Familiengesundheitspflege - ein neues Handlungsfeld für Pflegende und Hebammen im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung



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Transkript:

29. Deutscher Krankenhaustag, Düsseldorf Pflegeforum, Teil III, 16.11.2006 Familiengesundheitspflege - ein neues Handlungsfeld für Pflegende und Hebammen im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung Dörte Schüssler Projektassistentin, Master in Health Promotion, Dipl. Pflegepäd., Gesundheits- und Krankenpflegerin

Inhaltsübersicht I. Das Konzept der Familiengesundheitspflege II. Die Umsetzung der Familiengesundheitspflege im internationalen Kontext III. Das deutsche Modellprojekt zur Familiengesundheitspflege Die Projektphasen Die Weiterbildung Familiengesundheit Erste Zwischenbilanz

I. Das Konzept der Familiengesundheitspflege WHO EURO 2000 Rahmenkonzept zur Family Health Nurse WHO EURO 1998 Gesundheit 21 WHO 1986 Ottawa Charta zur Gesundheitsförderung Deklaration von Alma Ata 1978 Gesundheit für alle

Kernelemente der Familiengesundheitspflege 1. Fokus auf Gesundheitsförderung und Prävention 2. Fokus auf die Familie 3. Fokus auf Betreuung im häuslichen Umfeld

1. Kernelement der Familiengesundheitspflege Fokus auf Gesundheitsförderung & Prävention Familiengesundheitspflege ist auf die gesamte Lebensspanne der Menschen ausgerichtet und umfasst Maßnahmen der Gesundheitsförderung, der Prävention, der Rehabilitation und die pflegerische Versorgung bei Krankheit sowie die Begleitung und Betreuung in der finalen Lebensphase.

Fortsetzung - 1. Kernelement: Fokus auf Gesundheitsförderung und Prävention Aufgaben der Familiengesundheitspflegerin/-hebamme Beraten und unterstützen von Familien in Fragen der Prävention und Gesundheitsförderung Frühzeitiges Erkennen potenzieller und aktueller Gesundheitsprobleme Präventive Hausbesuche Prioritäten in Gesundheitsfragen setzen, Entscheidungen unterstützen, Experten hinzuziehen etc. Verbindungsglied, im Sinne von Case Management zum Hausarzt und anderen Gesundheits- und Sozialberufen; ggf. als Lotsen für angrenzende Bereiche wie z.b. Sozialamt, Arbeitsamt u.ä.; Beratung und Begleitung im Umgang mit Krankheit, chronischer Behinderung oder Stresssituationen und zur Alltagsbewältigung u.a.

2. Kernelement der Familiengesundheitspflege: Fokus auf Familie Familie = Gruppe von Menschen, die sich selbst als solche definiert umfasst jegliche Form sozialen Zusammenlebens wird als Setting der Gesundheitsförderung bisher zu wenig beachtet.

3. Kernelement der Familiengesundheitspflege: Fokus auf Betreuung im häuslichen Umfeld Bei der Familiengesundheitspflege handelt es sich um ein niedrigschwelliges, aufsuchendes Angebot. Es ist wichtig, dass Leistungserbringer... die Lebensumstände ihrer Patienten kennen, dass sie wissen, wie sie wohnen, wie ihre familiären Verhältnisse aussehen, was sie beruflich tun, wie ihr soziales bzw. natürliches Umfeld aussieht. Gesundheit 21, 147

Familiengesundheitspflegerin/-hebamme (FGP/FGH) in Deutschland in Anlehnung an WHO (2000: 3) Die Familien-Gesundheitsschwester Kontext, Rahmenkonzept und Curriculum. Kopenhagen ambulante Pflegedienste Beratungseinrichtungen und -zentren Medizin und andere Gesundheits- Berufe Krankenhäuser Öffentlicher Gesundheitsdienst Primäre Gesundheitsversorgung Hausärztinnen Public Health Pflege und Hebammenwesen FGP / FGH Sozialarbeit andere Stellen andere Sektoren Gemeinschaftspraxen mit Ärztinnen Familien oder Einzelpersonen andere Settings für gesundheitliche Maßnahmen

II. Umsetzung der Familiengesundheitspflege im internationalen Kontext WHO EURO Studie 2000-2006 Family Health Nurse 2. WHO-Ministerkonferenz für Pflegende und Hebammen 2000 Münchner Erklärung WHO EURO 2000 Rahmenkonzept zur Family Health Nurse WHO EURO 1998 Gesundheit 21 WHO 1986 Ottawa Charta zur Gesundheitsförderung Deklaration von Alma Ata 1978 Gesundheit für alle

Multinationale WHO-Studie zur Etablierung der Family Health Nurse Teilnehmer: 12 europäische Länder Dauer: 2000-2006 Ergebnisse: sehr große Unterschiede bei der Umsetzung des Konzeptes weiterer Handlungsbedarf Resolution an Gesundheitsminister der teilnehmenden Länder

III. Das deutsche Modellprojekt zur Untersuchung der Machbarkeit der Familiengesundheitspflege Träger: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.v. Wissenschaftliche Begleitung: Institut für Pflegewissenschaft der Privaten Universität Witten/Herdecke Förderung: Bundesministerium für Gesundheit Robert-Bosch-Stiftung

Projektphasen Phase I (2004-2005): Projektdesign- und Konsensphase Prüfung der Kompatibilität des WHO- Konzepts der Family Health Nurse für das deutsche Gesundheitssystem Konsentierung von Szenarien bezüglich Realitätsbezug und Umsetzbarkeit

Konsensierte Szenarien (Beispiel) Die Familiengesundheitspflegerin als Pflegeexpertin in der Hausarztpraxis Ansiedlung Hausarztpraxis (Vertragspartner integrierte Versorgung) Zugang Freiberufliche Hebamme Anlass Entlassung einer pflegebedürftigen Person aus der Rehabilitationseinrichtung Strukturschwache Region Zielgruppe Familien in Krisen- und Umbruchsituationen

Fortsetzung- Szenario: Die Familiengesundheitspflegerin als Pflegeexpertin in der Hausarztpraxis Aufgaben Gestaltung des Pflegearrangements Unterstützung bei Entscheidungsfindung Kompetenzen Familienassessment, Beratung und Unterstützung, Unterstützung in der Entscheidungsfindung, Vermittlung, Vernetzung und Koordination erforderlicher Hilfen (z.b. sozialrechtliche Kompetenzen), Erkennen der Prioritäten, Kooperation mit anderen Akteuren. Finanzierung Integrierte Versorgung

Fortsetzung: Projektphasen Phase II (2005-2008): Implementierungs- und Machbarkeitsphase Vorbereitung und Durchführung der Weiterbildung Familiengesundheit Wissenschaftliche Begleitforschung Struktur, Inhalt und Qualität der Weiterbildung Praxis der Familiengesundheitspflege Verbleib der Absolventen

Die modellhafte Weiterbildung - Familiengesundheit für Pflegende und Hebammen im Bereich Prävention & Gesundheitsförderung

Standorte der Weiterbildungen Essen München

Zugangsvoraussetzungen Berufsabschluss als Gesundheits- und Krankenpfleger/in, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in, Altenpfleger/in oder Hebamme und zweijährige Berufserfahrung und eine aktuelle Berufstätigkeit in der ambulanten und häuslichen Pflege/Hebammenwesen, auf Gemeindeebene, im Gesundheitsamt, in Beratungseinrichtungen, beim MDK o.ä.

Fortsetzung Weiterbildung Familiengesundheit Dauer: 2 Jahre, berufsbegleitend Umfang: 720 Stunden Theorie 720 Stunden Selbststudium 120 Stunden Pflichtpraktika

Inhalte der Weiterbildung Familiengesundheit 8. Multidisziplinäres Arbeiten 1. Einführung in das neue Handlungsfeld 2. Public Health 7. Ressourcenmanagement 3. Arbeit mit Familien 6. Informationsmanagement und Forschung 5. Entscheidungsfindung und Problemlösung 4. Gesundheitsförderung /-beratung in der Familie

Halbzeit im deutschen Modellprojekt zur Familiengesundheitspflege Erste Rückmeldungen der TeilnehmerInnen der WB: veränderte Wahrnehmung der Klienten Notwendigkeit der Weiterbildung Familiengesundheit, sehr gute Kenntnis und Vernetzung mit anderen lokalen Anbietern und Angeboten notwendig, Erste Anfragen von Gesundheits- bzw. Jugendämtern, Vertrauensvorschuss, den Pflegende/Hebammen i.d.r. genießen, kann sich positiv auf die Inanspruchnahme niedrigschwelliger präventiver Angebote auswirken.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Weitere Informationen: www.familiengesundheitspflege.de