Krise der Männlichkeit? Männer im Gleichstellungsprozess Bad Pirawarth, 16.11.2012 Christian Scambor
Das Lied von der Glocke (Schiller, 1799) Betrachtungen über das Leben Vorstellung vom Lebensverlauf im Bürgertum Bilder von Mann / Frau
"Ich-Zeit" Eintritt in Austritt aus Berufsleben Arbeit Berufsleben durchgehende Vollzeitstelle bei 1 Arbeitgeber Hinaufklettern der Karriereleiter Ruhestand Ausbildung Aufbau von Vermögen Gründung eines eigenen Haushalts, Hausbau Leben mit eigener Familie Leben mit Heirat, lebenslange Partnerschaft Herkunftsfamilie Geburt eigene Kinder Eigene Kinder Geburt Enkel ziehen aus 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90
Männliche Sozialisation läuft auf Externalisierung hinaus (Böhnisch, 2004) Nach außen gerichtet (Handeln) Abwehr selbstbezogener Gefühle Abspaltung von Hilflosigkeit Brüchige Innenseite Zurichtung
Wozu? Gesellschaften schaffen sich jene Identitäten, die sie für ihr Funktionieren brauchen Armee männlicher (Industrie-)Soldaten mit weiblichem Versorgungstross
Breadwinner-Muster Traditionelle Variante: Mann bezahlte Erwerbsarbeit Frau unbezahlte Haus- und Familienarbeit Modernisierte Varianten: Mann häufiger relativ hoch bezahlte (=bewertete) Tätigkeit (z.b. Technik; bestimmte Dienstleistungen etc.) und seltener betreuende Dienstleistungen; körperfern ; Vollzeit; bezahlte Arbeit; weniger unbezahlte Arbeit Frau häufiger relativ niedrig bezahlte (=bewertete) Tätigkeit, z.b. betreuende Dienstleistungen: Kinderbetreuung, Pflegedienste, etc.; körpernah ; Teilzeit etc.; mehr unbezahlte Arbeit; Zuverdienst Diese Muster lassen sich häufig finden... Unterschiede nach Ländern!
Vergesellschaftung Männer und Frauen sind unterschiedlich vergesellschaftet Ungleiche Verteilung von Arbeit, Macht, Privat- und Erwerbssphäre Die doppelte Vergesellschaftung über Erwerbsarbeit und Reproduktionsarbeit betrifft Frauen mehr als Männer (Becker- Schmidt, 2003) Männer werden einseitig auf Erwerbsarbeit hin sozialisiert Geschlechts-spezifische Sozialisation erzeugt tief eingeschriebene Muster mit Auswirkungen auf alle Lebensbereiche
Unter neuen Bedingungen können alte Selbstkonzepte zur Hypothek werden! Arbeitswelt: Diskontinuierliche Erwerbsverläufe Produktion Dienstleistung Kommunikation Partnerschaften: Geänderte Erwartungen von Frauen (Meuser, 2000) Bildung: Gesundheit: Scheidungsraten 40-50% Ständige Entwertung des Erreichten ; LLL Investment, Zukunftsvorsorge
Hinterfragung von Männlichkeit 70er/80er Frauenbewegung Schwulenbewegung Männergruppen an Universitäten Zeitschriften (Brothers Against Sexism; Men s News; Achilles Heel) Männerforschung
Hinterfragung von Männlichkeit Themen: Männer als Gender Gewalt Homophobie Einseitige Sozialisation Gesundheit Beziehungen Sexualität
Veränderungen Männerstudien in Deutschland und Österreich: Zulehner, Slama, Volz Österreich: 1994-2003 (Veröffentlichungen) Deutschland: 1999-2009 (Veröffentlichungen) Männer und Frauen befragt Einstellungen zu Geschlechterrollen Typen ( traditionell, pragmatisch, unbestimmt, modern )
Veränderungen, Österreich Zulehner, 2003, S. 23 Männer 1992 2002 Traditionell 24% 17% Pragmatisch 23% 18% Unbestimmt 39% 42% Modern 14% 23% Frauen 1992 2002 Traditionell 22% 11% Pragmatisch 30% 21% Unbestimmt 27% 31% Modern 20% 37%
Haushalt Frauen sind in der Versorgung, im Sozialen wie im Häuslichen engagiert, Männer im Technisch-Praktischen. Frauen machen die Überlebensarbeit (Versorgung, Soziales, Häusliches), Männer schaffen Rahmenbedingungen und kümmern sich um die Infrastruktur. (Volz & Zulehner, 2009, S. 129)
Tätigkeiten mit Kindern Väter-Literatur boomt. Das Thema ist in... Die Datenlage ist ambivalent. Im Umgang mit Kindern hat sich bei den Befragten in den letzten zehn Jahren kaum etwas geändert... Zudem machen Frauen 2008 nach wie vor deutlich mehr mit Kindern als Männer. Einzige Ausnahme: Sport treiben. Beim Spielen und beim Spazierengehen können die Männer mit den Frauen mithalten, nicht aber, wenn es um das Hegen und Pflegen geht: kuscheln, trösten, ins Bett bringen, bei Krankheit pflegen, waschen, aufs Klo setzen. (Volz & Zulehner, 2009, S. 90f.)
Als ob-veränderungen Populärkultur, symbolische Ebene: neue Männer-/ Frauen-Bilder; Lara Croft, David Beckham; Kosmetikindustrie, Mode (Böhnisch, 2004) ( Post-feministische Maskerade, McRobbie, 2010) Arbeit, Alltag: Probleme bestehen weiterhin Vereinbarkeit, Pay Gap, Totale Verfügbarkeit (Böhnisch, 2004)
Was spricht für Veränderung von Männern in Richtung mehr Geschlechter-Gleichstellung? Projekt The Role of Men in Gender Equality (2011-2012) www.roleofmen.eu Arbeit Care Bildung Gesundheit Gewalt Politische Repräsentation
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Quellen Becker-Schmidt, R. (2003). Zur doppelten Vergesellschaftung von Frauen. Soziologische Grundlegung, empirische Rekonstruktion. Online im Internet: http://web.fuberlin.de/gpo/pdf/becker_schmidt/becker_schmidt_ohne.pdf [7.11.2012]. Böhnisch, L. (2004). Männliche Sozialisation. Eine Einführung. Weinheim: Juventa. McRobbie, A. (2010). Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Meuser, M. (2000). Perspektiven einer Soziologie der Männlichkeit. In D. Janshen (Hrsg.), Blickwechsel. Der neue Dialog zwischen Frauen- und Männerforschung (S. 47-79). Frankfurt/Main: Campus. Volz, R. & Zulehner, P.M. (2009). Männer in Bewegung. Zehn Jahre Männerentwicklung in Deutschland. Baden-Baden: Nomos. Zulehner, P.M. (2003) (Hrsg.). MannsBilder. Ein Jahrzehnt Männerentwicklung. Ostfildern: Schwabenverlag. Zulehner, P.M. & Slama, A. (1994). Österreichs Männer unterwegs zum neuen Mann? Wie Österreichs Männer sich selbst sehen und wie die Frauen sie einschätzen. Wien: Österreichisches Bundesministerium für Jugend und Familie. Zulehner, P.M. & Volz, R. (1999). Männer im Aufbruch. Ostfildern: Schwabenverlag.