Zeitschrift der Sternfreunde Münster E.V.

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Transkript:

Zeitschrift der Sternfreunde Münster E.V. V V 21. Jahrgang 2008 Nr. 2 Aus dem Inhalt:: Ein virtueller Planetenweg AufSchalke Die Gezeiten II Mt. Tam Star Party 3.- Euro

Andromeda 2/08 Inhalt Editorial... 4 Deep-Sky CCD-Astrofotografie III...... 5 Sternfreunde intern... 6 Internationales Jahr der Astronomie 2009... 7 Die Gezeiten II... 8 Bildnachweise... 17 Öffentliche Beobachtung: Mt. Tam Star Party... 18 Einladung zum 9. Astroseminar der Kernphysik... 20 Berlin-Exkursion der Sternfreunde Münster 12.-14. Oktober 2007 III... 21 Ein virtueller Planetenweg AufSchalke... 28 Öffentliche Termine der Sternfreunde... 33 Was? Wann? Wo?... 34 Für namentlich gekennzeichnete Artikel sind die Autoren verantwortlich. Impressum Herausgeber: Sternfreunde Münster e. V. Sentruper Straße 285, 48161 Münster Redaktion: Kontakt: Benno Balsfulland, Wolfgang Domberger, Michael Dütting, Ewald Segna (V.i.S.d.P.), Hermann Soester, Wolf Steinle, Philipp Stratmann Jürgen Stockel, Haus Angelmodde 6 a, 48167 Münster 02506/2131 Auflage: 200 / August 2008 Titelbild: Observatorium auf dem Telegrafenberg - Michael Dütting 2. U-Seite: Merkur I - Aufnahmen der Messenger Raumsonde; NASA 3. U-Seite 9. Astroseminar der Kernphysik an der WWU Rückseite Merkur (II) in der Abenddämmerung - Klaus Kumbrink 3

2/08 Andromeda Editorial...und hallo... Ich weiß, Fortsetzungsgeschichten sind ein leidiges Thema, immer wieder, überall - auch in der Andromeda. Es hat schon viele Diskussionen im Redaktionsteam gegeben über das Für und Wider. Können wir es unseren Leserinnen / Lesern zumuten über mehrere Ausgaben gestreckt einen Artikel, ein Wissengebiet darzustellen. Ich bin der Meinung, dass ein Artikel über drei Ausgaben der Andromeda verteilt kein Problem für die Leserschaft darstellen sollte? Ich hoffe sogar, dass durch die Fortsetzungsgeschichten die eine oder andere ältere Ausgabe noch den Weg zu den Astrointeressierten finden wird. In dieser Ausgabe sind drei Fortsetzungsartikel zu finden. Zwei Themenkomplexe werden nun abgeschlossen. Die Berlin-Exkursion der Sternfreunde vom Oktober 2007 und die Einführung in die CCD-Astrofotografie von Gerd Neumann. Wie es auch ganz anders gehandhabt werden kann, haben die Sternfreunde aus Oldenburg in ihrer Vereinszeitung Urknall bewiesen: Der Artikel Urknall, Materie, Energie - Die Urknall- Theorie von Friedrich Leymann verteilt sich auf 26 Seiten (in Worten: sechsundzwanzig ;-))) - in einer Ausgabe! 4 Hut ab für diesen mutigen Schritt des Redaktionsteams. Ein weiteres Thema finde ich so wichtig, das ich es ins Editorial verlegt habe. Wie Sie vielleicht schon mitbekommen haben, wird im nächsten Jahr das Jahr der Astronomie stattfinden, nicht nur bundesweit, sondern weltweit! Dazu hat es von Seiten des Vorstandes der Sternfreunde Münster und des LWL Museum für Naturkunde, vertreten durch Herr Dr. Voss, ein erstes Treffen gegeben, bei dem verschiedene Aktivitäten für das kommende Jahr besprochen worden sind. Eine grobe Auflistung ist auf Seite 7 abgedruckt. Wie gesagt, es sind bisher nur Vorschläge, Vorschläge, die im Laufe der nächsten Wochen und Monate konkretisiert werden müssen. Festgezurrt ist noch nichts. Auch Sie können sich noch Gedanken über die Gestaltung der Aktivitäten machen. Lassen Sie uns aber daran teilhaben. Setzen Sie sich bitte mit dem Vorstand in Verbindung. Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge! Vorschläge sind die eine Seite der Medaille, die andere Seite ist die aktive Mitarbeit bei den Projekten, die demnächst beschlossen werden. Das Jahr der Astronomie ist ein Ereignis, dass wie schon gesagt weltweit stattfindet und so für einen ungeheuren Popularitätschub unseres Hobbys Astronomie sorgen wird. Lassen Sie uns an einem Strang ziehen. Machen Sie mit! Ewald Segna

Andromeda 2/08 Deep-Sky CCD-Astrofotografie III Gerd Neumann Im zweiten Teil erfuhren Sie, welche CCD-Kameras auf dem Markt sind, welche Unterscheidungsmerkmale die verschiedenen Modelle aufweisen und was Sie sonst noch alles beim Kauf einer Kamera berücksichtigen müssen. Der letzte Abschnitt beschäftigte sich mit der CCD-Kamera und dem praktischen Einsatz am Teleskop. Die Bearbeitung der Aufnahmen Software & Bildverarbeitung Die Bildverarbeitung am Rechner ist ein weites Feld, das den Rahmen dieser Artikelserie bei weitem sprengen würde. Im Abschnitt Literatur finden Sie Hinweise auf geeignete Bücher. Datenarchivierung Ihre Rohdaten sind wertvoll! Bewahren Sie alle Rohdaten sorgfältig auf, und sichern Sie sie regelmäßig auf CD, DVD oder ähnlichen Medien. Im Laufe der Zeit werden Ihre Kenntnisse in der Bildverarbeitung immer weiter zunehmen, vielleicht möchten Sie später ein Bild ganz anders bearbeiten 5 und darstellen als heute. Wenn Sie Ihre Rohdaten löschen, haben Sie keine Möglichkeit mehr, die Bilder neu zu bearbeiten. Entwickeln Sie ein System zur Ablage Ihrer Daten auf der Festplatte, in welchem Sie sich auch in ein paar Jahren noch zurecht finden. Literatur: Für den weiteren Einstieg in das Thema CCD-Astrofotografie gibt es eine Fülle von Publikationen. Insbesondere im Internet gibt es zu jedem der angesprochenen Themen reichlich Material - Google oder ähnliche Suchmaschinen helfen hier weiter. Weiterhin ist die CCD-Mailingliste der NAA ein sehr empfehlenswertes Forum zum Erfahrungsaustausch. Die vier unten aufgeführten Bücher kann ich aufgrund der ausführlichen Erläuterungen und Illustrationen besonders empfehlen. Insbesondere The new CCD Astronomy von Ron Wodaski ist ein wirklich gelungener Leitfaden durch die CCD Astrofotografie; weiterhin ist das Buch CCD-Astronomie in fünf Schritten als erstes wirklich fundiertes, deutschsprachiges Werk über CCD Astronomie besonders hervorzuheben. Bücherliste D. Rathledge; The Art and Science of CCD Astronomy; Springer (1997)

2/08 Andromeda P. Martinez, A. Klotz; A practical Guide to CCD Astronomy; Cambridge University Press (1998) R. Wodaski; The new CCD-astronomy; New Astronomy Press (2002) A. Martin, K. Kleemann-Böker; CCD Astronomie in fünf Schritten; Oculum Verlag (2004) Über den Autor: Gerd Neumann studierte an der TU Hamburg Harburg Maschinenbau. Seit 1995 beschäftigt er sich mit der CCD-Technik und versucht auch unter Münsteraner Himmel gute Deep-Sky Aufnahmen zu erstellen. Dieser Artikel erschien erstmals im SuW-Special Astrofotografie des Spektrum Verlages. 6 Sternfreunde intern Eintritte: Max Exner Termine: Perseiden: In der Nacht vom 11. auf den 12. August ist wieder mit verstärktem Sternschnuppenfall zu rechnen. 100 Meteore pro Stunde sind vorausgesagt. Die besten Beobachtungsbedingungen sind in den frühen Morgenstunden des 12.8. gegeben (allerdings stört der zunehmende Mond). Partielle Mondfinsternis am 16./17. August von 21:36 Uhr - 0:45 Uhr (MESZ). Eintritt des Mondes in den Kernschatten: 21:36 Uhr Mitte der Finsternis: 23:10 Uhr Austritt des Mondes aus dem Kernschatten: 0:45 Uhr Der Mond wird maximal zu 81% bedeckt. Öffentliche Beobachtung vor dem LWL Museum für Naturkunde. Pättkestour: Auch in diesem Jahr findet wieder unsere traditionelle Fahrradtour statt. Termin: 13. September um 14:00 Uhr bei Stephan. Alte Ausgaben Andromeda: Dank der Hilfe von Andreas Bügler können wir unseren Mitgliedern das Angebot machen, alte Ausgaben unserer Vereinszeitung Andromeda kostenfrei zu erhalten. Dazu ist es erforderlich, sich telefonisch oder per Mail mit dem Vorstand in Verbindung zu setzen. Die Hefte können dann nach Absprache bei mir zu den öffentlichen Treffen der Sternfreunde Münster am 2. Dienstag des Monats im LWL Museum für Naturkunde abgeholt werden. ES

Andromeda Internationales Jahr der Astronomie 2009 Vorab-Entwurf - Aktionsplan 2/08 1. Öffentliche Beobachtungen, monatlich oder ggfs. wöchentlich. 2. Reaktivierung des C14, Kooperation mit den Sternfreunden. 3. Vortragsreihe aktueller Sternenhimmel jedes Quartal. 4. Astro-Events bzw. Sonderveranstaltungen bzw. Themen-Abende : Eines je Quartal, jeweils ein anderes Thema, z. B.: Sonne, Mond, Sterne, Planeten. 5. Neue Vorführungen im Planetarium. 6. 100 Stunden der Astronomie (2.4. - 5.4.) / Tag der Astronomie (4.4.), Beobachtungen an jedem der 4 Tage! 7. Licht-aus-Aktion am 4.4. 8. Exkursionen, z. B.: Planeten-Fahrrad- Tour von Münster nach Osnabrück, Begleitung des Münster-Marathons als Planeten-Marathon, Beginn beim Neptun oder Pluto, Ende bei der Sonne. 9. Erweiterung / Neueröffnung Planetenweg: Neue Säule Jupiter : Am Aasee, kurz vor der Brücke (Kolde-Ring), Neue Säule Saturn : Am Aasee, etwa auf halbem Weg von der Brücke zum Innenstadt-Ende des Sees, Neue Säule Uranus : Auf dem Domplatz oder am Prinzipalmarkt, Neue Säule Neptun. 10. Kulturelle Woche Nicht astronomischer Vortrag z. B. kritisch über Astrologie. 11. Lesung, Hörspiel, Theater, Filmvorführung, Musik-Veranstaltung, Lasershow. z. B. Brecht - Leben des Galilei 12. Astronomie in der Schule: (2.-9. November: Woche der Schul- Astronomie). 13. Astronomie in die Öffentlichkeit tragen : Öffentliche Beobachtungen in der Innenstadt. 14. Ausstellungen im Museum, vor dem Planetariums-Eingang: Entweder mehrere, verschiedene Bilder- Ausstellungen (Mond, Planeten, Sterne oder z. B. Wanderausstellung zum Internationalen Heliophysikalischen Jahr. 15. Eigener Eintrag in den Halbjahresprogrammen des LWL Museum für Naturkunde sowie Plakate. 16. Ein Flyer führt alle Veranstaltungen im Detail auf. 17. Termine die es evtl. zu begleiten lohnt: - 40 Jahre Mondlandung (20. Juli) hier den Themen-Tag Mond plazieren? - LCROSS-Einschlag auf dem Mond (Februar oder März) - Mondfinsternis (31.12. 8%). 7

2/08 Andromeda Die Gezeiten II Norbert Bertels Im ersten Teil des Artikels (Andr. 1/08) wurde erläutert, wie die Gezeiten, also Fluten und Ebben, entstehen, die wir an den Küsten je zweimal pro Tag beobachten können. Sie werden verursacht durch Kräfte, die an allen Punkten der Erde wirken. Man nennt sie Gezeitenkräfte. Diese setzen sich zusammen aus zwei Anteilen, nämlich der Gravitationskraft, die der Mond auf den betrachteten Punkt der Erde ausübt, und der dortigen Zentrifugalkraft, welche durch die Drehbewegung des Systems Erde-Mond um den gemeinsamen Schwerpunkt hervorgerufen wird. Die Zentrifugalkräfte sind an allen Punkten der Erde gleich groß und gleich gerichtet, nämlich stets parallel zur Verbindungslinie Erde-Mond und vom Mond weg weisend. Die Gezeitenkräfte an der Erdoberfläche lassen sich zerlegen in zwei Komponenten, eine tangential zur Erdoberfläche und die andere senkrecht dazu. Die senkrechten Komponenten sind auf das Zentrum der Erde gerichtet oder genau entgegengesetzt. Sie tragen zur Bildung der Fluten nicht bei, weil sie sehr klein gegenüber den Schwerkräften der Erde sind, die an den betrachteten Punkten ja ebenfalls wirken und immer auf das Zentrum der Erde gerichtet sind. Die tangentialen Komponenten der Gezeitenkräfte sind zwar auch sehr klein, doch können sie ungestört wirken. Sie setzen die Wasserteilchen der Weltmeere in Bewegung und zwar in Richtung Mond, wenn ihr Abstand zu ihm kleiner ist als die Distanz Erdmittelpunkt-Mond, oder in genau entgegengesetzter Richtung, wenn ihr Abstand zum Mond größer ist als jene Distanz. Auf diese Weise entstehen die Flutberge. Dabei werden gewaltige Wassermassen bewegt, so dass Tidenhübe von rd. ± 35 cm auf den freien Ozeanen und bis zu 15 m in Küstenregionen erreicht werden. An den Orten der Erdoberfläche, von denen die Wasserteilchen weggetrieben werden, entstehen Ebben. Auch die Sonne wirkt an der Bildung der Gezeiten mit. Ihre Wirkung ist jedoch weniger als halb so groß wie die durch den Mond. Dennoch ist ihr Einfluss spürbar. Wenn Erde, Mond und Sonne ungefähr auf einer Linie liegen - das ist der Fall bei Voll- und bei Neumond -, addieren sich die Wirkungen von Mond und Sonne und es kommt zu Springfluten; bei Halbmond subtrahieren sie sich und es kommt zu Nippfluten. Die Gezeitenkräfte wirken nicht nur auf die Wasserflächen der Erde, sondern auch auf die Erdkruste, die ja elastisch verformbar ist. Die Tiden der Verformungen betragen bis zu ± 30 cm. 8

Andromeda Langfristige Auswirkungen Nun wird dargestellt, was das tägliche Wandern der zwei Flutberge um die Erde in sehr langen Zeiträumen bewirkt. Durch die Bewegung des Wassers entlang der Meeresböden, der Küstenformationen der Kontinente und durch die Verformungen der Erdkruste kommt es zu Erwärmungen und Reibungswirkungen, die eine langsame, ständige Abbremsung der Eigendrehung der Erde um sich selbst verursachen: die Erde verliert Drehimpuls und die Tage werden somit länger. Auch für das System Erde-Mond gilt der Satz von der Erhaltung des Gesamtdrehimpulses. Das hat, wie wir sehen werden, zur Folge, dass sich der Mond von der Erde entfernt und seine Umlaufzeit um die Erde zunimmt. 2/08 Wir wollen uns zunächst ansehen, welche Wirkungen das Abbremsen der Eigendrehung der Erde auf den Mond hat und betrachten dazu Bild 8, das im oberen Bildteil das System Erde-Mond darstellt und im unteren eine separate Vergrößerung nur des Mondbereiches. Wir schauen auf den Nordpol der Erde und machen - wie schon im ersten Teil des Artikels - zur Vereinfachung die Annahme, dass die Mondbahn eine Kreisbahn in der Äquatorialebene sei. Die beiden Flutberge sind stark übertrieben gezeichnet. Der rechte, dem Mond zugewandte Flutberg liegt nicht genau auf der Verbindungslinie Erde-Mond und der linke, vom Mond abgewandte Flutberg ebenfalls nicht. 9

2/08 Andromeda Beide sind etwas in Drehrichtung der Erde verschoben, was durch die Reibungswirkungen verursacht wird. Man kann auch sagen, dass die Flutberge durch die Drehung der Erde etwas mitgerissen werden. Auf die Massen der beiden Flutberge wirkt der Mond mit seiner Gravitation. Man kann sich einen Schwerpunkt für jeden der beiden Flutberge vorstellen, an dem die Gravitationskräfte jeweils angreifen, hier dargestellt durch F 1 und F 2. Da der Schwerpunkt des rechten Flutberges näher zum Mond liegt als derjenige des linken, ist F 1 größer als F 2. Diese beiden Kräfte tragen dazu bei, dass die Eigendrehung der Erde abgebremst wird. Die Massen der Flutberge wirken nun andererseits mit ihrer Gravitation auf den Mond. Die zugeordneten Kräfte sind genau so groß wie F 1 und F 2, nur entgegengesetzt gerichtet. Sie sind deshalb mit -F 1 und -F 2 bezeichnet. Nun lassen sich beide Kräfte aufteilen in je eine Komponente auf der Verbindungslinie Erde-Mond und je eine senkrecht dazu, hier mit -F 1t und -F 2t bezeichnet. Die Komponenten auf der Verbindungslinie Erde-Mond verstärken geringfügig die Gravitationskraft zwischen Erde und Mond und sind nicht von besonderer Bedeutung. Die dazu senkrechten Komponenten -F 1t und -F 2t sind zueinander entgegengesetzt gerichtet. Die resultierende Kraft hat den Betrag F 1t - F 2t und ist stets tangential zur Mondbahn in Richtung der Bewegung des Mondes gerichtet. Sie ist zwar klein, wirkt jedoch ständig auf den Mond und seine Drehbewegung auf seiner Bahn um die Erde. Das hat zur Folge, dass der Bahndrehimpuls des Mondes größer wird und somit der Abstand Erde-Mond und die Umlaufzeit des Mondes zunehmen. Die Kraft F 1t - F 2t kann man vergleichen mit der Kraft, die ein Raketenantrieb einer Raumsonde auf die Sonde ausübt. Die Raumsonde soll sich auf einer kreisförmigen Umlaufbahn um die Erde befinden, der Antrieb sei abgeschaltet. Die Raumsonde wird sich weiter auf dieser Umlaufbahn bewegen. Wenn nun der Kommandant den Antrieb einschaltet, wirkt die Kraft des Antriebs auf die Sonde, die dadurch auf eine höhere Umlaufbahn gelangt. Der Abstand Erde-Sonde wird größer. Da auch hier das 3. Keplersche Gesetz (s. u.) gilt, wird somit auch die Umlaufzeit größer. Nun wollen wir abschätzen, wie lange es dauert, bis der Prozess des Entfernens des Mondes von der Erde beendet ist. Dieser Zeitpunkt ist dann erreicht, wenn durch die Abbremsung die Umdrehungsgeschwindigkeit der Erde um sich selbst so weit abgenommen hat, dass sie genau so groß ist wie diejenige des Systems Erde-Mond bei seiner Drehung um den gemeinsamen Schwerpunkt. Man spricht in diesem Fall von einer gebundenen Rotation. Die Erde 10

Andromeda wendet dann dem Mond immer die gleiche Seite zu - der Mond zeigt uns ja schon seit langer Zeit immer die gleiche Seite. Doch dann sehen wir den Mond immer an der gleichen Stelle, wenn wir auf der ihm zugewandten Seite der Erde wohnen. Menschen, die auf der dem Mond abgewandten Erdhälfte leben, müssten dann eine große Reise auf die andere Seite unternehmen, um einmal den Mond zu sehen. Das Beobachten setzt natürlich voraus, dass es zu diesem Zeitpunkt noch Menschen auf der Erde gibt. Die Flutberge bewegen sich dann nicht mehr um die Erde, sie liegen immer auf der Verbindungslinie Erde-Mond. Die Kraft F 1t - F 2t existiert nicht mehr. Wie viele Jahre werden bis zum Erreichen dieses Zeitpunktes verstrichen sein? Wir wissen, dass die Erde für eine Drehung um sich selbst in 100 Jahren 1,64 Millisekunden länger braucht als heute; das sind in 100.000 Jahren 1,64 Sekunden. Bis der Zustand der gebundenen Rotation erreicht ist, werden also sehr viele Jahre vergehen. In der Fachliteratur findet man folgende Angaben: eine, zwei, drei oder gar zehn Milliarden Jahre. Die Unterschiede ergeben sich aus den Modellen, die die Autoren ihren Berechnungen jeweils zugrunde gelegt haben. Wir entscheiden uns aus praktischen Gründen bei unseren weiteren Überlegungen für einen Zeitraum von drei Milliarden Jahren und begründen diese Entscheidung gleich. 2/08 Wir können auch einen Blick in die Vergangenheit werfen, in der sich die Erde schneller gedreht haben muss als heute. Wenn wir mit dem genannten Wert einer Tageslängenzunahme von 1,64 Millisekunden in 100 Jahren auf die Zeit vor 400 Millionen Jahren extrapolieren, ergibt sich eine Tageslänge von 22 Stunden und eine Jahreslänge von 400 Tagen, da sich die Dauer des Umlaufs der Erde um die Sonne nicht ändert. Nun haben die Paläontologen Wells und Scrutton 1963 festgestellt, dass Kalkgehäuse von Korallen, die in Meeren mit starken Gezeiten leben, feine Bänderstrukturen aufweisen, die den Perioden des Jahres, des Monats und des Tages entsprechen. Bei Untersuchungen von versteinerten Korallen aus der Devonzeit, die also vor rd. 400 Millionen Jahren gelebt haben, wurden ebenfalls solche Bänderstrukturen festgestellt, aus denen Tageslängen von 22 Stunden und Jahre mit 400 Tagen ermittelt wurden. Durch diese Untersuchungen wird unsere obige Extrapolation also bestätigt. Ob solche linearen Extrapolationen auch für eine noch fernere Vergangenheit oder für geologische Zeiträume in sehr ferner Zukunft angewandt werden können, ist nicht sicher. Die Stärke der Gezeitenreibung könnte sich in so langen Zeiträumen durch Strukturveränderungen der Meere und der Kontinente erheblich ändern. Dennoch wollen wir 11

2/08 Andromeda von einem linearen Prozess ausgehen. Wir wollen jetzt den Abstand Erde- Mond und die Umlaufzeit des Mondes für den Zustand der gebundenen Rotation berechnen. In der Mechanik gilt der Satz von der Erhaltung des Gesamtdrehimpulses L Ges, der sich in unserem Fall zusammensetzt aus dem Eigendrehimpuls S E der Erde, dem Bahndrehimpuls L EM des Systems Erde-Mond bei seiner Bewegung um den gemeinsamen Schwerpunkt und dem Eigendrehimpuls S M des Mondes. Wir unterstellen, dass der Drehsinn der Eigenrotationen und der Bahnbewegung gleich sein soll, oder anders ausgedrückt, dass die Vektoren der Eigendrehimpulse S E und S M von Erde bzw. Mond und der Bahndrehimpuls L EM des Systems Erde-Mond parallel zueinander sind und die gleiche Richtung aufweisen. Als Bezugssystem wählen wir den Fixsternhimmel. Für den Zeitpunkt heute gilt der Index 1 und für den Zeitpunkt der gebundenen Rotation der Index 2. Somit lautet der Erhaltungssatz L Ges = S E1 + L EM1 + S M1 = S E2 + L EM2 + S M2. (7) Damit wir die einzelnen Drehimpulse bewerten können, berechnen wir sie. a.) Heutiger Eigendrehimpuls S E1 der Erde: Unter der Annahme, dass die Erde eine homogene Kugel ist, gilt:, (8) wobei J E das Trägheitsmoment der Erde und ω E1 ihre heutige Winkelgeschwindigkeit ist, die ja mit der heutigen Tageslänge T E1 von 23h 56m 4s für eine volle Erdumdrehung über die Beziehung ω E1 = 2π/T E1 verknüpft ist; M E = 5,97 * 10 24 kg ist die Masse der Erde und R E = 6380 km ihr Radius. Nun ist die Erde aber keine homogene Kugel. Die Dichte der oberen Erdkruste beträgt 2,84 g/cm 3, sie steigt in Richtung Erdkern zum Teil sprunghaft an und beträgt im Kern 12,5 g/cm 3. Anstelle des Faktors 2/5 = 0,4 im Trägheitsmoment (vgl. Gl. (8)) ist - laut Angabe des Planetologischen Instituts der WWU Münster - der Faktor 0,33 anzusetzen. Nach Einsetzen der angegebenen Werte für die Masse der Erde, ihrem Radius und ihrer Tageslänge erhält man das Resultat S E1 = 5,85 * 10 33 kg m 2 / s. (9) b.) Heutiger Bahndrehimpuls L EM1 des Systems Erde-Mond: In der Mechanik gilt für den Bahndrehimpuls L eines binären Systems, wie etwa die in Bild 9 dargestellte asymmetrische Hantel mit den beiden ungleichen Massen M 1 und M 2, die sich um ihren gemeinsamen Schwerpunkt S mit der gleichen 12

Andromeda Winkelgeschwindigkeit ω = 2π/T in Kreisbahnen bewegen, die Beziehung L = M 1 l 1 2 ω + M 2 l 2 2 ω. (10) Zudem gelten hinsichtlich der Lage des Schwerpunkts S die Beziehungen M 1 l 1 = M 2 l 2 und l 1 + l 2 = r. (11) Hiermit lässt sich Gl. (10) umformen, was auf den Ausdruck (12) führt, wobei die so definierte Größe m als reduzierte Masse bezeichnet wird. Angewandt auf das System Erde- Mond - sein Schwerpunkt S befindet sich innerhalb der Erde in einer Tiefe von ca. 1600 km - können wir für den Bahndrehimpuls L EM1 ganz analog zu Gl. (12) schreiben:. (13) Setzt man hier die bekannten Werte ein, also die Mondmasse M M = 7,35 * 10 22 kg, die Erdmasse M E (s.o.), den heutigen mittleren Abstand Erde-Mond r EM1 = 384.000 km und die heutige Winkelgeschwindigkeit ω EM1 = 2π/T EM1, wobei T EM1 = 27,32 Tage die heutige Umlaufzeit des Systems Erde-Mond um den gemeinsamen Schwerpunkt S ist, erhält man L EM1 = 28,48 * 10 33 kg m 2 / s, (14) also etwa fünfmal größer als der Wert für S E1 in Gl. (9). 2/08 c.) Heutiger Eigendrehimpuls S M1 des Mondes: Der Mond bewegt sich schon seit langer Zeit in einer gebundenen Rotation mit dem System Erde-Mond, d. h. die Winkelgeschwindigkeit ω M1 der Eigenrotation des Mondes ist genau so groß wie die Winkelgeschwindigkeit w EM1 des Systems. Die Dichteverteilung innerhalb des Mondes kennen wir nicht. Wir unterstellen daher, dass sie gleichmäßig ist, betrachten also den Mond als homogene Kugel. und wenden Gl. (8) direkt an:, (15) wobei M M die Masse des Mondes (s.o.), R M = 1737 km sein Radius und ω EM1 = ω M1 die heutige Winkelgeschwindigkeit des Systems Erde-Mond bzw. des Mondes selbst ist; entsprechend gilt T EM1 = T M1 mit dem Wert von 27,32 Tagen (s.o.). Man erhält aus Gl. (15) S M1 = 23,59 * 10 28 kg m 2 / s. (16) Der Eigendrehimpuls S M1 des Mondes ist also mehr als 5 Zehnerpotenzen kleiner als der Bahndrehimpuls L EM1 (Gl. (14)) des Systems Erde-Mond und der Eigendrehimpuls S E1 der Erde (Gl. (9)). Er spielt somit im Gesamtdrehimpuls L Ges keine Rolle. Wir können deshalb S M1 in Gl. (7) vernachlässigen und erhalten L Ges = S E1 + L EM1 = S E2 + L EM2. (17) d.) Wir wollen jetzt den Bahndrehimpuls L EM2 des Systems Erde-Mond zum Zeitpunkt 2 berechnen, wenn also das 13

2/08 Andromeda System in den Zustand der gebundenen Rotation übergegangen ist. Im Verlauf der Zeit wird S E1 kleiner und L EM1 im gleichen Maße größer, so dass die Summe aus beiden gleich bleibt (vgl. Gl. (17). Der Betrag, um den S E1 bis zum Erreichen des Zeitpunkts 2 kleiner wird, sei mit E bezeichnet; wir schreiben E = S E1 - S E2 = J E ω E1 - J E ω E2. (18) Nun können wir abschätzen, dass sich die Erde zur Zeit 2 viel langsamer drehen wird als zum heutigen Zeitpunkt 1; also wird ω E2 sehr viel kleiner sein als ω E1, so dass wir den ω E2 - Term in Gl. (18) vernachlässigen können. Durch diese Vorgehensweise ersparen wir uns viel komplizierte Rechenarbeit. Nach Abschluss unserer Rechnung können wir durch einen iterativen Schritt den Fehler, den wir hier ggf. in Kauf nehmen, korrigieren. Wir schreiben also E = S E1 = J E ω E1 (19) anstelle von Gl. (18). Um diesen Betrag wird L EM1 auf L EM2 bis zum Erreichen des Zeitpunktes 2 anwachsen, während S E1 auf S E2 abnimmt. Der Rotationsbewegung der Erde um ihre eigene Achse wird also Drehimpuls entzogen und auf die Rotationsbewegung des Systems Erde-Mond um die Drehachse durch den Schwerpunkt S übertragen. Es ergibt sich somit für den Bahndrehimpuls L EM2 des Systems Erde- Mond zum Zeitpunkt 2 der gebundenen Rotation, wenn man die Werte Gl. (9) und (14) benutzt und Gl. (19) berücksichtigt: L EM2 = E + L EM1 = S E1 + L EM1 = 34,33 * 10 33 kg m 2 /s. (20) Andererseits gilt zu diesem Zeitpunkt aber auch L EM2 = µ r EM2 2 w EM2, (21) wobei r EM2 die Entfernung des Mondes zur Erde ist und ω EM2 = 2π/T EM2 (vgl. Gl. (13) für den Zeitpunkt 1). Um nun aus Gl. (20) und (21) den Abstand r EM2 des Mondes zur Erde und die Umlaufzeit T EM2 von Erde und Mond um ihren gemeinsamen Schwerpunkt S im Zustand der gebundenen Rotation bestimmen zu können, ziehen wir noch das 3. Keplersche Gesetz heran. In unserem Fall besagt es, dass der Quotient aus der 3. Potenz des Abstands Erde- Mond und dem Quadrat der Umlaufzeit des Mondes um die Erde konstant ist, also: (r EM1 ) 3 /(T EM1 ) 2 = (r EM2 ) 3 /(T EM2 ) 2. (22) Dann bilden wir aus Gl. (21) und (13) das Verhältnis und quadrieren es, um das Keplersche Gesetz Gl. (22) zu verwenden und erhalten so das Resultat r EM2 = (L EM2 /L EM1 ) 2 r EM1. (23) Wir können also den Abstand r EM2 zwischen Erde und Mond im Zustand der gebundenen Rotation des Erde-Mond- 14

Andromeda 2/08 Systems leicht angeben: mit den Werten für die Bahndrehimpulse L EM2 und L EM1 in Gl. (20) und (14) ist r EM2 = (34,33 : 28,48) 2 * 384.000 km = 558.000 km, (24) also eine Zunahme der Mondentfernung zur Erde von 174.000 km. Da nun alle relevanten Größen vorliegen, lässt sich aus Gl. (20), (21) und (24) nun auch die Umlaufzeit T EM2 des Systems Erde und Mond um ihren gemeinsamen Schwerpunkt S im Zustand der gebundenen Rotation beider Körper berechnen: T EM2 = µ r EM2 2 2π/L EM2 = 47,8 Tage. (25) Die Erde und der Mond benötigen also 47,8 heutige Tage, um sich in einer gebundenen Rotation um den gemeinsamen innerhalb der Erde befindlichen Schwerpunkt S und zugleich um sich selbst zu drehen. Wir können unsere Werte noch etwas korrigieren, wenn wir in einem iterativen Schritt den Wert für w EM2 in Gl. (18) anstelle von w E2 einsetzen und die gesamte Rechnung noch einmal durchführen. Damit gleichen wir einen Fehler aus, den wir ggf. bei der Vereinfachung der Gl. (18) gemacht haben, wobei eine einmalige Iteration ausreichend ist. Wir ersparen uns die Darstellung dieser zweiten Berechnung und geben nur die leicht veränderten Ergebnisse an: Abstand Erde-Mond r EM2 = 555.000 km, d. h. ein Abstandszuwachs von 171.000 15 km; Umlaufzeit des Systems Erde- Mond T EM2 = 47,5 Tage; Umlaufzeit der Eigendrehung der Erde T E2 = 47,5 Tage. Als Bezugskoordinatensystem hatten wir den Sternenhimmel gewählt. Die ermittelten Winkelgeschwindigkeiten und Umlaufzeiten beziehen sich also auf die Sterne. Wir möchten auch gerne wissen, wie lang ein Sonnentag zum Zeitpunkt der gebundenen Rotation ist. Wenn sich das System Erde-Mond gegenüber den Sternen einmal um sich selbst gedreht hat, sind 47,5 heutige Tage vergangen. In dieser Zeit ist das System bei seiner Bewegung um die Sonne ein gutes Bahnstück weiter gewandert. In 365,25 Tagen legt das System einen Bogen von 360 zurück und in 47,5 Tagen einen Bogen von 46,8. Um diesen Winkel muss sich das System Erde-Mond weiter um sich selbst drehen, damit es genau eine Umdrehung relativ zur Sonne vollzogen hat. Für die Rotation von 360 um sich selbst benötigt das System Erde-Mond 47,5 Tage und für 360 plus 46,8 rund 53,6 Tage. Im Zustand der gebundenen Rotation ist ein Sonnentag also 53,6 heutige Tage lang. Diskussion der Ergebnisse Der Abstand Erde-Mond wächst in dem betrachteten Zeitraum um 171.000 km. Wir hatten für den gesamten Prozess des Übergangs in den Zustand der gebundenen Rotation eine Zeitspanne

2/08 Andromeda von 3 Milliarden Jahren angesetzt. Pro Jahr würde somit der Abstand um 5,7 cm wachsen. Seit einigen Jahren kann man die Entfernung zwischen Erde und Mond durch den Einsatz von Lasertechnik direkt messen. Aus den Messdaten ist - über mehrere Jahre gemittelt - ein jährlicher Entfernungszuwachs von rd. 4 cm festgestellt worden. Dass der von uns ermittelte Wert mit dem gemessenen ganz gut übereinstimmt, liegt vor allem daran, dass wir ganz bewusst von den in der Fachliteratur angegebenen unterschiedlichen Prozesszeiträumen die Zeitspanne von 3 Milliarden Jahre ausgewählt haben. Des weiteren haben wir unterstellt, dass der Prozess linear verläuft, was nicht unbedingt richtig sein muss. Wie an anderer Stelle schon ausgeführt, haben wir mögliche Veränderungen der Gezeitenreibung durch Strukturveränderungen der Meere und der Kontinente und auch mögliche Einwirkungen anderer Planeten nicht berücksichtigen können. In etwa 500 Millionen Jahren hat sich der Mond so weit von der Erde entfernt, dass seine von der Erde aus sichtbare Scheibe deutlich kleiner geworden ist und die Sonnenscheibe nicht mehr vollständig bedecken kann. Totale Sonnenfinsternisse wird es dann nicht mehr geben. Im Stadium der gebundenen Rotation ist der Mond - wie bereits ausgeführt - von der Erde aus immer an der gleichen Stelle zu sehen. Die Flutberge verharren immer auf der Verbindungslinie Erde- Mond, sie laufen nicht mehr um. Die Erde wird sich durch die Gezeitenkräfte an den beiden Stellen aufwölben, es wird ein leicht eiförmiger Erdkörper entstehen. Gezeitenreibungen gibt es nicht mehr. Sehr wahrscheinlich wird es aber zum Zeitpunkt der gebundenen Rotation keine Beobachter auf der Erde mehr geben, die das alles feststellen könnten. In 1 Milliarde Jahren wird die Sonne größer als heute und ihre Leuchtkraft um 10 % stärker sein. Die Temperatur auf der Erde wird so hoch sein, dass die Verdunstungsrate der Meere ansteigen und es zu einer erhöhten Wolkenbildung kommen wird. Der Treibhauseffekt wird dann so stark angestiegen sein, dass Leben in der heutigen Form stark beeinträchtigt sein dürfte. In 3,5 Milliarden Jahren hat die Leuchtkraft der Sonne um 40 % zugenommen und die Temperatur auf der Erde wird 100 C erreichen und sogar übersteigen. Die Ozeane werden verdampfen, ein Leben auf der Erde ist dann nicht mehr möglich. In 7 bis 8 Milliarden Jahren wird die Sonne ein roter Riese und ein Überriese werden. Merkur und Venus werden dann von der Sonne geschluckt. Es kann sein, dass die Erde das gleiche Schicksal erleiden muss, weil der Sonnenradius etwa den Erdbahnradius erreichen wird. Es ist auch möglich, dass die Erde weiter außen einen neuen Bahnradius 16

Andromeda von etwa 1,7 AE einnehmen kann, weil die Sonne im Stadium des roten Riesen durch den starken Sonnenwind Masse verliert und damit auch Gravitationskraft einbüßt, der Bahndrehimpuls der Erde aber erhalten bleibt. Im Verlauf der Zeit, in der sich die Sonne zu einem roten Riesen entwickelt, wird die Erde ihren Mond verlieren. Der Zustand der gebundenen Rotation des Systems Erde-Mond ist nicht von Dauer. Die Sonne entzieht durch Gezeitenwirkung dem System Drehimpuls mit der Folge, dass der Abstand Erde- Mond wieder abnimmt. Dabei wird der Mond der Erde so nahe kommen, dass er von den Gezeitenkräften zerrissen wird und die Bruchstücke sich in einem Ring um die Erde legen werden, ähnlich dem Saturnring. Bildnachweise: 2/08 S. 6 Portrait Gerd Neumann GN S. 9 Grafik Erde - Mond System I NB S. 12 Grafik Erde - Mond System II NB S. 21 Fotokuppel MD S. 22 l. o. Auf dem Telegraphenberg MD r. o. Kuppeln auf d. Telegrapfenberg MD r. u. Anlage Telegraphenberg 1898 MD S. 23 u. l. Großer Refraktor 2007 MD o. r. Großer Refraktor 1998 MD S. 24 l. o. Spektrograph von 1898 MD l. u. Kuppel Telegraphenberg MD S. 25 l- Zeiss Kleinplanetarium HP o. r. Sonnenphysikalisches Kabinett HP u. r. Sonnenbeobachtung live JS S. 26 o. l. Spiegelteleskop JS u. l. Refraktor KK o. r. Ilonas Blick JS S. 27 Doppelrefraktor HP S. 29 Die Sonne HS S. 30 Wir malen den Saturn HS S. 31 Auf Schalke, bearbeitet GE/HS l. u. Mars HS S. 32 l. o. Jupiter auf d. Bildungszentrum HS r. u. Planetenweg aufgehängt HS Anmerkung: Während der Überarbeitung von Norberts Artikeln habe ich mich intensiv mit seinen Gedanken und Ideen befasst, was mir sehr viel Freude bereitet hat. Ich hoffe, dass seine Begeisterung für dieses Thema viele Interessenten erreicht. An manchen Stellen hätte ich allerdings seine Hilfe dringend benötigt. Sollten beim Lesen der Artikel Unklarheiten auftreten, müssten diese mit mir besprochen werden. Dr. Wolfgang Domberger NB - Norbert Bertels, GE - Google Earth, MD - Michael Dütting, KK - Klaus Kumbrink, GN - Gerd Neumann, HP - Hans-Georg Pellengahr, HS - Hermann Soester, JS - Jürgen Stockel, 17

Andromeda Öffentliche Beobachtung: Mt. Tam Star Party Patrick Seelheim. Am 10. Mai fand im Mt. Tam(alpais) State Park die erste öffentliche Beobachtung der San Francisco Amateur Astronomers in der Session 2008 statt. Da ich zu dieser Zeit in San Francisco war, schaute ich natürlich bei den amerikanischen Sternfreunden vorbei. Obwohl sich der Mt. Tam nur etwas mehr als 30 km nördlich von San Francisco befindet, benötigte ich doch gute 45 Minuten, um den Beobachtungsplatz über die kurvenreiche, sehr schöne Straße zu erreichen. Allerdings sah das Wetter bei der Abfahrt ganz und gar nicht gut aus: Die Stadt lag in den dichtesten Nebel gehüllt, den ich je erlebt habe. Bei unter zehn Meter Sicht waren die Nebelschlussleuchten der vorausfahrenden Fahrzeuge und die strahlenden Ampeln das Einzige, was man vom dichten Abendverkehr sehen konnte. Auf der Golden Gate Bridge war es praktisch unmöglich die Fahrbahnmarkierung zu erkennen, sodass man der Spur nur blind über die Markierungshubbel auf der Straße folgen konnte. Doch laut Wetterbericht und Telefonauskunft der Astronomen sollte es oberhalb der Nebeldecke wundervoll klar sein. Und tatsächlich, auf einmal durchbrach der Wagen die undurchdringlich scheinende Nebelwand 2/08 und ich fuhr die letzten Kilometer unter klarem Abendhimmel. Direkt nach Ankunft und freundlicher Begrüßung fiel mein Blick auch schon auf ein gewaltiges 20 -Zoll Dobson Teleskop, das neben einem bunten Reigen kleinerer und größerer Fernrohre auf das Ende der Dämmerung wartete. Doch die Sonne war gerade erst untergegangen und an eine Beobachtung des Nachthimmels noch nicht zu denken. Stattdessen begann der Abend mit einem öffentlichen Vortrag über den Klimawandel und seine Folgen. Der Klimaforscher Dr. Philip Duffy von der UCM sprach unter freiem Himmel in einem urigen Amphitheater über Ursache, Existenz und Wirkung des Treibhauseffekts und präsentierte Prognosen, wie sich die globale Erwärmung auf die USA und besonders Kalifornien auswirken werden. Datenmaterial und Klimamodelle für die Zeit von vor dreihundert Jahren bis 2100 zeigen sowohl eine globale Erwärmung durch natürliche Ursachen als auch einen Temperaturanstieg durch anthropogenen Treibhauseffekt, wobei letztere den größeren Anteil ausmacht. Modellrechnungen für die nächsten Jahrzehnte prognostizieren für Kalifornien einen weiterhin stetig zunehmenden Temperaturanstieg, geben allerdings keine verlässliche Auskunft über die Niederschlagsmengen. Je nach Simulationsparametern wird der Niederschlag ganz ausbleiben oder 18

2/08 Andromeda deutlich ansteigen. Die Auswirkungen der Temperaturerhöhung sind jedoch bereits sichtbar: In den letzten Jahren hat sich der Beginn der Schneeschmelze in Kalifornien durchschnittlich um etwa zwei Wochen nach vorne verschoben. Dadurch wird die ohnehin kritische Trinkwasserversorgung während der trockenen Sommermonate weiter erschwert. Immerhin scheint sich aber auch in der Politik langsam die Erkenntnis durchzusetzen, dass unsere Zivilisation einen messbaren Einfluss auf das globale Klima hat, dessen Auswirkungen wir zur Zeit nicht abschätzen können. Fakt ist aber, dass dieser Einfluss existiert. Den Treibhauseffekt und die globale Erwärmung bei der aktuellen Datenbasis leugnen zu wollen, wäre vergleichbar mit der Behauptung, die hiesige Materie wäre nicht aus Atomen aufgebaut Nach Duffys fundiertem und erfreulich tiefgehenden Vortrag war es bereits dunkel geworden. In der Ferne schimmerten unter uns das nebelverklärte San Francisco im diffusen, orangegelben Licht der Natriumdampflampen und über uns der Nachthimmel mit dem Mond im ersten Viertel, Mars, Saturn und den Frühlingssternbildern. Schnellen Schrittes ging es nun einige hundert Meter vom Vortragsort zum Beobachtungsplatz. Was die Beleuchtung angeht, können die amerikanischen Sterngucker übrigens einiges von den Sternfreunden Münster lernen. Zur Markierung des Weges kamen nämlich keine astrotauglichen roten Grablichter sondern grüne LED-Leuchten zum Einsatz, sodass jedwede Dunkeladaption auf dem Weg zu den Teleskopen effektiv zerstört wurde. Die Beobachtung selbst war typisch amerikanisch und damit ein wenig ernüchternd. Ich will hier keine Vorurteile nähren, aber man merkte, dass viele der anwesenden Teleskopbesitzer doch ein wenig (selbst)verliebt in ihre Geräte waren. Die meisten hatten gar ein absolutes Berührungsverbot über ihre Teleskope verhängt, sodass man nicht einmal selbst scharfstellen durfte, worunter das Beobachtungserlebnis doch sehr litt. An diesen Verboten und Regeln änderte sich auch nichts, nachdem man sich mit den Besitzern über die eigene astronomische Erfahrung vom Spiegelschleifen bis zum Beobachten ausgetauscht hat schade eigentlich. Natürlich kann ich verstehen, dass man eine gewisse Sorge um sein Teleskop hegt, wenn man den 20 -Hauptspiegel selbst geschliffen und das Teleskop selbst konstruiert und gebaut hat, aber es deswegen gleich in Watte einpacken? Ich hätte gedacht, dass sich Sternfreunde, die beim großen John Dobson höchstpersönlich ihr Handwerk erlernt haben, eher an Frauenhofers Motto halten: Teleskope sind zum Durchschauen, nicht zum Anschauen da. 19

Andromeda 2/08 Leider verliefen auch die Mehrzahl der Gespräche mit den Anwesenden so wie hier allgemein üblich: nett aber oberflächlich und ohne Nachwirkung. Es ist leider wahr, dass die meisten Amerikaner allgemein gerne reden und man sehr leicht mit ihnen ins Gespräch kommt, es diesen Gesprächen aber meist an Tiefgang und Nachhaltigkeit fehlt. An mehr als belanglosem small talk haben die meisten Gesprächspartner kein Interesse. Ich bin ziemlich überzeugt, dass sich niemand, mit dem ich bei der Beobachtung gesprochen habe, an den deutschen Gast erinnern wird und das liegt mit Sicherheit nicht an mir. Insgesamt war der Abend von wissenschaftlicher, landschaftlicher und kultureller Seite äußerst interessant, astronomisch aber leider ernüchternd. Das helle Mondlicht verhinderte eine weitergehende deep sky-beobachtung mit dem 20-Zöller und bereits nach etwa einer Stunde schloss der verantwortliche Ranger den Park, sodass alle Gäste den Beobachtungsplatz verlassen mussten. Einladung zum 9. Astroseminar der Kernphysik Sehr geehrte Damen und Herren, auch in diesem Jahr führen wir am Institut für Kernphysik der Universität Münster wieder ein Astroseminar durch. Dieses Seminar existiert seit dem Jahre 2000. Im Rahmen dieser 20 Veranstaltung halten Professoren und Studenten aus dem noch jungen Gebiet Astroteilchenphysik Vorträge über ihr Fachgebiet. Das Seminar wird unter der Schirmherrschaft des Instituts für Kernphysik von Studenten organisiert. Das Seminar richtet sich an Schüler, Studenten aller Fachrichtungen, sowie interessierte Erwachsene. Im vergangenen Jahr konnten wir etwa 100 Teilnehmer in unserem Institut begrüßen. Unsere Gäste hatten dabei die einmalige Gelegenheit, aus erster Hand von neuen Forschungsergebnissen zu erfahren und mit Experten zu diskutieren. Dieses Jahr werden sich unsere Teilnehmer neben den Vorträgen von Münsteraner Professoren auch die Vorträge der beiden Gastredner Prof. Claus Rolfs und Prof. Peter Biermann anhören können. Beide können auf mehrere Jahrzehnte international anerkannter Forschung zurückblicken. Zum Abschluss möchten wir das Seminar zusammen mit unseren Gästen am Institut für Kernphysik in einer Grillparty ausklingen lassen. Während des Seminars werden Ihre Schüler die einmalige Möglichkeit haben, mit Forschern zu diskutieren, und sich auch bei den organisierenden Studenten über das Physikstudium zu informieren. www.uni-muenster.de/astroseminar Matthias Prall Siehe auch Plakat auf der vorletzten Seite! Anmerkung der Redaktion

2/08 Andromeda Berlin-Exkursion der Sternfreunde Münster 12.-14. Oktober 2007 III Wiederentdeckung auf dem Telegrafenberg Michael Dütting Der Besuch des Wissenschaftspark Albert Einstein auf dem Telegrafenberg in Potsdam war für die meisten Teilnehmer sicherlich der Höhepunkt der Berlin-Exkursion. Wohl an kaum einem anderen Ort in Deutschland Newcomb / Engelmann Populäre Astronomie von 1921, das ich günstig auf begegnet man einer so großen Zahl an historischen Sternwartenkuppeln und dem münsterischen Flohmarkt erstand, astronomischen Geräten, mit denen befindet sich ein längeres Kapitel über zum Teil Wissenschaftsgeschichte geschrieben wurde. einrichtungen. Zahlreiche Stahlstiche die damals modernsten Forschungs- Für mich war es ein Wiedersehen der und Fotografien dokumentieren unter besonderen Art, denn ich hatte bereits anderem auch das Astrophysikalische 1998 die Gelegenheit genutzt, um das Observatorium Potsdam, darunter den deutsche Astronomie-Mekka des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zu erkunden. Zu diesem Zeitpunkt waren das Gelände und die Einrichtungen in einem gelinde gesagt bedauerlichen Zustand, die das DDR-Flair der 50er Jahre verströmten. Die Kuppeln der Sternwarten waren verrostet, die Dächer einiger Nebengebäude eingefallen und die Wege zum Teil zugewachsen; im Gestrüpp sah ich einige offensichtlich sehr alte Gegenstände aus dem Inventar der Kuppeln. Wie kam ich darauf ausgerechnet diesen Ort aufzusuchen? In dem Werk 21

Andromeda großen Doppelrefraktor und ein fotografisches Instrument in einer kleineren Kuppel. In der Abbildung des kleineren Gerätes erkennt man unten rechts eine fahrbare Beobachterliege, links neben der Säule ein Gegengewicht und eine Vorrichtung, die offenbar Teil der mechanischen Nachführung war. 2/08 den anderen Gebäuden nicht restauriert wurde und ein Blick hinein war nicht mehr möglich. Bei meinem ersten Besuch begegnete ich auf dem Weg zum Institutsgebäude mit seinen drei Kuppeln dieser kleinen etwas abseits gelegenen Sternwarte und zu diesem Zeitpunkt war ein Blick durch das Fenster in das Innere möglich. Neben allerlei Gerümpel entdeckte ich Überreste der Liege, das Gegengewicht sowie die an der Nachführung angebrachte Kurbel. Von Teleskop und Säule war nichts mehr geblieben, trotzdem war es ein aufregendes Gefühl, diese Gegenstände, die ich ja nur aus dem Buch kannte, nun vor mir sozusagen auf dem Müllhaufen der Geschichte zu sehen. Während der Sternfreunde-Exkursion im Herbst 2007 kamen wir auch an dieser Kuppel vorbei, die im Gegensatz zu Die anderen Bereiche des Wissenschaftsparks präsentieren sich mittlerweile in einem frisch renovierten Outfit, keine Spur mehr von dem oben erwähnten morbiden Flair. Das gegenüber der Kuppel des großen Doppelrefraktors gelegene ehemalige Institutsgebäude beherbergt heute das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Dieses sogenannte Michelsonhaus wurde 1879 als erstes astrophysikalisches Observatorium der Welt eröffnet. Hier fand der berühmte Michelsonversuch zum Nachweis des Äthers statt und Karl Schwarzschild (1873-1916) berechnete 22

2/08 Andromeda in diesem Gebäude die Lösung zu den Feldgleichungen von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Von den drei Kuppeln wird heute nur noch eine für gelegentliche Himmelsbeobachtungen genutzt. Der Blick vom Michelsonhaus auf die Kuppel des großen Refraktors (siehe Titelbild) ist grandios und lässt bereits ahnen, welche Dimensionen dieses 1899 eingeweihte Teleskop besitzt. Durch das Treppenhaus geht es hoch in das zweite Stockwerk und wenn man die alte zweiflügelige Tür öffnet, stockt einem der Atem angesichts der schieren Größe: In der 21 m-kuppel befindet sich auf einer hohen Säule eine parallaktische Montierung, die zwei 80 cm, bzw. 50 cm Linsenteleskope trägt, die beide eine Länge von mehr als 12 Metern aufweisen. sah nicht so aus, als würde sie auch nur jemals wieder einen Millimeter bewegt werden können und die Innenseite der Kuppel sah ebenso desolat aus. Auf einem improvisierten Podest waren ohne jeglichen Schutz die originalen Messinstrumente für die Okularauszüge der beiden Teleskope ausgestellt. Darunter ein Mikrometer, Kameras und ein Spektroskop, dass ich aus dem schon erwähnten Buch bereits kannte. Mit diesen Geräten haben so berühmte Wissenschaftler wie Hermann Carl Vogel (dessen Grab sich direkt neben der Kuppel befindet), Ejnar Hertzsprung und Walter Grotrian die Massen und Bahnen von Doppelsternen bestimmt, die Physik der Novae untersucht sowie Bei meinem nun zehn Jahre zurückliegenden Besuch war die gesamte Anlage von Rost überzogen, die Montierung die interstellare Materie entdeckt. 23

Andromeda 2/08 staurierung, so dass wir im Herbst 2007 in einer vollständig getäfelten Kuppel einem funktionierenden Teleskop (mit Computer-Steuerung) gegenüber standen, das für öffentliche Beobachtungen genutzt wird. Weitere detailliertere Informationen zur Historie, den Forschungen und den Restaurierungsmaßnahmen mit einer ausführlichen Bildergalerie sind auf der Webseite des Förderverein Großer Refraktor Potsdam e.v. zu finden: http://www. aip.de/groups/soe/refraktor/ Archenhold-Sternwarte - Fortsetzung Hans-Georg Pellengahr In den Jahren 2003 bis 2005 erfolgte eine komplette denkmalgerechte Re- Im ersten Teil unseres Exkursionsberichts hatte ich über den Großen Refraktor der Archenhold-Sternwarte, das mit 21 m noch heute längste Linsenfernrohr der Welt, berichtet. Kurz angerissen hatte ich auch bereits die Nachkriegsentwicklung der Archenhold-Sternwarte im Ostberliner Stadtteil Treptow und ihre stetig wachsende Bedeutung als Volkssternwarte. Der Sputnik-Start im Oktober 1957, der erste Raumflug des Russen Juri Gagarins am 12. April 1961 und sicher auch der amerikanisch-sowjetische Wettlauf um die Eroberung des Mondes erhöhten den Stellenwert des Schulfaches Astronomie in der DDR und belebten auch die Amateurastronomie. So wurde u. a. ein erstes Lehrheft für den Astronomie-Unterricht von 24

2/08 Andromeda dem damaligen Leiter der Treptower Volkssternwarte Diedrich Wattenberg verfasst. Das Instrumentarium der Archenhold-Sternwarte erfuhr zur Förderung der Amateurastronomie, aber auch zum Zwecke der allgemeinen astronomischen Volksbildung vielfältige Erweiterungen. Coelostaten mit einem festmontierten Objektiv (200 mm Öffnung / f = 3.000 mm), das ein 80 cm Sonnenbild in einen kleinen Hörsaal projiziert. Darin steht auch ein Spektrograph zur Darstellung und Projektion des Sonnenspektrums mit den Fraunhofer-Linien zur Verfügung. So wurde 1959 unter einer 6 m-kuppel das Zeiss-Kleinplanetarium ZKP 1 eingerichtet. Dieses wurde 1982 durch das Zeiss-Kleinplanetarium ZKP 2 abgelöst. Der Leiter der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft an der Archenhold- Sternwarte, Herr Konrad Guhl, führte uns dieses noch weitgehend manuell zu steuernde, dennoch sehr eindrucksvolle künstliche Himmelszelt vor. Auch ließ er es sich nicht nehmen, uns die anderen Einrichtungen der Volkssternwarte zu präsentieren, so als besonderes Highlight das Sonnenphysikalische Kabinett mit seinem Jensch- 1962 wurden darüber hinaus zwei Kuppelbauten mit 3 bzw. 5 m Durchmesser errichtet. Darin fanden ein Zeiss-Coudé-Refraktor (150 mm Öffnung / f = 2.250 mm) und ein Zeiss-Cassegrain- Spiegelteleskop (500 mm Öffnung / f = 7.500 mm) Aufnahme. 25

Andromeda 2/08 Beim Coudé-Refraktor wird der Strahlengang durch zwei Planspiegel oder Prismen gefaltet, die das Licht durch die Montierung zu einem ortsfesten Fokus leiten. Der Okularauszug befindet sich demzufolge unabhängig von der Blickrichtung des Teleskops immer an derselben Stelle. Diese Technik ist für den Beobachter außerordentlich bequem. Sie erspart ihm die Benutzung einer Beobachtungsleiter oder sonstiger Hilfsmittel. Das Wort Coudé ist das französische Wort für Ellenbogen und wird für diesen Gerätetyp verwendet, weil die um 90 abgewinkelten Hohlachsen der Montierung an einen angewinkelten Arm erinnern. Ursprünglich ersonnen wurde dieses System, damit die Beobachter in einem beheizten Raum nicht der Kälte ausgesetzt waren. Mittlerweile ist es in verschiedenen Varianten auch an großen Spiegelteleskopen umgesetzt. Lange war es die einzige Möglichkeit, tonnenschwere und unbewegliche Spektrografen zu betreiben. Heute ist insbesondere die astronomische Interferometrie ein Einsatzgebiet für Coudé-Strahlengänge. 26

2/08 Andromeda Unserem Führer durch die Archenhold- Sternwarte, Herrn Guhl, sei an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt für seine eindrucksvolle und informative Führung und seine Literaturtipps, derer ich mich gerne bedient habe. Bleibt vielleicht am Ende noch anzumerken, dass die im Westteil Berlins 1963 nach dem Mauerbau auf dem Insulaner Trümmerberg errichtete Wilhelm-Förster-Sternwarte als Pendant zu der für die Westberliner nicht mehr erreichbaren Archenhold-Sternwarte im Ostberliner Treptow entstanden ist. Heute ist Berlin in der glücklichen Lage, über zwei große Volkssternwarten zu verfügen. Fazit Jürgen Stockel heute sind wir alle sprachlos ob der Leistungen, die bereits vor über 100 Jahren vollbracht wurden, um die unbändige Neugier des Menschen nach neuen astronomischen Erkenntnissen auch hier in Berlin und Potsdam zu stillen. Es war eine äußerst gelungene Exkursion mit Eindrücken, die keiner von uns jemals vergessen wird. Literatur: Blick in das Weltall, Die Geschichte der Archenhold-Sternwarte, von Dieter B. Herrmann, paetec Verlag für Bildung und Technik, Berlin, 1994 Beobachtungen am Großen Refraktor, von Konrad Guhl, Nr. 6 der Veröffentlichungen des Fördervereins der Archenhold-Sternwarte, Berlin - Treptow, 2004 Die Geschichte der Astronomie in Berlin, Hrsg.: Dieter B. Herrmann u. Karl-Friedrich Hoffmann, zu beziehen durch Archenhold-Sternwarte, Alt - Treptow 1, 12435 Berlin, und Wilhelm- Förster-Sternwarte, Münsterdamm 90, 12169 Berlin Es war zwar nur eine kleine Delegation der Sternfreunde Münster in Berlin unterwegs. Dennoch wurden wir überall mit offenen Armen empfangen. Uns wurden sehr viele Informationen und Demonstrationen geboten. Noch 27