IHK-Steuerforum am 03.09.2015 Verschärfte Anforderungen an die strafbefreiende Selbstanzeige
Ansprechpartner Dr. Markus Rohner Rechtsanwalt Fachanwalt für Steuerrecht Gesellschafter der RST-Beratungsgruppe Seite 1
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Die wesentlichen Änderungen auf einen Blick Ausweitung des Berichtigungsverbunds auf mindestens 10 Kalenderjahre, teilweise Wiedereinführung der Teilselbstanzeige, Abschaffung der Infektionswirkung bei Betriebsprüfungen, Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs des 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a AO, Einführung neuer Sperrgründe (Nachschau, besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung), Seite 3
Ausweitung des Anwendungsbereichs des 398a AO (Hinterziehungsbetrag über 25.000,00) und gestaffelte Erhöhung des Zuschlags nach 398a AO, Anwendung des Kompensationsverbots zur Bemessung des Hinterziehungsbetrags nach 398a AO, Zahlung der Hinterziehungszinsen sowie der Zinsen nach 233a AO als Wirksamkeitsvoraussetzung und bis zu zehnjährige steuerliche Anlaufhemmung für Steuern auf bestimmte Kapitalerträge ( 170 Abs. 6 AO) Seite 4
Positive Wirksamkeitsvoraussetzungen 371 AO Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung (1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen. Seite 5
Sachliche Voraussetzungen vollständige Offenlegung aller Steuerstraftaten einer Steuerart Zeitliche Voraussetzungen Steuerstraftaten innerhalb der letzten 10 Kalenderjahre Kalenderjahre oder Festsetzungsfrist? Praxistipp: Grundlage ist immer die Festsetzungsfrist Seite 6
Praktische Probleme Beginn der Festsetzungsverjährung lässt sich nicht mehr klären, Unterlagen sind nicht mehr auffindbar Zukünftig wird es drei Fristen geben: 1. Strafrechtliche Verfolgungsverjährung 2. Steuerliche Festsetzungsverjährung 3. Erweiterter Berichtigungsverbund nach 371 Abs. 1 AO Seite 7
Ausnahme von der Unwirksamkeit der Teilselbstanzeige 371 AO Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung (2a) Soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung begangen worden ist, tritt Straffreiheit abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 Nummer 3 bei Selbstanzeigen in dem Umfang ein, in dem der Täter gegenüber der zuständigen Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt. [ ] Seite 8
Unrichtig oder verspätete Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Lohnsteueranmeldungen können straffrei korrigiert werden Schwellenwert 398a AO 25.000,00 kommt nicht zur Anwendung, mehrfache Korrekturen möglich Vorsicht: Gilt nicht für Umsatzsteuerjahreserklärungen Seite 9
Neuregelung der Sperrgründe 1. Bekanntgabe der Prüfungsanordnung 371 AO Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung (2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn 1. bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung a) dem an der Tat Beteiligten, seinem Vertreter, dem Begünstigten im Sinne des 370 Absatz 1 oder dessen Vertreter eine Prüfungsanordnung nach 196 bekannt gegeben worden ist, beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Außenprüfung, oder [ ] Seite 10
Verschärfung: Sperrwirkung auch bei Bekanntgabe gegenüber juristischen Personen Erleichterung: Nicht unter die Prüfungsanordnung fallende Steuerstraftaten einer Steuerart können weiterhin Gegenstand einer Selbstanzeige sein. Voraussetzung für die Selbstanzeige ist nicht die Korrektur der gesperrten Jahre Seite 11
2. Weitere Änderungen der Sperrgründe 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 c) AO (Erscheinen des Amtsträgers) wurde ebenfalls auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der Außenprüfung beschränkt. 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 b) AO (Einleitung des Straf- und Bußgeldverfahrens) ist nicht mehr täter-, sondern tatbezogen ausgestaltet. Seite 12
371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und 4 AO: Die strafbefreiende Selbstanzeige ist ausgeschlossen, wenn der Steuervorteil größer als 25.000,00 je Tat ist oder ein besonders schwerer Fall vorliegt (Beteiligung eines Amtsträgers, fortgesetzte Hinterziehung mittels gefälschter Belege, bandenmäßige Umsatzsteuer- und Verbrauchssteuerhinterziehung). Aber: Absehen von einer Verfolgung nach 398a, wenn folgende Voraussetzungen erfolgt sind: 1. Nachzahlung der hinterzogenen Steuern 2. Zahlung der Hinterziehungszinsen nach 235 AO und der Zinsen nach 233a AO 3. Zahlung eines Geldbetrages, abhängig von der hinterzogenen Steuer wie folgt: 10 % wenn der Hinterziehungsbetrag 100.000,00 nicht übersteigt, 15 %, wenn der Hinterziehungsbetrag 1.000.000,00 nicht übersteigt, 20 %, wenn der Hinterziehungsbetrag 1.000.000,00 übersteigt. Seite 13
Anwendung des Kompensationsverbotes (Steuervorteile werden nicht berücksichtigt, z.b. Vorsteuerabzugsbeträge bei verspätet erklärten Umsätzen) Beispiel: Kompensationsverbot Ein Unternehmen gibt eine Umsatzsteuerjahreserklärung verspätet ab. 500.000,00 Umsätze werden nacherklärt. In gleicher Höhe ist das Unternehmen zum Vorsteuerabzug berechtigt. Es entsteht keine Zahllast und kein Steuerschaden. Der nach 398a Abs. 1 Nr. 2 AO zu zahlende Geldbetrag beträgt 75.000,00 (für jeden an der Tat Beteiligten). Geldauflage in voller Höhe für jeden an der Tat Beteiligten. Die Schwelle von 25.000,00 gilt pro Tat und nicht für den gesamten Berichtigungszeitraum. Praxistipp: Alternativ zu 398 a AO ist das Strafverfahren mit der Möglichkeit der Einstellung nach 153a StPO, der keine starre Zuschlagsregelung enthält, sondern auch persönliche Umstände berücksichtigt. Seite 14
Neue Anlaufhemmung für Steuern aus Kapitalerträgen nach 170 Abs. 6 AO 170 AO Anlaufhemmung (6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die 1. aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und 2. nicht nach Verträgen im Sinne des 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Seite 15
Anmerkung Keine Auswirkung auf Selbstanzeige, sondern auf Beginn der steuerlichen Festsetzungsverjährung Diese kann zusammen mit der verlängerten Festsetzungsfrist nach 169 Abs. 2 S. 2 AO insgesamt 20 Jahre betragen für Kapitalerträge aus Drittstaaten. Seite 16
Wir bringen die Dinge auf den PUNKT. Wirtschaftsprüfung Steuerberatung Rechtsberatung Unternehmensberatung Seite 17