Die Zivilgerichtsklausur im Assessorexamen

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I. Das Versäumnisurteil in der Zivilgerichtsklausur Voranstellen des Ergebnisses Zulässigkeit des Einspruchs Statthaftigkeit Zuständigkeit Form und Frist evtl. Sonderprobleme zb bzgl. zeitlich unterschiedlicher Zustellung eines Versäumnisurteils (Rn. 464) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Einspruchsfrist (Rn. 464) Erfolg des Einspruchs in der Sache Zulässigkeit der Klage Begründetheit der Klage Prozessuale Nebenentscheidungen, ggf. mit RMB 2. Sonderprobleme im Zusammenhang mit Versäumnisurteilen a) Das Versäumnisurteil gegen einen Streitgenossen aa) bei einfacher Streitgenossenschaft Fall: Der Kläger verklagt mit schlüssigem Vortrag zwei Beklagte, die einfache Streitgenossen sind. B 1) ist säumig. Der Kläger beantragt den Erlass eines VU gegen B 1). Im Übrigen wird streitig verhandelt. Erörtern: Einfache Streitgenossenschaft, 59, 60 I ZPO. 260 ZPO analog als gleichzeitige objektive Klagenhäufung. Beachte: Für eine analoge Anwendung von 62 ZPO fehlt es an der planwidrigen Regelungslücke. Bei schlüssiger Klage muss ein VU ergehen. 62 ZPO gilt nur für notwendige Streitgenossen. Bei fehlender Schlüssigkeit der Klage müssen Sie ein sog. unechtes VU, also ein klageabweisendes Urteil, gegen den nicht erschienenen Kläger erlassen. Die Kostenentscheidung ist gem. 100 III ZPO getrennt zu tenorieren (Rn. 179). Die Klage ist zulässig (Zunächst handeln Sie mögliche andere Zulässigkeitsaspekte ab.) Es steht dem Kläger frei, zwei Beklagte in einem Rechtsstreit gemeinsam zu verklagen. Die Beklagten sind einfache Streitgenossen isv 59, 60 ZPO. Dies folgt aus Die Zulässigkeit der in der subjektiven Klagenhäufung zugleich liegenden anfänglichen objektiven Klagenhäufung folgt aus 59, 60 ZPO ivm 260 ZPO analog. (Jetzt müssen Sie zunächst die Begründetheit der Klage gegen B 2) abhandeln. Vor der Begründung der Nebenentscheidungen sollten Sie trotz 313b ZPO zum Versäumnisurteil gegen B 1) Stellung nehmen.) Der Umstand, dass die beiden Beklagten, wie oben dargestellt, nur einfache Streitgenossen sind, hat zur Folge, dass gegen den Beklagten zu 1) auch im Wege eines Versäumnisurteils entschieden werden konnte. Der einfache Streitgenosse wird nämlich nicht gem. 62 ZPO, der nur auf Fälle notwendiger Streitgenossenschaft anwendbar ist, durch den nicht säumigen Streitgenossen als vertreten angesehen. Eine analoge Anwendung auf einfache Streitgenossenschaft ist insbesondere deshalb nicht möglich, weil weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt. Einfache Streitgenossenschaft stellt nämlich nur die äußerliche Verbindung mehrerer Prozesse in einem Verfahren bei verbleibender Selbstständigkeit ihrer inneren Entwicklung dar. Dies bedeutet, dass gegen die einzelnen Streitgenossen inhaltlich und formal unterschiedlich entschieden werden kann, was bei notwendigen Streitgenossen gerade nicht der Fall ist. 139

F. Zusammenfassende Darstellung wichtiger Klausurkonstellationen bb) bei notwendiger Streitgenossenschaft Fall: Der Kläger beantragt ein Versäumnisurteil gegen einen säumigen notwendigen Streitgenossen. Erörtern: Notwendige Streitgenossenschaft gem. 62 ZPO. 260 ZPO analog als gleichzeitige objektive Klagenhäufung. Beachte: Sie müssen zwischen Zulässigkeit und Begründetheit erörtern, dass ein Versäumnisurteil nicht ergehen darf, weil bei notwendiger Streitgenossenschaft der säumige Streitgenosse durch den erschienenen Streitgenossen gem. 62 I ZPO als vertreten gilt. Die Klage ist zulässig Die Inanspruchnahme beider Beklagter in einem Rechtsstreit ist vorliegend geboten, weil es sich bei den Beklagten um sog. notwendige Streitgenossen handelt. Dies folgt aus ihrer Rechtsstellung als Die Zulässigkeit der in der subjektiven Klagenhäufung zugleich liegenden anfänglichen objektiven Klagenhäufung folgt aus 260 ZPO analog. Dem Antrag des Klägers auf Erlass eines Versäumnisurteils gegen den nicht erschienenen Beklagten zu 2) war nicht stattzugeben, weil ein Fall der Säumnis gem. 331 ZPO nicht vorliegt. Der trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienene Beklagte zu 2) gilt nämlich gem. 62 I ZPO durch den Beklagten zu 1), seinen notwendigen Streitgenossen, als vertreten. b) Das Teilversäumnisurteil bei Antragsreduzierung nach Beginn der mündlichen Verhandlung 1. Fall: Der Kläger klagt zunächst vor dem Landgericht 10.000 EUR ein, reduziert dann nach Beginn der mündlichen Verhandlung, aber vor dem Stellen der schriftsätzlich angekündigten Anträge ohne Angabe von Gründen auf 5.000 EUR. Der Beklagte widerspricht. Der Kläger stellt nur den reduzierten Antrag. Erörtern: Zulässigkeit der Reduzierung gem. 264 Nr. 2 ZPO. Teilversäumnisurteil wegen 269 I ZPO. Perpetuatio fori gem. 4, 261 III Nr. 2 ZPO. Beachte: Wenn der angekündigte Antrag schon gestellt worden ist und der Beklagte der Teilrücknahme widerspricht, wird über den vollen Antrag entschieden. Die Teilrücknahme nach 269 II 1 ZPO scheitert an 269 I ZPO. Da im obigen Fall der höhere Antrag nur angekündigt, aber noch nicht gestellt worden ist, muss die Klage bzgl. des zurückgenommenen Teils wegen 269 I ZPO durch ein Teilversäumnisurteil abgewiesen werden. Das Urteil trägt die Überschrift:»Teilversäumnisund Endurteil«. Die Klage ist zulässig Es ist dem Kläger gem. 264 Nr. 2 ZPO zwar unbenommen, seinen angekündigten Antrag nicht in voller Höhe zu stellen. Darin liegt hier mangels entsprechender Erklärung und Antragstellung keine teilweise Erledigungserklärung, sondern eine teilweise Klagerücknahme. Diese hat aber keinen Einfluss auf den Umfang der Rechtshängigkeit. Die Zulässigkeit der teilweisen Klagerücknahme hängt nämlich nach Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache gem. 269 I ZPO von der Zustimmung des Beklagten ab. Diese hat der Beklagte nicht erteilt, sodass über den gesamten rechtshängigen Anspruch des Klägers zu entscheiden war. Die Reduzierung der Klageforderung auf einen Betrag unterhalb des Zuständigkeitsstreitwertes für das Landgericht ist unbeachtlich. Der einmal vor dem Landgericht begründete sachliche Gerichtsstand wird gem. 261 III Nr. 2 ZPO durch die Veränderung der ihn begründenden Umstände nicht berührt. 140

I. Das Versäumnisurteil in der Zivilgerichtsklausur Die vorstehend dargestellte Problematik taucht nur bei einfachen Klagerücknahmen nach 269 II 1 ZPO auf. Bei sog. qualifizierten Klagerücknahmen nach 269 III 3 ZPO ist über den zurückgenommenen Teil der Klage nicht mehr in der Sache zu entscheiden, sondern nur über die Kostenfolge der Erklärung. Diese ist im Rahmen der Kostenentscheidung wie bei übereinstimmenden Teilerledigungserklärungen zu begründen. Anders als bei einfachen Klagerücknahmen nach 269 II 1 ZPO hat der Beklagte bei qualifizierten Klagerücknahmen nach 269 III 3 ZPO nicht die Möglichkeit, nach Antragstellung in der mündlichen Verhandlung durch einen Widerspruch gem. 269 I ZPO die wirksame Reduzierung der Klage zu verhindern. Dazu gibt es zwar noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung, aber was für die Erledigungserklärung gefestigte Rechtsprechung ist, muss wegen der identischen Interessenlage auch bei einem sog. Wegfall des Klagenanlasses nach 269 III 3 ZPO gelten. Es kann im Ergebnis keinen Unterschied machen, ob das Ereignis, das dem Erfolg der Klage entgegensteht, am Tag der Zustellung eingetreten ist mit der Folge, dass der Kläger problemlos den Rechtsstreit für erledigt erklären kann, oder ob das selbe Ereignis einen Tag früher eingetreten ist und deshalb keine Erledigung des Rechtsstreits, sondern ein Wegfall des Klagenanlasses vorliegt. Die Vorschrift des 269 III 3 ZPO ist zu dem Zweck eingeführt worden, dem Kläger die prozessökonomischste Möglichkeit zu geben, auf eine Änderung der seiner Klage zugrunde liegenden Umstände zu reagieren, die nur deshalb nicht unter Erledigung der Hauptsache fallen, weil sie zwischen Anhängigkeit und Rechtshändigkeit eingetreten sind. Deshalb müssen auch die zur Erledigung des Rechtsstreits entwickelten Grundsätze, hier also das Versagen der Sperrwirkung des 269 I ZPO nach Antragstellung, für Fälle des Wegfalls des Klagegrundes gem. 269 III 3 ZPO gelten. Voraussetzung ist natürlich, dass der Kläger vom Wegfall des Klagegrundes erst in der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat. Wenn er sehenden Auges einen falschen Antrag stellt, hat er selbstverständlich die Kostennachteile einer späteren Rücknahme zu tragen. 3. Formulierungsvorschläge für die häufigsten Konstellationen a) Das Verfahren nach Einspruch aa) gegen einen Vollstreckungsbescheid Im Examen wird der Einspruch statthaft und rechtzeitig sein, damit Sie zu der materiellen Rechtslage kommen. Achten Sie darauf, dass ein rechtzeitiger Widerspruch analog 694 II ZPO als Einspruch zu werten ist, wenn gleichwohl versehentlich ein Vollstreckungsbescheid ergangen ist. Fall: Der Kläger erwirkt einen Mahnbescheid, der Beklagte legt rechtzeitig Widerspruch ein. Durch Verzögerungen im Postlauf des Gerichts wird der Widerspruch dem zuständigen Richter verspätet vorgelegt. Es ist bereits ein Vollstreckungsbescheid ergangen. Erörtern: Der Widerspruch ist analog 694 II ZPO als rechtzeitiger Einspruch zu werten. Beachte: Im Tenor muss ein Vollstreckungsbescheid wie ein Versäumnisurteil je nach Verfahrensausgang aufrechterhalten oder aufgehoben werden. Im Tatbestand müssen Sie den Teil der Prozessgeschichte, der den Vollstreckungsbescheid betrifft, mit Daten vor den Anträgen bringen, weil diese sonst unverständlich sind. Der Widerspruch des Beklagten gegen den Mahnbescheid ist analog 694 II ZPO als statthafter und rechtzeitiger Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid zu werten, der nicht mehr hätte erlassen werden dürfen, da der Widerspruch schon bei Gericht eingegangen war. Die Klage ist zulässig und 141

F. Zusammenfassende Darstellung wichtiger Klausurkonstellationen bb) gegen ein Versäumnisurteil bei rechtzeitigem Einspruch Fall: Der Beklagte hat sich innerhalb der ihm nach 276 ZPO gesetzten Frist nicht gemeldet. Gegen das daraufhin ergangene Versäumnisurteil hat er eine Woche nach Zustellung form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. Erörtern: Der Einspruch ist zulässig. Er ist gem. 338 ZPO statthaft, in der Frist des 339 ZPO eingelegt und 340 II ZPO ist beachtet worden. Beachte: Sie sollten in Klausuren bei Einsprüchen gegen Versäumnisurteile grds. von deren Zulässigkeit ausgehen. Denken Sie daran, dass bei einem gem. 276, 331 III ZPO im schriftlichen Vorverfahren ergangenen Versäumnisurteil die zweiwöchige Einspruchsfrist erst ab der zeitlich späteren Zustellung zu laufen beginnt. Im Tenor muss ein VU je nach Verfahrensausgang ganz oder teilweise aufrechterhalten oder aufgehoben werden. In den letzteren beiden Fällen dürfen Sie nicht vergessen, die Klage ganz oder im Übrigen abzuweisen. Bei der Kostenentscheidung ist im Fall einer Klageabweisung zu bedenken, dem Beklagten die durch seine Säumnis entstandenen Kosten aufzuerlegen. Bzgl. der weiteren Besonderheiten der Kostenentscheidung siehe Rn. 177, bzgl. der vorläufigen Vollstreckbarkeit Rn. 226 f. Im Tatbestand ist der Teil der Prozessgeschichte, der das Versäumnisurteil betrifft, mit allen erforderlichen Daten und dem Hauptsachetenor vor den Anträgen darzustellen, weil diese sonst unverständlich sind. Der zulässige Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom hat Erfolg/hat keinen Erfolg. Er ist statthaft, denn das Urteil ist ein sog. echtes Versäumnisurteil, das aufgrund der entgegen 276 I und II ZPO nicht rechtzeitig eingegangenen Verteidigungsanzeige des Beklagten gem. 331 III ZPO ergangen ist. Durch Einreichung des Einspruchs am hat der Beklagte auch die gem. 339 ZPO zu wahrende zweiwöchige Einspruchsfrist eingehalten. Das angerufene Gericht ist nach 340 I ZPO zuständig, da es das Versäumnisurteil erlassen hat. Ferner ist auch 340 II ZPO durch die Bezeichnung des Versäumnisurteils und die Erklärung, dass Einspruch eingelegt werde, gewahrt. Der statthafte und zulässige Einspruch hat den Prozess gem. 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in der er vor der Säumnis des Beklagten war. (Jetzt geht es»normal«mit der Zulässigkeit der Klage weiter.) bei scheinbar verspätetem Einspruch mit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Wenn der Beklagte später als zwei Wochen nach Zustellung des Versäumnisurteils an ihn Einspruch einlegt und kein begründetes Wiedereinsetzungsgesuch gestellt worden ist, wird im Examen Folgendes vorliegen: Der Einspruch ist entgegen dem ersten Anschein rechtzeitig, weil das Fristende auf einen Feiertag fällt und die Frist gem. 222 II ZPO erst am nächsten Werktag abläuft. weil die Zustellung des Versäumnisurteils nicht ordnungsgemäß war und die Frist nicht in Gang gesetzt hat, zb wegen Verstoßes gegen 172, 87 II ZPO oder bei fehlerhafter öffentlicher Zustellung. Das Versäumnisurteil ist auf Antrag des Klägers nach 331 III BGGB im schriftlichen Verfahren ergangen und dem Kläger später zugestellt worden als dem Beklagten. Dann beginnt die Einspruchsfrist gem. 339 I ivm 310 III 1 ZPO erst mit der zeitlich späteren Zustellung zu laufen, weil durch diese erst die Verkündung des Versäumnisurteils, die die Frist in Gang setzt, ersetzt wird. In diesem Fall schreiben Sie: Der Beklagte hat auch die zweiwöchige Einspruchsfrist eingehalten. Diese beginnt bei Versäumnisurteilen, die im schriftlichen Verfahren ergangen sind, gem. 339 I ivm 310 III 1 ZPO erst mit der zeitlich späteren Zustellung zu laufen, weil durch diese erst die Verkündung des 142

I. Das Versäumnisurteil in der Zivilgerichtsklausur Versäumnisurteils, die die Frist in Gang setzt, ersetzt wird. Vorliegend ist das Versäumnisurteil dem Kläger erst am zugestellt worden mit der Folge, dass die zweiwöchige Einspruchsfrist durch Eingang des Einspruchs bei Gericht am gewahrt ist. bei tatsächlich verspätetem Einspruch mit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Fall: Der Einspruch des Beklagten ist verspätet. Er hatte aber rechtzeitig seinen Prozessbevollmächtigten mit der Einlegung des Einspruchs beauftragt, dessen Personal hat die Frist versäumt. Erörtern: Der Einspruch ist statthaft (siehe oben), aber nicht in der Frist des 339 ZPO eingelegt worden. Zulässigkeit und Begründetheit der Wiedereinsetzung gem. 233 ZPO. Keine Zurechnung des Verschuldens der Anwaltsgehilfen, 85 II ZPO. Bei der Kostenentscheidung ist an 238 IV ZPO zu denken. Der zulässige Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom hat Erfolg/hat keinen Erfolg. Der Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom ist statthaft. Das Urteil ist ein sog. echtes Versäumnisurteil, das gem. 331 III ZPO ergangen ist, weil der Beklagte entgegen der ihm gem. 276 I 1, II ZPO gesetzten Frist nicht rechtzeitig angezeigt hat, dass er sich gegen die Klage verteidigen will. Der Beklagte hat den Anspruch zwar nicht in der gem. 339 I ZPO vorgeschriebenen zweiwöchigen Frist nach Zustellung des Versäumnisurteils eingelegt, ihm war aber gem. 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er ohne sein Verschulden die Einspruchsfrist, die gem. 339 I ZPO eine Notfrist ist, versäumt hat. An diesem Umstand trifft den Beklagten auch kein Verschulden, da er die den Umständen entsprechende Sorgfalt gewahrt hat, indem er seinen Prozessbevollmächtigten rechtzeitig mit der Einlegung des Einspruchs beauftragt hat. Dass eine Angestellte des Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Frist fahrlässig versäumt hat, ist dem Beklagten nicht zuzurechnen. Gem. 85 II ZPO steht nur ein Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat aber keine eigene Sorgfaltspflicht verletzt und ihm ist auch kein Organisationsverschulden vorzuwerfen. Er hat durch eine eidesstattliche Versicherung seiner Angestellten glaubhaft gemacht, dass er sie rechtzeitig beauftragt hat, Einspruch einzulegen und dass sie dies aufgrund eines in ihrer Person liegenden Umstandes fahrlässig versäumt hat. Da der Zivilprozessordnung eine Zurechnung für das Verschulden von Erfüllungsgehilfen, wie sie in 278 BGB geregelt ist, fremd ist, muss sich weder der Prozessbevollmächtigte des Beklagten noch der Beklagte selbst das Verschulden der Angestellten zurechnen lassen. Der statthafte und zulässige Einspruch hat den Prozess gem. 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in der er vor der Säumnis des Beklagten war. Der Einspruch hat auch in der Sache Erfolg/hat aber in der Sache keinen Erfolg (Weiter geht es mit der Zulässigkeit und Begründetheit der Klage.) 4. Exkurs: Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, 233 ff. ZPO (Rn. 464 f.) a) Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsgesuchs: Statthaftigkeit Versäumung einer der in 233 ZPO genannten Notfristen (unter anderem Einspruchsfrist, Frist zur Begründung der Berufung, Revision, Rechtsbeschwerde und der Wiedereinsetzungsfrist nach 234 ZPO) Zuständigkeit Gem. 237 ZPO das Gericht, dem die Entscheidung über die verspätete Prozesshandlung zusteht. 143

F. Zusammenfassende Darstellung wichtiger Klausurkonstellationen Form 236 I ZPO (gleiche Form wie die versäumte Prozesshandlung) 236 II ZPO (Angabe und Glaubhaftmachung des Verhinderungsgrundes) Frist 234 ZPO (2 Wochen nach Behebung des Hindernisses; Ausschlussfrist ein Jahr) b) Begründetheit des Wiedereinsetzungsgesuchs: Überzeugender Verhinderungsgrund Ursächlichkeit des Verhinderungsgrundes für die Fristversäumung Kein Verschulden ( 85 II ZPO bedenken)! Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten wird der Partei zugerechnet, nicht aber das Verschulden eines Büroangestellten des Prozessbevollmächtigten (Rn. 464). Denken Sie daran, bei einem begründeten Wiedereinsetzungsgesuch und einem anschließenden Erfolg oder Teilerfolg des Einspruchs dem Beklagten gem. 238 IV ZPO die Kosten der Wiedereinsetzung aufzuerlegen. Im Zusammenhang mit der Versäumung einer Frist gem. 276 ZPO gibt es eine Konstellation, bei der eine scheinbare Wiedereinsetzungsproblematik eingebaut wird, um Kandidaten zu verwirren. Fall: Dem Beklagten ist eine Frist nach 276 ZPO zur Anzeige der Verteidigungsabsicht und Klageerwiderung gesetzt worden. Nach Ablauf der Frist zur Verteidigungsanzeige reicht er innerhalb der Klageerwiderungsfrist vor Erlass eines Versäumnisurteils die Klageerwiderung ein. Zu seiner Fristversäumung trägt er vor, er sei im Urlaub gewesen und habe eine Nachbarin gebeten, sich um die Post zu kümmern. Die Nachbarin habe vergessen, ihm die Klage rechtzeitig auszuhändigen. Sie sei eine zuverlässige Person, der so etwas noch nie passiert sei. Der Beklagte beantragt Wiedereinsetzung unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seiner Nachbarin. Auf den ersten Blick schreit alles nach 233 ZPO. Aber wer hier Wiedereinsetzung gewährt ist auf dem Holzweg. Aus 331 III 1 Hs. 2 ZPO folgt, dass ein Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren nicht mehr erlassen werden darf, wenn die Verteidigungsanzeige bei Gericht eingeht, bevor das unterschriebene Versäumnisurteil der Geschäftsstelle übergeben worden ist. Das Vorverfahren geht also normal weiter, ohne dass eine Wiedereinsetzung erforderlich ist. Sofern noch kein Versäumnisurteil ergangen und die Einspruchsfrist nicht versäumt worden ist, ist mithin kein Raum für eine Wiedereinsetzung. Die Versäumung der Frist zur Verteidigungsanzeige wirft auch, anders als die Versäumung der Klageerwiderungsfrist (siehe unten), keine Präklusionsproblematik auf. Wenn also noch kein Versäumnisurteil ergangen ist, schreiben Sie in der Klausur, bevor Sie auf das Verteidigungsvorbringen des Beklagten eingehen: Der Umstand, dass der Beklagte die Frist zur Verteidigungsanzeige versäumt hat, ist folgenlos, da sein Verteidigungsvorbringen innerhalb der Klageerwiderungsfrist bei Gericht eingegangen ist. Die Frage, ob der Beklagte mit seinem Vorbringen präkludiert ist, stellt sich nicht, da 296 ZPO nur bei Versäumung der Klageerwiderungsfrist anwendbar ist, nicht aber bei Versäumung der Frist zur Verteidigungsanzeige. Wenn der Beklagte Wiedereinsetzung beantragt hat, folgt noch der Satz: Für eine Wiedereinsetzung war bei dieser Sachlage kein Raum. Wenn der Beklagte aber die Klageerwiderungsfrist versäumt hat, greift 296 I ZPO. Beachten Sie, dass die Zurückweisung nach 296 I ZPO bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend 144

I. Das Versäumnisurteil in der Zivilgerichtsklausur ist, also nicht von einem Antrag oder einer Rüge des Klägers abhängt und nicht durch rügeloses Verhandeln gem. 295 ZPO geheilt wird. Nach 296 I ZPO sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die nach Ablauf einer gem. 276 I 2 ZPO gesetzten Frist vorgebracht werden, nur zuzulassen, wenn dies die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert oder die Verspätung genügend entschuldigt ist. Einer dieser beiden Gründe wird im Examen vorliegen, weil Sie sonst nur die Präklusion begründen und sich inhaltlich mit dem Vortrag des Beklagten nicht auseinandersetzen müssten. Eine Verzögerung tritt nicht ein, wenn sich der Beklagte nur mit Rechtsausführungen zur Wehr setzt oder wenn seine Verteidigung keine Beweisaufnahme auslöst. Letzteres ist zb der Fall, wenn die beweispflichtige Partei keinen Beweis angeboten hat und dazu auch nicht in der Lage ist, oder wenn eine Beweisaufnahme nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises überflüssig ist. Selbst wenn aufgrund des verspäteten Verteidigungsvorbringens des Beklagten eine Beweisaufnahme erforderlich wird, bedeutet das nicht zwingend, dass der Rechtsstreit dadurch verzögert wird. Eine Verzögerung tritt zb nicht ein, wenn die Beweisaufnahme im ersten Verhandlungstermin durchgeführt, zu Ende gebracht und der Rechtsstreit entschieden werden kann. Dies legen Sie dann in den Entscheidungsgründen dar. Klausurtaktisch heißt das für Sie: Wenn der Beklagte die Klageerwiderungsfrist nach 276 I 2 ZPO versäumt hat und in Ihrer Vorlage eine Beweisaufnahme durchgeführt worden ist, war dies klausurtaktisch zwingend zulässig und geboten. (Wahlweise vor oder nach dem Eingehen auf das Verteidigungsvorbringen des Beklagten:) Der Beklagte ist mit seinem Vorbringen trotz seiner verspäteten Klageerwiderung nicht präkludiert. Nach 296 I ZPO ist der Beklagte nach Ablauf einer gem. 276 I 2 ZPO gesetzten Klageerwiderungsfrist nur dann präkludiert, wenn die Zulassung des verspäteten Vortrags die Erledigung des Rechtsstreits verzögert oder die Verspätung nicht genügend entschuldigt ist. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, weil die Verspätung genügend entschuldigt ist die Durchführung der Beweisaufnahme den Rechtsstreit nicht verzögert hat. Eine Verzögerung ist nicht eingetreten, weil die Beweisaufnahme in dem ohnehin erforderlichen Verhandlungstermin durchgeführt worden ist und der Rechtsstreit entscheidungsreif ist. Wenn der Beklagte die Klageerwiderungsfrist nach 276 I 2 ZPO versäumt hat und in Ihrer Vorlage trotz eines ordnungsgemäßen Beweisantrages keine Beweisaufnahme durchgeführt worden ist, war dies klausurtaktisch zwingend nicht erforderlich, weil der Beklagte mit seinem streitigen, erheblichen Vorbringen gem. 296 I ZPO präkludiert ist (also schuldhafte Säumnis oder Verzögerung bei Durchführung der Beweisaufnahme) oder weil andere Gründe einer Beweisaufnahme entgegenstehen (siehe unter Rn. 97 ff.). In diesem Fall erläutern Sie, warum die Beweisaufnahme nicht durchzuführen war. Der Beklagte ist mit seinem verspäteten Vorbringen hinsichtlich präkludiert. Nach 296 I ZPO ist dies bei einem Vortrag nach Ablauf einer gem. 276 I 2 ZPO gesetzten Klageerwiderungsfrist dann der Fall, wenn die Zulassung des Vortrags die Erledigung des Rechtsstreits verzögert oder die Verspätung nicht genügend entschuldigt ist. Dies ist vorliegend der Fall. Die Verspätung ist zum einen nicht genügend entschuldigt Zudem würde bei Zulassung des streitigen Vortrags eine Beweisaufnahme erforderlich werden, die den Rechtsstreit verzögern würde. Dies ist stets dann der Fall, wenn die Beweisaufnahme nicht in einem Termin zu Ende durchgeführt werden kann (Oder aus einem anderen Grund, je nach Sachlage Ihrer Klausuraufgabe.) 145

F. Zusammenfassende Darstellung wichtiger Klausurkonstellationen 5. Sonderprobleme bei Säumnis und unschlüssigem Vortrag der erschienenen Partei (Rn. 466a) a) Das unechte Versäumnisurteil Wenn die Klage nicht schlüssig ist, muss gem. 331 II Hs. 2 ZPO auch bei Säumnis des Beklagten ein sog.»unechtes«versäumnisurteil, dh ein klageabweisendes Urteil gegen den erschienenen Kläger ergehen. Die Überschrift im Rubrum lautet wie im Normalfall»Urteil«. Dieses Urteil unterscheidet sich nur im Tatbestand von einem streitigen Urteil. Da bei Säumnis des Beklagten gem. 331 I 1 ZPO das tatsächliche Vorbringen des Klägers als zugestanden gilt, besteht der Tatbestand eines»unechten«versäumnisurteils lediglich aus dem Sachvortrag des Klägers, der als unstreitig dargestellt wird, und aus der Prozessgeschichte. Den Inhalt einer Klageerwiderung erwähnen Sie nicht. Der Tatbestand eines»unechten«versäumnisurteils lautet also: Einleitungssatz Unstreitiges (= Klägervortrag) Daten der Klagezustellung der gem. 276 ZPO gesetzten Fristen zur Verteidigungsanzeige und Klageerwiderung des Eingangs der Verteidigungsanzeige und ggf. der Klageerwiderung der Ladung zum Termin Feststellung der Säumnis des Beklagten Antrag des Klägers (Sachantrag und Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils) Die Entscheidungsgründe beginnen Sie wie folgt: Die zulässige Klage ist unbegründet. Trotz der Säumnis des Beklagten war nicht zu dessen Lasten im Wege eines Versäumnisurteils zu entscheiden. Die Klage ist vielmehr gem. 331 II Hs. 2 ZPO abzuweisen, weil das tatsächliche Vorbringen des Klägers den Klageantrag nicht rechtfertigt. (Nach evtl. Ausführungen zur Zulässigkeit schreiben Sie:) Die Klage ist nicht schlüssig. Der Vortrag des Klägers erfüllt nicht die Voraussetzungen der für den geltend gemachten Anspruch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen (Am Ende bedarf es einer Bemerkung dazu, dass ein richterlicher Hinweis gem. 139 ZPO auf die fehlende Schlüssigkeit nicht erforderlich war. Grund dafür wird idr sein, dass der Kläger schlichtweg Unrecht hat und nicht mehr vortragen konnte. Es könnte also zb wie folgt lauten:) Ein richterlicher Hinweis gem. 139 ZPO auf die fehlende Schlüssigkeit war nicht erforderlich, weil der Kläger bereits durch den Klageerwiderungsschriftsatz auf diesen Umstand hingewiesen worden ist und er auch nach einem richterlichen Hinweis auf die fehlende Schlüssigkeit nicht mehr hätte vortragen können. (Es folgen die Normen zur Kostenentscheidung und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit.) b) Die Kombination von echtem und unechtem Teilversäumnisurteil Eine weitere Besonderheit bei Säumnis des Beklagten kann sich ergeben, wenn der Kläger mehrere Anträge kumulativ stellt, von denen nicht alle schlüssig begründet sind, wenn der Kläger einen Haupt- und einen Hilfsantrag stellt und der Hauptantrag unschlüssig, der Hilfsantrag hingegen schlüssig begründet ist. Bei einem zum Teil schlüssig begründeten Antrag oder bei kumulativer Klagenhäufung mit zum Teil nicht schlüssig begründeten Anträgen müssen Sie den schlüssigen Teil der Klage durch»echtes«teilversäumnisurteil zusprechen und den unschlüssigen Teil durch»unechtes«teilversäumnisurteil abweisen. 146