecht: dadurch werden gesetzliche Schuldverhältnisse normiert Grundfall des 812 BGB ist die Leistungskondiktion (Leistung=bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens) Bereicherungsrecht ist das Korrektiv, das durch das Abstraktionsprinzip (grundlegendes Prinzip des dt. Zivilrechts) notwendig wird Mangel im Verpflichtungsgeschäft: keine Auswirkungen auf das Verfügungsgeschäft unbillige Vermögensverschiebungen Bereicherungsrecht korrigiert die Verschiebung Rückabwicklung des Unternehmenskaufs: Alles zurückgeben im Kaufzustand (Beweispflicht beim Käufer), Wertersatz nur, wenn Herausgabe unmöglich, Verkäufer wieder in Geschäft einweisen, danach kein Wettbewerb, Neuabschluss des Vertrages bei Nicht-Herausgabe, Managementkosten vom Gewinn abziehen (Käufer behält sie) Produkthaftungsrecht: Leute, die nicht Vertragspartner sind, werden trotzdem geschützt (z.b. Sohn der Egberts) Deliktsrecht: 823 BGB ff. Verschuldenshaftung (Fahrlässigkeit) Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter Exculpationsmöglichkeit: 831 BGB (nachweisen, dass man nicht schuldig ist) Deswegen Produkthaftungsgesetz, damit trotzdem jemand haftet, auch wenn keiner wirklich Schuld ist Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG): Gefährdungshaftung (erlaubte Gefahr) ich trage die Verantwortung für mein Produkt Unterschied Strafrecht/Zivilrecht: Strafrecht: Schuldiger wird bestraft, Zivilrecht: Schadensersatz wird geregelt 3
4 Recht für Wirtschaftswissenschaftler - Zivilrecht Sitzung 4: Handelsrecht: Gesetze: BGB, HGB, GmbH-Gesetz Sonderprivatrecht der Kaufleute ( 1 HGB) leges speciales: d.h. das BGB gilt grundsätzlich, ist aber im Handelsgesetz eine speziellere Regelung, so gilt diese HGB Handelsrecht! HBG ist Teilmenge des Handelsrechts! Definition Gewerbebetrieb: Ein Gewerbe ist eine offene, planmäßige, selbstständige (aber nicht künstlerische, wissenschaftliche oder freiberufliche) und erlaubte, von der Absicht dauernder Gewinnerzielung getragene Tätigkeit. Besonderheiten des Sonderprivatrechts der Kaufleute: besonders starke Betonung der Privatautonomie (da geschäftsgewandte Teilnehmer) nahezu keine Schutznormen Prokura (lat. Fürsorge): gesetzlich umschriebene Vertretungsmacht keine gesetzliche Vertretungsmacht (z.b. Eltern), sondern eine rechtsgeschäftliche nur der Umfang ist gesetzlich festgelegt ( 49 HGB), man muss nicht vertreten werden Kaufmännisches Bestätigungsschreiben (KBS): Schweigen gilt als Annahme des Vertragsinhaltes durch 346 HGB (Handelsbrauch), 362 HGB (Schweigen) geregelt (mittelbar, es ist ein Handelsbrauch) Voraussetzungen: beide müssen Kaufmänner sein, müssen schon in Verhandlungen stehen Gesellschaftsrecht: Wichtigste Unterscheidung: Personengesellschaften und Körperschaften Personengesellschaften Körperschaften Gesellschaften i.e.s. Grundtyp GbR 705 ff. BGB eingetragener Verein 21 ff., 55 ff. BGB Beispiele GbR, OHG, PartG, Reederei rechtsfähiger Verein, nichtrechtsfähiger Verein, GmbH, AG, KGaA keine juristischen Personen, müssen immer gesetzlich vertreten werden, GbR teilrechtsfähig juristische Personen, haben Organe, durch die sie handeln, erlangt nur durch besondere staatliche Beleihung Rechtsfähigkeit (e.v.) 4
5 Recht für Wirtschaftswissenschaftler - Zivilrecht Numerus Clausus der Gesellschaftsformen: bei Gründung einer Gesellschaft muss man sich für eine gesetzlich normierte Form entscheiden (äußere Sicherheit) welche man wählt, ist weitgehend frei Regelungen für das Innenverhältnis der Gesellschaft sind oft dispositiv (=abdingbar) OHG und KG: Personenhandelsgesellschaften, zeichnen sich durch den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma aus ( 105 I, 161 I HGB) Sitzung 5: Internationales Wirtschaftsrecht: =Internationales Vertragsrecht Babatha: gefunden 1960 mit Schriftstücken aus verschiedenen Rechtskreisen in einer Höhle Frau jüdischen Glaubens 104-132 n. Chr. gelebt in Maoza am Toten Meer (heutiges Jordanien) gestorben vermutlich beim Bar Kochba-Aufstand Rechtskreistheorie: deutsch, anglo-amerikanisch, romanisch, weitere der Handel überspringt verschiedene Rechtskreise deutsch englisch Zustandekommen des Vertrages Angebot und Annahme, zwei übereinstimmende Willenserklärungen Bindung an das Angebot gemäß 145 BGB wenn keine Einigung über wesentliche Vertragspunkte kein Vertrag 145, 155 BGB Schweigen auf Angebot im Sonderprivatrecht der Kaufleute Abgabe von Willenserklärung grundsätzlich formfrei Angebot und Annahme solange das Angebot noch nicht angenommen ist, kann man es widerrufen (weniger Rechtssicherheit) zwei Vertragsarten: 1. simple contracts: Vertrag wird erst mit Gegenleistung wirksam (consideration-prinzip (Gegenleistung)) (s. Abstraktionsprinzip: erst wirksam, wenn Brötchen ausgehändigt) 2. contract under seal: auch ohne Gegenleistung möglich, wenn signed, sealed and delivered (Form) (für wichtige Verträge) Mailboxtheorie Schweigen ist keine Annahmeerklärung 5
6 Recht für Wirtschaftswissenschaftler - Zivilrecht amerikanisch französisch Annahme muss inhaltlich mit Angebot übereinstimmen (case law), sonst neues Angebot auch zwei Vertragstypen: 1. Consideration notwendig 2. In den meisten Staaten under-seal Erfordernis aufgehoben, nur Schriftform bei den meisten Vertragstypen ausreichend Mailboxtheorie: Relativierung für Angebotsrückzieher, nur so lange widerrufbar, bis Annahme erklärt wurde (muss noch nicht angekommen sein) Verträge zu Gunsten Dritter möglich Widerruf des Angebots solange möglich bis es angenommen ist, aber Schadensersatzpflicht kein Abstraktionsprinzip Schwierigkeiten: Wirksamkeit von AGBs, Gerichtsstandsvereinbarungen und Schiedsverträgen Vorschlag: gemeinsames europäisches Kaufrecht (Art. 1 GEKR-VO) 6