Dokumentation 2: Der Kampf um die Montan- Mitbestimmung

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Transkript:

Dokumentation 2: Der Kampf um die Montan- Mitbestimmung 1. Gruppenantrag" der SPD- Fraktion* Gesetzentwurf der Abgeordneten Wehner, Urbaniak, Rohde, Junghans, Rappe (Hildesheim), Jahn (Marburg), Schulte (Unna), Egert, Dr. Emmerlich... und Genossen * Aus: Informationen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, Tagesdienst, Ausgabe 652 vom 26. Juni 1980 Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung A. Problem Durch gesellschaftsrechtliche Entscheidungen könaen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß Unternehmen aus der Montan-Mitbestimmung ausscheiden. Damit werden die seit Jahrzehnten in diesen Unternehmen bestehenden, gesetzlich gewährleisteten Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer abgeschafft oder eingeschränkt. B. Lösung 1. Auf Unternehmen, die der Montan- Mitbestimmung unterhegen, sollen das Montan-Mitbestimmungsgesetz oder das Mitbestimmungsergänzungsgesetz anwendbar bleiben, wenn 545

- in diesen Unternehmen die Montanumsätze nicht mehr den derzeit gesetzlich vorausgesetzten Umfang haben oder - die Zahl der im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer unter eintausend sinkt oder - als Folge gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen innerhalb eines Konzerns für ein Konzernunternehmen die Voraussetzungen für die Anwendung der Montan-Mitbestimmung entfallen, jedoch in all diesen Fällen eine Beziehung zum Montanbereich bestehenbleibt. 2. Ferner soll sichergestellt werden, daß in einem Konzern, dessen herrschendes Unternehmen der Montan-Mitbestimmung unterliegt, auch die Arbeitnehmer der Tochterunternehmen an der Wahl zum Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens teilnehmen können. 3. Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Gewerkschaften über die Sicherung von Montan-Mitbestimmungsrechten in den Fällen zu treffen, in denen durch Entscheidung von mitbestimmten Unternehmen Montan-Mitbestimmungsrechte entfallen. Dies soll auch für neu gegründete Unternehmen gelten, wenn sie Unternehmensbereiche zusammenfassen, bei denen Montan-Mitbestimmungsrechte entfallen. Entwurf eines Gesetzes zur Montan-Mitbestimmung Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: 1 Dem Montan-Mitbestimmungsgesetz unterliegende Unternehmen (1) Ist der Aufsichtsrat eines Unternehmens nach 4 oder 9 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 347) - Mon- tan-mitbestimmungsgesetz, zuletzt geändert durch das Einführungsgesetz zum Aktiengesetz vom 6. September 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1185), zusammengesetzt, so sind auf das Unternehmen die 2 bis 6 und 8 bis 13 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes auch dann weiterhin anzuwenden, wenn in dem Unternehmen die in 1 Abs. 1 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen oder in der Regel nicht mehr als 1000 Arbeitnehmer beschäftigt werden. (2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf ein Unternehmen 1. des Bergbaus, das die in 1 Abs. 1 Buchst, a des Montan-Mitbestimmungsgesetzes bezeichnete Produktion eingestellt hat, 2. der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie, das die Erzeugung von Roheisen und Rohstahl eingestellt hat und auch nicht Walzwerkserzeugnisse einschließlich Walzdraht, Röhren, Walzen, rollenden Eisenbahnmaterials, Freiformschmiedestücken oder Gießereierzeugnissen aus Eisen oder Stahl herstellt. (3) Auf ein Konzernunternehmen ist Absatz 2 nicht anzuwenden, wenn die in 1 Abs. 1 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes bezeichneten Voraussetzungen als Folge gesellschaftsrechtlicher oder sonstiger Maßnahmen zwischen Konzernunternehmen eines Konzerns ( 18 Abs. 1 des Aktiengesetzes), insbesondere wegen des Abschlusses von Verschmelzungs-, Eingliederungs-, Pacht- oder Betriebsführungsverträgen oder der Übertragung von Vermögensteilen, entfallen. Dies gilt nicht, wenn alle Konzernunternehmen die Voraussetzung des Absatzes 2 erfüllen. 2 Dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz unterhegende Unternehmen (1) Ist der Aufsichtsrat eines Unternehmens nach 5 oder 12 des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrä- 546

DOKUMENTATION 2: MONTAN-MITBESTIMMUNG ten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 7. August 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 707) Mitbestimmungsergänzungsgesetz, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den AufsicKtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 27. April 1967 (Bundesgesetzbl. I S. 505), zusammengesetzt, so sind auf das Unternehmen die 5 bis 8,10 bis 13 und 15 des Mitbestimm ungsergänzungsgesetzes auch dann weiterhin anzuwenden, wenn in dem Unternehmen die in 3 des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen. (2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn weder das Unternehmen selbst noch ein von ihm abhängiges Unternehmen 1. mit den in 1 Abs. 1 Buchst, a des Montan-Mitbestimmungsgesetzes bezeichneten Produktion oder 2. mit Roheisen, Rohstahl oder Walzwerkserzeugnissen einschließlich Walzdraht, Röhren, Walzen, rollenden Eisenbahnmaterials, Freiformschmiedestücken oder Gießereierzeugnissen aus Eisen oder Stahl einen Umsatz hat. 3 Wahlrecht in Konzernen Das Montan-Mitbestimmungsgesetz wird wie folgt geändert: 1. An 1 wird folgender Absatz 3 angefügt: (3) Ist ein in Absatz 1 bezeichnetes Unternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer bergrechtlichen Gewerkschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit herrschendes Unternehmen eines Konzerns ( 18 Abs. 1 des Aktiengesetzes), so gelten für die Anwendung dieses Gesetzes auf das herrschende Unternehmen die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen als Arbeit- nehmer des herrschenden Unternehmens. Stehen in einem Konzern die Konzernunternehmen unter der einheitlichen Leitung eines anderen als eines in Absatz 1 bezeichneten Unternehmens, beherrscht aber die Konzernleitung über ein in Absatz 1 bezeichnetes Unternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer bergrechtlichen Gewerkschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit oder über mehrere solcher Unternehmen andere Konzernunternehmen, so gelten die in Absatz 1 bezeichneten, der Konzernleitung am nächsten stehenden und in diesen Rechtsformen betriebenen Unternehmen, über die die Konzernleitung andere Konzernunternehmen beherrscht, für die Anwendung dieses Gesetzes als herrschende Unternehmen. Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn in dem herrschenden Unternehmen die Arbeitnehmer nach dem Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz ein Mitbestimmungsrecht haben." 2. 6 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 1 erhalten die Sätze 1 und 2 die Fassung: Unter den in 4 Abs. 1 Buchst, b bezeichneten Mitgliedern des Aufsichtsrats müssen sich ein Arbeiter und ein Angestellter des Unternehmens befinden. Diese Mitglieder werden dem Wahlorgan durch die in dem Unternehmen sowie in den Unternehmen, deren Arbeitnehmer nach 1 Abs. 3 als Arbeitnehmer des' Unternehmens gelten, bestehenden Betriebsräte nach Beratung mit den in dem Unternehmen oder in anderen Unternehmen, deren Arbeitnehmer nach 1 Abs. 3 als Arbeitnehmer des Unternehmens gelten, vertretenen Gewerkschaften und deren Spitzenorganisationen vorgeschlagen." b) In Absatz 2 erhält Satz 1 die Fassung: Die nach Absatz 1 gewählten Personen sind vor Weiterleitung der Vorschläge an das Wahlorgan innerhalb von zwei Wochen nach der Wahl den Spitzenorganisationen mitzuteilen, denen in Absatz 1 Satz 2 bezeichnete Gewerkschaften angehören." 547

c) In Absatz 3 Satz 1 werden die Worte im Betriebe vertretenen" durch die Worte in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten" ersetzt. 4 Vereinbarung zur Sicherung der Mitbestimmung Entfallen als Folge der Entscheidung eines montan-mitbestimmten Unternehmens Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder nach dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, so sind Vereinbarungen mit den Gewerkschaften über eine Sicherung von Mitbestimmungsrechten für die Unternehmensbereiche zulässig, in denen Mitbestimmungsrechte entfallen. Werden diese Unternehmensbereiche zu neuen Unternehmen zusammengefaßt, so kann für ein neu entstehendes Unternehmen die Anwendung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes vereinbart werden. Berlin-Klausel Dieses Gesetz gut nach Maßgabe des 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes auch im Land Berlin. 6 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Begründung A. Allgemeines Von den bestehenden Formen der Unternehmensmitbestimmung ist die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Unternehmensorganen nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz und dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz die älteste und zugleich die weitestgehende. Diese Mitbestimmung, die für Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie gilt, hat sich in mehr als dreißigjähriger Praxis be- währt, auch und gerade in den tiefgreifenden Strukturkrisen des Bergbaus und der Eisenund Stahlindustrie. Sie ist ein demokratisches Symbol unseres als Sozialstaat verfaßten Gemeinwesens und zugleich ein Eckpfeiler unserer Sozial- und Wirtschaftsordnung. Deshalb hat das Mitbestimmungsgesetz 1976 den Anwendungsbereich der Montan-Mitbestimmung ausdrücklich unangetastet gelassen. Umstrukturierungen in diesen Unternehmensbereichen werden auch in Zukunft erforderlich sein. Sie werden sich aber nur schwer verwirklichen lassen, wenn sie mit einem faktischen Abbau der Montan-Mitbestimmung verbunden sind. Damit Umstrukturierung und notwendige Diversifikation nicht zuletzt auch im Interesse der Erhaltung von Arbeitsplätzen weiterhin möglich bleiben, soll der Fortbestand der Montan-Mitbestimmung sichergestellt werden. Ohne eine gesetzliche Maßnahme ist der Bestand der Montan-Mitbestimmung gefährdet. Die Mitbestimmungsrechte der im Bergbau und in der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie beschäftigten Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften, die sich in jahrzehntelanger Mitbestimmungspraxis und Mitverantwortung bewährt haben, dürfen nicht gefährdet werden. Daher muß der Fortbestand der Montan-Mitbestimmung in den betroffenen Unternehmen und Konzernen auch da dauerhaft gewährleistet werden, wo der Umfang der Montanproduktion oder des Montanumsatzes oder die Mindestzahl der beschäftigten Arbeitnehmer nicht mehr den gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen entsprechen. Dies gilt auch für die Fälle, in denen als Folge von Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns diese Voraussetzungen für ein Konzernunternehmen entfallen. Zugleich soll durch eine Änderung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes gewährleistet werden, daß an der Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat eines Montanunternehmens, das einen Konzern beherrscht, auch die Belegschaften der Konzerntochterunternehmen durch ihre Vertretungen beteiligt sind. 548

IOKUMENTATION 2: MONTAN-MITBESTIMMUNG Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, Vereinbarungen zwischen Gewerkschaften und Unternehmen über die Sicherung von Mitbestimmungsrechten zu treffen. Solche Vereinbarungen sollen einmal zulässig sein, wenn durch gesellschaftsrechtliche oder sonstige Maßnahmen, wie z. B. Verschmelzung, Eingliederung, Rechtsformwechsel oder Verkauf von Betriebsteilen, bisher nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder nach dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz bestehende Mitbestimmungsrechte entfallen. Sie sollen zum anderen auch dann zulässig sein, wenn Unternehmensbereiche der Montanindustrie zu neuen Unternehmen zusammengefaßt werden, für die nach bisher geltendem Recht nicht das Montan-Mitbestimmungsgesetz oder das Mitbestimmungsergänzungsgesetz anwendbar werden könnte. B. Zu den einzelnen Vorschriften Zu 1 Dem Montan-Mitbestimmungsgesetz unterhegende Unternehmen Die Vorschrift bestimmt, daß Unternehmen, die dem Montan-Mitbestimmungsgesetz unterliegen, die Montan-Mitbestimmung auch bei Fortfall der Anwendungsvoraussetzungen Montanproduktion und Arbeitnehmerzahl behalten, sofern die Tätigkeit des Unternehmens oder des Konzerns noch Beziehungen zur Montanproduktion aufweist. Absatz 1 enthält die Grundregel, wonach es bei der bestehenden Montan-Mitbestimmung verbleibt. Absatz 2 nimmt in Anlehnung an 1 Abs. 2 des Gesetzes über die befristete Fortgeltung der Mitbestimmung in bisher den Mitbestimmungsgesetzen unterhegenden Unternehmen vom 29. November 1971 (BGB1.1 S. 1857) die Unternehmen von der Anwendung des Absatzes 1 aus, die keine Montanproduktion mehr betreiben. Unternehmen, deren Montanproduktion den in 1 Abs. 1 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes bezeichneten Umfang lediglich unterschrei- ten, bleiben also von der Montan-Mitbestimmung erfaßt. Absatz 3 begrenzt die Ausnahmeregelung des Absatzes 2. Ist der Wegfall der in 1 Abs. 1 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes bezeichneten Anwendungsvoraussetzungen lediglich die Folge von gesellschaftsrechtlichen oder sonstigen Maßnahmen zwischen Unternehmen innerhalb desselben Konzerns, also konzerninterner Organisationsmaßnahmen beliebiger Art, dann soll abweichend von Absatz 2 die Montan-Mitbestimmung in einem Konzernunternehmen selbst dann fortgelten, wenn dort die Montanproduktion ganz eingestellt wird (Satz 1). In solchen Fällen scheidet das Unternehmen erst dann aus dem Anwendungsbereich des Montan-Mitbestimmungsgesetzes aus, wenn in keinem Konzernunternehmen mehr Montanproduktion stattfindet (Satz 2). Für das Absinken der Arbeitnehmerzahl in einem Konzernunternehmen verbleibt es bei der Regelung des Absatzes 1. Die Regelung in Absatz 3 trägt der Erfahrung Rechnung, daß konzerninterne Organisationsmaßnahmen häufig vorkommen und verhältnismäßig einfach durchzuführen sind. Zu 2 - Dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz unterhegende Unternehmen In dieser Vorschrift ist für Unternehmen, deren Aufsichtsrat nach dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz zusammengesetzt ist, eine dem 1 entsprechende Regelung enthalten. Es handelt sich hierbei um Unternehmen, die einen Montankonzern beherrschen, ohne selbst Montanproduktion zu betreiben. Absatz 1 enthält die Grundregel, wonach es bei der bisherigen Montan-Mitbestimmung bleibt. In Absatz 2 werden in Anlehnung an 1 Abs. 2 die Unternehmen ausgenommen, in deren Konzern kein Montanumsatz mehr gegeben ist, so daß die Unternehmenstätigkeit die Beziehung zum Montanbereich verloren hat. 549

Zu 3 Wahlrecht in Konzernen Die Vorschrift fügt in das Montan-Mitbestimmungsgesetz Regelungen ein, durch die nunmehr auch die Belegschaften der abhängigen Konzernunternehmen an der Bestellung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat eines dem Montan-Mitbestimmungsgesetz unterliegenden Unternehmens, das einen Konzern beherrscht, beteiligt werden. Die Regelung lehnt sich an die im Mitbestimmungsgesetz von 1976 enthaltene an. Für das Wahlverfahren sind jedoch die Vorschriften des Montan-Mitbestimmungsgesetzes maßgebend. Nach Nr. 1 gelten die Arbeitnehmer von Konzerntochterunternehmen als Arbeitnehmer des herrschenden Unternehmens. Dies gilt z. B. sowohl für die Ermittlung der nach 1 Abs. 2 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes für die Anwendung dieses Gesetzes erforderliche Arbeitnehmerzahl als auch für die Wählbarkeit in den Aufsichtsrat ( 6 Abs. 1 Satz 1 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes). Satz 1 folgt der in 5 Abs. 1 Satz 1 des Mitbestimmungsgesetzes enthaltenen Konzernklausel. Satz 2 entspricht der in 5 Abs. 3 des Mitbestimmungsgesetzes enthaltenen Regelung. Danach wird in einem mehrstufigen Konzern mit einer nicht dem Montan-Mitbestimmungsgesetz unterworfenen Obergesellschaft das der Konzernspitze am nächsten stehende Montanunternehmen als herrschendes Unternehmen angesehen. Auf diese Weise soll den Belegschaften der in der Konzernhierarchie unter dem Montanunternehmen stehenden Konzernunternehmen über dieses eine Beteiligung an der Mitbestimmung im Konzern ermöglicht werden, wenn diese Beteiligung nicht an höherer Stelle im Konzern stattfinden kann. Eine derartige Teilkonzern-Regelung ist jedoch nicht erforderlich, wenn die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen nach dem Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz an der Mitbe- Stimmung im herrschenden Konzernunternehmen beteiligt sind; Satz 3 sieht eine entsprechende Ausnahme vor. In Nr. 2 sind Folgeänderungen zu Nr. 1 enthalten. Außerdem beteiligt die Vorschrift die in den abhängigen Konzernunternehmen bestehenden Betriebsräte und die nur in diesen Unternehmen vertretenen Gewerkschaften und deren Spitzenorganisationen gleichberechtigt an der Bestellung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens. Zu 4 - Vereinbarung zur Sicherung der Mitbestimmung Die Vorschrift schafft für zwei unterschiedliche Fallgruppen die Möglichkeit für Mitbestimmungsvereinbarungen: Gesellschaftsrechtliche oder sonstige Maßnahmen, wie z. B. die Verschmelzung eines Unternehmens auf ein anderes", die Eingliederung in eine andere Gesellschaft oder der Verkauf von Betriebsteilen, können dazu führen, daß ein Unternehmen seine Selbständigkeit verliert und damit Montan- Mitbestimmungsrechte wegfallen. Selbst wenn die neu geschaffene größere Unternehmenseinheit oder der Konzern insgesamt nach wie vor der Montan-Mitbestimmung unterliegen, bedeutet dies für die betroffenen Arbeitnehmer keinen gleichwertigen Ersatz für ihre bisherigen Mitbestimmungsrechte. Vielmehr besteht für sie ein berechtigtes Interesse an Mitbestimmungsorganen, die eine engere Verbindung zu ihrem Werk oder ihrem Unternehmensbereich haben, als die betriebsfernen Mitbestimmungsorgane der nunmehr erheblich vergrößerten Unternehmenseinheit oder des Konzerns. Satz 1 räumt den Gewerkschaften ausdrücklich die Möglichkeit ein, Vereinbarungen über betriebsnahe Mitbestimmungsorgane für einzelne Unternehmensbereiche (z. B. Beiräte, Arbeitsdirektoren) zu treffen. Dies gilt auch bei einem Wechsel des Unternehmens in eine Rechtsform, für die die Montan-Mitbestimmung nicht gilt. 550

DOKUMENTATION 2: MONTAN-MITBESTIMMUNG Durch Unternehmensentscheidungen kann auch vorgesehen werden, daß die Montanbereiche aus bisher dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz unterliegenden Unternehmen ausgegliedert und zu einem neuen Unternehmen zusammengefaßt werden, für das weder das Montan-Mitbestimmungsgesetz noch das Mitbestimmungsergänzungsgesetz anwendbar ist. Satz 2 schafft die Möglichkeit, für dieses neu entstehende Unternehmen die Anwendung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes zu vereinbaren. Zu 5 - Berlin-Klausel Die Vorschrift enthält die übliche Berlin-Klausel Zu 6 - Inkrafttreten Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. 2. Presse-Mitteilung der Katholischen Arbeitnehmer- Bewegung vom 27. 6. 1980 Einen Angriff auf die Prinzipien der harterkämpften paritätischen Mitbestimmung im Montanbereich und auf die Idee der Sozialen Partnerschaft sieht der Bundesvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands, Alfons Müller, in den Plänen des Mannesmann-Konzerns, durch Umstrukturierungen aus der Montan-Mitbestimmung herauszukommen. Die KAB werde gemeinsam mit den Gewerkschaften derartigen Absichten energisch entgegentreten, habe sich doch die Montan- Mitbestimmung in nun fast 30jähriger Praxis auch in Krisenzeiten hervorragend bewährt. Die unter Konrad Adenauer 1951 eingeführte Montan-Mitbestimmung sei bis heute die einzige echte paritätische Mitbestimmung geblieben. Das 1976 von SPD und FDP eingeführte Mitbestimmungsgesetz habe die KAB stets als unzureichend abgelehnt, weil es die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat trotz gleicher Kopfzahl im Konfliktfall immer unterliegen lasse. Es sei unerträglich, wenn der FDP-Vorsitzende Genscher das 1976er Gesetz heute als das fortschrittlichste und freiheitlichste" Mitbestimmungsgesetz verteidige und jegliche Sicherung der Montanmitbestimmung kategorisch ablehne. Der Vorgang bei Mannesmann macht erneut eindrucksvoll deutlich, daß die derzeit geltenden Mitbestimmungsgesetze noch längst nicht dem sozial-ethischen Anspruch genügen, wonach den im Unternehmen arbeitenden Menschen mindestens der gleiche Einfluß eingeräumt werden muß wie den Kapitaleignern. Als mittelfristiges politisches Ziel bezeichnete Alfons Müller die Übertragung der Montan-Mitbestimmungsregelung auf all die Unternehmen, die heute vom Mitbestimmungsgesetz 1976 erfaßt würden. Langfristig werden die anstehenden Probleme nur durch eine neue Unternehmensverfassung auf der Grundlage von Partnerschaft und Parität, die den Arbeitnehmer zum Mitglied des Unternehmens macht, dazu führen, daß die Soziale Marktwirtschaft und der soziale Frieden erhalten bleiben. Hierfür wird sich die KAB in besonderer Weise einsetzen. 3. Metall Pressedienst vom 3. Juli 1980* Außerordentliche Stahlkonferenz der IG Metall am 3. Juli 1980 in Dortmund Rudolf Judith: Wegfall der Montan-Mitbestimmung bei Mannesmann durch Beschluß der Hauptverwaltung möglich Nach Ansicht der IG Metall sei es nicht auszuschließen, daß Mannesmann durch den Beschluß einer Hauptversammlung die Konzernumstrukturierung herbeiführe, die den * Herausgegeben von der Pressestelle der IG Metall 551

Wegfall der Montan-Mitbestimmung an der Konzernspitze zur Folge hat. Das geltende Unternehmensrecht ermögliche, daß eine außerordentliche Hauptversammlung diese Entscheidung treffen könne, auch wenn der Aufsichtsrat seine Zustimmung verweigere. Das erklärte das geschäftsführende Vorstandsmitglied der IG Metall, Rudolf Judith, vor Funktionären seiner Gewerkschaft aus dem Bereich der Eisen- und Stahlindustrie am Donnerstag in Dortmund. Die IG Metall werte die Mannesmann- Pläne als Angriff der Unternehmer auf die Montan-Mitbestimmung. Würde es Mannesmann gelingen, aus der Montan-Mitbestimmung auszubrechen, käme das einem mitbestimmungspolitischen Dammbruch gleich, sagte Judith: Thyssen, Krupp, Klöckner und die Salzgitter AG wären die nächsten. Die Montan-Mitbestimmung sei schon immer ein Dorn im Auge der Unternehmer gewesen. Der erneute Vorstoß der Mannesmann AG reihe sich nahtlos in die bisherigen Angriffe der Unternehmer ein. Seit 1947 müßten die Arbeitnehmer das Montan-Mitbestimmungsmodell verteidigen. 1956 sei nach der Arbeitsniederlegung von 800 000 Beschäftigten im Montanbereich eine Ergänzungsnovelle zum Montan-Mitbestimmungsgesetz verabschiedet worden. Nie seien die Arbeitnehmer bereit gewesen, ihre einmal erkämpften Rechte preiszugeben. Aufgrund des hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrades der Belegschaften in den Eisen- und Stahlbetrieben sei es immer wieder gelungen, den Arbeitnehmereinfluß in den betroffenen Unternehmen weitgehend zu erhalten. Durch eine offensive Vertragspolitik habe die IG Metall versucht, dem Ausbluten der qualifizierten Mitbestimmung gegenzusteuern. Mit Hilfe der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten, den Betriebsräten und Vertrauensleuten seien die Unternehmer gezwungen worden, vertragliche Mitbestimmungsregelungen zu akzeptieren, die bei Wegfall der Voraussetzungen des Montan- Mitbestimmungsgesetzes die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer sicherten. Eine noch so gute Vertragspolitik könne jedoch eine gesetzliche Regelung auf Dauer nicht ersetzen, erklärte Judith. Für die IG Metall sei die Frage der Sicherung der Montan-Mitbestimmung der Prüfstein für die Bundestagswahl am 5. Oktober. Wörtlich sagte er: Wir werden die politischen Parteien an ihren Taten messen und den Arbeitnehmern sagen, wer für oder gegen sie arbeitet." Für die IG Metall gebe es in dieser Frage keine parteipolitische Neutralität. Mit der Verabschiedung der Mitbestimmungsregelung 76 sei der Fortbestand des Montan-Mitbestimmungsgesetzes gesichert worden. Jetzt müsse der Gesetzgeber handeln, um seine gegebene Zusage einzuhalten. [... ] Eugen Loderer: Unser Ziel ist nach wie vor die Demokratisierung der Wirtschaft Demontageabsichten nach dem 2. Weltkrieg durch Stahlarbeiter verhindert Das Ziel der Gewerkschaften bestehe nicht nur darin, einen Abbau bestehender Rechte zu verhindern, sondern die weitere Demokratisierung der Wirtschaft voranzutreiben. Dies erklärte der 1. Vorsitzende der IG Metall, Eugen Loderer, im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um die Montan-Mitbestimmung auf der außerordentlichen Stahlkonferenz seiner Organisation in Dortmund. Loderer machte deutlich, daß es in dieser Auseinandersetzung nicht nur um die qualifizierte Mitbestimmung in der Eisen- und Stahlindustrie gehe, sondern auch darum, die Zukunft der Mitbestimmung politisch offenzuhalten". Loderer wörtlich: Wir müssen das Faustpfand für eine umfassende Demokratisierung der Wirtschaft verteidigen und für ihren weiteren Ausbau nutzen. Wir müssen den Fuß in der Tür behalten für eine Neuordnung der Wirtschaft." Die Pläne des Mannesmann-Vorstandes erschienen, so Loderer,wie eine Nacht-und- Nebel-Aktion", mit der die Montan-Mitbestimmung aus einem der großen deutschen Montanunternehmen entfernt werden solle. Dagegen gelte es alle Kräfte zu mobilisieren. 552

Loderer betonte, daß die Montanmitbestimmung das bisher weitestgehende Ergebnis der jahrzehntelangen Kämpfe der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften um Mitsprache- und Mitwirkungsrechte in Wirtschaft und Gesellschaft" sei. Die Montanmitbestimmung ist für uns unersetzlich." Im Zusammenhang mit der Entstehung der Montanmitbestimmung nach dem 2. Weltkrieg verwies Loderer darauf, daß die Arbeitnehmer unter schwierigen Bedingungen und Entbehrungen kriegszerstörte Betriebe wiederaufbauten, während, so Loderer wörtlich, viele Industrielle, auch damals Verantwortliche von Mannesmann, auf der Suche nach Persil-Scheinen waren". Es seien Gewerkschafter gewesen, die die Demontageabsichten der Besatzungsmächte verhinderten, so zum Beispiel als die Stahlarbeiter in Salzgitter die Zündschnüre aus den Sprengschächten rissen und so die Vernichtung ihrer Arbeitsplätze stoppten sowie die Existenz der Stahlindustrie überhaupt erst sicherten. Die Montan-Mitbestimmung sei das Ergebnis des Kampfes der Arbeitnehmer beim Wiederaufbau der Betriebe nach dem Krieg für ihr Recht auf Arbeit, für menschenwürdige Arbeitsbedingungen und für Demokratie auch hinter den Werkstoren". Es sei sicher kein Zufall, daß Mannesmann immer an der Spitze derjenigen stand, die in den vergangenen Jahrzehnten versucht 553