Studienseminar für Lehrämter an Schulen Vettweiÿ Seminar für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen Schulstraÿe. 12 52391 Vettweiÿ Entwurf zum 6. Unterrichtsbesuch Studienreferendar: Karsten Göÿling Schule: Ernst-Mach-Gymnasium Hürth Fach: Erdkunde Datum: 1. September 2006 Zeit: 1. Stunde, 8.00-8.45 Uhr Klasse: 9c Raum: EIII3 Fachlehrerin: Frau Schmitz-Grie Fachleiter: Herr Böing Hauptseminarleiterin: Frau Pohlmann Ausbildungskoordinatoren: Frau Frings und Herr Kämper Schulleiterin: Frau Hüntemann Thema der Unterrichtsreihe: Thema der vorangegangenen Stunde: Stundenthema: Hausaufgaben zur nächsten Stunde: Thema der nächsten Stunde: Regionale Unterschiede in Europa Armes und reiches Europa Ursachen für regionale Disparitäten Disparitäten in Italien: Ursachen und Perspektiven für den Mezzogiorno Information über Strukturfonds der EU Die europäische Strukturpolitik Annäherung der europäischen Regionen
Didaktisch-methodischer Kommentar Trotz jahrelanger Investitionen auf staatlicher und auf EU-Ebene ist das Ausmaÿ der regionalen Disparitäten innerhalb Europas noch immer beträchtlich. Nicht nur die osteuropäischen Gebiete, um die die EU im Jahr 2004 erweitert wurde, haben mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen, auch innerhalb der EU-15 gibt es sehr strukturschwache Regionen. Besonders auällig sind die Disparitäten in Italien, wo der Norden zum wirtschaftlichen Zentrum der EU gehört, der Mezzogiorno hingegen eines der strukturschwächsten Gebiete Europas ist. Daher bietet sich Italien sehr gut als Raumbeispiel zur Behandlung regionaler Unterschiede an. Materialgrundlage ist die Doppelseite im Buch TERRA, Erdkunde 9 (S. 32f). Im Lehrplan des Landes NRW ist die Thematik im Inhaltsfeld I (Voraussetzungen, Ziele und Probleme der Schaung neuer politischer und wirtschaftlicher Strukturen in einem Groÿraum) verankert. Der relevante thematische Baustein, Regionale Unterschiede und wirtschaftspolitische Vorgaben beein- ussen die Entwicklung von Wirtschaftsräumen und die Integration Europas, enthält den Schwerpunkt Ansätze zur Überwindung innerstaatlicher und europäischer Disparitäten. Die heutige Stunde soll einen Beitrag zur Forderung des Lehrplans leisten, dass sich die Schüler 1 der Vielfalt und Gemeinsamkeiten der naturräumlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Strukturen bewusst werden und deren Bedeutung für den Weg in ein gemeinsames Europa begreifen. Im bisherigen Verlauf der Unterrichtsreihe Regionale Unterschiede in Europa wurden zunächst Migrationsbewegungen in Europa behandelt. Nach der Betrachtung der historischen Wanderungsbewegungen erfolgte die Untersuchung aktueller Migrationen. Diese führte zur Erarbeitung der regionalen Disparitäten in Europa und ihrer Ursachen, wobei die Begrie BIP, Kaufkraftstandards, Wirtschaftssektoren und Agglomerationseekt eingeführt bzw. wiederholt wurden. Diese Kenntnisse werden in der heutigen Stunde auf Italien als Raumbeispiel angewandt. Im Anschluss wird die EU-Osterweiterung sowie die europäische Strukturpolitik als Maÿnahme zur Verringerung von räumlichen Disparitäten thematisiert. Schwerpunkt der heutigen Stunde ist die arbeitsteilige Untersuchung der Ursachen regionaler Disparitäten in Italien und der Maÿnahmen zur Verringerung dieser Ungleichheiten. Als Einstieg in die Stunde dient eine Powerpoint-Präsentation, die per Beamer gezeigt wird. Darin wird das Szenario dargestellt, dass der frisch gewählte italienische Ministerpräsident in Form einer thematischen Karte mit den Pro- 1 Schüler steht hier und im Folgenden stets für Schülerinnen und Schüler. 2
blemen des Landes konfrontiert wird. Die Karte zeigt die Wanderungsquoten in Europa und ist den Schülern bereits aus einer der vorherigen Stunden bekannt. Mit Hilfe einer eingeblendeten Lupe wird nun das Augenmerk auf Italien gelenkt. Dieser Einstieg soll die Schüler auf das Raumbeispiel einstimmen, was durch die Untermalung mit der italienischen Nationalhymne noch verstärkt wird, sowie Vorwissen aktivieren. In der Problemhinführungsphase erkennen die Schüler das Nord-Süd-Gefälle der Wanderungsquoten innerhalb Italiens. Aufgrund ihrer Vorkenntnisse auf europäischer Ebene sollten sie das Auftreten regionaler Disparitäten als Ursache dieses Ungleichgewichts vermuten. Damit ergibt sich (für den Ministerpräsidenten Italiens) die Problemstellung: Disparitäten in Italien - Ursachen und Perspektiven für den Mezzogiorno. Die Erarbeitungsphase besteht nun darin, dass die Schüler sich arbeitsteilig mit der Problemstellung beschäftigen. Als Aufhänger dient die Idee, dass sie dem Ministerpräsidenten als Statistiker, Historiker bzw. Politiker beratend zur Seite stehen. Zwei Vierergruppen untersuchen als Statistiker Materialien (z.b. BIP, Arbeitslosenquote) zur Quantizierung der Disparitäten. Dabei sollen sie unter anderem aus Daten zur Erwerbstätigenstruktur ein Kreisdiagramm erstellen. Zwei weitere Vierergruppen bearbeiten als Historiker Texte zu den Ursachen der Disparitäten. Die beiden letzten Vierergruppen beschäftigen sich als Politiker mit den bisherigen Maÿnahmen, die zur Verringerung der Disparitäten ergrien wurden. Die thematische Karte zum verfügbaren Einkommen der Haushalte als Prozent vom Primäreinkommen gewährt dabei interessante Einblicke in die Verteilung der staatlichen Fördermittel. Die genauen Arbeitsanweisungen sind der Anlage zu entnehmen. In der Phase der Präsentation und Auswertung stellen die Gruppensprecher nacheinander ihre Ergebnisse vor. Die jeweils zweite Gruppe dient als Kontrollgruppe, die gegebenenfalls Fehlendes ergänzen kann, da eine Präsentation aller sechs Gruppen zeitlich nicht möglich ist. Damit ist das erste mögliche Stundenende erreicht. Ein Transfer erfolgt in der Hausaufgabe: Die Schüler sollen sich über die Strukturpolitik der EU informieren und so weitere Methoden zur Verringerung von Disparitäten kennen lernen. Als didaktische Reserve am Ende der Stunde können wichtige Ergebnisse an der Tafel festgehalten werden. Wahrscheinlich muss dies als Wiederholung zu Beginn der Folgestunde erfolgen. 3
Lernziele Stundenziel: Die Schüler sollen am Beispiel Italiens regionale Disparitäten und ihre Ursachen feststellen und erklären, sowie Gegenmaÿnahmen beschreiben und kritisch bewerten. Teilziele (kognitiv): Die Schüler sollen ˆ regionale Disparitäten in Italien quantitativ beschreiben, ˆ die Probleme des Mezzogiorno erklären, ˆ Ursachen für diese erläutern, ˆ die Maÿnahmen der Cassa per il Mezzogiorno zur Reduzierung der Disparitäten beschreiben und beurteilen. Teilziele (methodisch): Die Schüler sollen ˆ aus absoluten Daten ein Kreisdiagramm erstellen. Teilziele (sozial): Die Schüler sollen ˆ sich der Probleme peripherer Räume in Europa bewusst werden. Quellen ˆ Erdkunde 9, Gymnasium Nordrhein-Westfalen, Terra, S. 32 f, Ernst Klett Verlag ˆ Erdkunde 9, Gymnasium Nordrhein-Westfalen, Terra Handbuch, S. 25, Ernst Klett Verlag ˆ Erdkunde, Richtlinien und Lehrpläne Sekundarstufe I Gymnasium, Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen ˆ Italy in gures, Istituto Nazionale di Statistica, http://www.istat.it/ dati/catalogo/20050912_00/italyinfigures2005.pdf (27.8.2006) ˆ Wikipedia Die freie Enzylklopädie, Mezzogiorno, http://de.wikipedia. org/wiki/mezzogiorno (27.8.2006) 4
ˆ LE MONDE diplomatique - Atlas der Globalisierung, Die Europäische Union - Wachstum und Armut in Westeuropa, S. 120, taz Verlags- und Vertriebs GmbH ˆ Der Geographie Pool, Medien und Materialien für Unterricht und Vorbereitung, westermann multimedia ˆ Praxis Geographie 5/2004, G. Katsaros und D. Schmengler: Regionale Disparitäten in der erweiterten EU, Westermann 5
Verlaufsplan: Phase Unterrichtsgegenstand/-schritte Sozialformen Medien Einstieg Powerpoint-Präsentation: Dem neu gewählten Ministerpräsidenten Italiens wird eine (den Schülern bekannte) thematische Karte zu Problemhinführung Migrationsbewegungen in Europa mit Fokus auf Italien vorgelegt. starkes Nord-Süd-Gefälle im Wanderungssaldo regionale Disparitäten als Ursache Problemstellung Disparitäten in Italien - Ursachen und Perspektiven für den Mezzogiorno (Klärung des Begris) Erarbeitung arbeitsteilige Analyse der Disparitäten (siehe Arbeitsaufträge) zur Beratung des Ministerpräsidenten: Gruppe Statistiker bearbeiten Materialien zur Quantizierung der Disparitäten; Gruppe Historiker bearbeiten Materialien zu den Ursachen der Disparitäten; Gruppe Politiker bearbeiten Materialien zu Maÿnahmen gegen Präsentation und Auswertung evtl. Ergebnissicherung die Disparitäten Arbeitsergebnisse werden von den Gruppensprechern auf Folie präsentiert (Materialien stehen per Beamer zur Verfügung) Zusammenfassung der Ergebnisse (siehe Anlage Visualisierung des Sachverhaltes) Plenum Laptop und Beamer Plenum (moderiertes UG) thematische Karte per Beamer Plenum (gelenktes UG) Tafel Gruppenarbeit Buch und weitere Materialien Plenum Schülervorträge (Beamer, OHP) Plenum (gelenktes UG) Tafel Methodisch-didaktischer Kommentar Einstimmung auf Raumbeispiel Italien Aktivierung von Vorwissen Schulung der Teamfähigkeit Schulung von Kommunikationsfähigkeit und Problemlösungsstrategien Transfer selbstständige Information über Strukturpolitik der EU Hausaufgabe Übertragung des Gelernten auf andere Räume
Stell dir vor... Herzlichen Glückwunsch!!! FORZA ITALIA!!!...du bist gerade zum Ministerpräsidenten Italiens gewählt worden. Leider hast du in deiner bisherigen Karriere als Präsident eines gerade zwangsabgestiegenen Fußballclubs zwar Erfahrungen auf dem internationalen Spieler-Transfermarkt, deine Kenntnisse der Landespolitik sind jedoch sehr begrenzt.
Dennoch wirst du sofort mit den Problemen deines Landes konfrontiert, indem dir dein Vorgänger die folgende thematische Karte präsentiert.
Gruppe Politiker Disparitä ten in Europa: Raumbeispiel Italien Arbeitsauftrag: 1. Informiert euch anhand des Textes auf S. 33 und der Materialien M8 und M9 über bisherige Maßnahmen zum Abbau der regionalen Disparitäten in Italien. 2. Erklärt Erfolge und Schwierigkeiten beim Abbau der Disparitäten und notiert diese in Stichworten auf Folie. 3. Bestimmt einen Gruppensprecher, der eure Ergebnisse präsentiert! Die Materialien stehen euch über Beamer zur Verfügung. Gruppe Historiker Disparitä ten in Europa: Raumbeispiel Italien Arbeitsauftrag: 1. Informiert euch anhand der Texte unten und im Buch auf S. 32 über die Ursachen der regionalen Disparitäten in Italien. 2. Erstellt eine Folie zur Präsentation eurer Ergebnisse. 3. Bestimmt einen Gruppensprecher, der eure Ergebnisse präsentiert! Gründe für die Zurückgebliebenheit des Südens: Nach der Wiedervereinigung Italiens 1861 erfolgte eine stetige Ausbeutung des Mezzogiorno durch den Norden. Seine Abseitslage vom europäischen Markt ( periphere Lage ), die schlecht ausgebaute Infrastruktur sowie das weit verbreitete organisierte Verbrechen behinderten das Wirtschaftswachstum. Als Folge wanderte ein großer Teil der jungen Bevölkerung in den Norden Italiens oder ins Ausland ab, so z.b. als Gastarbeiter nach Deutschland. Dadurch wurden die Probleme des Mezzogiorno noch weiter verstärkt. Quelle: leicht verändert nach http://de.wikipedia.org/wiki/mezzogiorno
Gruppe Statistiker Disparit ä ten in Europa : Raumbeispiel Italien Arbeitsauftrag: 1. Informiert euch anhand des Textes auf S. 32 (erster Absatz), der Materialien M2, M3, M7 und M10, und der beiden Diagramme links über regionale Disparitäten in Italien. 2. Notiert in Stichworten, wie sich die Disparitäten in Italien äußern und erstellt aus M10 jeweils ein Kreisdiagramm für die drei Regionen auf Folie. Quelle: Italy in figures, Istituto Nazionale di Statistica 3. Bestimmt einen Gruppensprecher, der eure Ergebnisse präsentiert! Die Materialien stehen euch über Beamer zur Verfügung.
Visualisierung des Sachverhaltes: Disparitäten in Italien Ursachen und Perspektiven für den Mezzogiorno vorherige Stunden: Migration in Europa und Ursachen regionaler Disparitäten (Wanderungssaldo,historische Migrationsbewegungen in Europa,BIP in Kaufkraftstandards, Ursachen regionaler Disparitäten (u.a. Agglomerationseffekt),Wirtschaftssektoren) heutige Stunde: Raumbeispiel Italien thematische Karte: Wanderungssaldo in Italien nach Regionen starkes Nord-Süd-Gefälle: hohe Zuwanderung im Norden, keine bis geringe im Mezzogiorno Ursache: regionale Disparitäten: (z.b. BIP, Arbeitslosigkeit, Erwerbstätigenstruktur, Anzahl der Hochschulabschlüsse, geringer Lebensstandard) Ursachen: natürliche Ausstattung (kaum Rohstoffe und Energiequellen, periphere Lage) historische Entwicklung (späte Wiedervereinigung, feudale Agrarstrukturen, Ausbeutung durch den Norden) Agglomerationseffekte (Industriezentren im Norden) Maßnahmen: Cassa per il Mezzogiorno (Südkasse, 1950-1985) => Verbesserung der soz. und wirtschaftl. Lage durch Steuererleichterungen, günstige Kredite, öffentliche Investitionen in Infrafstruktur; Strategie der Wachstumspole aber nur punktuell erfolgreich EU Fond für regionale Entwicklung (seit 1975) weiterer Verlauf: EU-Strukturpolitik und EU-Osterweiterung