Ist sich heute jeder selbst der Nächste? Soziale Beziehungen und Einsamkeit im Wandel Dr. Oliver Huxhold & Anne Böger Altern im Wandel: Zwei Jahrzehnte Deutscher Alterssurvey (DEAS) Veranstaltung zum DEAS 214 in Kooperation mit der BAGSO 5. Oktober 216. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin
Soziale Beziehungen sind zentral für Wohlbefinden und Gesundheit Funktionen sozialer Beziehungen Informationen und Zugang zu Ressourcen Hilfe und Unterstützung Empfinden von Zugehörigkeit und Sinnhaftigkeit Unterschiedliche Zuständigkeiten: Periphere Beziehungen (z. B. Bekannte, KollegInnen, NachbarInnen) Informationen, Zugang zu Ressourcen Enge Beziehungen (z. B. Familie, gute Freunde/Freundinnen) Verlässliche Unterstützung, Sicherheit, Intimität 2
Gesellschaftliche Veränderungen in sozialen Beziehungen Veränderung sozialer Rollen (z. B. Geschlechterrollen) und Normen Zunahme beruflicher und geografischer Mobilität Geburtenrückgang Erhöhte Scheidungsraten Zunahme von Wohnentfernung in Familiennetzwerken 3
Fragestellungen Wie häufig fühlen sich die 4- bis 85-Jährigen heutzutage einsam? Haben Einsamkeitsgefühle zugenommen? Wie haben sich soziale Beziehungen in den letzten Jahren verändert? - Partnerschaftliche Lebensformen - Generationenbeziehungen - Enge Beziehungsnetzwerke und Freundschaften 4
Fragestellungen Wie häufig fühlen sich die 4- bis 85-Jährigen heutzutage einsam? Haben Einsamkeitsgefühle zugenommen? Definition Einsamkeit: Einsamkeit ist das Gefühl, das entsteht, wenn meine objektiv vorhandenen sozialen Beziehungen nicht meine sozialen Bedürfnisse erfüllen. 5
Anteile von Personen mit Einsamkeitsgefühlen im Jahr 214 6 4 Prozent 2 8,9 9,6 9,5 7,1 14,7 9,4 7,3 19,7 7,9 Gesamt 4-54 Jahre 55-69 Jahre 7-85 Jahre Niedrige Bildung Mittlere Bildung Hohe Bildung Arm Nicht arm Über 7-Jährige berichten seltener von Einsamkeit als Jüngere Mehr Einsamkeit bei Personen mit niedriger Bildung und in Armut 6
Anteile von Personen mit Einsamkeitsgefühlen: Entwicklung seit 1996 6 1996 22 28 214 4 Prozent 2 16,4 15,7 9,8 11,4 1, 11,3 11,9 8,4 9,2 8,5 1,4 8,4 1,7 11,6 8,4 8,9 1,9 6,6 7,9 6,2 8,3 5,9 6,5 7,3 7,1 6,5 6,5 8,2 42-47 Jahre 48-53 Jahre 54-59 Jahre 6-65 Jahre 66-71 Jahre 72-77 Jahre 78-83 Jahre Bei über 71-Jährigen: Abnahme der Einsamkeit von 1996 bis 214 Bei unter 71-Jährigen: eher Stabilität 7
Fragestellungen Wie häufig fühlen sich die 4- bis 85-Jährigen einsam? Wie haben sich Einsamkeitsgefühle gewandelt? Wie haben sich soziale Beziehungen gewandelt? - Partnerschaftliche Lebensformen - Generationenbeziehungen - Enge Beziehungsnetzwerke und Freundschaftsbeziehungen 8
Häufigkeit partnerschaftlicher Lebensformen: Entwicklung seit 1996 Prozent 1 8 6 4 2 11,3 6,1 82,6 15,5 17,1 9,5 57,8 19,2 19,3 3,7 (Erst-)Ehe 3,2 Folgeehe 9,1 Nichteheliche Partnerschaft 46,4 Partnerlos 13,9 77,7 57,7 (Erst-)Ehe 5,8Folgeehe Nichteheliche Partnerscha 2,3 51,3 8,8 54,7 Partnerlos Nichteheliche Partnerschaft Folgeehe (Erst-)Ehe Folgeehe Nich (Erst)-Ehe (Erst-)Ehe F 1996 214 1996 214 1996 214 4-54 Jahre 55-69 Jahre 7-85 Jahre Bei den 4- bis 54-Jährigen: leichter Anstieg von Partnerlosigkeit Bei den 7- bis 85-Jährigen: starke Abnahme von Partnerlosigkeit 9
Häufigkeit partnerschaftlicher Lebensformen: Entwicklung seit 1996 Prozent 1 8 6 4 2 11,3 6,1 82,6 15,5 17,1 9,5 57,8 19,2 19,3 3,7 (Erst-)Ehe 3,2 Folgeehe 9,1 Nichteheliche Partnerschaft 46,4 Partnerlos 13,9 77,7 57,7 Partnerlos Nichteheliche Partnerschaft (Erst-)Ehe 5,8Folgeehe Nichteheliche Partnerscha 2,3 51,3 8,8 54,7 Folgeehe (Erst-)Ehe Folgeehe Nich (Erst)-Ehe (Erst-)Ehe F 1996 214 1996 214 1996 214 4-54 Jahre 55-69 Jahre 7-85 Jahre In allen Altersgruppen eine Vervielfachung des Anteils Nichtehelicher Partnerschaften. 1
Fragestellungen Wie häufig fühlen sich die 4- bis 85-Jährigen einsam? Wie haben sich Einsamkeitsgefühle gewandelt? Wie haben sich soziale Beziehungen gewandelt? - Partnerschaftliche Lebensformen - Generationenbeziehungen - Enge Beziehungsnetzwerke und Freundschaftsbeziehungen 11
Wohnentfernung zwischen Eltern und Kinder: Entwicklung seit 1996 1 8 17, 19,3 22,8 23,1 Prozent 6 4 44,6 46,1 48,6 51,1 Weiter weg Anderer Ort, max. 2h entfernt Nachbarschaft, gleicher Ort 2 38,4 34,7 28,6 25,8 1996 22 28 214 Zunahme der Wohnentfernung zwischen Eltern und Kindern 12
Kontakthäufigkeit und Beziehungsenge in Eltern- Kind-Beziehungen: Entwicklung seit 1996 Kontakthäufigkeit Beziehungsenge 1 8 8,4 13,2 7,6 11,8 6,9 12,2 7,9 12,4 1 8 2,8 7,5 2,7 7,5 3,1 7,6 3,5 7,7 Prozent 6 4 78,4 8,6 8,9 78,9 Seltener Mindestens monatlich Mindestens wöchentlich Prozent 6 4 89,7 89,8 89,3 88,8 Nicht eng Mittel Eng 2 2 1996 22 28 214 1996 22 28 214 Stabil hohe Kontakthäufigkeit und emotionale Verbundenheit 13
Instrumentelle Unterstützung durch Kinder und Enkel: Entwicklung seit 1996 7-85 J 55-69 J 4-54 J Von Enkeln Von Kindern Von Enkeln Von Kindern Von Enkeln Von Kindern Differenz zur Häufigkeit in 1996 Häufigkeit im Jahr 214 Differenz PP zur Häufigkeit im Jahr 1996 - (in,8 Prozentpunkten) PP 9,3,2 1,4 2,6 11,7 1 2 3 4 5 Prozent -,6 PP -,8-2,5 PP -,6-3,9 PP - 7,7-2,5 PP - 3,9-7,7 Vor allem bei über 7-Jährigen: Rückgang instrumenteller Hilfen durch Kinder und Enkel 14
Fragestellungen Wie häufig fühlen sich die 4- bis 85-Jährigen einsam? Wie haben sich Einsamkeitsgefühle gewandelt? Wie haben sich soziale Beziehungen gewandelt? - Partnerschaftliche Lebensformen - Generationenbeziehungen - Enge Beziehungsnetzwerke und Freundschaften Definition enge Beziehungen: Enge Beziehungen hat man zu Personen, die einem persönlich wichtig sind und zu denen man regelmäßigen Kontakt hat. 15
Hat sich die Zahl enger sozialer Beziehungen verringert? 8 Mittlere Anzahl Personen 7 6 5 4 3 2 1 Prozent 1 8 4,7 4,9 4,1 4,3 6 4 2 Personen mit engen Freunden 1996 22 28 214 46,1 5,8 47,7 56,2 Mehr Personen mit engen Freundinnen und Freunden 214 haben die 4- bis 85-Jährigen rund eine enge Beziehung mehr als 1996 1996 22 28 214 16
Hat sich die Rolle von Freundschaften verändert? 1 1996 22 28 214 8 Prozent 6 4 2 46,1 5,8 47,7 56,2 39,3 35,7 3,7 26,2 26,1 3, 24,1 23,2 5,9 55,5 54,3 61,6 Enges Netzwerk Rat Trost Soziale Aktivitäten Mehr 4- bis 85-Jährige haben enge Freundschaften sowie Freundinnen und Freunde, die sie nach Rat oder Trost fragen können 17
Zusammenfassung I: Einsamkeitsgefühle Nur 9 % der heutigen 4- bis 85-Jährigen berichten von Einsamkeit Positiver Status der Älteren: kein erhöhtes Einsamkeitserleben und Abnahme von Einsamkeitsgefühlen über die Zeit Deutlich erhöhtes Einsamkeitsrisiko bei niedriger Bildung und Armut Bessere Differenzierung von Risikogruppen: Rolle sozioökonomischer Ressourcen? Zusammenspiel verschiedener Bedingungen? 18
Zusammenfassung II: Enge Beziehungen Keine Hinweise auf Rückgang enger Beziehungen und Vereinsamung, aber Wandel von Beziehungsmodellen und Zuständigkeiten Steigende Relevanz nichtehelicher Partnerschaften Mehr enge Freundschaften, die auch Unterstützung leisten Generationenbeziehungen: hohe Beziehungsqualität, aber wachsende Wohnentfernung und Rückgang instrumenteller Unterstützung durch Kinder und Enkel Weniger Möglichkeiten für instrumentelle Hilfeleistung oder abnehmender Bedarf? Weitere Entwicklung von Partnerlosigkeit? 19
Vielen Dank! Dr. Oliver Huxhold oliver.huxhold@dza.de Anne Böger