Kreisverwaltungsreferat Hauptabteilung II Einwohnerwesen KVR-II/L

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Transkript:

Telefon: 0 233-23000 Telefax: 0 233-24127 Kreisverwaltungsreferat Hauptabteilung II Einwohnerwesen KVR-II/L Bericht über Verwaltungsgerichtsurteil zur Einbürgerung Minderjähriger unter Hinnahme der Mehrstaatlichkeit Antrag Nr. 08-14 / A 01402 der Stadtratsfraktion DIE GRÜNEN/RL vom 10.03.2010, eingegangen am 10.03.2010 Az. D-HA II/V1 0022-1-0001 Sitzungsvorlage Nr. 08-14/ V 04474 Anlagen: 1. Antrag Nr. 08-14 / A 01402 vom 10.03.2010 2. Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.09.2009 (AZ: 11 K 3612/09) Beschluss in der Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses vom 22.06.2010 (SB) Öffentliche Sitzung Inhaltsverzeichnis Seite I. Vortrag des Referenten 2 1. Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.09.2009 2 2. Konsequenzen für die Einbürgerungspraxis in Bayern 3 3. Initiativen des KVR zur Hinnahme der Mehrstaatigkeit 6 II. Antrag des Referenten 7 III. Beschluss 7

2 I. Vortrag des Referenten: Die Stadtratsfraktion DIE GRÜNEN/RL hat am 10.03.2010 den in Anlage1 beigefügten Antrag gestellt. Mit diesem Antrag wird die Stadtverwaltung aufgefordert dem Stadtrat über das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zur Einbürgerung einer 14-jährigen Kurdin aus der Türkei unter Hinnahme von Mehrstaatlichkeit zu berichten darzustellen, welche Konsequenzen sich dadurch für die Einbürgerungspraxis in München ergeben könnten dabei auf die im Antrag aufgeworfenen Fragen einzugehen. Zur Begründung des Antrags wird hingewiesen auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.09.2009 (AZ: 11 K 3612/09) die darin festgestellte Unzumutbarkeit für die Minderjährige, die Entlassung aus dem türkischen Staatsverband abzuwarten, welche erst ab Volljährigkeit möglich ist. Das Kreisverwaltungsreferat nimmt zu dem o.g. Antrag wie folgt Stellung: 1. Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.09.2009 Mit dem Urteil wird das beklagte Landratsamt verpflichtet, ein 14-jähriges türkisches Mädchen kurdischer Volkszugehörigkeit unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit einzubürgern. Der vom VG Stuttgart entschiedene Fall betraf eine sog. Anspruchseinbürgerung nach 10 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG). Landratsamt und Widerspruchsbehörde hatten die Einbürgerung der Klägerin abgelehnt, da die Voraussetzungen einer Einbürgerung der Mutter nicht vorlagen, der Vater nicht eingebürgert werden wollte und eine alleinige Einbürgerung der Klägerin nicht in Betracht komme. Eine Entlassung aus der türkischen Staatsangehörigkeit ist nach türkischem Recht nur zusammen mit der Mutter oder dem Vater möglich. Der andere Elternteil muss darüber hinaus der Entlassung zustimmen. Das VG Stuttgart hat demgegenüber die Auffassung vertreten, dass der türkische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit von Bedingungen abhängig macht, welche der Klägerin nicht zuzumuten sind. Da das minderjährige Kind vor Erreichen des 18. Lebensjahres nicht allein aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen werden könne und ihr ein mehrjähriges Zuwarten nicht zuzumuten sei, müsse die Klägerin unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit gem. 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 2. Alt. StAG eingebürgert werden. Nach Auffassung des VG setzt 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StAG die Stellung eines Entlassungsantrages nicht voraus, sondern erfasst vornehmlich die Fälle erkennbar aussichtsloser Anträge. Hierzu verweist das VG auch auf ein Urteil des BVerwG vom 03.05.2007-5 C 3/06 - BVerwGE 129,

3 20, das allerdings eine völlig andere Fallkonstellation betraf. Das Urteil des VG Stuttgart ist seit 26.01.2010 rechtskräftig, nachdem die vom VGH Baden-Württemberg zugelassene Berufung nicht rechtzeitig begründet wurde. 2. Konsequenzen für die Einbürgerungspraxis in Bayern Mit Schreiben vom 19.02.2010 wurde das Bayerische Staatsministerium des Innern (StMI) als Aufsichtsbehörde um Mitteilung gebeten, inwieweit sich das Urteil des VG Stuttgart auf die bayerische Einbürgerungspraxis auswirkt. Das StMI teilte daraufhin mit Schreiben vom 18.03.2010 mit, dass der VGH Baden-Württemberg mit Beschluss vom 03.12.2009, Az. 13 S 2437/09, die Berufung gegen das Urteil zugelassen hatte, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des betreffenden Urteils bestünden. Die Rechtskraft des Urteils des VG Stuttgart sei nur deswegen eingetreten, weil die Berufung nicht rechtzeitig begründet wurde. Die Berufung wurde also entgegen den Angaben im Stadtratsantrag nicht zurückgenommen. Nach Auffassung des StMI kann das Urteil des VG Stuttgart nur als Einzelfallentscheidung gewertet werden. Die Aufsichtsbehörde sieht keine Veranlassung, bei minderjährigen Türken generell Mehrstaatigkeit hinzunehmen. Nach Mitteilung des StMI bleibt es in Bayern bei der bisherigen Verfahrensweise, ggf. bei der alleinigen Einbürgerung von minderjährigen türkischen Staatsangehörigen zu prüfen, ob eine vorübergehende Hinnahme von Mehrstaatigkeit im Rahmen einer Ermessenseinbürgerung nach 8 StAG in Betracht kommen kann. Zu den im Antrag angesprochenen Fragen ist folgendes zu berichten: Zunächst ist anzumerken, dass die Begriffe Mehrstaatigkeit und Mehrstaatlichkeit Synonyme sind; nicht nur in Rechtsprechung und Literatur, sondern auch in der Entscheidung des VG Stuttgart werden sie nebeneinander verwendet. Die Staatsangehörigkeitsgesetze der meisten Staaten sehen eine Entlassung Minderjähriger nur dann vor, wenn entweder beide Elternteile ebenfalls entlassen werden oder zumindest ein Elternteil entlassen wird und der andere Elternteil zustimmt. Dies ist Rechtslage in fast allen EU-Staaten, auch in Deutschland. Nach deutschem Recht bedarf ein vom gesetzlichen Vertreter (d.h. idr den Eltern) gestellter Entlassungsantrag gem. 19 StAG sogar der Genehmigung des Familiengerichts. Diese Genehmigung ist nur entbehrlich, wenn die Eltern bzw. der allein sorgeberechtigte Elternteil gleichzeitig einen Entlassungsantrag für sich und das Kind stellen. Der Hintergrund der Regelungen für die Entlassung von Minderjährigen aus der bisherigen Staatsangehörigkeit liegt auf der Hand: die minderjährigen, geschäftsunfähigen Kinder bzw. nur beschränkt geschäftsfähigen Jugendlichen sollen angesichts der Bedeutung eines Entlassungsantrages vor nachteiligen Verfügungen über ihre Staatsangehörigkeit geschützt werden; die Familieneinheit soll auch hinsichtlich der Staatsangehörigkeit gewahrt bleiben, um Rechtsunsicherheiten bzw. Ungleichbehandlungen innerhalb der Familie zu vermeiden. Unter vergleichbaren Umständen wie in dem vom VG Stuttgart entschiedenen Fall wäre auch

4 die Entlassung eines deutschen Kindes von deutschen Behörden abgelehnt worden. Da die einschlägigen Regelungen der europäischen Staatsangehörigkeitsgesetze und vieler anderer Rechtsordnungen dem Schutz der Minderjährigen dienen, kann nach Auffassung des KVR grundsätzlich nicht von einer unzumutbaren Entlassungsbedingung im Sinne des 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 2. Alt. StAG gesprochen werden. In früheren Jahren kamen Einbürgerungsfälle, bei welchen es aufgrund der Entlassungsmodalitäten der Heimatländer für Minderjährige zu Problemen bei der Einbürgerung kommen konnte, in der Praxis fast nicht vor, da eine einheitliche Staatsangehörigkeit innerhalb der Familie bei der Einbürgerungsprüfung berücksichtigt, ja sogar gefordert und weitgehend auch akzeptiert wurde. Auch heute noch wird bei der Erstberatung mit den Eltern immer besprochen, ob sich diese zusammen mit ihren Kindern einbürgern lassen möchten und ob die entsprechenden Voraussetzungen dafür vorliegen. Anträge von Minderjährigen, die ohne die Eltern eingebürgert werden wollten (oder sollten) und bei welchen das Ausscheiden aus der bisherigen Staatsangehörigkeit aufgrund fehlender Volljährigkeit nicht möglich war, sind in der Vergangenheit in München kaum gestellt oder gar vor Gericht verhandelt worden. Der vom VG Stuttgart entschiedene Fall betrifft somit eine eher seltene Konstellation, die nicht ohne weiteres auf andere Fallgestaltungen, insbesondere die der Optionskinder übertragen werden kann. Erfüllen die Eltern anders als die Kinder die Voraussetzungen der Einbürgerung (noch) nicht (z.b. weil sie nicht ausreichend Deutsch sprechen, kein ausreichendes Einkommen haben oder wegen Straftaten verurteilt wurden), ist im Rahmen der Anspruchseinbürgerung zu prüfen, ob nicht gem. 12 StAG ohnehin eine Ausnahme von der Voraussetzung des 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG zu machen ist, weil es sich beim Herkunftsstaat um ein Land handelt, bei welchem Mehrstaatigkeit hingenommen wird. Darüber hinaus ist im Rahmen einer sog. Einbürgerung im Ermessen ( 8 StAG) unter bestimmten, in den einschlägigen Verwaltungsvorschriften geregelten Voraussetzungen im Einzelfall die Hinnahme der Mehrstaatigkeit möglich. Mittlerweile ist es vielen Antragstellern möglich, sowohl bei der Anspruchseinbürgerung als auch bei Ermessenseinbürgerung, generell unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit eingebürgert zu werden, nämlich EU-Bürgern (Einschränkungen bestehen hier allenfalls durch das bestehende Staatsangehörigkeitsrecht des Herkunftsstaates, z.b. bei Österreich) Asylberechtigten und Flüchtlingen Einbürgerungsbewerbern aus Staaten, welche die Entlassung regelmäßig verweigern. Zu letzteren zählen nach der vom StMI ausgegebenen Staatenliste vom 01.12.2008 Afghanistan, Algerien, Angola, Brasilien, Eritrea, Kuba, Iran, Libanon, Marokko, Nigeria, Syrien und Tunesien. Bei diesen Ländern wird bei der Einbürgerung Mehrstaatigkeit hingenommen, bei iranischen Staatsangehörigen allerdings nur im Rahmen der Anspruchseinbürgerung. In München wurden in den letzten Jahren über 50% aller Einbürgerungen unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit ausgesprochen. Waren es 2002 noch < 30 %, sind es mittlerweile > 60%, wie die folgende Aufstellung zeigt:

5 Jahr Gesamtzahl der Einbürgerungen davon unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit 2002 3.695 1.071 2003 3.489 1.177 2004 3.039 1.057 2005 2.679 1.082 2006 2.568 1.152 2007 2.670 1.250 2008 2.082 1.093 2009 2.857 1.747 Größere Gruppen, bei denen die Mehrstaatigkeit idr nicht hingenommen wird, sind vor allem die Staatsangehörigen der früheren Gastarbeiter -Staaten, d.h. der Türkei und des früheren Jugoslawien. Hiervon waren 2009 in München insgesamt 498 eingebürgerte Erwachsene und Minderjährige betroffen. In wie vielen Fällen dabei nach den Maßstäben des vom VG Stuttgart entschiedenen Fall eine Einbürgerung Minderjähriger in Betracht gekommen wäre, kann mangels entsprechender Aufzeichnungen nicht ermittelt werden. Es dürfte sich allenfalls um eine Handvoll Fälle handeln. Wenn die Mehrstaatigkeit im Hinblick auf die für die Anspruchseinbürgerung geltenden Voraussetzungen nicht hingenommen werden kann, ist bei den hier fraglichen Fällen zu prüfen, ob der Heimatstaat eine Entlassung oder den Verzicht aus der jeweiligen Staatsangehörigkeit für minderjährige Kinder vorsieht und ggf. unter welchen Voraussetzungen. Ist eine Entlassung aus dem Herkunftsstaatsverband nach dortigem Recht und somit die Einbürgerung im Anspruch nach 10 StAG für das minderjährige Kind allein nicht möglich, wird geprüft, ob eine Ermessenseinbürgerung nach 8 unter vorübergehender Mehrstaatigkeit StAG in Betracht kommt. Vorübergehende Mehrstaatigkeit wird bei Minderjährigen hingenommen, wenn der Einbürgerungsbewerber (EB) mit den Eltern oder dem allein sorgeberechtigten Elternteil eingebürgert werden soll der EB mit dem nicht allein sorgeberechtigten Elternteil eingebürgert werden soll und der andere Elternteil deutscher Staatsangehöriger ist die Eltern des EB oder der allein sorgeberechtigte Elternteil deutsche/r Staatsangehörige/r sind/ist oder der Einbürgerungsbewerber Vollwaise ist.

6 Ist eine dieser Voraussetzung erfüllt, sind Einbürgerungen minderjähriger Kinder im Ermessen nach 8 StAG möglich. Die Einbürgerung nach 8 StAG wird in diesen Ausnahmefällen mit der Auflage versehen, dass der Einbürgerungsbewerber (bzw. sein gesetzlicher Vertreter) alle zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen vornimmt bzw. unverzüglich mit Erreichen der Volljährigkeit die entsprechenden Anträge stellt. Diese Einbürgerungspraxis entspricht den vorläufigen Hinweisen des StMI zum Staatsangehörigkeitsrecht nach Erlass des Zuwanderungsgesetz von 2005, die mit Schreiben des StMI vom 18.03.2010 nochmals bestätigt wurden. 3. Initiativen des KVR zur verstärkten Hinnahme von Mehrstaatigkeit Anders als in der vom VG Stuttgart entschiedenen Konstellation und unabhängig vom Antrag der Stadtratsfraktion Die Grünen/RL ist das KVR aber daran interessiert, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Einbürgerung zu verbessern, insbesondere auch im Hinblick auf die Hinnahme der Mehrstaatigkeit. Dies gilt insbesondere bei Staaten, die Entlassungsverfahren verzögern und für die Entlassungsverfahren bei den sogenannten Optionskindern. So hat das KVR den Aufsichtsbehörden mehrfach vorgeschlagen, dass Urteile anderer Bundesländer auch in Bayern Anwendung finden - vor allem hinsichtlich der schwierigen und für die Betroffenen oft schikanösen, auch für die Einbürgerungsbehörde quälend langen Entlassungsverfahren aus der kosovarischen bzw. serbischen Staatsangehörigkeit. Nicht nachvollziehbar und den Betroffenen kaum nahe zu bringen ist dabei auch, dass diese sich häufig erst in einem Staat (nach)registrieren lassen müssen, den sie nie gesehen haben und der keinerlei Interesse an ihnen zeigt. Des weiteren hat sich der Oberbürgermeister aufgrund der Beschlüsse des Ausländerbeirates vom 28.07.2008 und des Stadtrates vom 18.03.2009 mit Schreiben vom 07.10.2009 beim Deutschen Städtetag und beim bayerischen Innenminister dafür eingesetzt, bei den sog. Optionskindern, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, Mehrstaatigkeit generell hinzunehmen. Der bayerische Innenminister hat auf die Initiative des Oberbürgermeisters hin zwar eingeräumt, dass er Verbesserungsbedarf hinsichtlich der komplizierten rechtlichen Vorgaben in 29 StAG sehe. Eine Abschaffung der Optionsregelung kommt für ihn jedoch nicht in Betracht. Vielmehr erwartet er von den Optionspflichtigen eine eindeutige Entscheidung hinsichtlich der künftigen Staatsangehörigkeit. Diese Entscheidung fiel bisher bei der ganz überwiegenden Mehrzahl derjenigen, die ihrer Optionspflicht in München bereits nachgekommen sind, für die deutsche Staatsangehörigkeit aus. Von derzeit 528 Optionspflichtigen haben seit 2008 zwischenzeitlich 236 Optionskinder optiert, davon 232 für die deutsche Staatsangehörigkeit. Zu der im Antrag angesprochenen Schlechterstellung der Optionskinder im Vergleich zu der vom VG Stuttgart entschiedenen Fallkonstellation ist festzustellen, dass Entscheidungen über Einbürgerungsanträge grundsätzlich nicht mit dem von Gesetzes wegen eintretenden Geburtserwerb und dessen Anforderungen wie die damit verbundene Optionspflicht verglichen werden können. Es handelt sich um voneinander unabhängige Erwerbsgründe der deutschen Staatsangehörigkeit, mit gänzlich unterschiedlichen Voraussetzungen.

7 Da sich wie oben dargestellt keine Änderungen/Konsequenzen für die Einbürgerungspraxis in Bayern ergeben, werden Optionspflichtige auch nicht schlechter gestellt als jugendliche Einbürgerungsbewerber. Zusammenfassend ist daher nach Auffassung des KVR festzustellen, dass durch das Urteil des VG Stuttgart keine Änderung der bisherigen Einbürgerungspraxis veranlasst ist; dass aber unabhängig davon die Aktivitäten des KVR fortgesetzt werden, eine Ausweitung der Hinnahme der Mehrstaatigkeit insbesondere bei Optionskindern zu erreichen sowie bei Angehörigen von Staaten mit unzumutbar langen oder schwierigen Entlassungsverfahren. Dem Korreferenten, Herrn Stadtrat Brannekämper und der zuständigen Verwaltungsbeirätin, Frau Stadträtin Demirel, ist ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet worden. II. Antrag des Referenten: 1. Von den Ausführungen im Vortrag des Referenten wird Kenntnis genommen. 2. Der Antrag Nr. 08-14 / A 01402 der Stadtratsfraktion DIE GRÜNEN/RL vom 10.03.2010 ist damit geschäftsordnungsgemäß behandelt. 3. Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle. III. Beschluss nach Antrag Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Der Vorsitzende Der Referent Ober-/Bürgermeister/in Dr. Blume-Beyerle Berufsmäßiger Stadtrat

8 IV. Abdruck von I. mit III. über den Stenographischen Sitzungsdienst an das Direktorium HA II/V 1 an das Direktorium HA II/V 2 an das Direktorium Dokumentationsstelle an das Direktorium Statistisches Amt an das Direktorium Geschäftsstelle des Ausländerbeirats an das Sozialreferat Stelle für Interkulturelle Arbeit an die Stadtkämmerei an das Personalreferat mit der Bitte um Kenntnisnahme. V. WV bei KVR GL 122 zu V. 1. Die Übereinstimmung vorstehenden Abdruckes mit der beglaubigten Zweitschrift wird bestätigt. 2. An das Sozialreferat Stelle für interkulturelle Arbeit 3. An das Direktorium - Statistisches Amt 4. An das Direktorium Geschäftsstelle der Ausländerbeirates 5. An die Stadtkämmerei 6. An das Personalreferat 7. Mit Vorgang zurück zum KVR- HA II zur weiteren Veranlassung. Am Kreisverwaltungsreferat GL 122 I.A.