EMPLOYABILITY MANAGEMENT



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Transkript:

Prof. Dr. Jutta Rump Silke Eilers Institut für Beschäftigung und Employability Ernst-Boehe-Straße 4 D-67059 Ludwigshafen Telefon: 0621/52 03-238 Telefax: 0621/52 03-200 rump@fh-ludwigshafen.de Ludwigshafen, im Mai 2005 EMPLOYABILITY MANAGEMENT Ein ganzheitlich-integratives Management-Konzept zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen durch Beschäftigungsfähigkeit der Beschäftigten Abschlussbericht des Forschungsprojektes und der empirischen Untersuchung

Managing Employability 2 GLIEDERUNG I. ALLGEMEINES 1 Grundlagen 2 Administrative Daten 3 Aufgabenstellung 4 Hintergründe 5 Stand der Wissenschaft II. ERKENNTNISGEWINN DES PROJEKTES 1 Grundlagen 1.1 Begriffliche Grundlagen 1.2 Theoretisch-konzeptionelle Grundlagen 1.2.1 Die Leiter der Schlussfolgerungen und die damit verbundenen Lernmodelle 1.2.2 Das limbische System 2 Die explorative Studie 2.1 Voruntersuchung 2.1.1 Die Vorgehensweise 2.1.2 Ergebnisse 2.2 Hauptuntersuchung 2.2.1 Forschungsrahmen 2.2.2 Das methodische Vorgehen 2.2.2.1 Untersuchungsdesign: Einzelfallstudie 2.2.2.2 Untersuchungsverfahren: Problemzentrierte Einzelinterviews 2.2.2.3 Populationswahl: Untersuchungs- und Erhebungseinheiten 2.2.2.4 Datensammlung und aufbereitung 2.2.2.5 Auswertungsverfahren: Qualitative strukturierte Inhaltsanalyse 2.2.3 Ergebnisse der Hauptuntersuchung 2.2.3.1 Die Anforderungen an Employability 2.2.3.2 Chancen und Nutzen eines Employability Management

Managing Employability 3 2.2.3.3 Ängste und Befürchtungen im Zusammenhang mit Employability 2.2.3.4 Das Konzept des Employability Management III. FAZIT LITERATURVERZEICHNIS ANHANG

Managing Employability 4 I. ALLGEMEINES 1. Administrative Daten Auftraggeber: BMBF: Programm zur Förderung der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung an Fachhochschulen (afue) Auftragnehmer: Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein Hochschule für Wirtschaft Ernst-Boehe-Str. 4 67059 Ludwigshafen Projektleitung: Prof. Dr. Jutta Rump Kennzeichen: 1703903 Auftragsbezeichnung: Employability Management - ein ganzheitlich-integrativer Ansatz zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von KMU durch Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter/innen Laufzeit des Auftrags: 01.10.2003 31.03.2005

Managing Employability 5 2. Aufgabenstellung Im Rahmen des Forschungsvorhabens werden folgende Ziele angestrebt: Die Entwicklung eines ganzheitlichen, integrativen Management-Konzeptes für Employability. Die Entwicklung von Methoden und Instrumenten zur Förderung von Employability. Die Übertragung und gegebenenfalls die Anpassung des Management-Ansatzes und der Methoden/Instrumente auf die Gegebenheiten, Rahmenbedingungen und Spezifika von/in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die Erstellung von praxisrelevanten Gestaltungs- und Implementierungsempfehlungen zum Employability-Ansatz insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen. Und nicht zuletzt der Erkenntnisgewinn, inwieweit sich Unternehmen bereits mit dem Thema Employability beschäftigen und tragfähige Konzepte entwickelt haben. 3. Hintergründe Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch. Entwicklungen, wie die Bedeutungszunahme des Faktors Kompetenz und qualifizierte Human Ressources, die explosionsartige Vermehrung von Wissen und die Verringerung der Halbwertzeit von Wissen, die Implementierung wissensintensiver Technologien, die zunehmende Internationalisierung und Globalisierung, die Tertiarisierung der sektoralen Entwicklung, die Schrumpfung und Vergreisung der Gesellschaft sowie der gesellschaftliche Wertewandel

Managing Employability 6 tragen dazu bei, dass Unternehmen und deren Mitarbeiter 1 zum einen mit einer stark ansteigenden Veränderungsgeschwindigkeit und Unsicherheit sowie zum anderen mit einer zunehmenden Komplexität konfrontiert werden. Auf der Suche nach neuen Wegen stellt sich heraus, dass kollektive Lösungen nicht länger sinnvoll sind. Was sich für einen produzierenden Betrieb als richtig erweist, muss nicht als Vorbild für ein Dienstleistungsunternehmen oder für einen anderen produzierenden Betrieb dienen. Der Umgang mit Vielfalt und Komplexität bedingt, immer mehr zu differenzieren. Zunehmende Komplexität und die damit verbundene Differenzierung erfordern permanente Innovationskraft, die in unmittelbarem Zusammenhang zu Wissen und Kompetenz der Mitarbeiter steht. Darüber hinaus erweist sich die alt-bewährte Strategie, auf Veränderungen mit der Optimierung von Strukturen und Prozessen zu reagieren, als problematisch. Nicht zuletzt die fast ausgeschöpften Potenziale, die nur noch mit hohem Aufwand zu realisieren sind, setzen enge Spielräume. Hohe Komplexität und Vielfalt verknüpft mit einer hohen Veränderungsgeschwindigkeit werden es mehr und mehr zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor eines Unternehmens machen, über Arbeitnehmer zu verfügen, die den wandelnden Bedingungen auf den Märkten gewachsen sind. Für die Arbeitnehmer selbst implizieren die Zukunftsszenarien zweierlei. Zum einen einen qualifikatorischen Strukturwandel auf dem (internen wie externen) Arbeitsmarkt, der mit einer rapiden Abnahme von Arbeitsplätzen und Berufsfeldern für niedrig qualifizierte Tätigkeiten einhergeht. Somit klafft die Schere der Beschäftigungschancen zwischen unteren und oberen Qualifikationsebenen immer weiter auseinander. Mit verheerenden Folgen für diejenigen, die ein gewisses Bildungs- und Qualifikationsniveau nicht erreichen. Qualifikation geht in diesem Kontext weit über fachliche und technische Fertigkeiten hinaus, sondern wird künftig immer stärker personale, soziale und methodische Kompetenzen umfassen, um Wissen zu erschließen und anzuwenden. Zum anderen sehen sich Arbeitnehmer zunehmend mit einer Arbeitswelt konfrontiert, in der sich Sicherheit nicht länger auf einen bestimmten Beruf, einen bestimmten Arbeitsplatz oder Arbeitgeber bezieht, sondern vielmehr auf den eigenen Fertigkeiten und Kompetenzen beruht. Somit sind sie einem kontinuierlichen Prozess ausgesetzt, der sie zwingt, sich immer wieder mit ihrem Qualifikationsstand auseinander zu setzen, diesen an den aktuellen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes zu spiegeln und 1 Aus Gründen der Lesefreundlichkeit wird im Folgenden auf die weibliche Form verzichtet.

Managing Employability 7 gegebenenfalls anzugleichen. 2 Dies wird häufig mit den Begriffen Employability und Beschäftigungsfähigkeit in Verbindung gebracht. Obgleich dieser Forschungsauftrag seinen Schwerpunkt auf die Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber legt, sollen die Konsequenzen, die eine steigende Veränderungsgeschwindigkeit sowie eine zunehmende Komplexität für die Tariflandschaft, den Bereich der sozialen Absicherung sowie für die berufliche und akademische Ausbildung 3 implizieren, nicht unerwähnt bleiben. Die Forderung nach einer Differenzierung, Flexibilisierung und Anpassungsbereitschaft steht in eindeutigem Widerspruch zur gegenwärtigen Tariflandschaft, die nach wie vor auf dem Modell des Normalarbeitsverhältnisses 4 basiert. Kollektive Lösungen werden der wachsenden Komplexität und Veränderungsgeschwindigkeit jedoch ebenso wenig gerecht wie Gruppierungssysteme, die primär auf den ursprünglich erlernten Beruf abzielen und Entlohnungsmodelle, die nicht-standardisierte Arbeitsmodelle benachteiligen. Eine entsprechende Anpassung wird hier unumgänglich sein. Auch das traditionelle System der sozialen Sicherung geht von dem Modell des Normalarbeitsverhältnisses als vorherrschendem Standard auf dem Arbeitsmarkt aus. In einer Arbeitswelt, in der künftig ein Wechsel zwischen unterschiedlichsten Erwerbsphasen (befristete Projekttätigkeiten, verminderte Arbeitszeiten, Nicht-Erwerbstätigkeit aufgrund von Weiterbildung oder Arbeitslosigkeit...) zum Alltag nicht weniger Arbeitnehmer gehören wird, bedarf es auch für diese Beschäftigungsphasen entsprechender Lösungen. 5 Abbildung 1 gibt einen Überblick über diese Ausgangssituation. 2 Vgl.: Weinert, P. (Hrsg.); Baukens, M.; Bollérot, P.; Pineschi-Gapenne, M.; Walwei, U. (2001), S. 115. 3 Siehe Kapitel Die Bedeutung von Schulen. 4 Unter dem Normalarbeitsverhältnis wird im Folgenden ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis verstanden, das an einem konkreten Arbeitsort ausgeübt wird und an ein festgelegtes Entgelt gebunden ist. Darüber hinaus geht das Normalarbeitsverhältnis von einer langfristigen Verweildauer des Arbeitnehmers in einem Unternehmen aus. 5 Vgl.: Uni Tuebingen (2001), S. 8.

Managing Employability 8 Bedeutungszuwachs des Faktors Wissen Verringerung der Halbwertzeit von Wissen Explosionsartige Vermehrung von Wissen Implementierung wissensintensiver Technologien Der Einzelne sieht sich konfrontiert mit: - Qualifikatorischem Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt - Aufbrechen tradierter Berufsfelder und Erwerbsbiographien - Wegfall herkömmlicher Absicherungen - Anforderung, Verantwortung für sich selbst und die eigene berufliche Entwicklung zu übernehmen Die Gesellschaft sieht sich konfrontiert mit: - Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt - Infragestellung herkömmlicher Systeme der Beschäftigungspolitik und sozialen Sicherung Das Unternehmen sieht sich konfrontiert mit: - Hoher Veränderungsgeschwindigkeit und Dynamik auf allen relevanten Märkten - Wettbewerb um beschäftigungsfähige Arbeitskräfte - Ständigem Innovationsdruck Demographische Entwicklung Gesellschaftlicher Wertewandel Internationalisierung und Globalisierung Tertiarisierung der sektoralen Entwicklung Abb. 1: Ausgangssituation für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Staat auf sich verändernden Märkten (in Anlehnung an: Uni Tübingen (2001), S. 1). 4. Stand der Wissenschaft Über das Themenfeld Employability existieren nur einige Beiträge. Die Liste der bisherigen Veröffentlichungen gibt einen Überblick.

Managing Employability 9 Monographien und Sammelwerke Blancke, S.; Roth, C.; Schmid, J.(2000): Employability ( Beschäftigungsfähigkeit ) als Herausforderung für den Arbeitsmarkt Auf dem Weg zur flexiblen Erwerbsgesellschaft Eine Konzept- und Literaturstudie (Arbeitsbericht Nr. 157 der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden- Württemberg), Stuttgart, 2000 Lombriser, R.; Uepping, H. (2001): Employability statt Jobsicherheit: Personalmanagement für eine neue Partnerschaft zwischen Unternehmen und Mitarbeitern Neuwied/Kriftel: Luchterhand 2001 Tamkin, P; Hillage, J. (1999) : Employability and Employers : the missing piece of the jigsaw; Brighton, 1999 Weinert, P. (Hrsg.); Baukens, M.; Bollérot, P.; Pineschi-Gapenne, M.; Walwei, U.(2001): Beschäftigungsfähigkeit: Von der Theorie zur Praxis (Soziale Sicherheit; Bd. 4), Bern; Berlin; Bruxelles; Frankfurt am Main; New York; Oxford; Wien, 2001 Sattelberger, T. (Hrsg.) (1996): Human Resource Management im Umbruch: Positionierung, Potentiale, Perspektiven, Wiesbaden 1996. Sattelberger, T. (Hrsg.) (1999): Wissenskapitalisten oder Söldner? Personalarbeit in Unternehmensnetzwerken des 21. Jahrhunderts, Wiesbaden 1999. Speck, P. (Hrsg.) (2004):

Managing Employability 10 Employability Herausforderungen für die strategische Personalentwicklung. Konzepte für eine flexible, innovationsorientierte Arbeitswelt von morgen, Wiesbaden 2004. Zeitschriftenaufsätze Habermann, W.; Lohaus, D. (2003) Employability statt Outplacement, in: PERSONAL 55. Jahrgang, Juli 2003, S. 56 59 Steffens-Duch, S.; Fischer, H. (2000) Employability: Beschäftigungsfähigkeit sichern, in: PERSONAL 52. Jahrgang, Heft 9, 2000, S. 550 554 Stalitza, U.; Tscheulin, J. (2002) Employability und Flexibilität gemeinsam erreichen, in: Personalwirtschaft 29. Jahrgang, Heft 2, 2002, S. 26-31 Witek, R. (1998) Maßnahmen zur Beschäftigungsfähigkeit, in: Personalwirtschaft 25. Jahrgang, Sonderheft 6, 1998, S. 49 Straub, R. (2001) Employability birgt neuen Sprengstoff, in: Personalwirtschaft 28. Jahrgang, Heft 6, 2001, S. 3 Honegger, J. (2001) Employability statt Jobsicherheit, in: Personalwirtschaft

Managing Employability 11 28. Jahrgang, Heft 6, 2001, S. 50-54 Viele Beiträge zeichnen sich jedoch vor allem dadurch aus, dass sich nur Teilbereiche und Teilfacetten von Employability tangieren. Ein Rahmenkonzept gibt es bisher nicht und eine fundierte, wissenschaftlich aufbereitete Datenlage ist kaum vorhanden. Es entsteht der Eindruck, dass sich immer noch nur einige wenige mit dem Themenfeld beschäftigen, obwohl immer wieder betont wird, wie wichtig das Thema Employability für Unternehmen, Arbeitnehmer und die Arbeitswelt ist und in Zukunft sein wird. Es ist zudem zu beobachten, dass die vorhandenen Beiträge vor allem ihren Blick auf Großunternehmen richten. Die Perspektive der KMU wird vernachlässigt. Im Rahmen der Literaturrecherche ist somit festzustellen, dass das Themenfeld Employability nur durch eine begrenzte theoretische und empirische Erschlossenheit gekennzeichnet ist und dass die KMU-Perspektive außer Acht gelassen wird. Aufgrund der nur begrenzten Erschlossenheit der Forschungsfragestellung ist ein sekundäranalytisches Vorgehen mit Rückgriff auf bereits vorhandenes Datenmaterial allein daher kaum möglich. Ein primäranalytisches Vorgehen wird notwendig, das jedoch nicht auf einem bereits festgefügten theoretischen Fundament aufbauen kann, sondern gegenüber Anregungen für die Entwicklung und Gestaltung eines solchen theoretischen Konstrukts offen und flexibel sein muss. Die Prinzipien der Offenheit und Flexibilität, die für die Untersuchungsthematik, die Untersuchungspersonen, die Untersuchungssituation und die anzuwendenden Untersuchungsmethoden gelten, betonen die Exploration und lassen eine Ex-ante-Hypothesenbildung nicht zu. Zuvor aufgestellte Hypothesen werden nicht im Rahmen des Untersuchungsvorgehens auf ihre Gültigkeit hin überprüft. Stattdessen müssen Forschungshypothesen erst auf der Grundlage von erhobenen Daten unter Einsatz von Plausibilitätsüberlegungen und Analogieschlüssen subjektiv-interpretativ entwickelt werden. Bisher unbekannte Faktoren und Prozesse können aufgedeckt werden. Es kommt somit ein hypothesengenerierendes Verfahren zur Anwendung, bei dem die Forschungsfragestellung und nicht die Methodenfragen im Vordergrund stehen. Der Hypothesengenerierungsprozess ist erst mit dem Ende der Untersuchung vorläufig abgeschlossen. Als Untersuchungsmethodik wird die qualitative, explorative Studie gewählt. Die Wahl beruht auf mehreren Faktoren. Zum einen ermöglicht die explorative Studie aufgrund der offe-

Managing Employability 12 nen Verfahrenstechnik einen umfassenden Einblick, der angesichts des geringen Strukturierungsgrades des Forschungsproblems eine Notwendigkeit darstellt. Zum zweiten erreicht die Vorgehensweise der Erfahrungsorientierung und des möglichen Perspektivenwechsels eine Vertrautheit mit dem Forschungsgebiet. Zum dritten unterstützt und erleichtert die explizite Unterscheidung zwischen deskriptiver, erklärender und praktischer Funktion den Umgang mit der Komplexität der Forschungsfragestellung. Die qualitative, explorative Studie bildet den Rahmen für das methodische Vorgehen. Dem methodischen Vorgehen legen Entscheidungen über das Untersuchungsverfahren, die Untersuchungs- und Erhebungseinheiten, die Datensammlung und dokumentation, das Auswertungsverfahren sowie das Evaluationsverfahren zugrunde. Details zu den einzelnen Schritten der Untersuchung finden sich in Kapitel 2 Explorative Studie.

Managing Employability 13 II. ERKENNTNISGEWINN DES PROJEKTES 1. Grundlagen 1.1 Begriffliche Grundlagen Wörtlich ins Deutsche übersetzt, bedeutet der Begriff Employability soviel wie Beschäftigungsfähigkeit, d.h. er umfasst Merkmale, die den Einzelnen tauglich oder nicht tauglich für eine Beschäftigung sein lassen. Auch Arbeitsmarktfitness wird häufig als Synonym verwendet, so dass diesen Schlagworten besonderes Augenmerk geschenkt werden soll. Sie sind jedoch alle derart vielschichtig und kontinuierlichen Wandlungsprozessen unterworfen, dass sie sich nicht in ein theoretisches Konstrukt pressen lassen, sondern bezogen auf einen jeweils individuellen Kontext betrachtet werden müssen. Daher bleiben auch die in der Literatur gängigen Definitionen auf einem sehr allgemein gültigen Niveau: Beschäftigungsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit einer Person, auf der Grundlage ihrer fachlichen und Handlungskompetenzen, Wertschöpfungs- und Leistungsfähigkeit ihre Arbeitskraft anbieten zu können und damit in das Erwerbsleben einzutreten, ihre Arbeitsstelle zu halten oder, wenn nötig, sich eine neue Erwerbsbeschäftigung zu suchen. 6 Der Begriff ist keineswegs neu so wurden im Verlauf des 20. Jahrhunderts verschiedenste Definitionen der Beschäftigungsfähigkeit entwickelt, die sich zunächst ausschließlich auf körperliche und sozioökonomische Merkmale des Einzelnen konzentrierten, um ihn als beschäftigungsfähig oder nicht beschäftigungsfähig einzustufen. In einer nächsten Stufe wurde der Bezug zum Arbeitsmarkt als entscheidendes Kriterium erkannt, wobei in erster Linie Arbeitslose in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt wurden. Erst seit den neunziger Jahren wurde diese Fokussierung aufgegeben und die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit jedes Einzelnen als bedeutendes Ziel definiert. 7 6 Blancke, S. / Roth, C. / Schmid, J. (2000), S. 9. 7 Vgl.: Weinert, P. (Hrsg.) / Baukens, M. / Bollérot, P. / Pineschi-Gapenne, M. / Walwei, U. (2001), S. 23 ff.

Managing Employability 14 Heute werden mit Beschäftigungsfähigkeit in erster Linie zwei große Themenbereiche abgedeckt: Zum einen die Auswahlprozesse für Arbeitssuchende am Arbeitsmarkt, zum anderen die unternehmensinternen Prozesse zu Nutzung von Humanressourcen. Verknüpft man diese beiden Ansätze, so geht es auch darum, Fähigkeiten zu ermitteln, die der Einzelne...im Unternehmen erworben oder entwickelt hat und die es ihm ermöglichen, den Erfordernissen des Unternehmens weiterhin gerecht zu werden oder sich um eine Stelle außerhalb des Unternehmens zu bewerben, in dem er tätig ist. 8 Nicht nur für einen Beruf und einen Arbeitgeber, sondern für unterschiedliche Arbeitsumfelder, Tätigkeitsbereiche und Organisationsformen soll der Arbeitnehmer fit sein. Bausteine der Beschäftigungsfähigkeit sind Faktoren, die den Menschen dazu befähigen, eine bestehende Beschäftigung zu behalten oder aber eine neue Beschäftigung zu finden. Dabei können diese Fähigkeiten sowohl innerhalb oder außerhalb der aktuellen beruflichen Tätigkeit erworben worden sein. 9 Dazu gehören Erfahrung und Fähigkeiten ebenso wie die Bereitschaft zur Teilnahme an entsprechenden Maßnahmen, die die Beschäftigungsfähigkeit fördern. Von entscheidender Bedeutung ist auch das Maß an Eigenverantwortung und globalem Denken, das der jeweilige Arbeitgeber seinen Mitarbeitern ermöglicht. 10 Nicht zu vergessen sind hier auch Kenntnisse, die z. B. im Rahmen der Elternzeit, bei freiwilligem sozialem Engagement oder durch selbstständige Tätigkeit erworben wurden. Eine Förderung der Beschäftigungsfähigkeit kann sowohl proaktiv, d.h. während einer aktiven Beschäftigung in einem Unternehmen, als auch reaktiv, zur Unterstützung in Zeiten der Arbeitslosigkeit, erfolgen. Die Literatur konzentriert sich primär auf den Bereich der Arbeitslosen und entsprechende Maßnahmen zur Entwicklung von deren Arbeitsmarktfitness. Insbesondere in einem so vielschichtigen und dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel unterworfenen Feld wie der Beschäftigungsfähigkeit ist jedoch ein proaktiver Ansatz vorzuziehen, da reaktive Maßnahmen häufig zu spät kommen und eingefahrene Denk- und Handlungsstrukturen nicht mehr aufbrechen können. Unter der Belastung einer eingetretenen Arbeitslosigkeit wird es häufig umso schwerer, einen Menschen davon zu überzeugen, dass er sich beruflich neu orientieren muss, wenn dieser zuvor niemals an diese Denkweise herange- 8 Weinert, P. (Hrsg.) / Baukens, M. / Bollérot, P. / Pineschi-Gapenne, M. / Walwei, U. (2001), S. 82. 9 Vgl.: Weinert, P. (Hrsg.) / Baukens, M. / Bollérot, P. / Pineschi-Gapenne, M. / Walwei, U. (2001), S. 82. 10 Vgl.: Weinert, P. (Hrsg.) / Baukens, M. / Bollérot, P. / Pineschi-Gapenne, M. / Walwei, U. (2001), S. 112.

Managing Employability 15 führt wurde und über Jahrzehnte die gleiche Tätigkeit im gleichen Unternehmen ausgeführt hat. Die Förderung eines kontinuierlichen Bewusstseins für die Notwendigkeit zu Flexibilität und Offenheit für Neues in Zeiten der aktiven Berufstätigkeit hingegen legt die Basis dafür, auch in schwierigen und unerwarteten Situationen adäquat handeln zu können. Auch in der Europäischen Union wird der Begriff der Beschäftigungsfähigkeit seit den neunziger Jahren immer häufiger aufgegriffen, seit 1998 stellt er die erste beschäftigungspolitische Leitlinie dar. 11 Hierzu ist allerdings anzumerken, dass sich die Begrifflichkeit in erster Linie auf spezifische Problemgruppen des Arbeitsmarktes, wie z.b. Langzeitarbeitslose, bezieht. Sie verfolgt also eher eine kurative denn eine präventive Strategie und steht somit in einem anderen Kontext als die fortwährende Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit aller Arbeitnehmer, um die es in diesem Beitrag gehen soll. 1.2 Theoretisch-konzeptionelle Grundlagen Im Mittelpunkt aller Bemühungen um den Erhalt und die Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit muss der Mensch stehen. Sorgfältig geplante und ganzheitlich durchdachte Unternehmenskonzepte zu Employability sind zum Scheitern verurteilt, wenn sie den Einzelnen nicht erreichen, wenn ihm die Einsicht in ihre Notwendigkeit fehlt. Bevor konkrete Handlungsempfehlungen und Vorgehensweisen erarbeitet werden, ist es daher unerlässlich, den Blick zunächst auf die Beschäftigten zu richten, ein Verständnis dafür zu entwickeln, von welchen Überzeugungen sie geleitet werden, nach welchen Prinzipien sie agieren. Nur wenn man die unbewussten Mechanismen versteht, die Denk- und Handlungsweisen eines jeden Menschen prägen, wird es möglich sein, Employability-Ansätze gezielt an ihnen auszurichten und so erfolgreich in die Praxis zu übertragen. 1.2.1 Die Leiter der Schlussfolgerungen und die damit verbundenen Lernmodelle In unserem täglichen Leben, sei es beruflich oder privat, werden wir mit einer Vielzahl von Situationen konfrontiert, die eine Entscheidung entweder in Form einer konkreten Aktion 11 Vgl.: Weinert, P. (Hrsg.) / Baukens, M. / Bollérot, P. / Pineschi-Gapenne, M. / Walwei, U. (2001), S. 81.

Managing Employability 16 oder aber einer inneren Einstellung erfordern. Jeder Einzelne reagiert dabei individuell auf die gleiche Situation. Seine Denk- und Handlungsmuster sind geleitet von seinen Überzeugungen, die auf einer Abfolge innerer Vorgänge basieren, die Chris Argyris in seiner Leiter der Schlussfolgerungen beschreibt. Zu Beginn der Leiter der Schlussfolgerungen stehen beobachtbare Daten und Erfahrungen. In einem ersten Schritt werden einige davon ausgewählt, es findet eine Selektion in der Wahrnehmung statt. Diesen ausgewählten Daten werden Bedeutungen hinzugefügt, von denen ausgehend Annahmen und Hypothesen entwickelt werden. Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen führen zu Überzeugungen, die in einer reflexiven Schleife wiederum die Auswahl der beobachtbaren Daten beeinflussen. Außer den wahrnehmbaren Daten am Fuß der Leiter und den Handlungen an der Spitze sind die vollzogenen Schritte für andere nicht sichtbar und auch häufig dem Schlussfolgernden selbst nicht bewusst. 12 Abbildung 2 gibt einen Überblick über die Leiter der Schlussfolgerungen: Handlungen Überzeugungen Schlussfolgerungen Annahmen Bedeutung/Zuschreibung Beobachtbare und ausgewählte Daten Erfahrungshintergrund Abb. 2: Die Leiter der Schlussfolgerungen (in Anlehnung an: Senge, P. M.. (1997), S. 280, Argyris, C. (1997)) 12 Vgl.: Senge, P. M. (1997), S. 280-281.

Managing Employability 17 Nicht selten werden die entwickelten Annahmen, Schlussfolgerungen und Überzeugungen nicht in Frage gestellt. Viele glauben, dass ihre Überzeugungen der Wahrheit entsprechen und diese Wahrheit offensichtlich ist. Darüber hinaus sind sie sich der zunehmenden Abstraktion in ihrer Umweltwahrnehmung nicht bewusst und gehen so davon aus, dass ihre Überzeugungen auf objektiven Daten basieren, die für den Kontext, in dem sie sich bewegen, die relevanten Daten sind. 13 Damit werden zwangsläufig die Bereitschaft, sich auf Veränderungen einzulassen und sich neuen Denk- und Handlungsmustern zu öffnen, gelähmt. Laut Agryris ist die Neigung zu derart eingeschränkten Wahrnehmungsprozessen zum einen auf die hohe Geschwindigkeit, mit der sich Schlussfolgerungen und Überzeugungen entwickeln, zurückzuführen. Zum anderen liegt sie auch darin begründet, dass alle Sprossen der Leiter sich ausschließlich im Kopf befinden und lediglich die direkt wahrnehmbaren Daten am Fuß der Leiter und der an der Spitze stehende Handlungsentschluss für den Einzelnen sichtbar werden. Der dazwischen liegende Bereich wird somit nicht hinterfragt, er läuft unbewusst und auf einem sehr hohen Abstraktionsniveau ab. Daher sind Menschen meist nicht in der Lage zu beurteilen, worin der Ausgangspunkt für die tief in ihnen verankerten Überzeugungen liegt. 14 Aus der Leiter der Schlussfolgerungen lassen sich mehrere Lernmodelle ableiten. Lernprozesse, bei denen Problemstellungen bearbeitet werden, ohne den Bezugsrahmen (Bedeutungen, Annahmen, Schlussfolgerungen und Überzeugungen) zu verändern, werden auch als singleloop-learning bezeichnet. Bestehende mentale Barrieren werden bestätigt, und es folgt lediglich eine Weiterentwicklung bereits vorhandener Wissensbestandteile. Das daraus resultierende Denk- und Handlungsmuster ist dann strikt defensiv. Wird hingegen der Bezugsrahmen mit seinen Bedeutungen, Annahmen, Schlussfolgerungen und Überzeugungen kontinuierlich überprüft und verändert, liegt double-loop-learning vor. Double-loop-learning ermöglicht eine Anpassung an relativ unbekannte, wenig vertraute Situationen. Mit dem Fokus auf die Beschäftigungsfähigkeit wird deutlich, dass es einer Art des Lernens bedarf, die auch den Bezugsrahmen mit seinen Bedeutungen, Annahmen, Schlussfolgerungen und Überzeugungen in Frage stellt. Double-loop-learning wird somit angestrebt. 15 13 Vgl.: Senge, P. M. (1997), S. 279. 14 Vgl.: Senge, P. M. (1997), S. 281. 15 Vgl.: Argyris, C. / Schön, D. (1999), S. 35f.; Antoni, C. (1999), S. 13.

Managing Employability 18 Gleichzeitig zeigt das Modell der Leiter der Schlussfolgerungen die Herausforderungen und mentalen Barrieren, die mit der Forderung und Förderung von Beschäftigungsfähigkeit verbunden sind. In dem handlungsorientierten Teil seiner Lerntheorie bietet Chris Argyris ein Konzept an, das die defensiven Routinen bzw. die defensiven Denk- und Handlungsmuster aufbrechen kann. Dieses Konzept baut auf drei Säulen auf: v Reflexion v Plädieren v Erkunden Im Rahmen der Reflexion geht es darum, sich mittels der Kenntnisse über die Leiter der Schlussfolgerungen das eigene Denken und Schlussfolgern bewusster zu machen. Anderen das eigene Denken und Schlussfolgern sichtbarer machen, ist Teil des Plädierens. Das Erkunden zielt darauf ab, sich das Denken und Schlussfolgern anderer bewusst zu machen. 16 Reflexion, Plädieren und Erkunden sind Maßnahmen, die einen engen Bezug zur Personalentwicklung, zu Führung und zur Unternehmenskultur haben. Im Rahmen eines Employability Konzeptes sind hier Anknüpfungspunkte und Hinweise zur Gestaltung möglich und sinnvoll. 1.2.2 Das limbische System Während die Leiter der Schlussfolgerungen einen Erklärungsansatz für die kognitiven Prozesse darstellt, wird mit dem Konzept des limbischen Systems der Versuch unternommen, die affektive Komponente theoretisch zu untermauern. Nicht selten ist zu beobachten, dass wir verstandesmäßig leicht von der Notwendigkeit einer Veränderung oder eines neuen Denkansatzes zu überzeugen sind, die Umsetzung auf der Gefühlsebene uns jedoch nicht gelingen will. Die Erklärung liefert die Psychologie, genauer gesagt die Hirnforschung. Neuesten Erkenntnissen zufolge wird unser Handeln primär von den ältesten Hirnregionen in unserem Kopf gesteuert, insbesondere von dem sogenannten limbischen System. Dabei handelt es sich um 16 Vgl.: Senge, P. M. (1997), S. 282 283.

Managing Employability 19 eine Ansammlung verschiedener Kerne und Strukturen, die für Aufnahme und Verarbeitung äußerer Reize verantwortlich sind. Sie sind dem Verstand vorgeschaltet, was dazu führt, dass Informationen den Grundzügen des limbischen Systems gemäß verarbeitet werden. 17 Dabei erfolgt die Steuerung lediglich über drei grundlegende Bedürfnisstrukturen oder Instruktionen: v Balance v Dominanz v Stimulanz Die Balance-Instruktion ist entwicklungsgeschichtlich die älteste und daher auch machtvollste Steuerung, der Menschen unterliegen. Über diesen Mechanismus werden beispielsweise die Bedürfnisse nach Ruhephasen oder aber auch nach der Absicherung durch Versicherungsleistungen unbewusst beeinflusst. Darüber hinaus ist diese Instruktion dafür verantwortlich, dass wir der zunehmenden Komplexität, die unser Leben beherrscht, mit Unsicherheit begegnen und dazu neigen, Informationen, die unserer vertrauten Sicht nicht entsprechen, auszublenden. Hier finden wir die evolutionäre Verankerung von Ängsten, mit denen sich beispielsweise Arbeitgeber konfrontiert sehen, die Veränderungen umzusetzen versuchen. Gleiches gilt für die Aufgabe bewährter Denkansätze, wie beispielsweise der über Generationen gewachsenen Überzeugung, ein einmal erlernter Beruf gewährleiste lebenslange Beschäftigung und Einkommen. 18 Als Folge der Dominanz-Instruktion streben Menschen stets danach, voranzukommen, sich mit anderen zu messen und diese schließlich auch zu verdrängen. Dies zeigt sich ebenso deutlich in der Entstehung impliziter hierarchischer Strukturen selbst in Unternehmen, die bewusst eine flache Organisationsmatrix gewählt haben wie auch in der Problematik, bei Einführung eines Wissensmanagement-Systems die Wissensträger zur Preisgabe und Teilung ihres Know-how zu bewegen. 19 17 Vgl.: Häusel, H.-G. (2003), S. 15-23. 18 Vgl.: Häusel, H.-G. (2003), S. 53-56. 19 Vgl.: Häusel, H.-G. (2003), S. 66-69.

Managing Employability 20 In der Stimulanz-Instruktion liegen das Bedürfnis nach Nervenkitzel sowie nach neuen Herausforderungen und nicht zuletzt ist hier die Neugierde verankert. Sie ist es, die Menschen forschen und entwickeln lässt und letztendlich Innovation erst möglich macht. 20 Diese drei Instruktionsmuster finden sich bei Menschen in jeweils unterschiedlich starker Ausprägung. So sind kreativ tätige Menschen meist durch eine hohe Stimulanz-Instruktion geprägt, während bei Unternehmern die Dominanz-Instruktion in ihrem Streben nach Macht und Autonomie deutlich überwiegt. 21 Zur Umsetzung tragfähiger Employability-Konzepte ist es daher also unerlässlich, sich mit diesen psychologischen Grundlagen menschlichen Verhaltens auseinander zu setzen und sie in zu entwickelnden Konzepten angemessen zu berücksichtigen. So stellt die Balance- Instruktion ein nicht zu unterschätzendes Hindernis bei der Akzeptanz und individuellen Umsetzung des zuvor beschriebenen Menschenbildes dar, das ein Loslassen von eben diesen gewohnten Sicherungsmustern erfordert. Der Dominanz-Instruktion dagegen gilt es bewusst bei der Entwicklung Employability-fördernder Organisations-, Führungs- und Karrieresysteme Rechnung zu tragen. Nicht zuletzt kann ein bewusstes Ansprechen der Stimulanz-Instruktion, beispielsweise über Anreizsysteme oder eine entsprechende Ausgestaltung der Arbeitsaufgaben, einen immensen Beitrag zu Innovations- und Veränderungsbereitschaft von Mitarbeitern leisten. 20 Vgl.: Häusel, H.-G. (2003), S. 82-84. 21 Vgl.: Häusel, H.-G. (2003), S. 93.

Managing Employability 21 2. Die explorative Studie 2.1 Voruntersuchung 2.1.1 Die Vorgehensweise Um einen Eindruck über die grundsätzliche Einstellung zu Employability und über die Haltung zur Notwendigkeit von Eigenverantwortung für die Wettbewerbsfähigkeit in kleinen und mittelständischen Unternehmen zu erhalten, wird im Vorfeld zu der narrativen bzw. leitfadengestützten Interviewreihe eine schriftliche Befragung anhand eines Fragebogens durchgeführt. Dieser Fragebogen wird per E-Mail an das breite Netzwerk von Unternehmensvertretern der Initiative Wege zur Selbst-GmbH versandt. Dabei enthält das versandte Formular auch die Möglichkeit, sein Interesse an einer Kooperation in der leitfadengestützten Interviewreihe zu beteiligen. Das entsprechende Anschreiben sowie das Fragebogenformular befinden sich im Anhang. Untersuchungseinheiten: Ca. 400 kleine, mittelständische und große Unternehmen Rücklauf: 40 Fragebögen Unternehmensgrößen: Zwischen 5 und 100.000 Mitarbeitern. Die Differenzierung in kleine und mittelständische Unternehmen, im folgenden mit KMU abgekürzt, und Großunternehmen erfolgt im Rahmen dieser Untersuchung wie folgt: 0 500 Mitarbeiter = KMU ab 501 Mitarbeitern = Großunternehmen Branchen: - IT (9x) - Investment - Biotechnologie

Managing Employability 22 - Interkulturelle Dienstleistungen - Finanzdienstleistungen (5x) - Elektronik - Energieversorgung (2x) - Automobilindustrie - Versicherungen (2x) - Unternehmensberatung (2x) - Medien (2x) - Fort- und Weiterbildung - Luftfahrt - Automobilzulieferer (2x) - Maschinenbauzulieferer - Personaldienstleistung (2x) - Metallverarbeitung / Produktion (2x) - Handel - Chemie - Telekommunikation - Tourismus 2.1.2 Ergebnisse Die Ergebnisse der Voruntersuchung werden im Folgenden entsprechend der Gliederung des Fragebogens dargestellt. Frage 1: Ist Ihnen der Begriff Employability oder Arbeitsmarktfitness bekannt? Während 95,2 % der befragten Großunternehmen angeben, den Begriff Employability oder Arbeitsmarktfitness zu kennen, sind dies bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen nur 68,4 %.

Managing Employability 23 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 absolut % absolut % absolut % Gesamt Großunternehmen KMU JA NEIN Abb. 3: Bekanntheitsgrad des Begriffes Employability bei KMU und Großunternehmen Frage 1.1: Falls ja, woher ist Ihnen dieser Begriff bekannt? Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen (75,8 %) kennt den Begriff aus Büchern oder Fachzeitschriften, gefolgt von Kongressen / Tagungen / Seminaren mit 60,6 % und sonstigen Quellen mit 48,5 %. Gesamt (absolut) 7 4 16 Bücher/Fachzeitschriften (75,8%) 25 Internet (36,4%) Kongress/Tagung/Seminar (60,6%) durch andere Unternehmen (12,1%) durch Mitarbeiter (21,2%) sonstige Quellen (48,5%) 12 20 Abb. 4: Quelle der Bekanntheit des Begriffes Employability alle Unternehmen In der Einzelbetrachtung der Großunternehmen wird dieses Bild bestätigt: Hier ist 70 % der Unternehmen Employability durch Bücher oder Fachzeitschriften bekannt, 60 % durch Kongresse, Tagungen oder Seminare und 50 % durch sonstige Quellen.

Managing Employability 24 Großunternehmen (absolut) 10 Bücher/Fachzeitschriften (70%) 14 Internet (25%) Kongress/Tagung/Seminar (60%) 5 durch andere Unternehmen 1 5 durch Mitarbeiter (25%) sonstige Quellen (50%) 12 Abb. 5: Quelle der Bekanntheit des Begriffes Employability Großunternehmen Bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen zeigt sich eine kleine Abweichung. Zwar kennt auch hier die überwiegende Mehrheit den Begriff aus Büchern / Fachzeitschriften (84,8 %) oder Kongressen / Tagungen / Seminaren (61,5 %), doch an dritter Stelle steht das Internet mit 53,8 %. KMU (absolut) 3 2 6 Bücher/Fachzeitschriften (84,8%) 11 Internet (53,8%) Kongress/Tagung/Seminar (61,5%) durch andere Unternehmen (23,1%) durch Mitarbeiter (15,4%) sonstige Quellen (46,2%) 8 7 Abb. 6: Quelle der Bekanntheit des Begriffes Employability KMU Frage 1.2: Falls ja, erachten Sie diesen Ansatz für sinnvoll... a)... für KMU allgemein? Die Zustimmungswerte sind in Großunternehmen sowie in kleinen und mittelständischen Unternehmen fast identisch. So geben 75 % der Großunternehmen an, den Ansatz für sinnvoll für KMU zu halten, unter den kleinen und mittelständischen Unternehmen sind es 76,9 %.

Managing Employability 25 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 absolut % absolut % absolut % Gesamt Großunternehmen KMU JA NEIN Abb 7: Sinnhaftigkeit von Employability für KMU b)... für Ihr Unternehmen bzw. Ihre Branche? Bezogen auf das eigene Unternehmen bzw. die eigene Branche erachten 95 % der befragten Großunternehmen und 100 % der befragten kleinen und mittelständischen Unternehmen Employability als sinnvoll. 120 100 80 60 40 JA NEIN 20 0 absolut % absolut % absolut % Gesamt Großunternehmen KMU Abb. 8: Sinnhaftigkeit von Employability für Unternehmen / Branche

Managing Employability 26 c. Bitte begründen Sie Ihre Antwort kurz: (Auswahl) Beschäftigungsfähigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter zu fördern, ist wesentliche Voraussetzung, um mit den immer schneller werdenden Veränderungen und der dadurch erheblich eingeschränkten Planbarkeit der Arbeitsplätze und der Anforderungen an Mitarbeiter umzugehen Vor dem Hintergrund des Wachstums des Unternehmens und der Organisations- / Personalentwicklung lebensnotwendig Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens Attraktivität für die Arbeitnehmer wird gesteigert Um Wandel menschlich gestalten zu können Retention der Mitarbeiter Um sozialer mit Abbaumaßnahmen umgehen zu können Gut für Unternehmen, die mit dem Wissen der Mitarbeiter Geld verdienen wollen oder müsssen Die Mitarbeiter sollen sich als Unternehmer im Unternehmen verstehen und persönliche Verantwortung für Ihr Tun und Handeln eigeninitiativ übernehmen Dieses Thema ist für alle Unternehmen von zunehmender Bedeutung, da alle Veränderungen auch die Anpassungsfähigkeit der Mitarbeiter nach sich ziehen. Hier ist Bewusstsein zu fördern und zu erreichen, dass dieses Thema für jeden zur Selbstverständlichkeit gehört. Mit der zunehmenden Marktdynamik beschleunigen sich alle Arten von Veränderungen, es sollte daher im Interesse aller Mitarbeiter liegen fit for market zu sein, um den eigenen Anbieterwert zu steigern. Das Prinzip Selbstverantwortung / Eigeninitiative ist gerade für den Mittelstand besonders wichtig, da in der Regel keine umfangreiche Zentralstäbe den Mitarbeitern diese Aufgaben abnehmen können. Arbeitsverhältnisse sind ein partnerschaftliches Verhältnis. Egal welche Branche, Unternehmensgröße, der Arbeitgeber muss seine USP deutlich an den Arbeitgeber verkaufen, damit er ihn mittelfristig ans Unternehmen binden kann und den besten Nutzen aus diesem Verhältnis schöpft.

Managing Employability 27 Employability ist grundsätzlich vorteilhaft, da dies zu einer vielseitigeren Einsetzbarkeit von Mitarbeitern auch im eigenen Unternehmen führt. Frage 2: Wurden bzw. werden in Ihrem Haus bereits Konzepte eingesetzt, die Sie dem Themenbereich Employability zuordnen würden? Während 61,9 % der Großunternehmen bereits Konzepte einsetzen, die dem Themenbereich Employability zuzuordnen sind, ist dies nur bei 47,4 % der kleinen und mittelständischen Unternehmen der Fall. 70 60 50 40 30 JA NEIN 20 10 0 absolut % absolut % absolut % Gesamt Großunternehmen KMU Abb. 9: Grad der Umsetzung von Employability-Maßnahmen Frage 2.1: Falls ja, welche? Antworten aus Großunternehmen (Auswahl): Teilaspekt der Nachwuchsförderung Formalisiertes Beurteilungs- und Entwicklungsgespräch Exzellente Ausbildung junger Mitarbeiter trotz der Tatsache, dass ein beachtlicher Teil davon seinen Berufsweg außerhalb des Unternehmens fortsetzen wird. Job Coaching Internationaler Austausch

Managing Employability 28 Traineeprogramm Projektarbeit (bereichs-/unternehmensübergreifend) Entwicklungsorientiertes MA-Gespräch Organisations- / Personalentwicklungs-Konzept Infomappe für Mitarbeiter zur Standortbestimmung und Bewerbung Internes Arbeitsamt bietet Plazierungsgespräche an Antworten aus kleinen und mittelständischen Unternehmen KMU (Auswahl): Zielvereinbarungskonzept Gesundheitsmanagement Bildungskonzept Verbesserungsvorschlagswesen / Ideenmanagement Berücksichtigung von Employability schon im Recruiting-Prozess Langfristige Karriere-Nachfolgeplanung Einbindung von Employability in die strategische Personalentwicklung und in die allgemeine Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter als Teil des gesamten HR- bzw. Human Capital Prozesses Netzwerkarbeit zum Thema mit Kunden, Partnern und Universitäten Beteiligung am Unternehmensgewinn Regelmäßige Kommunikation der Unternehmensziele Variables Vergütungskonzept für alle Mitarbeiter. Jeder Mitarbeiter hat im Jahr ein bestimmtes Weiterbildungsbudget. Der Vorschlag für die Nutzung kommt vom Arbeitnehmer und wird gemeinsam mit dem Arbeitgeber abgestimmt. Frage 2.2: Falls nein, welche Schwerpunkte würden Sie setzen wollen? Antworten aus Großunternehmen (Auswahl): Steigerung der Eigeninitiative Risikobereitschaft, insbesondere im Bereich der persönlichen Entwicklung Flexibilisierung Erhöhung der Selbständigkeit der Mitarbeiter

Managing Employability 29 Kontinuierlicher Veränderungsprozess (KVP) Persönlichkeitsentwicklung, insbesondere die Themen Führungsverhalten und Konfliktfähigkeit Kommunikation (mit Mitarbeitern, Teams, intern und extern) Beschäftigung älterer Arbeitnehmer Herausarbeiten und untersuchen: Inwiefern wirkt sich Zeit- und Projektarbeit positiv auf die Employability von Mitarbeitern aus? Vertriebs-Know-How (Betriebswirtschaft) Sprachen (mindestens Englisch) Projektmanagement Arbeiten in verschiedenen Unternehmensstrukturen (z. B. Matrix) Teamarbeit und Führung (insbes. Grundlagen) Gesprächsführung Weitere Stärkung der vorhandenen Instrumente. Stärkere Berücksichtigung der Gesamtemployability Schlüsselqualifikationen, Fremdsprachenerwerb und Persönlichkeitsentwicklungsthemen wie Selbstverantwortung etc. Antworten aus kleinen und mittelständischen Unternehmen - KMU (Auswahl): Erreichung größerer Flexibilität bei den Führungskräften und Mitarbeiter Auseinandersetzung mit Veränderungen Bewusstseinförderung bei Führungskräften Bei allen Weiterbildungsmaßnahmen diesen Schwerpunkt in den Vordergrund stellen Schulen als Sozialisationsinstanz für dieses Thema gewinnen Vermittlung von entsprechenden Wertvorstellungen bzw. Überblick über Ursache und Wirkung von eigenem Handeln, Entwicklung von self skills and awareness Sensibilisierung für dieses Thema Was als Risiko gesehen wird, als Chance begreifen lassen Qualifizierungsmaßnahmen zur Fitness Neben fachlicher auch überfachliche Entwicklungsmaßnahmen Kompetenzanalyse und beurteilung

Managing Employability 30 Möglichkeiten der internen job rotation, flexible Arbeitszeitmodelle und damit die Möglichkeit sich extern, privat weiterzubilden Es zeigt sich, dass sich sowohl die Umsetzungshäufigkeit als auch die grundsätzliche Einstellung zur Sinnhaftigkeit und Zielrichtung von Maßnahmen zur Förderung der Employability in Großunternehmen und in kleinen und mittelständischen Unternehmen nur geringfügig unterscheiden. Insbesondere die Antworten auf die Fragen 2.1 und 2.2 fließen in die Erstellung des Interviewleitfadens sowie in die Entwicklung eines Konzeptentwurfes für die Forderung und Förderung von Employability im Unternehmenskontext ein. Von den an der Voruntersuchung beteiligten Unternehmen äußerten 10 Großunternehmen und 7 KMU ihr Interesse daran, auch an der Hauptuntersuchung teilzunehmen. Aus diesem Kreis wurden über die ursprünglich im Projektantrag genannten Kooperationspartner hinaus 4 Großunternehmen und 5 KMU als weitere Kooperationspartner für die Hauptuntersuchung hinzu gewonnen.

Managing Employability 31 2.2 Hauptuntersuchung 2.2.1 Forschungsrahmen Um das Menschenbild eines beschäftigungsfähigen Arbeitnehmers mit Leben zu füllen und die Beschäftigten dazu zu bewegen, dieses Menschenbild als das ihre anzuerkennen und es als Grundlage für ihr Denken und Handeln zu nehmen, werden derzeit einzelne Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Zur Förderung von Arbeitsmarktfitness der Arbeitnehmer reichen diese Einzelaktivitäten jedoch nicht aus. Darüber hinaus genügt es nicht, dass die Maßnahmen ein gemeinsames Ziel haben. Vielmehr ist es notwendig, dass alle relevanten Unternehmensfelder einbezogen werden, die Aktivitäten zur Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit aufeinander abgestimmt und miteinander verknüpft sind, sowie Wechselwirkungen berücksichtigt werden. Die Sozialisation und Entwicklung von Employability setzen somit ein Unternehmenskonzept voraus. Um die relevanten Determinanten und Wechselwirkungen im Zusammenhang mit Employability zu identifizieren, wird auf das Interdependenzmodell der Initiativgruppe Wege zur Selbst GmbH zurückgegriffen. Diese Interdependenzanalyse bildet eine wesentliche Grundlage zur Formulierung des Forschungsrahmen.

Managing Employability 32... Def+Komm Unternehmenszweck + Ziele Tarifliche Unterstützung Strategieorientiertes, professionelles Personalmanagement... Networking Transparenz unternehmensspezifische Wertschöpfungskette Indiv. Kernkompetenzen fachliche und soziale Qualifikation,Wissen Lernmassnahmen Nachfrage am Arbeitsmarkt Anerkennungsmassnahmen(Bewert., + Belohnung, inkl. Karrieremöglichk.) Anforderungen des Arbeitsmarktes employability Def+Komm ideale(s) Führungsverständnis & Unternehmenskultur Gesundheitsförderung... Arbeitseinsatz Selbstausbeutung, Überforderung Überbetonte Schutzeinstellung (Gesellschaft, Staat) Transparenz individueller Wertschöpfungsbeitrag Motivation, Leistungsbereitschaft Anerkennung, Wertschätzung Gesundheit Angst vor Veränderung, Existenzangst Sicherheitsgefühl Qualität der geleisteten Arbeit... Gruppendynamik U.nehmerdenke n, Mitdenken, Ergebnismitverantwortung Faulheit, Bequemlichkeit Rückhalt im Team Sinnhaftigkeit, Erfüllung in der Tätigkeit Gesetzl. Unterstützung Arbeitsorganisation mit selbststeuernden Teams Kooperativer Führungsstil... Innere + äussere Unabhängigkeit, Autonomie, Entscheidungsfreiheit, indiv. Einfluss Fluktuation Absenzen Kontinuität Abwerbung Globalisierung, Internationalisierung, Liberalisierung Wettbewerb Ansprüche pers. Umfeld, Familie......... Persönlichkeitsentwicklungsmassnahmen Def+Komm benötigter Unternehmens kernkompetenzen Kundenzufriedenheit Unternehmensergebnis Akzeptanz, Prinzip Selbstverantwortung Produktivität, Effizienz lenkbar Legende: Individuum Reaktionsgeschwindigkeit, Flexibilität Transparenz, pers. Ziele + pers. Lebensentwurf lenkbar Personalmgt gemeinsam mit Partnern lenkbar Selbst GmbH umgekehrtes Verhalten Stetige Veränderungsbereitschaft (zeitlich, thematisch, örtlich) Selbstreflektion, Hinterfragen Forderung Selbstverantwortung, Schule + Erziehung Abb. 10: Determinanten und Wechselwirkungen von Employability

Managing Employability 33 Es wird deutlich, dass Employability nur dann erfolgreich ausgebildet und erhalten werden kann, wenn sowohl dass Individuum als auch der Arbeitgeber agieren. Aus dem Interdependenzmodell lässt sich ableiten, dass der Einzelne durch Networking, durch stetige Veränderungsbereitschaft im zeitlichen, thematischen und örtliche Sinn, durch kontinuierliches Hinterfragen sowie durch aktives Qualifizieren an seiner Employability arbeiten sollte. Der Arbeitgeber sollte durch die Definition und Kommunikation der benötigten Unternehmens- Kernkompetenzen, durch Darstellung des Unternehmenszwecks und der Ziele, durch Professionalisierung des Personalmanagements (Personalentwicklung, Anreizsysteme etc), durch Gesundheitsförderung, durch Organisation und Führung sowie durch Unternehmenskultur zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit beitragen. Das Modell verdeutlicht zudem, dass zwar die Determinanten und deren Ausgestaltung die Ausbildung und Erhaltung von Employability ermöglichen. Die Zielgerichtetheit hängt jedoch stark von den Wechselwirkungen ab. Um ein zielorientiertes, ganzheitliches und integratives Unternehmenskonzept entwickeln zu können, bedarf es also immer einer Interdependenzanalyse. Neben dem Interdependenzmodell wird das St. Galler Management-Konzept als Bezugsbasis gewählt. Die Förderung von Employability im Unternehmen spiegelt sich dann auf mehreren Ebenen wider: Normative Ebene: Damit die Idee der Beschäftigungsfähigkeit im Unternehmen von allen Akteuren gelebt wird, muss sie zu einer unternehmensweiten Vision werden, die in der Unternehmenspolitik, in den Unternehmenszielen sowie in der Unternehmenskultur fest verankert ist. Diese Einbeziehung auf der Werte-Ebene eines Unternehmens ist besonders wichtig, da die Unternehmenspolitik und die Unternehmensziele die Leitlinie für die betrieblichen Entscheidungen sind, und die Unternehmenskultur den normativen Rahmen für das Handeln im Unternehmen setzt. Strategische Ebene Die normativen Vorgaben der Unternehmenspolitik, der Unternehmensziele sowie der Unternehmenskultur müssen in einem zweiten Schritt durch strategische Unternehmenselemente konkretisiert werden. Zu den strategischen Un-

Managing Employability 34 ternehmenselementen gehören u.a. die Organisation, Personalentwicklung, Karrieremodelle, Anreizsysteme, Vergütungssysteme und Controlling. Des Weiteren haben Führungsmuster und die Rolle des Vorgesetzten eine zentrale Bedeutung. Operative Ebene Die normative und strategische Ebene beschäftigen sich mit der Gestaltung des Rahmens, in dem sich operatives Handeln vollzieht. Auf der operativen Ebene kommen Maßnahmen und Instrumente zum Einsatz, mit denen man konkret vor Ort agieren und lenkend eingreifen kann. Arbeitsinhalte, Arbeitsprozesse und Arbeitsbedingungen stellen u.a. solche operativen Handlungsfelder dar. Auf der operativen Ebene wird darüber hinaus auf das Verhalten sowie die Denk- und Handlungsmuster der Mitarbeiter fokussiert. So entsteht auf Basis des St. Galler Management-Ansatzes, der Interdependenzanalyse, der Literaturrecherche sowie eigenen Erfahrungen in einem ersten Schritt ein Forschungsrahmen, der zur Strukturierung der leitfadengestützten Interviews in Unternehmen dient. In diesem stellen sich die Ebenen und Handlungsfelder zur Förderung von Employability wie folgt dar:

Managing Employability 35 Politische Determinanten Wirtschaftliche Determinanten Unternehmenspolitik Unternehmensziele Normativ Unternehmenskultur Controlling Organisation Personalentwicklung Karrieremodelle Vergütungssystem Führungsstil Rolle der Führungskräfte Anreizsystem Strategisch Arbeitsinhalte Arbeitsprozesse Arbeitsbedingungen Operativ Individuelles Verhalten der Mitarbeiter Rechtliche Determinanten SYSTEME VERHALTEN Gesellschaftliche Determinanten Abb. 11: Forschungsrahmen 2.2.2 Das methodische Vorgehen Da im Forschungsrahmen Vermutungen und Annahmen in Form von Arbeitshypothesen aufgestellt werden, wird eine empirische Untersuchung unerlässlich. Die empirische Erhebung schafft eine themenumfassende Bezugsbasis und einen themenspezifischen Datenkranz, auf denen eine deskriptive und explikative Analyse von Employability sowie die Ableitung von Handlungsebenen aufbauen kann. Die qualitative, bezugsrahmenorientierte explorative Studie bildet den Rahmen für das methodische Vorgehen der empirischen Untersuchung. Dem methodischen Vorgehen liegen Ent-