Vorlesung Wirtschaftsprivatrecht 11. Einheit

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Transkript:

Vorlesung Wirtschaftsprivatrecht 11. Einheit 22.11.2011 Institut für Recht der Wirtschaft

3. Teil - Schuldrecht Übersicht ü. d. vertragliche Schuldverhältnis Schuldverhältnisse entstehen durch Rechtsgeschäft oder Gesetz (Folie 8). Die vertraglichen Schuldverhältnisse stehen in der Praxis und in der Klausur im Vordergrund: I. Arten Gegenseitiger Vertrag Unvollkommen zweiseitig verpflichtender Vertrag Einseitig verpflichtender Vertrag Institut für Recht der Wirtschaft 2 /33

Die Arten der Schuldverhältnisse I. Arten Gegenseitiger Vertrag Beide Parteien treffen hier wechselbezügl. Pflichten ( Synallagma ). Beispiele: Kauf 433 BGB; Miete 535 BGB Unvollkommen zweiseitig verpflichtender Vertrag Im Verlaufe des Schuldverhältnisses können beide Parteien Pflichten ohne Wechselbezug treffen. Beispiel: Leihvertrag 598, 604 BGB Einseitig verpflichtender Vertrag Nur e. Vertrags partei wird verpflichtet. Beispiel: Schenkung 516 BGB Institut für Recht der Wirtschaft 3 /33

Die Pflichten der Schuldverhältnisse II. Ermittlung der einzelnen Vertragspflichten Rechtsgrundlage Pflichtarten Rechtsgrundlage Der Inhalt der Pflichten aus einem vertraglichen Schuldverhältnis ergibt sich 1. aus vertraglicher Bestimmung Diese geht den regelmäßig dispositiven schuldrechtl. Gesetzesvorschriften vor. 2. aus dem subsidiären Gesetzesrecht 241 432 BGB für alle Schuldverhältnisse und gem. 433 853 BGB für die dort jeweils genannten Schuldverhältnisse Institut für Recht der Wirtschaft 4 /33/2

Die Pflichten der Schuldverhältnisse II. Ermittlung der einzelnen Vertragspflichten Rechtsgrundlage Pflichtarten Folgende Pflichtarten sind zu unterscheiden: 1. Hauptpflichten Bilden den wirtschaftlichen Zweck des Vertrages, bestimmen die Vertragsart 2. Nebenleistungspflichten Sichern / unterstützen die Erbringung / Verwendung der Hauptleistung (z. B. Gebrauchsanleitungen) 3. Sonstige Nebenpflichten Sind nicht einklagbar, sondern führen bei Verletzung nur zu Schadensersatzansprüchen (z. B. Aufklärungsoder Schutzpflichten, 241 Abs. 2 BGB) Institut für Recht der Wirtschaft 5 /33/2

Der Inhalt von Schuldverhältnissen Der Gläubiger kann vom Schuldner kraft des Schuldverhältnisses ein Tun, Dulden oder Unterlassen verlangen ( 241 BGB). Der Schuldner hat dabei die richtige Leistung am richtigen Ort, zur richtigen Zeit in der rechten Art und Weise zu erbringen: 1. Schuldarten Leistungsgegenstand 2. Leistungsbestimmung 3. Vollständigkeit der Leistung Institut für Recht der Wirtschaft 6 /34

Inhalt von Schuldverhältnissen 1. Schuldarten a) Stückschuld Geschuldet ist eine individuell bestimmte Sache. b) Gattungsschuld Geschuldet ist eine nur nach Gattungsmerkmalen bestimmte Sache; der Schuldner hat dann aus der Gattung eine Sache mittlerer Art und Güte zu liefern, 243 Abs. 1 BGB. Die Gattungsschuld beschränkt sich durch Konkretisierung auf eine individuelle Sache, 243 Abs. 2 BGB. c) Beschränkte Gattungsschuld (Vorratsschuld) Der Schuldner hat nur aus einer Teilmenge der Gattung zu liefern. Behandlung im Übrigen wie Gattungsschuld. Institut für Recht der Wirtschaft 7 /34

Inhalt von Schuldverhältnissen 2. Leistungsbestimmung Maßgeblich ist die beiderseitige (hinreichend bestimmbare) Vereinbarung. Denkbar ist aber auch die Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes ( 315 ff BGB) oder e. Wahlschuld ( 262 ff BGB). 3. Vollständigkeit der Leistung Teilleistungen braucht der Gläubiger nicht anzunehmen, 266 BGB. Macht er es oder bestehen mehrere Forderungen, gelten für die Tilgungsreihenfolge die 366, 367 BGB. Institut für Recht der Wirtschaft 8 /34

Inhalt von Schuldverhältnissen Leistungsort Der Ort der Leistungshandlung wird vorrangig durch die Vereinbarung oder die Umstände (z. B. Arbeitsleistung am Arbeitsplatz) bestimmt. Ergibt sich aus beidem nichts, ist die Leistung am Sitz des Schuldners zu erbringen ( 269 Abs. 1 BGB). Die Kosten und das Risiko des Transportes trägt dann der Gläubiger. Nach dem Leistungsort sind drei Schuldarten zu unterscheiden: Holschuld: Bereitstellen beim Schuldner Schickschuld: Absenden am Ort des Schuldners Bringschuld: Transport bis zum Gläubiger Institut für Recht der Wirtschaft 9 /34

Inhalt von Schuldverhältnissen Leistungszeit 1. Fälligkeit Der Schuldner muss die Leistung erbringen. Im Zweifel sofort, 271 Abs. 1 BGB 2. Erfüllbarkeit Der Schuldner darf die Leistung erbringen. Im Zweifel sofort, 271 Abs. 1 BGB, Ausnahmebeispiel: Rückerstattung verzinslichen Darlehens, 489 BGB Institut für Recht der Wirtschaft 10 /34

Inhalt von Schuldverhältnissen Art und Weise der Leistung 1. Treu und Glauben / Verkehrssitte, 242 BGB 2. Leistung durch Dritte Grundsätzlich zulässig, 267 BGB, sofern nicht ein anderes vereinbart/bestimmt (z. B. 613 Satz 1 BGB für die Dienstleistung). Institut für Recht der Wirtschaft 11 /34

Inhalt von Schuldverhältnissen Beendigung des Schuldverhältnisses Einzelne Ansprüche des Gläubigers gegen den Schuldner können unter verschiedenen Gesichtspunkten erlöschen: I. Erfüllung, 362 BGB II. Erfüllungssurrogate III. Kündung / Rücktritt Institut für Recht der Wirtschaft 12 /35

Beendigung von Schuldverhältnissen I. Erfüllung, 362 BGB Bewirken der geschuldeten Leistung. II. Erfüllungssurrogate 1. Leistung an Erfüllung statt, 364 Abs. 1 BGB Annahme eines anderen Leistungsgegenstandes als Erfüllung (Abgrenzung zur Leistung erfüllungshalber, z. B. 364 Abs. 2 BGB: dort Erfüllung erst, wenn Befriedigung aus dem Ersatzgegenstand erfolgt ist). 2. Hinterlegung, 372 ff BGB Bei Annahmeverzug oder Ungewissheit über die Person des Gläubigers. 3. Aufrechnung, 387 ff BGB (Folie 36) 4. Erlass, 397 BGB Vertrag über d Verzicht des Gläubigers auf d Forderung Institut für Recht der Wirtschaft 13 /35

Beendigung von Schuldverhältnissen III. Kündigung / Rücktritt Durch Kündigung und Rücktritt werden nicht nur einzelne Ansprüche, sondern das gesamte vertragliche Schuldverhältnis aufgehoben (vgl. Folie 37). Institut für Recht der Wirtschaft 14 /35

Beendigung von Schuldverhältnissen Die Aufrechnung Die Aufrechnung führt zum Erlöschen von Hauptund Gegenforderung, 389 BGB. Sie dient der problemfreien wechselseitigen Schuldtilgung. Voraussetzungen: I. Aufrechnungslage, 387 BGB II. Aufrechnungserklärung 388 BGB III. Kein Ausschluss, 392-394 BGB Institut für Recht der Wirtschaft 15 /36

Beendigung von Schuldverhältnissen: Die Aufrechnung I. Aufrechnungslage, 387 BGB 1. Gegenseitigkeit Schuldner und Gläubiger haben wechselseitig eine Hauptforderung, gegen die mit der Gegenforderung aufgerechnet wird. 2. Gleichartigkeit Identischer Leistungsgegenstand von Haupt- und Gegenforderung (i. d. R. Geld) 3. Durchsetzbarkeit der Gegenforderung Fälligkeit Einredefreiheit, 390 BGB Bei Verjährung reicht Unverjährtheit bei erstmaliger Aufrechnungslage, 215 BGB. 4. Erfüllbarkeit der Hauptforderung Institut für Recht der Wirtschaft 16 /36

Beendigung von Schuldverhältnissen: Die Aufrechnung II. Aufrechnungserklärung 388 BGB Einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung III. Kein Ausschluss, 392-394 BGB Institut für Recht der Wirtschaft 17 /36

Beendigung von Schuldverhältnissen Kündigung und Rücktritt vom Vertrag Kündigung: Aufhebung e. Vertrages für die Zukunft: 1. Ordentliche Kündigung i.d.r. fristgebunden ohne besondere Gründe (Ausnahme: Arbeits- und Wohnraummietverträge!) 2. Außerordentliche Kündigung fristlos Voraussetzung: Wichtiger Grund (z. B. 626, 543, 314 BGB) Institut für Recht der Wirtschaft 18 /37

Beendigung von Schuldverhältnissen Kündigung und Rücktritt vom Vertrag Rücktritt Geschlossene Verträge sind grundsätzlich endgültig verbindlich ( pacta sunt servanda ; zur Ausnahme der Widerrufsrechte: Folie 38). Ausnahmsweise ist e. Rücktritt vom Vertrag zulässig. I. Voraussetzungen: 1. Rücktrittsgrund, 346 Abs. 1 BGB 2. Rücktrittserklärung, 349 BGB 3. Kein Erlöschen, 350 BGB Institut für Recht der Wirtschaft 19 /37

Beendigung von Schuldverhältnissen: Rücktritt I. Voraussetzungen: 1. Rücktrittsgrund, 346 Abs. 1 BGB Der Berechtigte benötigt ein Rücktrittsrecht: vertraglicher Rücktrittsvorbehalt gesetzliches Rücktrittsrecht (insbesondere bei Leistungsstörungen, z. B. 323 BGB). 2. Rücktrittserklärung, 349 BGB 3. Kein Erlöschen, 350 BGB Institut für Recht der Wirtschaft 20 /37

Beendigung von Schuldverhältnissen: Rücktritt II. Rechtsfolgen Umwandlung d. Vertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis, d. h.: 1. Erlöschen unerfüllter Leistungspflichten 2. Rückgewähr der empfangenen Leistungen, 346 Abs. 1 BGB (Zug-um-Zug, 348 BGB) 3. Bei Beschädigung oder Unmöglichkeit: Wertersatz, 346 Abs. 2, 3 BGB 4. Nutzungs-, 346 BGB, und Verwendungsersatz, 347 BGB Institut für Recht der Wirtschaft 21 /37

Beendigung von Schuldverhältnissen: Widerruf Widerruf von Verträgen Der Vertragsschluss ist für die Parteien mit dem Wirksamwerden von Angebot und Annahme grundsätzlich bindend. Unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes räumt das Gesetz bestimmten Parteien spezifischer Verträge die Möglichkeit eines nachträglichen Widerrufs ein. Voraussetzung: 1. Widerrufsrecht 2. Widerrufserklärung 3. Widerrufsfrist Institut für Recht der Wirtschaft 22 /38

Beendigung von Schuldverhältnissen: Widerruf Die Voraussetzungen 1. Widerrufsrecht a) Vertrag zwischen Verbraucher ( 13 BGB) und Unternehmer ( 14 BGB) b) Nur für bestimmte Vertragsarten, nämlich Haustürgeschäfte 312 BGB Fernabsatzverträge, 312 d BGB Teilzeitwohnrecht, 485 BGB Darlehensvertrag, 495 BGB Verträge mit Zahlungsaufschub, Finanzierungsleasing, Teilzahlungsgeschäfte, 499-501 BGB Ratenlieferungsverträge, 505 BGB Institut für Recht der Wirtschaft 23 /38

Beendigung von Schuldverhältnissen: Widerruf Die Voraussetzungen 2. Widerrufserklärung, 355 Abs. 1 BGB 3. Widerrufsfrist Grundsätzlich 2 Wochen, 355 Abs. 1 BGB; Beginn mit Belehrung über Widerrufsrecht, 355 Abs. 2 BGB; wenn Belehrung erfolgte, erlischt Widerrufsrecht spätestens 6 Monate nach Vertragsschluss, 355 Abs. 3 BGB. Institut für Recht der Wirtschaft 24 /38

Beendigung von Schuldverhältnissen: Widerruf Die Rechtsfolgen des Widerrufs 1. Der Vertrag wird durch den Widerruf wirkungslos, 355 Abs. 1 BGB. 2. Rückabwicklung erbrachter Leistungen nach den Regeln des Rücktritts, 357 BGB. 3. Besonderheit bei verbundenen Verträgen, 358 f. BGB (z.b. finanzierter Abzahlungskauf): Durch den Widerruf des Darlehensvertrages entfällt auch der Kaufvertrag. Einwendungen aus dem Kaufvertrag auch gegen d. Darlehen (Einwendungsdurchgriff, 359 BGB). Institut für Recht der Wirtschaft 25 /38

Fall 23 Anlässlich eines Hausmusikabends stellt K entsetzt fest, dass sein Klavier erheblich verstimmt ist. Er nimmt deshalb telefonisch mit dem Klavierstimmer U Kontakt auf. Beide vereinbaren, dass das Instrument zu einem Preis von 100,00 gestimmt werde. Nachdem K ihm diese Abrede, wie vereinbart, schriftlich bestätigt hat, ruft U bei K an und bittet um Anlieferung des Klaviers. Zu Recht? Institut für Recht der Wirtschaft 26

Fall 23 1. Abwandlung: Nachdem U das Klavier bei K gestimmt hat, verlangt er von diesem die vereinbarte Vergütung. K bietet ihm wegen akuten Geldmangels zunächst eine Rate von 20,00 an. Muss U diese annehmen? 2. Abwandlung: Müsste U eine vollständige Zahlung von 100,00 durch den mit K befreundeten X akzeptieren? 3. Abwandlung: U klagt schließlich d. offene Forderung zzgl. 10 % Zinsen beim Amtsgericht Hamburg erfolgreich ein. Dadurch entstehen ihm Kosten von 50,00. Anschließend zahlt K einen Betrag von 40,00, den U annimmt. Wie hoch ist danach die titulierte Werklohnforderung? Institut für Recht der Wirtschaft 27

Fall 23 Lösung (Inhalt von Schuldverhältnissen, Leistungsort) I. Anspruch aus Werkvertrag gem. 631 BGB K könnte aufgrund eines Werkvertrages verpflichtet sein, dem U das Klavier anzuliefern. Dazu müsste zunächst ein Werkvertrag zwischen U und K geschlossen worden sein, der wirksam und durchsetzbar ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Im Rahmen des Vertrages wird ein Erfolg (Stimmen des Klaviers) geschuldet, es handelt sich somit um einen Werkvertrag gemäß 631 BGB. Nichtigkeitsgründe oder Einreden sind nicht ersichtlich. Institut für Recht der Wirtschaft 28

Fall 23 Lösung (Inhalt von Schuldverhältnissen, Leistungsort) Fraglich ist jedoch im Rahmen der vertraglichen Verpflichtungen, wo U seine Vertragspflicht zu erfüllen ist. Der Leistungs- oder Erfüllungsort, an dem der Schuldner die Leistung zu erbringen hat, richtet sich bei vertraglichen Schuldverhältnissen grundsätzlich nach der Parteivereinbarung. Eine solche haben K und U aber nicht getroffen. Gemäß 269 Abs. 1 BGB ist Leistungsort sodann der Wohn- oder Gewerbesitz des Schuldners, hier also des U, sofern sich nicht aus den Umständen, insbesondere der Natur des Schuldverhältnisses ein anderes ergibt. Institut für Recht der Wirtschaft 29

Fall 23 Lösung (Inhalt von Schuldverhältnissen, Leistungsort) Hier ist zu beachten, dass der Transport des schweren Klaviers kostenaufwendig ist, so dass es wirtschaftlich sinnvoller ist, wenn der Klavierstimmer zum Klavier kommt. Hinzu kommt, dass sich das Instrument beim anschließenden Rücktransport erneut verstimmen könnte. Deshalb ergibt sich hier aus der Natur des Vertrages, dass die Leistung bei K zu erfolgen hat. U kann somit nicht verlangen, dass K ihm das Klavier anliefert. Institut für Recht der Wirtschaft 30

Fall 23 Lösung / 1. Abwandlung (Inhalt von Schuldverhältnissen, Leistungsort) I. Anspruch aus Werkvertrag gem. 631 BGB U könnte aufgrund eines Werkvertrages verpflichtet sein, eine Teilzahlung des K anzunehmen. Dazu müsste zunächst ein Werkvertrag zwischen U und K geschlossen worden sein, der wirksam und durchsetzbar ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Im Rahmen des Vertrages wird ein Erfolg (Stimmen des Klaviers) geschuldet, es handelt sich somit um einen Werkvertrag gemäß 631 BGB. Nichtigkeitsgründe oder Einreden sind nicht ersichtlich. Institut für Recht der Wirtschaft 31

Fall 23 Lösung / 1. Abwandlung (Inhalt von Schuldverhältnissen, Leistungsort) Fraglich ist jedoch im Rahmen der vertraglichen Verpflichtungen, ob U eine Teilzahlung akzeptieren muss. Gemäß 266 BGB ist der Gläubiger nicht verpflichtet, eine Teilleistung auf die Forderung anzunehmen. Der U könnte als Gläubiger der Werklohnforderung von 100,- EUR die Teilzahlung daher zurückweisen, so dass weiter die volle Forderung offen stünde. Institut für Recht der Wirtschaft 32

Fall 23 Lösung / 2. Abwandlung (Inhalt von Schuldverhältnissen, Leistungsort) I. Anspruch aus Werkvertrag gem. 631 BGB U könnte aufgrund eines Werkvertrages verpflichtet sein, die Zahlung des Werklohns durch X an Stelle des K zu akzeptieren. Dazu müsste zunächst ein Werkvertrag zwischen U und K geschlossen worden sein, der wirksam und durchsetzbar ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Im Rahmen des Vertrages wird ein Erfolg (Stimmen des Klaviers) geschuldet, es handelt sich somit um einen Werkvertrag gemäß 631 BGB. Nichtigkeitsgründe oder Einreden sind nicht ersichtlich. Institut für Recht der Wirtschaft 33

Fall 23 Lösung / 2. Abwandlung (Inhalt von Schuldverhältnissen, Leistungsort) Fraglich ist jedoch im Rahmen der vertraglichen Verpflichtungen, ob U die Zahlung des Werklohns durch einen Dritten akzeptieren muss oder ob er auf Zahlung von seinem Schuldner, dem K, bestehen kann. Gemäß 267 BGB kann die geschuldete Leistung auch durch einen Dritten, bewirkt werden, sofern nicht der Schuldner ausnahmsweise, wie etwa beim Dienstvertrag ( 613 Satz 1 BGB), in Person zu leisten hat. Im vorliegenden deutet nichts darauf hin, dass der Schuldner, also der K in Person leisten müsste. Der X durfte somit gem. 267 die Leistung erbringen. U muss die Zahlung des Werklohns von X annehmen. Institut für Recht der Wirtschaft 34

Fall 23 Lösung / 3. Abwandlung (Inhalt von Schuldverhältnissen, Leistungsort) Die Höhe einer titulierten Werklohnforderung, auf die nach einem Klagverfahren eine Zahlung geleistet wurde, richtet sich nach 367 Abs. 1 BGB. Im vorliegenden Fall hat der U gegen K ein titulierter Anspruch auf Zahlung der 100,00 zzgl. Zinsen, zzgl. der durch die Rechtsverfolgung entstandenen Kosten. Die Ratenzahlung des K reicht zur Tilgung der Gesamtverbindlichkeit nicht aus. 367 Abs. 1 BGB bestimmt sodann, dass die Zahlung zunächst auf die Kosten, sodann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet wird. Nach Annahme der Ratenzahlung besteht also weiterhin die volle Werklohnforderung, die sich vollen Umfangs weiter verzinst. Institut für Recht der Wirtschaft 35

Fall 23 Lösung / 3. Abwandlung (Inhalt von Schuldverhältnissen, Leistungsort) Für den Schuldner ist es daher günstiger, dass Zahlungen auf die Hauptforderung erfolgen, weil insoweit dann keine weitere Verzinsung eintritt (Zinsansprüche sind gemäß 248 BGB nicht verzinslich). Der Schuldner kann daher eine abweichende Tilgungsbestimmung treffen ( 366 Abs. 1 BGB). Im Falle einer solchen abweichenden Tilgungsbestimmung kann der Gläubiger aber gemäß 367 Abs. 2 BGB die Leistungsannahme verweigern. Institut für Recht der Wirtschaft 36

Fall 24 K ist Anhänger der amerikanischen Pop-Hoffnung Britney Spears. Zufällig beobachtet er diese bei einem Besuch eines Juweliers in der Hamburger Innenstadt, wo sie u. a. eine Uhr anprobiert, diese aber später nicht kauft. Um später in seinem Fanclub brillieren zu können, will K deshalb diese Uhr unbedingt erwerben. Da ihm seine Leidenschaft indes (zu Recht) unangenehm ist, merkt er sich die Artikelnummer und bestellt anschließend telefonisch beim Geschäftsinhaber V eine solche Uhr, in der Erwartung, ihm werde das im Geschäft liegende Exemplar geliefert. Als er später postalisch ein eingeschweißtes, also ein anderes Exemplar erhält, verweigert er die Kaufpreiszahlung. Zu Recht? Institut für Recht der Wirtschaft 37

Fall 24 Lösung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) I. Anspruch aus 433 Abs. 2 BGB K kann die Kaufpreiszahlung verweigern, wenn der V keinen Zahlungsanspruch gegen ihn hat. Voraussetzungen für den Zahlungsanspruch des V ist ein wirksamer Kaufvertrag gem. 433 BGB. Der Vertrag müsste geschlossen, wirksam und durchsetzbar sein. Institut für Recht der Wirtschaft 38

Fall 24 Lösung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) 1. Vertrag geschlossen? Es liegen zwei übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot und Annahme) gem. 145 ff. BGB von Käufer und Verkäufer über e. hinreichend spezifizierten Kaufgegenstand vor (Artikelnummer). Der Kaufvertrag wurde geschlossen. 2. Vertrag wirksam? Es sind keine Nichtigkeitsgründe ersichtlich. Eine (möglicherweise erfolgreiche) Anfechtung wegen Irrtums wurde von K jedenfalls nicht erklärt. Der Kaufvertrag ist wirksam. Institut für Recht der Wirtschaft 39

Fall 24 Lösung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) 3. Vertrag durchsetzbar? K könnte die Zahlung gem. 320 BGB verweigern, wenn V seine Pflichten aus dem Kaufvertrag nicht erfüllt hat. Institut für Recht der Wirtschaft 40

Fall 24 Lösung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Die Pflichten des Verkäufers ergeben sich aus 433 I, i.v.m. 362 BGB. Gem. 362 BGB müsste der Schuldner die von ihm geschuldete Leistung bewirken. Das ist gem. 433 I BGB die Übergabe und die Verschaffung des Eigentums an der gekauften Sache. Fraglich ist, auf welche Kaufsache sich der Anspruch auf des K auf Übergabe und Verschaffung des Eigentums bezieht, denn K verlangt aus e. Produktion gleicher Uhren eine ganz bestimmte Uhr. Institut für Recht der Wirtschaft 41

Fall 24 Lösung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Damit macht K eine Stückschuld des V geltend, d.h. der Anspruch aus 433 I BGB bezieht sich auf eine (einzige) individuell bestimmte Sache. V macht dagegen geltend, nur eine Gattungsschuld erfüllen zu müssen, d.h. geschuldet ist nur eine nach Gattungsmerkmalen bestimmte Sache (von der es u.u. sehr viele gibt). Der Schuldner hat dann aus der Gattung eine Sache mittlerer Art und Güte zu liefern, gem. 243 Abs. 1 BGB (Erst durch Konkretisierung beschränkt sich die Gattungsschuld gem. 243 Abs. 2 BGB auf eine individuelle Sache). Institut für Recht der Wirtschaft 42

Fall 24 Lösung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Im vorliegenden Fall hat K einen Gegenstand nur nach bestimmten abstrakten Gattungsmerkmalen (der Artikelnummer), bestellt. Damit wurde eine Gattungsschuld schuld vereinbart. Die von V gem. 362, 433 I BGB geschuldete Leistung (Übergabe und Verschaffung des Eigentums an der Sache) bezieht sich somit auf eine Sache aus einer Gattung. Institut für Recht der Wirtschaft 43

Fall 24 Lösung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Der Schuldner (V) darf also aus der Gattung der Fabrikationsserie ein Exemplar aussuchen. Dieses muss lediglich gemäß 243 Abs. 1 BGB mittlerer Art und Güte sein. V hat dem K Eigentum und Besitz an einer Uhr verschafft, die aus der von K angegebenen Gattung stammt und von mittlerer Art und Güte ist. Damit hat V seine Verpflichtung gemäß 362 Abs. 1 BGB erfüllt. Institut für Recht der Wirtschaft 44

Fall 24 Lösung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Da V seine Pflicht aus dem Vertrag erfüllt hat, kann K die Zahlung nicht gem. 320 BGB verweigern. Ergebnis: K ist zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Institut für Recht der Wirtschaft 45

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) K bestellte die Uhr nach Artikelnummer im Laden, bat indes den V, ihm diese auf Kosten des V zuzuschicken. V sendet die Uhr per UPS ab, auf dem Transport zu K geht diese jedoch verloren. a) Hat V den Vertrag erfüllt? b) Muss V eine andere Uhr dieses Fabrikats aus seinem Lagerbestand liefern? Institut für Recht der Wirtschaft 46

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Zu a): V hat den Vertrag erfüllt, wenn er gem. 362 BGB die geschuldete Leistung an den K bewirkt hat. Der Vertrag wurde geschlossen und ist wirksam. V hat den Vertrag erfüllt, wenn V gem. 362 BGB die geschuldete Leistung an den K bewirkt hat. Folge: Erlöschen der Leistungspflicht ( 362 BGB). Institut für Recht der Wirtschaft 47

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Bei der von V geschuldete Leistung handelt es sich gem. 433 Abs.1 BGB um die Pflicht, dem Käufer Eigentum und Besitz an der verkauften Sache zu verschaffen (Bewirken des Leistungserfolgs ). Im vorliegenden Fall hat V eine Sache aus einer Gattung und von mittlerer Art und Güte zu übereignen (Eigentumsübertragung) und übergeben (Besitzverschaffung). Institut für Recht der Wirtschaft 48

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Unter Übergabe versteht man die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes gem. 854 BGB. K hat jedoch keinen unmittelbaren Besitz erlangt, da die Uhr auf dem Postweg verloren ging. Damit wurde die Uhr nicht übergeben und d. geschuldete Leistungspflicht aus 433 I BGB nicht gem. 362 BGB ordnungsgemäß erfüllt. Der Vertrag wurde somit durch V nicht erfüllt. Institut für Recht der Wirtschaft 49

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Zu b): Muss V eine andere Uhr dieses Fabrikats aus seinem Lagerbestand liefern? Institut für Recht der Wirtschaft 50

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) V hat den Vertrag weiterhin zu erfüllen, wenn er seine Leistung an den K weiterhin geschuldet wird, trotz des Verlustes der Uhr auf dem Postweg. Denn der Vertrag wurde geschlossen und ist wirksam. V hat den Vertrag wie oben geprüft nicht erfüllt. Ein Erlöschen der Leistungspflicht gem. 362 BGB ist nicht erfolgt. Institut für Recht der Wirtschaft 51

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Fraglich ist, ob ein Erlöschen der Leistungspflicht auf andere Weise möglich ist. In Frage kommt ein Erlöschen der Leistungspflicht wegen Unmöglichkeit gem. 275 BGB. Unmöglichkeit liegt vor, wenn die Leistung weder durch den Schuldner noch irgendjemand erbracht werden kann. Rechtsfolge: Ausschluss des Anspruchs auf Leistung. Institut für Recht der Wirtschaft 52

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Ob die Leistung des V unmöglich geworden ist, richtet sich danach, worauf seine Leistungspflicht bezogen ist. Handelt es sich um eine Stückschuld, so liegt die Unmöglichkeit gem. 275 BGB vor, sobald die in Rede stehende Sache nicht mehr geliefert werden kann (Im vorliegenden Fall würde V von der Pflicht zur Lieferung frei, da die Uhr, die er an K schickte, nicht mehr geliefert werden kann). Die Leistungspflicht des V würde erlöschen. Institut für Recht der Wirtschaft 53

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Handelt es sich jedoch um eine Gattungsschuld, so muss weiterhin aus der Gattung geliefert werden. Dabei trägt der Schuldner ein erhebliches Risiko, da er ggf. teure Ersatzbeschaffungen tätigen muss (V müsste falls es die letzte Uhr in seinem Lager war eine weitere Uhr dieser Produktionsreihe kaufen, ggf. zu einem hohen Preis bei einem anderen Händler). In diesem Fall würde seine Leistungspflicht nicht erlöschen. Institut für Recht der Wirtschaft 54

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Der Schuldner einer Gattungsschuld trägt also ein erhebliches Risiko. Dieses kann er verringern, wenn er die Gattungsschuld konkretisiert, d.h. auf eine bestimmte (i.d.r. bei ihm vorrätige Sache) beschränkt. Dazu muss er gem. 243 II BGB das zur Leistung solcher (einen) Sache seinerseits Erforderliche tun. Institut für Recht der Wirtschaft 55

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Die Handlung, die der Schuldner vornehmen muss, um das seinerseits Erforderliche getan zu haben, damit sich seine Leistungspflicht gem. 243 II BGB auf eine einzige konkretisierte Sache beschränkt, ergibt sich aus der vertraglichen Vereinbarung, sonst aus dem Gesetz ( 269 BGB). Institut für Recht der Wirtschaft 56

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Im Zweifel ist die Leistung am Sitz des Schuldners zu erbringen ( 269 Abs. 1 BGB). Drei Schuldarten mit verschiedenen Leistungspflichten und Leistungsorten sind zu unterscheiden: a) Holschuld (Bereitstellen beim Schuldner) b) Schickschuld (Absenden am Ort des Schuldners) c) Bringschuld (Transport bis zum Gläubiger) Institut für Recht der Wirtschaft 57

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Eine Holschuld scheidet hier aus, da der K die Uhr nicht bei V abholen sollte. Eine Schickschuld kommt in Betracht, da die Uhr am Ort des V auf seine Kosten an UPS übergeben wurde. Aber auch eine Bringschuld kommt in Betracht. Da keine Klarheit besteht, bleibt es bei der Zweifelsregelung des 269 Abs. 1 BGB. V hat seine Leistungspflicht daher an seinem Geschäftssitz zu erfüllen. Damit liegt eine Schickschuld vor. Institut für Recht der Wirtschaft 58

Fall 24 Lösung / Abwandlung (Inhalt des Schuldverhältnisses, Gattungsschuld, Erfüllung, Hol-/Schick-/Bringschuld) Durch das Absenden der Uhr hat damit V alles seinerseits Erforderliche getan, so dass sich das Schuldverhältnis auf die abhanden gekommene Uhr beschränkte. Da diese wegen des Verlustes beim Transport nicht mehr übergeben werden kann, ist Unmöglichkeit gemäß 275 Abs. 1 BGB eingetreten. Ergebnis: Die Lieferungsverpflichtung des V ist erloschen. Institut für Recht der Wirtschaft 59