8. Norddeutscher Kartoffeltag am 31. Oktober 2013 in Uelzen Risikomanagement im landwirtschaftlichen Betrieb Dr. Rüdiger Fuhrmann Norddeutsche Landesbank
Finanzbranche BASEL III Was ändert sich unter BASEL III mit Blick auf die Kreditvergabe? - Qualitative Verbesserung des Eigenkapitals der Banken (Teile des heute als EK akzeptierten Kapitalstocks werden zukünftig nicht mehr akzeptiert z. B. Stille Einlagen) - Erhöhte Kapitalanforderungen für Kreditrisiken (Kreditgeschäfte sind mit mehr Eigenkapital auf Bankenseite zu unterlegen) - Mindest-Eigenkapital-Quote (noch in Diskussion) (unabhängig von der Qualität, dem Risikogehalt des Kreditportfolios muss eine Mindesteigenkapitalquote erhalten bleiben) - Höhere Liquiditätsanforderungen an Banken (Banken müssen für einen festgelegten Zeitraum über ausreichend Liquidität verfügen) Die Maßnahmen schränken das Geschäftsvolumen pro Eigenkapitaleinheit ein - Tendenziell geringeres Kreditvergabevolumen - Verteuerung der Kredite, da pro Einheit Kredit mehr teures Eigenkapital eingesetzt werden muss Verstärkung der Polarisierung zwischen gutem und schlechtem Rating - Unternehmen mit weniger guten Ratings bekommen entweder schwerer Kredite oder nur zu deutlich verteuerten Konditionen
Finanzbranche BASEL III Eigenkapitalbindung Verstärkung der Polarisierung zwischen gutem und schlechtem Rating - Unternehmen mit weniger guten Ratings bekommen entweder schwerer Kredite oder nur zu deutlich verteuerten Konditionen Zusätzliche EK-Bindung je Krediteinheit Ratingverschlechterung Gutes Rating schlechtes Rating
Auswirkungen von Basel III auf die Agrarbranche geringere Abhängigkeit von der allgemeinen Konjunkturlage - gegessen wird immer! - wesentlichere Einflussfaktoren sind z.b. Witterungsverläufe Branche hat in den letzten Jahren eine Imageverbesserung erlangt - Interessante Märkte mit Knappheitsfantasien - Branche gilt als synonym für Nachhaltigkeit und Bodenständigkeit Im Branchenvergleich unterdurchschnittliche Kreditrisiken - werthaltige Immobilien zur Besicherung - handelbare Lagerbestände zur Umlaufmittelbesicherung Spezielle Refinanzierungsmöglichkeiten - im Investitionsbereich z. B. Refinanzierung über Landwirtschaftliche Rentenbank Grundsätzlich geringere Einschränkungen in der Kreditvergabe für die Agrar-Branche aus der Finanzmarktkrise Auswirkungen auf Teilbranchenentwicklungen sind für Einzelunternehmen sind jedoch nicht auszuschließen
Konjunkturbarometer Agrar (Index) 50 40 30 20 10 0-10 -20-30 Jun 03 Jun 04 Jun 05 Jun 06 Jun 07 Jun 08 Jun 09 Jun 10 Jun 11 Jun 12 Jun 13 Gute Stimmungslage überwiegt! Ist das mit Blick in die Zukunft gerechtfertigt?
Weltgetreidemarkt ohne Reis Mio. t Erzeugung/Verbrauch 2000 1900 1800 1700 1600 1500 1400 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12 12/13 13/14 Erzeugung Verbrauch Verbrauch ohne Bioethanol USDA Juli 2013; 2012/13=Schätzung, 2013/14=Prognose
Rohölpreisentwicklung US$/Barrel 115 110 105 100 95? I. Q 13 II. Q 13 III. Q 13 IV. Q 13
Gutes Preisniveau gute Stimmung 50 Konjunkturbarometer Agrar 40 30 20 10 0-10 Dez 04 Dez 05 Dez 06 Dez 07 Dez 08 Dez 09 Dez 10 Dez 11 Dez 12 2005 = 100 *) AMI Agrarrohstoffpreisindex 160 150 140 130 120 110 100 90 Jan 05 Jan 06 Jan 07 Jan 08 Jan 09 Jan 10 Jan 11 Jan 12
Gute Stimmung gutes Investitionsklima 50 Konjunkturbarometer Agrar 40 30 20 10 0-10 Dez 04 Dez 05 Dez 06 Dez 07 Dez 08 Dez 09 Dez 10 Dez 11 Dez 12 2005 = 100 *) 300 Investitionen ldw. Haupterwerbsbetriebe (2005=100) 250 200 150 100 50 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13
Indices landwirtschaftlicher Erzeuger- und Betriebsmittelpreise 140 Index der Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte Index der Einkaufspreise landwirtschaftlicher Betriebsmittel 130 120 110 100 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Bodenmarkt (2005 =100) 250 230 Index der Kaufwerte für landwirtschaftliche Flächen Niedersachsen Alte Bundesländer Neue Bundesländer NBL 2012 = 242) 210 190 170 NDS 2012 = 160) (EUR 21.146) 150 130 110 NDS 2005 = 100 (EUR 13.236) ABL 2012 = 141) 90 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Bodenmarkt Kaufwerte für landwirtschaftliche Flächen Alte Bundesländer EUR/ ha FdlN 30.000 Alte Bundesländer Dänemark 25.000 Der Bodenmarkt kennt nicht nur eine Richtung! 20.000 15.000./. 11% 10.000
Steigende gesellschaftliche Anforderungen an die Agrarproduktion - Zunehmende Berücksichtigung von Umweltaspekten - Tendenz zur Konservierung der Kulturlandschaft - Stilllegung und Fruchtfolgerestriktionen - Dokumentationspflichten (Rückverfolgbarkeit) - Tierhaltung: Bestandsgrößen, Haltungsverfahren, Haltungsprozesse (Nutztierhaltungsverordnung) Siehe auch aktuelle Agrarreformdiskussion Schleichend ansteigende Produktionskosten mit Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt Verstärkung des Wettbewerbsdrucks
Erstes Zwischenergebnis: - Die Nachfrage nach Agrarrohstoffen ist weltweit gestiegen. Das Agrarpreisniveau hat sich erhöht. Der Umsatz landwirtschaftlicher Unternehmen steigt. - Gleichzeitig sind auch die Betriebsmittelkosten deutlich angestiegen.. - Und der Schlüsselproduktionsfaktor Boden hat sich dramatisch verteuert. - Es wird ein deutlich größeres Rad gedreht, wobei die Gewinnmargen tendenziell wenig Veränderung erfahren (Umsatzillusion) höherer Kapitaleinsatz, höheres Risiko Die meisten Fehler machen Unternehmen, wenn es Ihnen gut geht, nicht wenn es ihnen schlecht geht Alfred Herrhausen
Zunehmende Volatilitäten
EUR/t Beispiel Getreidemarkt 260 240 Weizenpreisnotierungen 255 /t 220 200 180 +/- 54 /t +/- 154 /t 160 140 145 /t 120 100 101 /t 91 /t 80 Jan 98 Jan 99 Jan 00 Jan 01 Jan 02 Jan 03 Jan 04 Jan 05 Jan 06 Jan 07 Jan 08 Jan 09 Jan 10 Jan 11 Jan 12 Jan 13 Bei 80 dt/ha Ertrag bedeutet das Umsatzdifferenzen von: 1998-2006 432 /ha 2007-2013 1.232 /ha
EUR/dt Beispiel Kartoffelmarkt 80 Preise für Speisekartoffeln 70 60 50 40 30 20 10 0 Jan 98 Jan 99 Jan 00 Jan 01 Jan 02 Jan 03 Jan 04 Jan 05 Jan 06 Jan 07 Jan 08 Jan 09 Jan 10 Jan 11 Jan 12 Jan 13
Beispiel Milchmarkt ct/kg 43,00 Preisentwicklung Milch 02/03 12/13 (ct/kg Basispreis o. MwSt.) 41,7 ct/kg 38,00 +/- 3,6 ct/kg +/- 19,9 ct/kg 33,00 29,8 ct/kg 28,00 23,00 26,2 ct/kg 18,00 21,8 ct/kg
Beispiel Schweinemarkt EUR/kg SG EUR/Ferkel (25 kg) 2,00 Schlachtschweine 65 Ferkel 1,90 1,80 1,70 60 55 1,60 50 1,50 1,40 1,30 1,20 1,10 1,00 45 40 35 30 25
97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12 12/13 EUR/Tonne (o. MwSt) Volatilität der Futtermittelpreise 310 Einkaufspreise für Mischfutter, Endmastfutter Schweine 290 Volatilität 120 EUR/t 270 250 230 210 Volatiltität 30 EUR/t 190 170 150
Zweites Zwischenergebnis - Zwar haben sich die Preisniveaus für Agrarrohstoffe und produkte in den letzten Jahren im mehrjährigen Durchschnitt erhöht - Gleichzeitig haben sich die Schwankungsbreiten für Agrarprodukte und/oder Betriebsmittel ebenfalls deutlich erhöht. - Aufwands- und Ertragszahlen sind erheblich volatiler als in vergangenen Jahren. Es reicht nicht, wenn es einem im statistischen Durchschnitt gut geht, man muss auch die Extremwerte überstehen
Marktentwicklungen sind unvorhersehbar
00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12 12/13 Mio. t Erzeugung/Verbrauch Marktentwicklungen sind unvorhersehbar 1.900 1.850 Prognosekorrektur in 5 Monaten 100 Mio. t. Erzeugung 65 Mio. t. Verbrauch 1.900 1.850 Schätzung vom 25.5.2012 1.873 1.871 1.806 1.800 1.750 1.800 Schätzung vom 26.10.2012 1.700 1.650 1.600 1.767 1.750 10/11 11/12 12/13 1.550 1.500 1.450 1.400 Quelle:ICG, Jan. 2013 Verbrauch Erzeugung
EUR/to 1/13 12/12 11/12 10/12 9/12 8/12 7/12 6/12 5/12 4/12 Mrz 12 2/12 1/12 Weizenpreis 260 250 Okt 12 240 230 220 Mai 12 30 EUR/t (+14 %) 210 200 190 180
Drittes Zwischenergebnis: - Die Marktentwicklungen bestimmen sich nicht mehr auf regionaler, nationaler oder europäischer Ebene, sondern unterliegen weltweiten Einflüssen - Damit werden weltweite Witterungsverläufe, weltweite wirtschaftliche Entwicklungen und auch andere korrespondierende Märkte bestimmend für die heimischen Preisentwicklungen Es gibt zwei Arten von Unternehmern: Die, die Marktentwicklungen nicht wissen und die, die nicht wissen, dass Sie Marktentwicklungen nicht wissen (angelehnt an John Kenneth Galbraith) Die Frage ist nicht, ob ungeplante Ereignisse eintreten werden, sondern wann! (unbekannt)
Jetzt investieren?
Jetzt investieren? 1. Ausgangslage analysieren Wettbewerbs- und Entwicklungsfähigkeit gegeben? - Ein guter Jahresabschluss sagt noch nichts über nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit. - Gehört mein Unternehmen zu den Kostenführern oder kann ich es dort hin entwickeln? - Habe ich mögliche Nebenbedingungen (Faktorverfügbarkeit etc.) berücksichtigt? Ausreichende und effiziente Controllinginstrumente? - Zeitnaher Jahresabschluss - aktuelle BWA oder Geldrückberichte - Betriebszweigauswertungen/Kostenstellenrechnungen - Naturalleistungen - Liquiditätsvoranschlag Finanzielle Investitionsvoraussetzungen gegeben? - Ausreichender Eigenkapitalstock vorhanden der das Investitionsrisiko mit abpuffert? - Ausschöpfung der KD-Grenze - ausreichende Liquiditätsreserven, die Investitionsrisiken und Marktschwankungen absichern
Jetzt investieren? 2. Ausgangslage anpassen Eigenkapitalsituation verbessern Wachstumsinvestitionen reduzieren den EK-Anteil mitunter kräftig - Gewinnthesaurierung (und Investition zeitlich verschieben) - Eigenkapitalzuführung von außen - Verkauf nicht betriebsnotwendigen Anlagevermögens - Hebung stiller Reserven Kapitalstruktur optimieren In guten Zeiten häufig zu hoher Eigenfinanzierungsanteil nach Krisenzeiten häufig übermäßiger Anteil kurzfristiger Verbindlichkeiten - fristenkongruente Finanzierungen - Finanzierungsmöglichkeiten nutzen zur Schaffung von Liquiditätsreserven - Liquiditätsreserve aufbauen (ergänzt durch Kreditrahmen für Marktschwankungen) Ist-Produktion optimieren Wer die Produktion im Kleinen nicht im Griff hat verbessert seine Situation auch nicht im Großen - vorhandene Rentabilitätsreserven ausschöpfen - Betriebsprogramm optimieren
Jetzt investieren? 3. Investitionserfolg sichern Konzentration auf die Kernkompetenzen - Ausgangslage vieler Betriebe zwingt zur Konzentration auf einen Kernbetriebszweig - Nutzung von Skaleneffekten bei knappen Eigenkapital - Effizienterer know how Transfer in das Unternehmen - aber: höhere Liquiditätsrisiken Risikomanagement auf die Situation ausrichten - Preisrisiken eindämmen - Liquiditätsreserve anpassen - Eigenkapitalstock kräftigen Oberstes Ziel: Jederzeit gegebene Zahlungsfähigkeit
Der Umgang mit Preisrisiken Liquidität Risiko-Identifikation und Bewertung (z. B. aus einer worst case Betrachtung) 0 Gefährdung der Zahlungsfähigkeit?
Der Umgang mit Preisrisiken Liquidität Risikobegrenzung (Alternative A: Risikobegrenzung durch Bilanzstabilisierung) 0 Marktpreisrisiken werden bewußt in Kauf genommen Reservebildung im Kapitaldienst in der Liquidität Maßnahmen zur Stärkung der Stabilität und Liquidität Aufbau von Liquiditätsreserven Verhandlung eines Kreditrahmens für Marktschwankungen gute Eigenkapitalbildung Hohe Eigenkapitalquote Diversifizierung
Der Umgang mit Preisrisiken Liquidität Risikobegrenzung (Alternative B: Risikobegrenzung durch Reduzierung der Marktpreisrisiken) 0 Preisglättung Absatzseite Bezugsseite Maßnahmen zur Preisglättung langfristige Bezugs- u. Absatzverträge (z.b. mit Preiskorridoren) Einkaufsrisiko senken (z. B. zeitliche Splittung) Vorkontrakte (Futtermittel) Nutzung von Warenterminmärkten (Bezugs- und Absatzseite)
Jetzt investieren? 3. Investitionserfolg sichern Konzentration auf die Kernkompetenzen - Ausgangslage vieler Betriebe zwingt zur Konzentration auf einen Kernbetriebszweig - Nutzung von Skaleneffekten bei knappen Eigenkapital - Effizienterer know how Transfer in das Unternehmen - aber: höhere Liquiditätsrisiken Risikomanagement auf die Situation ausrichten - Preisrisiken eindämmen - Liquiditätsreserve anpassen - Eigenkapitalstock kräftigen Oberstes Ziel: Jederzeit gegebene Zahlungsfähigkeit Controlling optimieren - ständige Kontrolle der Ist-Situation - in der Produktion (Naturaleffizienz, Ergebniseffizienz) - ggf. Fehler/Optimierungsansätze suchen - Abgleich mit der Planung und mit worst case - Szenarien - ggf. Anpassung im Risikomanagement
Jetzt investieren? Es gibt jeden Tag eine neue Chance Torschlusspanik vermeiden - Investitionen ohne ausreichende Konstitution des Unternehmens sind keine strategische Unternehmensentscheidung sondern ein Lotteriespiel Den zukünftigen Wettbewerb nicht unterschätzen - der Wettbewerbsdruck wird höher, nicht geringer
Und das Rating? Hohe Transparenz im Unternehmen - Effizientes betriebliches Controlling - Offenes Informationsverhalten gegenüber der Bank Wirtschaftliche, stabile Ausgangslage - Kostenführerschaft - Ausreichendes Eigenkapital bzw. Risikokapital - gute Rentabilität - angepasstes Risikomanagement (jederzeit gegebene Zahlungsfähigkeit) Nachvollziehbare Unternehmensstrategie - Wettbewerbsfähige Entwicklungsstrategie - Hohe Anpassungsfähigkeit an veränderte Rahmenbedingungen Die Basis für ein gutes Rating
Jetzt investieren? Optimierte EK-Situation Optimierte Bilanzstruktur Optimierte Produktion Kostenführerschaft erreichbar Liquiditäts-/Risikomanagement im Griff geringes Zinsniveau Erfolg hat drei Buchstaben: TUN! Goethe
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Norddeutsche Landesbank Dr. Rüdiger Fuhrmann 30151 Hannover Tel.: 0511-361 6201 e-mail: ruediger.fuhrmann@nordlb.de www.nordlb.de/agrar-banking