E Steuerbegriffe Zeitliche Bemessung Zeitliche Bemessung (Stand der Gesetzgebung: 1. Januar 2015)
Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV Bern, 2015
E Steuerbegriffe -I- Zeitliche Bemessung INHALTSVERZEICHNIS 1 EINLEITUNG... 1 2 STEUERPERIODE UND BEMESSUNGSPERIODE... 2 2.1 Die Steuerperiode... 2 2.2 Die Bemessungsperiode... 2 3 DAS GELTENDE SYSTEM BEIM BUND UND IN DEN KANTONEN... 3 4 ÜBERGANG VON DER VERGANGENHEITS- ZUR GEGENWARTSBEMESSUNG... 4 Kantone AG = Aargau NW = Nidwalden AI = Appenzell Innerrhoden OW = Obwalden AR = Appenzell Ausserrhoden SG = St. Gallen BE = Bern SH = Schaffhausen BL = Basel-Landschaft SO = Solothurn BS = Basel-Stadt SZ = Schwyz FR = Freiburg TG = Thurgau GE = Genf TI = Tessin GL = Glarus UR = Uri GR = Graubünden VD = Waadt JU = Jura VS = Wallis LU = Luzern ZG = Zug NE = Neuenburg ZH = Zürich
E Steuerbegriffe -1- Zeitliche Bemessung 1 EINLEITUNG Zur Ermittlung des steuerbaren Einkommens oder der Steuerforderung überhaupt bedarf es meist einer zeitlichen Bestimmung. Es wird deshalb zwischen den fortdauernden oder periodischen und den einmaligen Steuern unterschieden: Gegenstand der einmaligen Steuern ist ein durch Gesetz bestimmtes Ereignis: so löst zum Beispiel die Einfuhr von Waren (Ereignis) die Erhebung einer einmaligen Zollpflicht aus. Den periodischen Steuern hingegen haftet ein zeitliches Moment an, indem ihr Gegenstand in einer Gegebenheit besteht, die andauert, wie Besitz (z.b. Liegenschaftssteuer), Verfügen über Vermögen (Vermögenssteuer) oder Wohnsitz (Personalsteuer) oder die sich im Laufe der Zeit erneuert (z.b. Steuern auf Einkommen oder Gewinn). Die Einkommenssteuer ist sicher das bekannteste Beispiel einer periodischen Steuer und wird in regelmässigen Zeitabständen bemessen und veranlagt. Die Ermittlung und Erhebung der periodischen Steuern können jedoch nur in einem klar abgegrenzten Zeitraum verwirklicht werden, weil sobald die steuerbaren Elemente berechnet sind die ermittelte Veranlagung für eine gewisse Zeitspanne bestimmend ist. Was die «zeitliche Veranlagung» (auch «zeitliche Steuerberechnung» genannt) betrifft, setzen die periodischen Steuern, wie z.b. die Einkommenssteuer, voraus, dass man dem «Zeitfaktor» Rechnung trägt, indem man ihn in folgende «Perioden» einteilt: Die zeitliche Erfassung der Steuerpflicht (subjektives Element); sie wird durch die Steuerperiode begrenzt (siehe Ziffer 2.1). Die zeitliche Bestimmung des Umfangs des besteuerten Gegenstandes (objektives Element); sie erfolgt durch die Bemessungsperiode (siehe Ziffer 2.2). Die zeitliche Bemessung ist in der Schweiz heute, im Gegensatz zu früher, einheitlich geregelt. Vor 2001 war die zweijährige Vergangenheitsbemessung (praenumerando) für natürliche Personen die Regel. Die Kantone hatten allerdings die Möglichkeit, die einjährige Gegenwartsbemessung (postnumerando) für die Staats- und Gemeindesteuern sowie die direkte Bundessteuer (dbst) einzuführen. Die Mehrheit der Kantone hat den grundlegenden Systemwechsel von der Vergangenheits- zur Gegenwartsbemessung am 1. Januar 2001 durchgeführt, die letzten drei Kantone (TI, VD und VS) am 1. Januar 2003. Somit hat man heute die Vergangenheitsbemessung vollständig aufgegeben und ist endgültig zur Gegenwartsbemessung übergegangen.
E Steuerbegriffe -2- Zeitliche Bemessung 2 STEUERPERIODE UND BEMESSUNGSPERIODE 2.1 Die Steuerperiode Die Steuerperiode ist der Zeitraum, für welchen die Steuer geschuldet ist. Sie hängt vom Vorhandensein der subjektiven Voraussetzungen der Steuerpflicht ab (Wohnsitz, Betriebsstätte, Grundeigentum usw.). Bei natürlichen Personen stimmt die Steuerperiode in der Regel mit dem Kalenderjahr überein. In dem Fall spricht man also von Steuerjahr. Bei juristischen Personen gilt das Geschäftsjahr als Steuerperiode. Die Steuerperiode ist jedoch kürzer als ein Jahr, wenn der Steuerpflichtige vor dem ordentlichen Ablauf des Steuerjahres den Wohn- bzw. den Geschäftssitz in einen anderen Staat verlegt oder wenn er stirbt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige im Verlaufe des Kalenderjahres neu in die Steuerpflicht eintritt (Zuzug in die Schweiz). 2.2 Die Bemessungsperiode Die Bemessungsperiode ist der Zeitraum, in dem das der Steuerberechnung zu Grunde gelegte Einkommen erzielt wird. Nur im Zusammenhang mit den Einkommenssteuern der natürlichen Personen und den Gewinnsteuern der juristischen Personen spricht man von «Bemessungsperiode», nicht aber bei Vermögens-und Kapitalsteuern. Für diese ist das in einem bestimmten Moment («Stichtag») vorhandene Vermögen bzw. Kapital ausschlaggebend, in der Regel am Ende der Steuerperiode oder gar der Steuerpflicht. Bemerkung: Seit der Verbreitung des so genannten «Postnumerando» Berechnungssystems, wo das Steuerjahr mit dem Veranlagungsjahr übereinstimmt, ist der Ausdruck «Veranlagungsperiode» in den neuen Steuergesetzen (besonders im DBG und im StHG) verschwunden. Die neueren kantonalen Steuergesetze erwähnen diese Bezeichnung der «Veranlagungsperiode» auch nicht mehr, sondern benutzen dafür den allgemeinen Begriff der «Steuerperiode». Die «Veranlagungsperiode» war einerseits der Zeitraum, in dem dieselbe Veranlagung (Berechnung der Steuer) gültig war und die zu bezahlende Steuer bestimmt wurde sowie andererseits die Zeitspanne zwischen zwei Veranlagungen.
E Steuerbegriffe -3- Zeitliche Bemessung 3 DAS GELTENDE SYSTEM BEIM BUND UND IN DEN KANTONEN Alle schweizerischen Steuergesetzgebungen betreffend Einkommenssteuern natürlicher Personen sowie Gewinnsteuern juristischer Personen sehen gegenwärtig eine einzige Methode vor, um die Einkünfte zwischen den verschiedenen Perioden zu erfassen, und zwar die Postnumerando-Methode. Dieses System wird auch Gegenwartsbemessung genannt, weil die geschuldete Steuer aufgrund des im Steuerjahr effektiv erzielten Einkommens oder Gewinns besteuert wird. Bei dieser Methode sind Steuer- und Bemessungsperiode identisch und betragen ein Jahr. Die Veranlagung findet demnach auch jedes Jahr statt, aber mit einer einjährigen Verschiebung (siehe unten stehendes Beispiel). Dieses System bringt die Verpflichtung mit sich, jedes Jahr eine Steuererklärung auszufüllen. Weil die Steuerperiode mit der Bemessungsperiode übereinstimmt, kann die Steuer erst dann definitiv veranlagt werden, wenn die Steuerperiode abgelaufen ist. Erst dann kann mit Bestimmtheit das der Steuer unterliegende Jahreseinkommen festgestellt werden. Die Veranlagung findet also hinterher statt, und die Steuer kann erst im folgenden Jahr definitiv eingezogen werden, deswegen der Name «postnumerando». Bei der Postnumerando-Methode kann die massgebliche Zeitspanne ein Jahr nicht überschreiten, da die Steuer jedes Jahr erhoben wird. Beispiel: Die für das Steuerjahr 2015 geschuldete Steuer wird auf der Basis des 2015 verdienten Einkommens berechnet. Das Veranlagungsverfahren (Ausfüllen und Abliefern der Steuererklärung und Bestimmung der Steuer) kann erst 2016, also nach Ablauf der Steuerperiode, erfolgen.
E Steuerbegriffe -4- Zeitliche Bemessung 4 ÜBERGANG VON DER VERGANGENHEITS- ZUR GEGEN- WARTSBEMESSUNG Wie bereits erwähnt, kennen seit 2003 sämtliche Kantone für natürliche Personen die Postnumerando-Methode. Für juristische Personen wird diese Methode bereits seit 2001 angewandt. Das ehemalige System der so genannten Vergangenheitsbemessung zeichnete sich dadurch aus, dass die Bemessungsperiode nicht mit der Steuerperiode übereinstimmte, sondern dieser vorausging. Um die Steuer bereits im Jahr, für das sie geschuldet war, also während der Steuerperiode, erheben zu können, wurde die Steuer auf einem Einkommen berechnet, das in einem früheren Zeitraum erzielt worden war (man spricht deshalb von «Praenumerando»). Die Bemessungsperiode konnte bei der Praenumerando-Bemessung ein oder zwei Jahre umfassen. Im letzteren Fall wurde in der Regel der Jahresdurchschnitt des während der letzten zwei Jahre erzielten Einkommens der Veranlagung zu Grunde gelegt (der Durchschnitt des während der Bemessungsperiode erzielten Einkommens war der Durchschnitt der zwei Jahre, die der Steuerperiode direkt vorangingen). Somit mussten die Kantone, die dieses System der «zweijährigen Praenumerando-Bemessung» angewandt haben, nur jedes zweite Jahr eine Steuererklärung ausfüllen lassen. Das System der Praenumerando-Bemessung wurde manchmal auch «auf der Grundlage des geschätzten Einkommens» genannt, weil man annehmen kann, dass der Fiskus vermutete, dass das vom Steuerpflichtigen während der Steuerperiode erzielte Einkommen mit dem der Bemessungsperiode übereinstimmte. Wenn das wegen verschiedenen Veränderungen der Familiensituation (Hochzeit, Scheidung usw.) oder Berufssituation (z.b. Berufswechsel), nicht der Fall war, musste man die Besteuerung während der Periode revidieren. Dieser Vorgang wurde «Zwischenveranlagung» genannt. Dass der Übergang von der Vergangenheits- zur Gegenwartsbemessung nicht ganz unproblematisch war, geht aus dem unterschiedlichen Wesen der beiden Systeme hervor: Beim einen System behilft man sich mit dem Einkommen aus dem oder den zwei vergangenen Jahren und erhebt schon während des Steuerjahres Steuern (Vergangenheitsbemessung). Beim anderen System kann das effektiv erzielte Einkommen erst nach der Steuerperiode festgestellt werden (Gegenwartsbemessung). Beim Übergang von der Vergangenheits- zur Gegenwartsbemessung entstand eine Bemessungslücke für das oder die letzten Jahre der Vergangenheitsbemessung: die Einkünfte und Aufwendungen dieser Periode wurden steuerlich nie berücksichtigt. Der Fiskus musste sich somit ein ganzes Jahr lang mit der Erhebung der Steuerraten begnügen, da er das tatsächlich erzielte Einkommen ja erst nach Ablauf des Steuerjahres genau bestimmen konnte. Nach dem Übergang zur einjährigen Gegenwartsbesteuerung entfallen sämtliche Zwischenveranlagungen, da bei der Gegenwartsbemessung das veranlagte Einkommen tatsächlich dem im Steuerjahr erzielten Einkommen entspricht. Dies vereinfacht und vermindert die Arbeit der Steuerbehörden und der Steuerpflichtigen.
E Steuerbegriffe -5- Zeitliche Bemessung Genau darin liegt auch der hauptsächliche Vorteil der Gegenwartsbemessung: Mit der Besteuerung des effektiv während des Steuerjahres erzielten Einkommens wird der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und damit dem Gleichheits- und Gerechtigkeitsgebot besser entsprochen. So gilt die einjährige Postnumerando-Besteuerung in der Finanz- und Steuerwissenschaft heute allgemein als das beste System für die zeitliche Bemessung. * * * * *