Protokoll. Expertengespräch Corporate Social Responsibility (CSR)

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Transkript:

Protokoll Expertengespräch Corporate Social Responsibility (CSR) Begrüßung: 24. November 2005 Haus Huth, Potsdamer Platz Dr. Michael Inacker (Leiter Politik und Außenbeziehungen, DaimlerChrysler AG) und Dr. Dierk Müller (General Manager, American Chamber of Commerce in Germany e.v.) eröffnen den Diskussionsnachmittag. Dr. Inacker betont, dass CSR in Deutschland noch vielerorts Scheckbuchdiplomatie sei. Er fordert einen Weg hin zu einem breiteren Ansatz, der CSR in das Kerngeschäft der Unternehmen übernimmt. Ein Unternehmen sei eben nicht schon sozial, indem es Arbeitsplätze schafft und gelegentlich spendet. Hinsichtlich der transatlantischen Perspektive warnt er davor, den deutsch-amerikanischen CSR-Einsatz über einen Kamm zu scheren. Die Kernaussage von Dr. Müller ist, dass es in der Politik nach wie vor Wissenslücken beim Thema globale Wirtschaftszusammenhänge gibt sowie auch umgekehrt. Für das positive Voranschreiten von CSR sei es notwendig, eben diese Wissenslücken zu füllen. Impulsreferat: Unternehmensreputation als Erfolgsfaktor Prof. Dr. Joachim Schwalbach (Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin). 1. Gesprächsrunde: Bestandsaufnahme und Kommunikation von CSR in Deutschland Eingangsreferat: Norbert Krüger, Ford-Werke GmbH: CSR-Erfahrungen aus transatlantischer Perspektive Moderation: Dr. Johannes Bohnen (Atlantische Initiative) 1

In der Gesprächsrunde herrscht schnell Übereinstimmung, dass eine genaue Differenzierung der Begriffe oder gar eine (deutsche) Festlegung auf einen bestimmten Begriff die Debatte nicht weiter bringt: Jedes Unternehmen betitelt zu Recht sein gesellschaftliches Engagement mit einem anderen Namen. Denn es kommt auf die Inhalte an, nicht auf die Verpackung. Außerdem wird hinsichtlich des Unterschieds zwischen den USA und Deutschland mit viel Zustimmung festgestellt, dass es in den Vereinigten Staaten seit langem einen kontinuierlichen CSR/CC-Prozess gibt, der ein fester Bestandteil des amerikanischen gesellschaftspolitischen Lebens ist. In Deutschland gibt es diese Selbstverständlichkeit (noch) nicht. Im weiteren Verlauf stehen zwei Diskussionspunkte im Mittelpunkt: a) Kommunikation nach außen: Die Skepsis der Deutschen als Hemmschuh In Deutschland hat auch die Gesellschaft einen großen Nachholbedarf beim Thema CSR/CC. Die pauschale negative Kritik an global operierenden Unternehmen (siehe Heuschrecken-Debatte ) und das Unwissen über das gesellschaftliche Engagement der Wirtschaft ist groß. Darüber hinaus muss die breite Bevölkerung intensiver über volkswirtschaftliche Zusammenhänge aufgeklärt werden. Die Firmen tun gut daran, wenn sie ihr gesellschaftliches Engagement in der Öffentlichkeit zeigen. In Deutschland gibt es viel unternehmerisches Engagement vor Ort, es wird aber nicht professionell vermarktet wie in den USA. Auch die Medien sind angehalten, konstruktiv-wohlmeinend zu berichten. Außerdem muss grundlegend die Frage geklärt werden: Was sollte der Staat tun, was kann die Wirtschaft tun? In jedem Fall sollte sich die Politik stärker einbringen und für die Popularität des Themas offensiv werben. In diesem Zusammenhang wird auch diskutiert, dass es schwierig ist, besonders im stark regulierten und staatsfixierten Deutschland, als Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, wenn letztlich die Legitimation durch die Politik fehlt. Das Engagement von Microsoft, Schulen zu unterstützen, wird hier als Beispiel genannt. Daher sind Partnerschaften mit dem zivilgesellschaftlichen Bereich sehr wichtig. Resumé: Unternehmen und Politik müssen an einem Strang ziehen! 2

b) Kommunikation nach innen: Strategische Herangehensweise notwendig Übereinstimmung, dass man klare Strategien entwickeln muss. Kommunikation nach innen (Stakeholder und Mitarbeiter) gibt es bislang kaum. Die Beziehung zu den Stakeholdern ist sehr wichtig. Aber auch die Kunden möchten Antworten auf ihre Fragen nach Art und Umfang des gesellschaftlichen Engagements von Unternehmen haben. Auch wird diskutiert, dass Mitarbeiter bei dem Thema mitgenommen werden müssen. Mitarbeiter sind stolz auf ihr Unternehmen, wenn es sich sinnvoll und sozial engagiert. Weiche Faktoren spielen für sie eine große Rolle. Mitarbeiterzufriedenheit hängt mit dem öffentlichen Bild/Beliebtheit der Firma sehr eng zusammen. Vorbildfunktion der Unternehmen (vor allem der globalen) im Sinne eines ausgeprägten Werteverständnisses. Eine Verankerung in der Region und die Vernetzung mit der Politik sind wichtig. Notwendig ist die Auseinandersetzung mit der Frage: Wer sind die Stakeholder/Shareholder? Sind sie deutsch oder amerikanisch? Zuletzt wird die Problematik diskutiert, dass die Unternehmensspitze sich mit ihren CSR-Tätigkeiten legitimieren muss und das Thema Evaluation daher immer wichtiger wird. Viele Teilnehmer wünschen sich neue Evaluationstools, die den Erfolg von CSR mit Zahlen belegen können. Die Ansätze von Herrn Krüger (Ford-Werke GmbH) wurden in diesem Zusammenhang als sehr hilfreich erachtet. Resumé: Für eine erfolgreiche Umsetzung von CSR-Massnahmen (auch i.s.d. Unternehmenswertes) muss eine langfristige und strategische Kommunikation nach innen angedacht werden. 2. Gesprächsrunde: Herausforderung CSR-Reporting Moderation: Dr. Norbert Otten (DaimlerChrysler AG) Die Teilnehmer sind sich einig, dass es bei den Anforderungen an das Reporting ein schwer zu beherrschendes Durcheinander gibt. 3

Professor Schwalbach erläutert, dass eine konsistente Berichterstattung notwendig sei und dass CSR-Reporting nicht länger vom Geschäftsbericht getrennt werden sollte. Spezialberichte würden wenig Sinn machen, denn sie haben keine echte Wirkung. Sie müssten im Zusammenhang gedacht und geschrieben werden. Es wird außerdem die Frage aufgeworfen und nicht gelöst, ob es Sinn macht branchenspezifische Richtlinien zu haben. Glaubwürdigkeit ist ein sensibles Thema Beispiel ist der Shell-Gegenreport. Es herrscht zuweilen Unsicherheit darüber, ob man für die Shareholder oder Stakeholder schreiben soll. Standards: o In der Diskussion zeigt sich, dass keine verpflichtenden Standards oder DIN- Normen erwünscht sind, denn CSR ist keine Buchhaltung. Wettbewerb ist fruchtbarer. o Die Teilnehmer stimmen aber darin überein, dass eine gewisse freiwillige Standardisierung notwendig ist, da sie den Unternehmen Orientierung bietet. o Allerdings gibt es noch keine konkreten Ideen und Vorstellungen, wie diese Standardisierung auszusehen hat. Die vier Indices von Ford werden als eine Möglichkeit zur Standardisierung genannt. Dow Jones Sustainability Index: Deutsche Unternehmen vermarkten sich zu schlecht, denn einige gehören im Ranking viel weiter nach Oben. Deutsche Eigenart: Man spricht in vermeintlich heldenhafter Manier ungern davon, was man macht! In Deutschland sollte sich die Einstellung: Tue Gutes und profitiere davon! mehr durchsetzen. Es kommt Interesse an der Frage auf, in welchem Bereich die Unternehmen kollaborieren könnten. Eine befriedigende Antwort wird jedoch nicht gefunden. Resumé: Freiwilligkeit soll erhalten bleiben, erwünscht ist ein Standardrahmen für die Orientierung. 4

3. Gesprächsrunde: CSR weltweit Unternehmen als Global Corporate Citizen Moderation: Jan-Friedrich Kallmorgen (Atlantische Initiative) Die Verbindlichkeit des Global Compacts ist wichtig. Doch die Frage bleibt: Wie lässt sich die Verbindlichkeit organisieren? Global Compact sollte den Status einer Charta erhalten, damit er verbindlicher wird. Die UN denkt jedoch in anderen Zeitspannen Global Compact als Charta u. U. erst 2025. Wer prüft das Engagement in den Nicht-Industriestaaten und welche Sanktionsmöglichkeiten gibt es? Resumé: Noch ein langer Weg bis zur Verbindlichkeit des Global Compacts und zu Sanktionsmöglichkeiten seitens der UNO 5