Gesundheitsökonomik II. Welche Besonderheiten weisen Gesundheitsgüter auf (Beispiel: Impfstoff gegen Schweigegrippe, Organtransplantationen)?

Ähnliche Dokumente
Besonderheiten von Gesundheitsgütern und ihre allokativen Konsequenzen

Besonderheiten von Gesundheitsgütern und ihre allokativen Konsequenzen

Gesundheitsökonomik II

GESUNDHEITSÖKONOMIK I

Versicherungsmarktgleichgewicht nach Rothschild und Stiglitz

Besonderheiten von Gesundheitsgütern und ihre allokativen Konsequenzen

Marktversagen auf den Märkten für Gesundheitsgüter und Krankenversicherungen als Rechtfertigung für Eingriffe des Staates in das Gesundheitswesen

Marktversagen II: Externalitäten, Informationsasymmetrien und Marktmacht

Gesundheitsökonomie. PD Dr. Christian Krauth

Mikroökonomik II/Makroökonomik II

Externalitäten und Eigentumsrechte

Kapitel 13: Unvollständige Informationen

Kapitel 3: Externalitäten Kapitel im Lehrbuch / Inhalt

Allgemeine Volkswirtschaftslehre. 4. Grundzüge der Wirtschaftspolitik. WiMa und andere (AVWL I) WS 2007/08

Definition für Externe Effekte

3.3 Ex-post Moral Hazard

Kapitel 12: Externalitäten

Organisation und Reform der Gesetzlichen Krankenversicherung in der Bundesrepublik

Altersrationierungen im Gesundheitswesen als Thema sozialer Gerechtigkeit

Gesundheit ein besonderes Gut zur Begründung und Zukunft einer sozialen Krankenversicherung

Einführung in die. Regulierungsökonomie. Juristische Fakultät Lehrstuhl für Steuerrecht und Wirtschaftsrecht Karsten Zippack, M.Sc.

1. Besonderheiten von Gesundheitsmärkten

EINFÜHRUNG IN DIE GESUNDHEITSÖKONOMIK. Dr. Kerstin Roeder Junior-Professor für Finanzwissenschaft

Öffentliche Finanzen: Ausgabenpolitik

Theorie => Modell => falsifizierbare Prognose => empirische Prüfung. Bestandteile eines positiven Modells in der Ökonomie:

Einführung in die Gesundheitsökonomik

Gründe für Staatseingriffe im Gesundheitswesen: Allgemeines

Beiträge zum Gesundheitsmanagement 14. Wachstum und Beschäftigung im Gesundheitswesen

Inhaltsverzeichnis. Vorbemerkung und Vorgehensweise Vorwort zur zweiten Auflage Vorwort zur dritten Auflage VII X XI. Inhaltsverzeichnis XIII

Ludwig-Erhard-Stiftungsprofessur. Wirtschaftspolitik. 1 Instrumente und Beurteilungskriterien

Inhaltsverzeichnis. Vorwort. 1. Theorie und Institutionen der Sozialpolitik 1

Internalisierung externer Effekte

SOZIALPOLITIK. Vorlesung im WS 08/09

2. Phase Bachelor Info-Veranstaltung

Wirtschaftspolitik. 1Einführung

Steffen J. Roth. VWL für Einsteiger. Eine anwendungsorientierte Einführung. mit 61 Abbildungen. Lucius & Lucius Stuttgart

Grundlagen der Wirtschaftspolitik

Markus Loewe. Soziale Sicherung, informeller Sektor und das Potenzial von Kleinstversicherungen. Nomos

Finanzwissenschaft I Sommersemester 2007 Klausur am 2. August 2007

Ökonomie - Umweltbelastungen

4. Die Politische Ökonomie der Gesundheitsfinanzierung

8 Externalitäten 8.1 Einleitung

2. Grundlagen der Sozialpolitik 2.1. Einleitung

Mikroökonomik I Aufgaben Dozentin: Michelle von Gunten,

Finanzwissenschaft Band I: Rechtfertigung der Staatstätigkeit

Grundwissen Wirtschaft und Recht 10. Jahrgangsstufe. Grundwissen Wirtschaft und Recht 10. Jahrgangsstufe

4.6 Internationaler Vergleich

Dennis Häckl Neue Technologien im Gesundheitswesen. Rahmenbedingungen und Akteure. 1it einem Geleitwort von Prof. Dr. Dr. h.c.

Klausur zur Veranstaltung Allokationspolitik. im WS 2003/04, 21. Februar 2004

Skript zur Vorlesung Soziale Sicherung (WS 2009) Teil 4

Dieses Vielfach hängt ab von der Form der Nutzenfunktion. Man bezeichnet dies auch als Arrow-Pratt Koeffizient.

Klausur zur Veranstaltung. "Sozialstaat " Prof. Dr. Hans-Werner Sinn 29. Juli 2008, Uhr. Name:... Vorname:... Matrikelnummer:...

Gesundheitsökonomie vs. Sozialmedizin Perspektive Gesundheitsökonomie

Einordnungsrahmen die (sehr) kurze Geschichte von Leistungen, Kosten und Prämien

Einführung in die Finanzwissenschaft

Einführung in die Wirtschaftswissenschaften für Nicht-ÖkonomInnen Teil 5: Soziale Marktwirtschaft

Teilklausur im Modul VWL II: Grundlagen der Sozialpolitik

Zukunftsfähige Wasserkraft: Eine volkswirtschaftliche Sicht

Umweltpolitische Instrumente für eine effizient Klimapolitik. Gerhard Clemenz Institut für Volkswirtschaftslehre

Gliederung der ersten Vorlesungen und Übungen

Umweltökonomie. Marktversagen als Ursache für Umweltprobleme (1) Gerald J. Pruckner. Wintersemester 2010/11

2. Gesundheitsfinanzierung

Warum ist der Markt eine feine Sache?

Erstellt von Krischan

ökonomischen Agenten verfügen überunterschiedliche Informationsmengen, d.h. Agenten haben private Informationen.

Wirtschaftspolitik. Übung 2 - Marktversagen

Externe Berichterstattung umfasst alle Informationssysteme, die an unternehmensexterne Benutzer/Adressaten gerichtet sind.

Morgen ganz privat Unternehmen GKV AG?

Klausur zur Veranstaltung. "Sozialstaat " Prof. Dr. Hans-Werner Sinn 29. Juli 2008, Uhr. Name:... Vorname:... Matrikelnummer:...

Marktversagen II - Monopol

IK Ökonomische Entscheidungen & Märkte

Lösungshinweise zu Übungsblatt 2

Wirtschafts- & Konjunkturpolitik Zusammenfassung

Gerechtigkeit und Effizienz: Gestaltungsmaßstäbe für die Gesundheitsversorgung

Prof. Dr. Marco Runkel. Volkswirtschaftliche Fakultät Ludwig-Maximilians-Universität München. Sommersemester 2007

Versorgungssicherheit: Regulierung vs. Markt. Johannes Mayer

18. Was bedeutet theoretische Wirtschaftspolitik und was sind ihre Hauptaufgaben?

Gesellschaftsrechts. Eigentum und Eigentumsrechte

Ökonomische Aspekte der Krankenversicherung

Universität Miskolc, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Institut für Wirtschaftstheorie. 12. Vorlesung

Modul Einführung in die VWL. Klausur zur Veranstaltung Grundlagen der Finanzwissenschaft

Tanja Kirn. Anreizwirkungen von Finanzausgleichssystemen. PETER LANG Internationaler Verlag der Wissenschaften

Internationale Gesundheitssysteme

2. Gesundheitsfinanzierung

Klausur. Einführung in die Wirtschaftspolitik (AVWL III) 13. Februar Aufgabe 1: Ökonomische Theorien (10 Punkte)

Gesundheitsökonomik II

Einführung in die Energie- und Umweltökonomik

Abdeckungsgrad der Sozialen Sicherung/ Zugang zur Sozialversicherung

Einführung in die Finanzwissenschaft

Soziale Sicherungssysteme in der Sozialen Marktwirtschaft: im Spannungsfeld zwischen Sozialpolitik und Markt?

6. Adverse Selektion und soziale Wohlfahrt

Positive externe Effekte sozialer Dienstleistungen und ihre Konsequenzen für eine wettbewerbliche Steuerung

Kapitel 9: Marktgleichgewicht

AVWL II Klausur zur Veranstaltung. Finanzwissenschaft I

Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft. Ökonomische Analyse des Rechts Übungsaufgaben

Solidarische Bürgerversicherung

Transkript:

Gesundheitsökonomik II Thema 1 Besonderheiten von n und ihre allokativen Konsequenzen 1. Einführung Welche Besonderheiten weisen auf (Beispiel: Impfstoff gegen Schweigegrippe, Organtransplantationen)? Warum spielt der Staat eine derart zentrale Rolle im Gesundheitsmarkt? 1. Einführung Marktversagen: Unten gewissen Voraussetzungen versagt der Markt, d.h. das Gleichgewicht auf nicht-regulierten Märkten stellt keine Pareto-optimale Allokation dar. Welche Voraussetzungen? 1

Was sind Externalitäten? Warum sind Externalitäten ineffizient? Was besagt das Coase-Theorem? Frage: Sie teilen sich als Nichtraucher ein Zimmer mit einem Raucher. Wovon hängt es nach dem Coase-Theorem ab, ob Ihr Zimmergenosse im gemeinsamen Zimmer raucht? Wie kommen Sie und Ihr Zimmergenossen zu dieser Lösung? Ist das Resultat effizient? 2

Frage: Nehmen wir an, die Anwohner des Stuttgarter Flughafens schätzen den Ruhe- und Erholungswert ihrer unmittelbaren Wohnumgebung mit 3 Milliarden Euro. Ist die staatliche Forderung nach verstärkter Schallisolierung von Flugzeugen ein effizienter Ansatz, sofern den Fluggesellschaften durch entsprechende Umrüstungsmaßnahmen Kosten in Höhe von 4 Milliarden Euro entstehen? Frage: Vorausgesetzt, es existieren keine Transaktionskosten und die Bevölkerung hat das Recht auf Ruhe und Erholung. Wenn den Fluggesellschaften für verstärkte Schallisolierung bei ihren Flugzeugen Kosten in Höhe von 2 Milliarden Euro entstehen, wie sähe dann eine Privatlösung für dieses Problem aus? Frage: Wie stellt sich die private Lösung des Problems dar, sofern keine Transaktionskosten entstehen, der Flugbetrieb unbegrenzt Lärm verursachen darf und die Aufwendungen der Fluggesellschaften für erhöhten Lärmemissionsschutz bei ihren Flugzeugen wiederum 2 Milliarden Euro betragen? 3

3 wichtige Schlussfolgerungen (Coase-Theorem): Private Verhandlungen führen immer zu einer Paretoeffizienten Lösung. Die ex-ante-verteilung der Eigentumsrechte hat keinen Einfluss auf die Erzielung einer optimalen Lösung. Die ex-ante-verteilung der Eigentumsrechte hat aber einen Einfluss auf die (ex post)-allokation/verteilung der Ressourcen. Frage: Gegeben sei erneut der Fall, dass den Fluggesellschaften Kosten für verstärkte Schallisolierung von Flugzeugen in Höhe von 2 Milliarden Euro entstehen. Gäbe es überhaupt eine private Lösung für das Lärmproblem, sofern bedingt durch gesetzliche Abgaben, die große Zahl der geschädigten Parteien und verwaltungsmäßige Vollstreckungskosten zusätzliche 2 Milliarden Euro an Transaktionskosten erforderlich würden? 1. Einführung - öffentliche Güter Was sind öffentliche Güter? 4

2. Marktversagen auf den Märkten für Bei n ist eher der Fall positiver externer Effekte relevant. Beispiele? 2. Marktversagen auf den Märkten für Es muss eine Reservekapazität an n geben, da der Bedarf an medizinischen Leistungen nicht vorhersagbar ist. Bereits die Existenz des Gesundheitsguts stiftet dem Konsumenten Nutzen. Beispiel: Krankenhausbetten. Impliziert dies die Notwendigkeit einer staatlichen Bereitstellung? 2. Marktversagen auf den Märkten für Der Markt "versagt" bei der Allokation von n insoweit, als diese Eigenschaften von öffentlichen Gütern aufweisen (Impfungen, Bereithaltung von Kapazitäten) oder mit Externalitäten verbunden sind. In allen Fällen sind gegebenenfalls staatlich organisierte Institutionen der Finanzierung zu finden. Auf keinen Fall folgt jedoch aus dem Marktversagen die Notwendigkeit eines staatlich organisierten Angebots von Gesundheitsleistungen (z.b. Coase-Theorem). 5

2. Marktversagen auf den Märkten für "Versagt" der Markt, weil Konsumenten oft nicht in der Lage sind, ihren Nutzen maximierende Nachfrageentscheidungen zu treffen? Rechtfertigt dies ein Einschreiten des Staates? 2. Marktversagen auf den Märkten für Ein weiterer Grund für Marktversagen wird in der Unfähigkeit der Konsumenten gesehen, rationale Entscheidungen über die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen zu fällen. Auch dies liefert allerdings keine Rechtfertigung für staatliche Bereitstellung, sondern lediglich für staatliche Maßnahmen zur Verbesserung der Information der Konsumenten und zur Sicherung der Produktqualität. 3. Marktversagen auf den Märkten für Krankenversicherung Da Krankheitskosten stochastisch anfallen, können sich Haushalte durch Abschluss eines Krankenversicherungsvertrags gegen die damit verbundene Unsicherheit ihres Einkommens absichern. Kann diese Aufgabe von privaten Versicherungsmärkten in optimaler Weise erfüllt werden oder muss es einen gesetzlichen Versicherungszwang geben? 6

4. Gerechtigkeit als Begründung für staatliche Eingriffe im Gesundheitswesen Sollten Unterschiede in der finanziellen Leistungsfähigkeit keine Rolle beim Zugang zu Gesundheitsleistungen spielen? 4. Gerechtigkeit als Begründung für staatliche Eingriffe im Gesundheitswesen Die Prämie einer Versicherung entspricht dem Erwartungswert der zukünftigen Krankheitskosten => von Natur aus krankheitsanfällige Personen ("schlechte Risiken") müssen höhere Prämien bezahlen. Ist das fair? Wüssten die Individuen nicht, als welcher Risikotyp sie geboren werden, dann wären risikoaverse Personen bereit, die gleiche Prämie zu bezahlen. Dieses Konzept des Schleiers des Nichtwissens wird oft als Rechtfertigung eines Ausgleichs zwischen hohen und niedrigen Risiken verwendet. Wie kann in der Praxis ein Ausgleich der Risiken erreicht werden? 4. Gerechtigkeit als Begründung für staatliche Eingriffe im Gesundheitswesen Personenspezifische Transfers in Abhängigkeit von der Krankheitsanfälligkeit: Individuen erhalten einen Transfer in Abhängigkeit von der Krankheitsanfälligkeit; in den Versicherungsmarkt wird nicht eingegriffen. Probleme? Ein Diskriminierungsverbot: Krankenkassen dürfen keine Beiträge in Abhängigkeit der Krankheitsanfälligkeit erheben. Dies impliziert eine Zwangsversicherung und Kontrahierungszwang. Probleme? Ein steuerfinanzierter nationaler Gesundheitsdienst. Probleme? 7