Ein Jahr Anerkennungsgesetz aktueller Stand der Umsetzung

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Transkript:

Ein Jahr Anerkennungsgesetz aktueller Stand der Umsetzung 1 Hintergrund Am 1. April 2012 ist das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (im Folgenden kurz Anerkennungsgesetz ) in Kraft getreten. Damit sollte eine bessere Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern gewährleistet und u. a. dem Fachkräftemangel begegnet werden. Viele Einwanderer, die Berufsabschlüsse im Ausland erworben haben, arbeiten in Deutschland unter ihrem Qualifikationsniveau, da ihre Abschlüsse bislang nicht anerkannt sind ( Brain Waste ). In Deutschland leben schätzungsweise 2,9 Mio. Menschen mit einem im Ausland erworbenen Abschluss. Durch das Gesetz haben Einwanderer unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus einen Anspruch darauf, dass ihre Qualifikationen innerhalb von drei Monaten geprüft werden. Anträge müssen bei den für die jeweilige Berufsgruppe zuständigen Kammern oder Behörden gestellt werden (z. B. Industrie-, Handels- oder Handwerkskammern). Mit diesem Gesetz soll nun ein Verfahrensanspruch auf Überprüfung der Gleichwertigkeit im Ausland erworbener Qualifikationen mit deutschen Ausbildungen normiert werden. Dies gilt für reglementierte und nicht reglementierte Berufe. Ein reglementierter Beruf ist ein Beruf, bei dem durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt ist, dass der Zugang zum Dr. Jens Stuhldreier Mit dem Anerkennungsgesetz wurde der Rechtsanspruch eingeführt, im Ausland erworbene Qualifikationen auf ihre Gleichwertigkeit mit deutschen Bildungs- und Berufsabschlüssen überprüfen zu lassen. Das erste Jahr hat allerdings bereits deutlich gemacht, dass es einer qualifizierten Beratung der Interessentinnen und Interessenten bedarf. Die Anerkennung ist also kein Selbstläufer. Es muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Die Beschaffung von aussagekräftigen Dokumenten ist teilweise sehr aufwendig, Zeugnisse müssen übersetzt werden und es müssen zusätzliche Informationen recherchiert und bewertet werden. Dies geht nur im Dialog mit den Anerkennungssuchenden, durch die Einschaltung von Fachexpertinnen und -experten und den Zugriff auf entsprechende Datenbanken. Fachexpertise ist nicht nur zu den beruflichen Abschlüssen hierzulande, sondern vor allem zu den Abschlüssen im Ausland gefragt. Vergleichende internationale Berufsbildungsforschung muss hierfür Grundlagen bereitstellen. Nachfolgend wird in einem ersten Schritt das Anerkennungsgesetz des Bundes in seiner Entstehung und Funktion charakterisiert. In einem zweiten Schritt werden dann die ersten Ergebnisse und Erfahrungen entfaltet. Diese haben einen bislang vorläufigen Charakter, es lassen sich aber bereits zum jetzigen Zeitpunkt bestimmte Entwicklungstendenzen erkennen. Der Beitrag wird in einem dritten Schritt mit einem Ausblick abgeschlossen. Beruf und die Berufsausübung nur dann erfolgen darf, wenn ein Nachweis einer bestimmten Qualifikation erbracht ist. In Deutschland sind beispielsweise medizinische Berufe oder Rechtsberufe sowie das Lehramt an staatlichen Schulen reglementiert. Bei letzteren müssen das erste und zweite Staatsexamen nachgewiesen werden. Auch der öffentliche Dienst gehört zum Bereich der reglementierten Berufe. Die meisten Berufe in Deutschland sind allerdings nicht reglementiert. Dieses Gesetz gilt für rund 450 Berufe insbesondere für 350 Ausbildungsberufe im dualen System. Dieses Bundesgesetz gilt nur für Berufe im Zuständigkeitsbereich des Bundes. Daraus folgt, dass Berufe die in Länderzuständigkeit geregelt sind, eigene Ländergesetze beschlossen werden müssen. Durch diese neue gesetzlichen Regelungen ergeben sich für Personen mit Migrationshintergrund zusammengefasst folgende Verbesserungen: Ein Rechtsanspruch auf ein Verfahren zur Gleichwertigkeitprüfung Es wird erstmalig und übergreifend ein allgemeiner Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren geschaffen. Dies war vorher nur für EU-Bürger bzw. EU-Abschlüsse möglich. Seite A1

Einheitliche Kriterien und Verfahren Die Gleichwertigkeit der im Ausland erbrachten Qualifikationen wird nach einem bundeseinheitlichen Verfahren mit feststehenden Kriterien beurteilt. Eine einmal festgestellte Gleichwertigkeit gilt für ganz Deutschland. Entkopplung von der Staatsangehörigkeit Der Berufszugang wird durch dieses Gesetz in fast allen Berufen von der Staatsangehörigkeit entkoppelt. Von zentraler Bedeutung ist nunmehr nur noch der Inhalt und die Qualität der Berufsqualifikation des Antragssteller. Z.B. EU oder Nicht-Eu Bürger ist nach diesem Gesetz kein Kriterium mehr. Anträge aus dem In- und Ausland möglich Bei den Verfahrensansprüchen kommt es nach diesem Gesetz nicht darauf an ob sich der Antragssteller in Deutschland befindet oder nicht. Das Gesetz zielt auf die Absicht eine Erwerbstätigkeit in Deutschland ausüben zu wollen. Daher ist es unerheblich ob eine gesicherte Aufenthaltsgenehmigung bereist vorliegt. 2 Vorläufige Ergebnisse Zum Zeitpunkt der Einführung des Gesetzes ging die Bundesregierung von rund 300.000 in Deutschland lebenden Personen aus, die vom Anerkennungsgesetz profitieren und ihren Abschluss als gleichwertig anerkennen lassen könnten. Nach Angaben des Ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sind seit Inkrafttreten des Gesetzes rund 30.000 Anträge aus dem In- und Ausland eingegangen, bei der Mehrzahl wurde der Berufsabschluss als gleichwertig eingestuft. Auch Teilanerkennungen wurden vorgenommen. Die Ablehnungsquote lag bei rund 4 %. Derzeit stehen allerdings nur wenige Daten zur Verfügung, die eine Evaluation des Anerkennungsgesetzes erlauben. Genauere Angaben und Erkenntnisse aus einer Vollerhebung der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder werden voraussichtlich erst im Herbst dieses Jahres vorliegen. Eine erste Vollerhebung der amtlichen Statistik zum Anerkennungsgesetz des Bundes, das seit 01. April 2012 in Kraft ist, wird derzeit von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder durchgeführt. Ergebnisse zu den Verfahren für alle vom Anerkennungsgesetz des Bundes erfassten Berufe werden, wie bereits erwähnt, in der zweiten Jahreshälfte 2013 vorliegen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind lediglich selektive Daten zum Vollzug des Gesetzes aus einzelnen Berufsbereichen verfügbar. Anhand dieser Daten lassen sich erste Tendenzaussagen zu Antragsaufkommen und Ergebnissen der Anerkennungsverfahren machen. 1 Im Zentrum des Interesses stehen Anerkennungsverfahren in den reglementierten Berufen, für deren Durchführung die Länder zuständig sind. Die Nachfrage nach den Verfahren ist hier besonders groß, da die Anerkennung der beruflichen Auslandsqualifikation in diesen Berufen Voraussetzung für die Berufsausübung in Deutschland ist. Laut einer aktuellen Antwort des Hamburger Senats auf eine Kleine Anfrage in der Bürgerschaft bezogen sich bis zum 31.01.2013 mehr als 75% der Verfahrensanträge nach dem Bundesgesetz auf reglementierte Berufe und hier schwerpunktmäßig auf akademische Heilberufe und Gesundheitsfachberufe. Bundesweit wurden nach einer aktuellen Abfrage bei den Gesundheitsbehörden der Länder zwischen April 2012 und Februar 2013 insgesamt 8635 Anträge von Ärzt/-innen mit ausländischen Qualifikationen gestellt (darunter 4974 Anträge von Ärztinnen und Ärzten mit Qualifikationen aus Ländern außerhalb der EU). Im Bereich der Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen wurden 3123 Anträge eingereicht (darunter 1211 von Personen mit einer Drittstaatsqualifikation). Für die Gesundheitsberufe insgesamt (neben Ärzten und Krankenpflegern auch Hebammen, sonstige Gesundheitsfachberufe usw.) gehen die Länder allein für 2012 von über 20.000 Anträgen bzw. Verfahren aus. Bestätigt wird das große Interesse an Anerkennung in den reglementierten Berufen durch die Nutzerdaten der Informations- und Beratungsangebote, die die Bundesregierung begleitend zum Anerkennungsgesetz bereitstellt. 1 Die nachfolgenden Daten basieren auf ersten Erhebungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie auf Erhebungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Seite A2

Bis Ende Februar 2013 sind im Bereich der nicht reglementierten Ausbildungsberufe, in denen die Kammern für den Vollzug des Bundesgesetzes zuständig sind, insgesamt 3909 Anträge eingereicht. Im Bereich der IHK und der HWK werden vor allem kaufmännische Berufe, Metall- und Elektronikberufe, der Beruf des/der Friseur/-in sowie der Beruf KFZ-Mechatroniker/-in nachgefragt. Die Antragsteller haben ihre Qualifikationen in über 90 Ländern absolviert. Besonders groß ist die Anzahl der Berufsabschlüsse aus Polen, Russland, Türkei, Kasachstan und Rumänien. Im IHK Bereich zeigt sich darüber hinaus, dass mehr als zwei Drittel der Antragsteller jünger als 40 Jahre sind. Im Bereich der nicht reglementierten Ausbildungsberufe wurden von den Kammern bisher 1461 Bescheide erteilt. Mit 960 Bescheiden (65,7%) wurde eine volle Gleichwertigkeit und mit 447 (30,6%) eine teilweise Gleichwertigkeit bescheinigt. Insgesamt 54 Anträge (3,7% der Bescheide) wurden abgelehnt. Abb. 2: Verteilung der zwischen 01.04.2012 und 28.02.2013 erteilten Bescheide für die angegebenen Berufsbereiche Abb. 1: Anzahl der zwischen 01.04.2012 und 28.02.2013 gestellten Anträge für die angegebenen Berufsbereiche Quelle: Meldungen der Kammern und Abfrage bei den Gesundheitsbehörden der Länder Quelle: Meldungen der Kammern und Abfrage bei den Gesundheitsbehörden der Länder Der Blick auf die abgeschlossenen Anerkennungsverfahren zeigt, dass ein hoher Anteil der Bescheide eine volle oder teilweise Gleichwertigkeit der Auslandsqualifikationen bescheinigt (vgl. Abbildung 2). So wurden z.b. für Ärztinnen und Ärzte mit einer Drittstaatsqualifikation insgesamt 1429 (52,8% der Bescheide für diese Personengruppe) Approbationen ohne Ausgleichsmaßnahmen erteilt, bei 1266 Anträgen (46,8%) kann eine Approbation nach erfolgreich absolvierter Ausgleichsmaßnahme erfolgen (Bescheid mit Auflage ). Nur 12 Anträge (0,4%) wurden abgelehnt. Für Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger mit einer Drittstaatsqualifikation konnte in 128 Fällen (15,5%) eine volle Gleichwertigkeit beschieden werden. In 648 Fällen (78,6%) kann der Berufszugang nach erfolgreich absolvierter Ausgleichsmaßnahme erfolgen. Lediglich 48 Anträge (5,8%) wurden abgelehnt. Nachfolgend soll der Blick auf die Inanspruchnahme der Beratungsangebote gelenkt werden. Zwischen 1. August 2012 und 30. Juni 2013 wurden 10.907 Personen von IQ-Anlaufstellen (IQ Integration durch Qualifizierung) zur Anerkennung ihrer ausländischen Berufsqualifikation beraten. Viele Ratsuchende haben mehrere Beratungskontakte mit ihrer Beratungsstelle, sodass die gesamte Beratungsleistung mit 14.615 Kontakten noch höher liegt. Die Ratsuchenden kommen aus 145 verschiedenen Ländern, über ein Drittel hat seine Qualifikation in der Russischen Föderation (13,9 Prozent), Polen (10,7 Prozent), der Ukraine (6,4 Prozent) oder der Türkei (5,7 Prozent) erworben. Die Beratung in Anspruch nahmen häufiger Frauen (65,3 Prozent) als Männer (34,7 Prozent) und vor allem Personen im Alter zwischen 25 und 44 Jahren (75,5 Prozent). Es wurden Beratungen zu 299 verschiedenen Referenzberufen durchgeführt. Mit Abstand die meisten Anerkennungsverfahren werden für den Beruf Lehrer/in angestrebt (16,9 Prozent) Seite A3

(vgl. Abb. 3). Häufige Beratungen wurden weiterhin im Bereich der reglementierten Berufe im Anwendungsbereich des Anerkennungsgesetzes des Bundes bei der Berufsgruppe Gesundheits- und Krankenpfleger/in, gefolgt von Arzt/Ärztin, Rechtsanwalt/Rechtanwältin, Zahnarzt/Zahnärztin und Apotheker/in dokumentiert. Bei nicht-reglementierten Berufen wurden Bürokaufmann/frau, Elektroniker/in, Koch/Köchin und Friseur/in als die häufigsten Berufe gezählt. Unter den landesrechtlich reglementierten Berufen finden sich vor allem Lehrer/in, Ingenieur/in, Erzieher/in und Sozialpädagoge/in. Insgesamt fällt knapp die Hälfte (46,8 Prozent) der Berufe, zu denen Beratungen stattfanden, unter die Regelungen des Anerkennungsgesetzes des Bundes (vgl. Abb. 4; Summe der Abb. 3: Die häufigsten deutschen Referenzberufe Abb. 4: Reglementierung des deutschen Referenzberufs Die von den Ratsuchenden mitgebrachten Auslandsqualifikationen, die unter das Anerkennungsgesetz des Bundes fallen, wurden zu einem Drittel (36,6%) in Mitgliedsstaaten der EU erworben, ein weiteres Viertel (25,2%) stammt aus den GUS-Staaten (vgl. Abb. 5). blauen Flächen). Etwa ein Drittel (37,6 Prozent) der Berufe unterliegt einer landesrechtlichen Reglementierung und fällt damit in die Zuständigkeit der Bundesländer. Zudem lassen sich viele Ratsuchende zu ausländischen Hochschulabschlüssen beraten (15,6 Prozent), die nicht auf einen reglementierten Beruf zulaufen (z. B. Ökonom/in, Betriebswirt/in, Wirtschaftswissenschaftler/in, Psychologe/in) und damit auch nicht unter die Anerkennungsgesetze von Bund und Ländern fallen. Abb. 5: Erwerbsländer der Referenzberufe, die unter das Anerkennungsgesetz des Bundes fallen Seite A4

3 Ausblick Trotz der dargestellten positiven Entwicklungstendenzen muss an dieser Stelle kritisch festgestellt werden, dass die Anzahl der bislang eingereichten Anträge weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Der evangelische Wohlfahrtsverband Diakonie kritisierte Anfang Februar 2013, das Verfahren sei weiterhin kompliziert und mit hohen Gebühren verbunden und fordert die Bereitstellung und vor allem die angemessene Finanzierung eventuell notwendiger Maßnahmen für die Nachqualifizierung. Die Vorsitzende des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration Christine Langenfeld nannte das Gesetz zwar eine entscheidende Starthilfe für die Integration, kritisierte jedoch dessen Umsetzung. Vor allem die Tatsache, dass bisher lediglich fünf Bundesländer Anerkennungsgesetze erlassen haben, sei unbefriedigend. Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen müsse bundesweit möglichst einheitlich umgesetzt werden. Der Verfasser ergänzt diese Kritik um den Aspekt, dass Personen, bei denen lediglich eine Teilanerkennung erfolgt ist, mit diesem Ergebnis nicht alleine gelassen werden dürfen. Hierauf hat das Land Nordrhein-Westfalen reagiert, in dem von September 2013 bis Mitte 2015 der maximale Förderbetrag beim Bildungsscheck NRW von 500,-- auf 2.000,-- erhöht wird. Damit unterstützt das Land die stärkere Teilnahme von Beschäftigten an höherwertigen beruflichen Weiterbildungsangeboten. Mit Hilfe des Bildungsschecks können Un- und Angelernte z. B. ein Berufsabschluss nachholen. Zuwanderer können vorhandene Qualifizierungslücken schließen, wenn Nachqualifizierungen notwendig sein sollten. Die Beratung zur beruflichen Entwicklung ist im Januar 2013 sukzessive eingeführt worden und wird mittlerweile von über einhundert Beraterinnen und Beratern in 80 Anlaufstellen in Nordrhein-Westfalen angeboten. Dieses Angebot richtet sich an Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer mit beruflichem Veränderungswunsch, an Berufsrückkehrende, aber auch an Zuwanderinnen und Zuwanderer, denen eine Erstberatung zum Anerkennungsverfahren ihrer im Ausland erworbenen Qualifikation angeboten wird. Hilfestellung gibt es dabei von der Begleitung bei Antragsformalitäten bis hin zur Vermittlung von notwendigen Ergänzungsqualifikationen. Seit Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen im Mai dieses Jahres machen Beratungen von Zuwanderinnen und Zuwanderern bereits zehn Prozent aus. Insgesamt haben bis Juli bereits 1300 Ratsuchende, davon rund 130 Zuwanderer, das Angebot angenommen. Zwei Drittel der Beratungssuchenden waren Frauen. Häufigste Beratungsgründe waren berufliche Neuorientierung, Weiterbildung, Vorbereitung auf das Anerkennungsverfahren und Gesundheitsprobleme im bisherigen Beruf. Innerhalb der letzten beiden Monate hat sich die Zahl der Beratenen dabei mehr als verdoppelt. Nach dem Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes des Bundes im Frühjahr 2012 waren die Bundesländer gefordert, ein Landesgesetz zur Regelung des Anerkennungsverfahrens auf den Weg zu bringen. Nordrhein-Westfalen hat sich dabei an die Spitze einer Länderinitiative gestellt und als eines der ersten Flächenländer ein Landesgesetz in die parlamentarische Beratung gebracht, die nun abgeschlossen ist. NRW ist damit das sechste Bundesland, das über ein eigenes Landesanerkennungsgesetz verfügt. Das Bundesgesetz ist unter anderem für Ärzte, Rechtsanwälte und die 350 dualen Ausbildungsberufe zuständig. Das Landesgesetz regelt demgegenüber die Anerkennung von Berufen, für die das Bundesland NRW zuständig ist. Insgesamt erfasst das NRW-Landesgesetz über 160 Berufe, darunter Ingenieure, Architekten und Erzieher. Ausgenommen sind lediglich Lehrer und Landesbeamte, für die weiterhin spezifische Fachgesetze gelten. Seite A5

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