Datenerhebung. Befragung. Peter Schmidt 2000

Ähnliche Dokumente
Befragung. Das Interview. Königsweg oder Holzweg der empirischen Sozialforschung? Blockseminar: Methoden quantitativer Sozialforschung

C. Datenerhebung. Befragung. 1 Stellenwert in SoFo. Interview Königsweg? Ausgesprochen reaktiv meist verwendet. Inhaltsanalyse.

Sozialwissenschaftliche Methoden I

Datenerhebungstechniken. Teil 1: Befragung. Mündliche Befragung Schriftliche Befragung Telefoninterview

Armin Scholl. Die Befragung. Sozialwissenschaftliche Methode und kommunikationswissenschaftliche Anwendung. UVK Verlagsgesellschaft mbh

Das Interview als eine Form der Datenerhebung

TEIL 6A: DATENERHEBUNGSTECHNI- KEN DIE BEFRAGUNG

Grundlagen der empirischen Sozialforschung

5.4 Die Befragung als

Dramaturgie des Fragebogens

Vorwort 11 Vorwort zur 1. Auflage 12

TEIL 6A: DATENERHEBUNGSTECHNIKEN DIE BEFRAGUNG

PBSF im Hauptstudium WS 2001/2002 Finanzielle Mitarbeiterbeteiligungssysteme. Aufgabenblatt 7b Aufgabenstellung: Fragebogenkonstruktion

EMPIRISCHE SOZIALFORSCHUNG

D1-Projektvorbereitung Sozialwissenschaftliche Methoden. Susanne Bruppacher

Die Befragung. Armin Scholl. Sozialwissenschaftliche Methode und kommunikationswissenschaftliche Anwendung. UVK Verlagsgesellschaft rnbh

Ringvorlesung Einführung in die Methoden der empirischen Sozialforschung II

III. Methoden der empirischen Kommunikations forschung. Hans-Bernd Brosius Friederike Koschel. Eine Einführung. 3. Auflage - CKIZ

Ringvorlesung Methoden der empirischen Sozialforschung

7. DATENERHEBUNGSVERFAHREN UND INSTRUMENTE

Sommersemester 2007, Einführung in die Praxis der Umfrageforschung

Inhalt. 1. Kapitel: Was sind Methoden, was ist Empirie? 17

Vortrag Evaluation und Fragebogenkonstruktion

Untersuchungsarten im quantitativen Paradigma

WISSENSCHAFTLICHE BEGLEITUNG DES PROJEKTS. Evaluationskonzept

«Pretest» Holen Sie sich die Sicherheit, geprüften Fragebogen ins Feld zu schicken!

Ringvorlesung. Sozialforschung I. Dresden, 19./26. Januar Literatur: Häder, Empirische Sozialforschung (2010) S

Teil I: Methoden der Politikwissenschaft

Beispiele qualitativer und quantitativer Sozialforschung

Forschungsmethoden VORLESUNG WS 2017/2018

Empirische Sozialforschung

Methoden der empirischen Sozialforschung

Umfrage, eine Methode für die Maturaarbeit. GM.my in Zusammenarbeit mit der Kantonsschule Olten

Forschungsmethoden VORLESUNG WS 2017/2018

Ringvorlesung Einführung in die Methoden der empirischen Sozialforschung II

Wissenschaftliche Befragung

Befragungen. Tom Wünsche Dezember 2010

Zum Forschungsprojekt. Stichprobenauswahl

Die Befragung. Bearbeitet von Armin Scholl. 1. Auflage Taschenbuch. 292 S. Paperback ISBN Format (B x L): 15 x 21,5 cm

Ringvorlesung Methoden der empirischen Sozialforschung

Empirische Sozialforschung

Qualitätskriterien der quantitativen Umfrageforschung

Kolloquium: Europa-Studien

Der Einfluss von kognitiven Faktoren, Persönlichkeitsmerkmalen und internationaler. Erfahrung auf die Absicht zur Arbeit im

Forschungsmethoden VORLESUNG SS 2018

Methoden der empirischen Sozialforschung

Geschichtlicher Überblick Empirische Sozialforschung = Geschichte des Datensammelns

Gestaltung von Fragebögen

QUANTITATIVE VS QUALITATIVE STUDIEN

Kognitives Pretesting Lenzner, Timo; Neuert, Cornelia; Otto, Wanda

Empirie-Vorlesung im Wintersemester 2006/2007 Teil A: Quantitative Methoden Themen am :

Klassische Befragungsmethoden: Fragebogendesign (PAPI)

Willkommen zur Vorlesung Empirische Methoden I

Telefonbefragungen über das Mobilfunknetz

Erstellung und Auswertung eines Fragebogens. Gruppe Formalwissenschaften

Empirische Sozialforschung

Michael Häder. Empirische Sozialforschung. Eine Einführung. 3. Auflage. ^ Springer VS

NONRESPONSE in der Umfragepraxis

XIV. fragebogen. Wirtschaftsstatistik Datenproduktion und -analyse in der amtlichen Statistik. Statistisches Bundesamt

Grundlagenschulung Fragetypen/Verhaltensrichtlinien für Interviewer. Schulungsprototyp

Methoden der empirischen Sozialforschung

Das standardisierte Interview

Dem Vertrauen auf der Spur

Methoden der empirischen S ozialforschung

Absicht zur Arbeit im. Der Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen. und internationaler Erfahrung. Mit einem Geleitwort von Prof. Dr.

Vorlesung: Theorien von Befragungen dazu folgen noch weitere Veranstaltungen Klassifikationen, um die Vielfalt zu zeigen: 1.

Methoden der empirischen Sozialforschung. von. Peter Atteslander. Siebente, bearbeitete Auflage. unter Mitarbeit von

Instrumententwicklung Partnerschaftsbeginn (pairfam)

Methoden der empirischen Sozialforschung

Eigene MC-Fragen "Lesen" 1. Zu den Komponenten eines effektiven Leseprozesses lt. Werder (1994) gehört nicht

INTERVIEW VS. FRAGEBOGEN

1 ÜBERBLICK EINLEITUNG THEORIE DER PATIENTENZUFRIEDENHEIT Allgemeines zur Zufriedenheit... 2

16 Ausgewählte Aspekte von Erhebungstechniken und Studiendesigns

Einführung in die Methoden der empirischen Sozialforschung Interviews und Inhaltsanalyse

Forschungsmethoden in der Sozialen Arbeit

Nomos. Gestaltungsparameter und verhaltensbeeinflussende Wirkung ökologisch orientierter Steuerungssysteme. Eine fallstudienbasierte Untersuchung

12Q A TRAUNER VERLAG. Betriebsräte zwischen neuen Funktionen und traditionellen Erwartungen ihrer Belegschaft

Marktforschungs- Praxis

Online-Forschung bei mindline media Stand Januar 2015

Frage zu Projekt: Thema der Frage: Konstrukt: Allgemeine Informationen: Fragetext: Instruktionen: Antwortkategorien: Erwerbstätigenbefragung 2016

Inhaltsverzeichnis. Vorwort... 11

Leitfaden für das Erstellen eines Fragebogens

Dr. Barbara Lindemann. Fragebogen. Kolloquium zur Externen Praxisphase. Dr. Barbara Lindemann 1

Sexueller Missbrauch - Mediendarstellung und Medienwirkung

Michael Häder. Delphi-Befragungen. Ein Arbeitsbuch. 3. Auflage. ^ Springer VS

DIE FILES DÜRFEN NUR FÜR DEN EIGENEN GEBRAUCH BENUTZT WERDEN. DAS COPYRIGHT LIEGT BEIM JEWEILIGEN AUTOR.

Die schriftliche Befragung

JOACHIM BEHNKE / NINA BAUR / NATHALIE BEHNKE. Empirische Methoden der Politikwissenschaft

Michael Hader. Delphi- Befragungen. Ein Arbeitsbuch. 2. Auflage VS VERLAG FÜR SOZIALWISSENSCHAFTEN

Methoden der empirischen Kommunikationsforschung

Zwei Klassiker der Medienforschung. Erie-County-Studie 1940 Chapel-Hill-Studie 1972

Was ist ein richtiger Deutscher? Ich kann damit nichts anfangen. (TP 05)

6BG Klasse 10 Zeitungsanalyse Deutsch

Forschungsmethoden in der Sozialen Arbeit (Va)

Einführung in die quantitative und qualitative Sozialforschung

Inhalt. Unauthenticated Download Date 12/23/16 4:42 AM

Aussagen bezüglich der Mitarbeiterbefragung

Transkript:

Datenerhebung Befragung Formen der Befragung Persönliches Face to Face Interview Telefonisches Interview Schriftliches Interview ( Questionaire ) Qualitatives Interview Leitfadeninterview Fokussiertes Interview Narratives Interview Gruppendiskussion Dient meist der Erforschung von Meinungsbildungsprozessen

Grundannahmen des Interviews Kooperation der Befragten als Regelfall Existenz einer Norm der Aufrichtigkeit im Gespräch mit Fremden Gemeinsame Sprache zwischen Interviewer und Befragtem Theorien des Interviews I Faktorenanalytische Theorie der Frage Antwortreaktion = a *[ Zieldimension] + b *[ Fremddimension 1] + b *[ Fremddimension 2] +... + b *[ Fremddimension m] 2 + c*[ Soziale Erwünschtheit] + e 1 m

Theorien des Interviews II Anwendung der rationalen Entscheidungstheorie auf das Befragtenverhalten Anwendung von Hypothesen zur Informationsverarbeitung aus der Kognitiven Psychologie Fehlerquellen im Interview Befragtenmerkmale Soziale Erwünschtheit Response-Set Meinungslose Fragemerkmale Frageformulierung Frageposition Effekt von Antwortkategorien Merkmale des Interviewers und der Interviewsituation Interviewermerkmale Anwesenheit Dritter Interviewsituation

Gegenmaßnahmen Möglichst neutrale Frageformulierung Suggestive Fragen, die abweichendes Verhalten als normales Verhalten darstellen Symbolische Übersteigerung der Anonymität (z.b. anonyme Kuverts) Randomized-Response-Technik Nachträgliche Identifikation heikler Items Soziale-Erwünschtheits-Skalen Fragetypen Fragen zu: Einstellungen Oft Darstellung von Aussagen, die die Befragten bewerten müssen (Ranking, Rating) Überzeugungen Subjektive Aussagen über Fakten Verhalten Sozialstatistische Merkmale Itembatterien i.d.r. wünschenswert Ermöglicht Itemkonsistenzanalysesn und Skalierungsverfahren

Frageformen Geschlossene Fragen (forced Response) Nach Art der Antwortkategorien: Ja-Nein-Fragen Alternativfragen Auswahlfragen Offnene und halboffene Fragen Filterfragen, Gabel, Fragetrichter Grundregeln der Frageformulierung Kurz, verständlich, hinreichend präzise Keine platten Anbiederungen Keine doppelten Verneinungen Disjunkte, erschöpfende und präzise Antwortkategorien Vorsicht bei stark wertbesetzten Begriffen Keine mehrdimensionalen Fragen Keine indirekten Fragen Keine Suggestivfragen Keine Überforderung der Befragten Keine Regel ohne Ausnahme

Grundregeln der Fragebogenkonstruktion Eröffnungsfragen (Eisbrecherfragen) Wichtigste Fragen im 2.Drittel des Fragebogens (Aufmerksamkeitskurve) Arbeit mit Fragetrichtern, falls sich Fragen nach dem Grad ihrer Allgemeinheit, bzw. Unangenehmheit unterscheiden Filterfragen und Gabeln Überleitungssätze bei Themenwechsel Demographie am Interviewende Interview möglichst kurz halten Kontaktprotokoll Pretests! Punkte bei der Durchführung von Befragungen Interviewerschulung Anzahl der Interviews pro Interviewer? Höhe und Art der Interviewerhonorierung? Kontrolle der Interviews? Vorgeschriebene Anzahl von Kontaktversuchen?

Kognitive Pretests Einleitung Zentrale Erfolgsbedingung für den Einsatz eines standardisierten Fragebogens: Befragte müssen die Fragen so verstehen, wie es vom Forscher beabsichtigt ist Kognitive Pretestverfahren wurden entwickelt, um das Frageverständnis zu überprüfen Verfahren werden seit den 80er Jahren diskutiert, aber noch nicht standardmäßig in deutschen Bevölkerungsumfragen eingesetzt

Formen des kognitiven Pretests Überprüfung folgender Aspekte Verständlichkeit der Fragen Probleme der Befragten mit ihrer Aufgabe Interesse und Aufmeksamkeit bei einzelnen Fragen / im Gesamtinterview Wohlbefinden der Befragten Häufigkeitsverteilung der Antworten Reihenfolge der Fragen / Kontexteffekte Probleme der Interviewer mit Fragebogen/Befragungshilfen Zeitdauer der Befragung Generelle Charakteristiken Primäres Ziel: Herausfinden, wie Befragte eine Frage verstehen und zu einer Antwort kommen Oftmals in besonderem Setting (Laborinterview) Interviewer i.d.r. Kohnitive Psychologen Vorgehensweise: Beantworten der Fragen, danach Einsatz verschiedener Techniken, um herauszufinden, was in den Befragten vorgegangen ist Stichprobe i.d.r. klein (n=5-10) und unsystematisch

Techniken Think-Aloud-Method (Zentrale Technik) Concurrent-Think-Aloud-Method Retrospective-Think-Aloud-Method Paraphrasing Wiederholung der Frage mit eigenen Worten Confidence Rating Selbsteinschätzung der Verläßlichkeit der Antwort Probing (Zusatzfragen stellen) Comprehension Probing Information Retrieval Probing Category Selection Probing Beispiele für Probings Bsp: Volksbegehren und Volksentscheide sind eine notwendige Ergänzung der represäntativen Demokratie. Probings: Was verstehen Sie unter Volksbegehren? Was verstehen Sie unter Volksentscheid? Und was verstehen Sie unter repräsentativer Demokratie?

Diskussion der Methode Kein einfaches, allgemein akzeptiertes Rezept für kognitive Pretests Ergebnisse der kognitiven Pretests allgemein ermutigend: Probleme meist klar erkennbar Genereller Forschungsbedarf bezüglich des Problems, welche Fragen bei welchen Problemen besonders effektiv sind. Paraphrasing oft uneffektiv, da oft nur grober Aufschluß über das Frageverständnis Einsatz sehr oft sinnvoll, besonders bei gezielter Instrumentenentwicklung