Spezielle Relativitätstheorie

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Einstein veröffentlichte 1905 seine spezielle Relativitätstheorie und zehn Jahre später die allgemeine Relativitätstheorie, die im nächsten Abschnitt behandelt wird. Die spezielle Relativitätstheorie beschreibt, wie die Wahrnehmung von Ort und Zeit von der Art der Bewegung abhängt. Der Begriff der absoluten Zeit aus der Newtonschen Sicht der Natur stellt sich als unhaltbar heraus. Dramatisch werden diese grundsätzlichen Unterschiede, wenn man Objekte betrachtet, die sich mit Relativgeschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit bewegen. Die hier angegebenen Gleichungen heben drei eindrucksvolle Konsequenzen hervor. Erstens die Tatsache, dass Geschwindigkeiten sich auf besondere Weise addieren, so dass man niemals eine höhere Geschwindigkeit als die Lichtgeschwindigkeit erreichen kann. Diese Geschwindigkeitsschranke ist in dem Sinn universell, dass sie für alle Beobachter dieselbe ist. Zweitens, dass bewegte Uhren langsamer gehen, eine quantitative Fassung der Idee, dass Zeit relativ ist. Schließlich behandeln wir die am meisten gefeierte Gleichung der Physik des 20. Jahrhunderts: die fundamentale Äquivalenz von Masse und Energie. Die spezielle Relativitätstheorie gründet sich auf zwei fundamentale Postulate über verschiedene Beobachter, die mit einer konstanten Relativgeschwindigkeit reisen, so genannte inertiale Beobachter. Das erste ist, dass physikalische Gesetze für alle inertialen Beobachter dieselben sein sollten für jeden Beobachter sehen die Gleichungen genau gleich aus. Das zweite besagt, dass für alle inertialen Beobachter die Lichtgeschwindigkeit (im Vakuum) dieselbe ist. Das erste Postulat läuft auf folgendes hinaus: Wenn zwei Beobachter Experimente zum Auffinden physikalischer Gesetze in Ruhe bzw. in einem mit konstanter Geschwindigkeit fahrenden Zug machen, so werden beide dieselben physikalischen Gesetze 58 Spezielle Relativitätstheorie Relativistische Kinematik Albert Einstein Albert Einstein wurde am 14. März 1879 in Ulm geboren. Er besuchte das Luitpold-Gymnasium in München, aber im gefiel die Reglementierung in dieser Schule nicht. Später, nachdem seine Familie nach Mailand gezogen war, besuchte er die Kantonsschule in Aarau in der Schweiz. 1896 schrieb er sich an der Eidgenössisch-Technischen Hochschule (ETH) Zürich ein, mit dem Ziel, Lehrer für Physik und Mathematik zu werden. 1901 erhielt er sein Diplom und wurde Schweizer Staatsbürger. Da er keinen Lehrauftrag bekam, nahm er eine Stelle als technischer Assistent im Schweizer Patentamt an. Er verbrachte seine Freizeit mit Problemen der theoretischen Physik. 1905 erhielt er seinen Doktorgrad. Im selben Jahr veröffentlichte er drei bahnbrechende Arbeiten in Die Annalen der Physik, über drei völlig verschiedene Probleme: den photoelektrischen Effekt, die Brownsche Bewegung und

w= u+v 1+ uv cc t = t 1 vc cc E = mcc = m C ce +pccc a

erhalten. Wenn man also mit einer in Bezug auf eine andere Person konstanten Geschwindigkeit reist, so gibt es keine objektive Möglichkeit zu entscheiden, wer sich bewegt und wer nicht. Beobachten kann man diesen Effekt auch, wenn man in einem langsam anfahrenden Zug sitzt. Der Begriff der Bewegung ist relativ. Das zweite Postulat ist sicherlich überraschend und gegen die Intuition, selbst, wenn man es verstanden hat. Es ist eine Folgerung aus den Maxwell-Gleichungen für die Ausbreitung von Lichtwellen. Man denke an einen Zug der Geschwindigkeit u, aus dem man einer Person am Bahnsteig einen Ball mit Geschwindigkeit v zuwirft. Unsere Alltagserfahrung würde uns sagen, dass die Person am Bahnsteig den Ball mit einer Geschwindigkeit w auffängt, die Summe der beiden Gescheindigkeiten ist, also w= u+v. Das hätte Newton gesagt. Ersetzen wir aber nun den Ball durch ein Lichtteilchen ein Photon, dann folgt aus dem zweiten Einsteinschen Postulat: Das Photon bewegt sich in Bezug auf den Zug mit Lichtgeschwindigkeit, aber auch mit genau derselben Geschwindigkeit auf die Person am Bahnsteig zu. Wie seltsam! Einsteins Antwort auf die Frage, wie zwei Geschwindigkeiten (in derselben Richtung) sich addieren, wird durch die erste der drei Gleichungen gegeben. Beachte, dass wir sofort einige Spezialfälle ablesen können. Zunächst, wenn sowohl u als auch v viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit c sind, dann ist uv/cc viel kleiner als 1, und Einsteins Formel wird zu Newtons Formel w=u+v, so, wie es sein sollte. Für u=c/2 und v=c/2 sagt uns die Formel, dass w = 4c/5 ist. Und schließlich für v = c ist w auch gleich c, für alle Werte von u, wie vom zweiten Postulat verlangt. Selbst wenn wir fortfahren, Geschwindigkeiten kleiner oder gleich c zu addieren, kann niemals eine größere Geschwindigkeit als c herauskommen! Offenbar ist die Lichtgeschwindigkeit die größte erlaubte Geschwindigkeit in der Natur, und glücklicherweise ist 60 die spezielle Relativitätstheorie. Sieben Jahre nach Arbeitsbeginn im Patentamt wurde er zum Privatdozent in Bern ernannt. 1909 wurde er Assistenzprofessor in Zürich, 1911 Professor für theoretische Physik in Prag, kehrte aber im folgenden Jahr für einen ähnlichen Posten nach Zürich zurück. 1914 wurde er zum Direktor des Kaiser-Wilhelm- Instituts für Physik und zum Professor an der Universität Berlin ernannt. Er wurde 1914 deutscher Staatsbürger und blieb bis 1933 in Berlin, wo er dann auf diese Staatsbürgerschaft aus offensichtlichen politischen Gründen verzichtete. Einstein erhielt 1921 den Nobelpreis für Physik für seine Verdienste in der theoretischen Physik, insbesondere für die Entdeckung des Gesetzes des photoelektrischen Effekts, bemerkenswerterweise nicht für seine Arbeit über Relativität. Während Einstein 1901 darüber nachdachte, seine akademische Karriere aufzugeben, erhielt er 1933 Angebote aus vielen Städten, etwa Jerusalem, Leiden, Oxford, Madrid und

61 dieses Maximum für alle Beobachter gleich. So weit wir wissen, hält sich die Natur ausnahmslos an diese Geschwindigkeitsgrenze. Diese absolute Schranke für Geschwindigkeiten gilt notwendigerweise auch für alle möglichen Arten der Informationsübermittlung, was ausschlaggebend für die Erhaltung des äußerst grundlegenden Konzepts der Kausalität ist den Regeln von Ursache und Wirkung, auf dem nicht nur die Wissenschaft, sondern auch unser tägliches Leben beruht. Mit Ausbreitungsgeschwindigkeiten Paris. Er entschied sich, in die U.S.A. zu gehen und eine Stelle am Institute for Advanced Study in Princeton anzunehmen. Er wurde oberhalb der Lichtgeschwindigkeit könnte man Taten der Vergangenheit rückgängig machen, was zu völlig absurden und unakzeptablen Konsequenzen führen würde. Natürlich wäre 1940 amerikanischer Staasbürger und es ein Segen, wenn man a posteriori einen Unfall ungeschehen zog sich 1945 von seinem Posten zurück. In Princeton arbeitete er hauptsächlich an einer geometrischen Theorie, die Elektromagnetismus und Gravitation vereint. Der Preis für sein Genie war intellektuelle Einsamkeit, wenn auch Musik sein Leben erheblich bereicherte. Er heiratete 1903 Mileva Maric, sie hatten eine Tochter und zwei Söhne; die Ehe wurde 1919 geschieden. Danach heiratete er seine Cousine, Elsa Löwenthal, die 1936 starb. Einstein war ein ausgesprochener Pazifist; sein letzter Brief war an Bertrand Russell gerichtet; in ihm stimmte er zu, seinen Namen auf ein Manifest zu setzen, das alle Nationen dazu verpflichten sollte, Nuklearwaffen aufzugeben. Einstein wurde in Trenton, New Jersey am 18. April 1955 um 16 Uhr eingeäschert. Seine Asche wurde an einem geheim gehaltenen Ort verstreut. machen könnte, der bereits stattgefunden hat, aber es wäre auch schwierig, an solch eine Möglichkeit zu glauben. Wie kann es sein, dass alle Beobachter den gleichen Wert für die Lichtgeschwindigkeit messen, könnte man fragen. Nun, der Preis dafür ist tatsächlich recht hoch. Man erinnere sich daran, dass Geschwindigkeit gleich Ort dividiert durch Zeit ist, darin liegt der Schlüssel. Damit die Lichtgeschwindigkeit für alle Beobachter gleich ist, müssen die Beziehungen zwischen den jeweiligen Begriffen von Raum und Zeit neu definiert werden. Insbesondere ist die Newtonsche Vorstellung einer absoluten Zeit nicht länger haltbar. Da die Trennung zwischen dem, was wir Raum nennen und dem, was wir Zeit nennen, davon abhängt, wie wir uns bewegen, macht es mehr Sinn, von Raum-Zeit zu reden als von Raum und Zeit getrennt. Raum-Zeit ist die Ansammlung aller Raum-Zeit-Punkte ( Ereignisse ) (x,t). Einsteins Theorie bestimmt vollständig, wie die Raum-Zeit von verschiedenen Beobachtern wahrgenommen wird. Das Adjektiv relativ bedeutet, dass nicht jeder Beobachter alle Ereignisse und ihre Reihenfolge in gleicher Weise bemerkt, aber die Theorie erklärt die auftretenden Unterschiede.

Eine eindrucksvolle Folgerung ist, dass bewegte Uhren langsamer gehen, was zum berühmten Zwillings-Paradoxon führt. Die Botschaft der zweiten Gleichung ist: t ist die von der bewegten Uhr gemessene Zeit und t die Zeit auf der ruhenden Uhr. Die Formel lehrt uns, dass t immer kleiner ist als t (denn die Quadratwurzel ist kleiner als 1). Wenn ein Zwilling daheim bleibt und sich der andere auf eine lange Reise mit hoher Geschwindigkeit durch den Raum begibt, so wird nach seiner Rückkehr der reisende Zwilling viel jünger sein. Diese Vorhersage wurde in sehr vielen Fällen getestet, wenn auch nicht mit einem echten Zwilling. Ein sehr sauberer experimenteller Beweis folgt beispielsweise aus der Messung der Zerfallsrate instabiler Teilchen, die bei hohen Geschwindigkeiten produziert werden. Nach Einsteins Gleichung sollten dann die Teilchen länger leben. Ähnlich erscheint einem ruhenden Beobachter ein bewegtes Objekt in Bewegungsrichtung verkürzt. Wenden wir uns nun der berühmtesten Gleichung der Physik des 20. Jahrhunderts zu: E=mcC. Physiker präsentieren sie heutzutage meist in einer etwas anderen Form, denn m in der Einsteinschen Formel ist selbst eine Größe, die vom Bewegungszustand gegenüber dem Beobachter abhängt. Was wir normalerweise als Masse eines Objekts betrachten, ist dessen Masse im Ruhezustand. Masse bezieht sich also auf die Ruhemasse ma. Im letzten Teil der Formel wird die Energie in Abhängigkeit von der Ruhemasse und dem Impuls p (und c) dargestellt, was zwei interessante Eigenheiten relativistischer Teilchendynamik veranschaulicht. Setzen wir den Impuls gleich Null, so ist die Energie gerade gleich der Ruhemasse ma mal cc, was zeigt, dass das Teilchen sogar im Ruhezustand eine gewaltige Energiemenge darstellt. Um eine Vorstellung davon zu geben: in einem Kilogramm irgend einer Form von Materie sind etwa 10BH Joule gespeichert; dieselbe Energiemenge erhält man durch Verbrennung von mehr als einer Million Tonnen Kohle. 62 Maxwell versus Newton Ich möchte eine zusätzliche Bemerkung zum ersten Postulat der Relativität machen. Die Tatsache, dass für alle inertialen Beobachter die Naturgesetze gleich aussehen sollen, war eigentlich schon inkonsistent mit den zwei großen klassischen Theorien: den Newtonschen Gesetzen und den Maxwell-Gleichungen. Es gibt eine Regel, mit der die Orts- und Zeitkoordinaten eines Beobachters in denjenigen des anderen ausgedrückt werden können. Dies ist eine so genannte Koordinatentransformation, die von der Relativgeschwindigkeit abhängt. Wenn man diese Transformation so durchführt, dass Newtons Gesetze in den neuen Koordinaten genau wie

m = m A 1 v C/cC in den alten aussehen, dann ändern sich die Maxwell-Gleichungen, und wenn man eine Transformation wählt, welche die Form der Maxwell-Gleichungen erhält, ändern sich die Newtonschen Gleichungen. Dieser Grundkonflikt zwischen zwei geschätzten Dogmen der klassischen Physik wurde durch Einsteins Theorie aufgelöst; die Transformation, welche die Maxwell-Gleichungen erhält (die so genannte Lorentz-Transformation) war die richtige, und die Newtonsche Mechanik musste vom Thron gestoßen werden und überlebt nur als Grenzfall der viel mächtigeren relativistischen Mechanik, die Einstein formulierte. 63 Drückt man die so genannte relativistische Masse m mittels der Ruhemasse und der Geschwindigkeit aus, so erhält man einen interessanten Ausdruck, den Einstein benutzte (siehe linke Spalte). Diese Formel hat einige erhellende Eigenschaften. Für v= 0 folgt m=ma, wie man erwartet. Wenn v sich der Lichtgeschwindigkeit nähert, geht der Nenner gegen Null und der Wert für m wächst grenzenlos! Das erklärt zu einem gewissen Grad, warum die Teilchengeschwindigkeit nicht größer als die Lichtgeschwindigkeit werden kann: das Teilchen würde unendlich schwer und für seine Beschleunigung benötigte man unendlich große Kraft oder Energie. Ein anderer interessanter Fall in der Energie-Masse-Beziehung (die dritte Gleichung) tritt auf, wenn die Ruhemasse ma Null gesetzt wird. Dann erhalten wir eine Gleichung für masselose Teilchen, die besagt, dass die Energie proportional zum Impuls ist: E=pc. Wir wir später, in Zusammenhang mit der Quantentheorie, noch einsehen werden, macht es viel Sinn, über masselose Teilchen zu reden. Tatsächlich gibt es eine enorme Zahl von ihnen, in Form von Photonen, die als Quanten elektromagnetischer Strahlung aufgefasst werden. Der Ausdruck für die Energie masseloser Teilchen impliziert, dass diese Teilchen sich immer mit Lichtgeschwindigkeit bewegen müssen sie können sich nicht ausruhen. Die Gleichungen der speziellen Relativitätstheorie vermitteln starke Aussagen von schockierender Einfachheit. Sie lehren uns, dass die Natur sich völlig anders verhält, wenn wir Geschwindigkeiten in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit betrachten. Dass wir dies nicht schon viel früher entdeckt haben, liegt daran, dass wir keine Erfahrung mit solchen Geschwindigkeiten hatten. Aber heutzutage werden in den großen Beschleunigern die Elementarteilchen zu Geschwindigkeiten beschleunigt, die weniger als ein Milliardstel von der maximal erlaubten Geschwindigkeit c entfernt sind.