(Persönlicher) Erfahrungsbericht mit der Kooperation im Begleitprojekt Projektname: Regionales Übergangsmanagement Koordinierungsbüro Saarbrücken KoSa Abschlussorientierte Modulare Nachqualifizierung Saarbrücken - QUASA Projektlaufzeit und Standort: Mai 2008 bis Ende Juni 2012 Standort: Saarbrücken Begleitvorhaben: Mit MigrantInnen für MigrantInnen November 2009 bis Ende Juni 2012 Träger: KoSa: Regionalverband Saarbrücken, Fachbereich Schulen und Bildung, Fachdienst Gebäudeund Betriebsmanagement Schulen (GBS) QUASA: Zentrum für Bildung und Beruf Saar ggmbh (ZBB) ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Zustand (vor Kooperationsbeginn): Aus den Ergebnissen durchgeführter Befragungen des Projektes KoSa war bekannt, dass an den Schulen des Regionalverbandes der Anteil von SchülerInnen mit Migrationshintergrund in Schulformen, die einen Hauptschulabschluss anbieten, im Durchschnitt rund 45% beträgt, erheblich mehr, als schließlich erfolgreich in eine Ausbildung einmünden. Auch die Beratungen zur abschlussorientierten Nachqualifizierung im Projekt QUASA wiesen einen hohen Anteil an jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund auf. Eine Befragung von Eltern mit Migrationshintergrund wies auf Unsicherheiten im Umgang mit dem deutschen Bildungs- und Ausbildungssystem hin und belegte darüber hinaus, dass den Migrantenselbstorganisationen in diesem Kontext eine große Bedeutung zukommt. Sie sind für viele MigrantInnen und Migranten die zentrale Anlaufstelle, wenn es um Rat in Sachen Bildung geht. Im bestehenden Kooperationsnetzwerk von KoSa und QUASA waren bereits Integrationsbeauftragte und beiräte, sowie Jugendmigrationsdienste und einige interkulturelle Organisationen (insbesondere Elternvereine) einbezogen. Eine intensive Kooperation mit weiteren interkulturellen Vereinen oder Moscheegemeinden bestand jedoch nicht. Lehrkräfte und Kooperationspartner im Netzwerk berichteten vielfach von der Schwierigkeit, Jugendliche mit Migrationshintergrund oder deren Eltern wirksam zu erreichen. Die Netzwerkpartner beider
Projekte (Ministerien, Schulen, Kammern, Arbeitsagentur, Jobcenter, Jugendamt, Jugendmigrationsdienste, Volkshochschule ) waren stark an einer intensiveren Zusammenarbeit mit Migrantenselbstorganisationen interessiert. Kooperationsthemen im Begleitprojekt: Gemeinsam mit den VertreterInnen der MSO (Bildungsbeauftragten) wurde Informationsbedarf zu folgenden Themen formuliert: 1. Schule und Bildungssystem 2. Berufsausbildung 3. Fördermöglichkeiten in Schule, Aus- und Weiterbildung 4. Angebote der Agentur für Arbeit und des Jobcenters 5. Unterstützung bei Bewerbungen 6. Anerkennung von Abschlüssen und Nachqualifizierung 7. Angebote der Kammern Ein weiteres zentrales Thema war die interkulturelle Kompetenz seitens der Institutionen aber auch seitens der MigrantInnen selbst sowie der richtige Umgang mit Behörden. Mehrere interkulturelle Schulungen (in Kooperation mit dem waik-institut Köln) für Bildungsbeauftragte und NetzwerkpartnerInnen stießen im Verlauf des Begleitvorhabens auf sehr positive Resonanz. In diesen Kontext gehört auch das Thema gegenseitiger Erfahrungsaustausch. Der Dialog auf Augenhöhe zwischen Bildungsbeauftragten und Arbeitsmarktakteuren hat dabei viel zum besseren gegenseitigen Verständnis beigetragen und persönliche Kontakte entstehen lassen, die für die nachhaltige Zusammenarbeit auf beiden Seiten überaus wertvoll sind. Ein Kommunikationstraining (durchgeführt vom waik- Institut Köln) im März 2012 mit dem Ziel, Kompetenzen der freien Rede und der Präsentation zu vermitteln, hat erheblich dazu beigetragen Unsicherheiten der Bildungsbeauftragten abzubauen und vor Publikum selbstbewusster aufzutreten.
Kooperationsergebnisse: Die Bildungsbeauftragten sind inzwischen bei den Bildungsakteuren der Region bekannt. Alle verfügen über individuelle Plakate in den Sprachen ihrer Wahl, um an geeigneter Stelle für ihr Beratungsangebot zu werben. InteressentInnen können sich außerdem über eine zentrale mailadresse mit ihrem Anliegen an die Bildungsbeauftragten wenden. Neben dem Beratungsangebot in ihren Vereinen organisieren sie in Kooperation mit Partnern aus dem Migrations- und Bildungsbereich Informationsabende für Eltern mit Migrationshintergrund, die sehr gut angenommen werden. Sie stellen das Konzept der Bildungsbeauftragten darüber hinaus auf Ausbildungsmessen und im Rahmen Interkultureller Wochen vor. Schulen fordern ebenfalls Bildungsbeauftragte an, sowohl für Elternabende als auch für Projektwochen, wo sie über ihre Vereine informieren. In fachspezifischen Arbeitskreisen (sozialpädagogische Fachkräfte an Schulen, Arbeitskreis Schule-Wirtschaft, )stellen die Bildungsbeauftragten ihr Angebot vor und knüpfen weitere Kontakte. IHK und HWK des Saarlandes bieten Informationsveranstaltungen in den Vereinen an und entwickeln gemeinsam mit den Bildungsbeauftragten ein Ansprachekonzept für Migrantenbetriebe, um dort für Ausbildung zu werben. 10 Bildungsbeauftragte haben auch nach Auslaufen der Projektphase Interesse an der Fortführung der Zusammenarbeit bekundet. Aufgrund der positiven Resonanz der Kooperation bei allen Netzwerkpartnern besteht die Absicht, das entstandene interkulturelle Bildungsnetzwerk und damit auch die intensive Zusammenarbeit mit den Vereinen künftig im Rahmen der Fortführung des Koordinierungsbüros KoSa beim Regionalverband Saarbrücken zu verstetigen und gegebenenfalls auszubauen. Die konkrete Ausgestaltung wird im September Gegenstand der Beratungen sein. (Persönliche) Erfahrungen: Die Arbeit im Begleitvorhaben hat deutlich gemacht, wie hoch der Stellenwert einer guten Bildung bzw. Ausbildung für die überwiegende Mehrheit der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ist. Damit erklärt sich auch das überwältigend große Interesse der Vereine am Thema Bildung, das uns zu Anfang noch überraschte. Beeindruckt hat uns persönlich das enorme ehrenamtliche Engagement von Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft, ganz unterschiedlichen Alters und mit ganz unterschiedlichem Erfahrungshintergrund als Migrant / Migrantin in Deutschland. In unseren zahlreichen Tref-
fen und Veranstaltungen war immer spürbar, dass das gemeinsame Interesse an der erfolgreichen Bildungsintegration junger MigrantInnen, die vorhandenen Unterschiede zwischen Kulturen, Religionen, Weltanschauungen plötzlich nebensächlich werden lässt. Und so ist aus dieser anfänglich reinen Interessen- oder Arbeitsgruppe nach und nach eine Gemeinschaft geworden, deren Mitglieder inklusive der Projektleitungen in freundschaftlicher und respektvoller Weise miteinander verbunden sind. Diese Erfahrung tröstet ein wenig darüber hinweg, dass die Arbeitsbelastung während der Schulungsphase kaum zu bewältigen war, denn beide Projekte hatten daneben noch eine Fülle weiterer Aufgaben abzuarbeiten und für das Begleitvorhaben keine zusätzliche Personalressource erhalten. Dass das Thema interkulturelle Bildung durch unser Projekt nun nachhaltig in der kommunalen Struktur des Regionalverbandes Saarbrücken verankert und auch gemeinsam mit Migrantenselbstorganisationen weiter entwickelt wird, halten wir für einen großen Erfolg. Dafür herzlichen Dank an alle, die dazu beigetragen haben: Die örtlichen Vereine, die Bildungsbeauftragten, die Akteure und Akteurinnen im Netzwerk, die MitarbeiterInnen der MOZAIK ggmbh Bielefeld und des waik-institutes Köln. Anregungen für ähnliche Kooperationen und Projekte: Es sollte berücksichtigt werden, dass die intensive Zusammenarbeit mit MIgrantenselbstorganiosationen zeitaufwändig ist und ausschließlich über persönliche Ansprache gelingen kann. Hilfreich ist, im Vorfeld zu recherchieren, ob es andere Akteure gibt, die ebenfalls MultiplikatorInnen-Projekte mit MigrantInnen durchfühen, um Parallelstrukturen zu vermeiden und Schnittstellen zu finden. Die kommunalen Integrationsbüros dienen hierbei als wertvolle Informationsquelle, auch zur Kontaktaufnahme mit ansässigen Vereinen. Veranstaltungen und Austauschtreffen sollten möglichst in den Vereinen stattfinden und für Vereinsmitglieder geöffnet werden. Die Einladung von Bildungs- und Arbeitsmarktakteuren in die Vereine baut Berührungsängste gegenüber den Migrantenselbstorganisationen ab. Exkursionen / Besuche in Bildungseinrichtungen tragen dazu bei, vorhandene Hemmschwellen gegenüber Behörden abzubauen. Der regelmäßige Austausch zwischen den Bildungsbeauftragten ist ebenso wichtig wie der Dialog auf Augenhöhe mit den kooperierenden Arbeitsmarktakteuren. Die Qualifizierung sollte in jedem Fall zertifiziert werden, denn die Zertifikate wirken sowohl als Türöffner in die Institutionen als auch als Legitimation in den Vereinen. Die Arbeit der Bildungsbeauftragten sollte zumindest in Form einer Aufwandspauschale vergütet werden. Bei Tätigkeiten für Bildungsakteure oder längerfristiger Begleitung von Projekten sollte darüber hinaus von den verantwortlichen Einrichtungen ein Honorar an die Bildungsbeauftragten gezahlt werden.
Es ist in jedem Fall von Vorteil, erfahrene externe Partner aus dem Migrationskontext an der Seite zu haben, wenn es darum geht, vor Ort für das Konzept zu werben oder interkulturelle Schulungen durchzuführen. Saarbrücken, 26.07.2012 Claudia Barth Regionalverband Saarbrücken Stefanie Wagner Zentrum für Bildung und Beruf (ZBB) Saar ggmbh