Prozessstandards für die Pflege bei Patienten mit einem Schlaganfall

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Transkript:

Universitätsklinikum Mainz Unser Wissen für Ihre Gesundheit Prozessstandards für die Pflege bei Patienten mit einem Schlaganfall In Deutschland gehört der Schlaganfall zur dritthäufigsten Todesursache und ist die häufigste Ursache für bleibende Pflegebedürftigkeit. Bundesweit sind pro Jahr 200.000 Menschen betroffen. Die Stroke Unit mit 12 Betten der Universitätskliniken Mainz sieht ihre allgemeine Aufgabe darin, Schlaganfallpatienten in der Akutphase und Hochrisikopatienten für cerebrovaskuläre Ereignisse eine an den individuellen, patientenorientierten Erfordernissen ausgerichtete diagnostische und therapeutische Versorgung zu gewährleisten zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Senkung der Mortalität und Morbidität. Seit 1999 ist die Stroke Unit durch die Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe zertifiziert und von SQMed (gemeinnützige Gesellschaft zur Sicherung der Qualität in der medizinischen Versorgung mbh) anerkannt. Außerdem ist die Stationsleitung der Stroke-Unit, Frau Caesar, Mitglied im Fachausschuss Schlaganfall der SQMed um zu gewährleisten, dass eine fortlaufende Qualitätsentwicklung stattfindet. An allen Patientenbetten der Stroke Unit stehen periphere Monitore mit einer Monitorzentrale im Pflegebereich und einer Arrhythmiezentrale im Arztbereich zur Verfügung. Die zu erfassenden Parameter mit Alarmfunktion sind der Blutdruck, Puls, Temperatur, Sauerstoffsättigung, EKG, erweiterte EKG-Funktionen, intrakranieller Druck und EEG. Außerdem gibt es ein Video-EEG-Zimmer, in dem eine 24-Stunden-Überwachung zur Diagnostik möglich ist. Um einen schnellen und reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, wurde von den Pflegekräften ein Pflegeleitfaden entwickelt. Bei der Entwicklung der Standards musste die Vielfältigkeit der Symptomatik, die ein Schlaganfall bieten kann, berücksichtigt werden. Diese Vielfältigkeit lässt es nicht zu, einen einheitlichen Durchführungsstandard in der Pflege zu entwickeln.

Die pflegerische Versorgung eines Schlaganfalls kann daher nicht linear gedacht werden, der Heterogenität dieses Krankheitsbildes kann nur eine individuelle Planung folgen. Dies beginnt mit der Pflegeanamnese (Aufnahme auf Station) mit der Feststellung der Defizite, Ressourcen und Gewohnheiten. Danach erfolgt die Festlegung der Pflegeziele bzgl. der übergreifenden Ziele einer frührehabilitativen Pflege, die alle Aktivitäten des täglichen Lebens betreffen und die Festlegung der individuellen Ziele, nach Möglichkeit in Zusammenarbeit mit den Patienten. Ressourcen, Probleme, Gewohnheiten und Ziele begründen das WARUM einer Handlung! Mit den Pflegemaßnahmen wird ein individueller Pflegeplan in Kooperation mit den Patienten, Angehörigen, Begleitpersonen, Ärzten, Logopäden und Physiotherapeuten erstellt. Die Planung setzt sich aus Elementen der in der Klinik für Neurologie hinterlegten Prozessstandards zusammen: - Richtlinien allgemeiner Pflege - Richtlinien spezieller Pflege - Qualitätssicherung Pflege Standards - Prozessstandard: Pflege bei einem Schlaganfall Nach der Durchführung der Pflegemaßnahmen erfolgt die Evaluation (Überprüfung), in der die Ziele regelmäßig überprüft werden. Um alle Tätigkeiten überprüfbar zu machen wurde eine ausführliche Pflegedokumentation entwickelt, die sich an den Aktivitäten des täglichen Lebens orientiert. Ebenso wurde eine Überwachungskurve erarbeitet. Um der Individualität der Patienten und der Vielfältigkeit der Symptomatik Rechnung zu tragen, wurden von den Pflegekräften in Zusammenarbeit mit dem Logopäden und den Physiotherapeuten unter der Federführung von Frau Elke Haas Leitung der IBF, Standards neu überarbeitet und entwickelt:

Leistungen im Zusammenhang mit Kommunikationsstörungen Erkennen von Sprachstörungen Pflegetherapeutische Maßnahmen bei Patienten mit einer Sprachproduktionsstörung im Vordergrund Pflegerische Maßnahmen bei Patienten mit Störungen des Sprachverständnisses im Vordergrund Pflegerische Maßnahmen bei Patienten mit Wortfindungsstörungen, bei minimaler Sprachverständnisstörung Pflegetherapeutische Maßnahmen bei Patienten mit einer ausgeprägten Sprachproduktions- und Sprachverständnis-Störung Mundmotorische Übungen Pflegetherapeutische Maßnahmen bei Patienten mit einer leichten Dysarthrophonie Pflegetherapeutische Maßnahmen bei Patienten mit einer ausgeprägten Dysarthrophonie (Sprachstörung) Leistungen im Zusammenhang mit Sehstörungen Erkennen von Sehstörungen Kompensatorische Maßnahmen der Pflege bei wachen, orientierten u. gehfähigen Patienten mit Sehstörung Kompensatorische Maßnahmen der Pflege bei gehfähigen, aber desorientierten Patienten mit Sehstörung Kompensatorische Maßnahmen der Pflege bei nicht gehfähigen Patienten mit Sehstörungen Leistungen im Zusammenhang mit der Ernährung Überprüfung der Schluckfunktion Vorbereitende Maßnahmen bei der Anreichung von Nahrung bei Patienten mit Schluckstörung mit aktiver Kopfkontrolle Vorbereitende Maßnahmen bei der Anreichung von Nahrung bei Patienten mit Schluckstörung ohne aktive Kopfkontrolle Schluckkontrolle bei einem Patienten, der im Stuhl sitzt Schluckkontrolle bei einem Patienten, der im Bett sitzt Stimulation des Schluckvorgangs Anreichen von fester Nahrung bei Patienten mit eingeschränkter Schluckfunktion Anreichen Getränken bei Patienten mit eingeschränkter Schluckfunktion Essen / Trinken mit der betroffenen Hand Einhändiges Essen

Leistungen im Zusammenhang mit Bewegung und Lagerung Bewegungsanalyse Sitzen im Stuhl Lagerung auf der betroffenen Seite Lagerung auf der nicht betroffenen Seite Sitzen im Bett (Langsitz) Lagerung in der Rückenlage Becken anheben (Steckbecken anreichen, im Bett bewegen) A. Aktiver Patient B. Schwerer, aktiver Patient C. Passiver Patient D. Becken heben und zur Seite rutschen Oberkörper bewegen Oberkörper heben und seitlich absetzen Oberkörper aufrichten Drehen im Bett Drehen auf die hemiplegische Seite Drehen auf die nicht betroffene Seite Höher bewegen A. Aktive Patienten B. Schwere und passive Patienten, die sich aufsetzen lassen: C Schwere und nicht kooperative Patienten Rutschen bei schweren Patienten (Seitenlage) Oberkörper von hinten zur Bettkante bewegen Oberkörper von vorne zur Bettkante bewegen Becken von hinten zur Bettkante hin bewegen Becken von vorne zur Bettkante bewegen Zum Kopfende hin bewegen Zum Kopfende hin bewegen bei leichten und plegischen Patienten Zum Kopfende hin bewegen bei schweren und paretischen Patienten Sitzen an der Bettkante Vor- und Rückwärtsbewegen im Sitzen: Schinkengang Schinkengang Vorwärts Schinkengang zurück Sitzen auf der Bettkante Mit Hilfe Ohne Hilfe Transfer eines aktiven Patienten von einer Sitzgelegenheit zu einer anderen Transfer eines Patienten von einer Sitzgelegenheit zu einer anderen ohne Bodenkontakt Umgrenzende Lagerung

Leistungen im Zusammenhang mit Apraxie Erkennen einer Apraxie (Unfähigkeit zur Ausführung erlernter Bewegungen ) Pflegetherapeutische Maßnahmen bei Apraxie Leistungen im Zusammenhang mit Pusher Symptomen Erkennen von Pusher-Symptomen beim liegenden Patienten Erkennen von zusätzlichen Problemen wie z.b. Schmerzen Beschreibung der Bewegungen eines Patienten mit Pusher-Symptomen Pflegetherapeutische Maßnahmen bei Patienten mit Pusher-Symptomen Leistungen im Zusammenhang mit Ausscheidung Erkennen von Urininkontinenz Pflegerische Maßnahmen bei Dranginkontinenz Pflegerische Maßnahmen bei Reflexinkontinenz Information sammeln Pflegemaßnahmen Pflegerische Maßnahmen bei Stressinkontinenz Pflegerische Maßnahmen bei Überlaufinkontinenz Erkennen eines Harnverhaltes Pflege bei Stuhlinkontinenz Pflege bei Diarrhoe Pflege bei Obstipation