kontrolliert wurden. Es erfolgte zudem kein Ausschluss einer sekundären Genese der Eisenüberladung. Erhöhte Ferritinkonzentrationen wurden in dieser S

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5.8 Zusammenfassung Auf der Grundlage der dargestellten Ergebnisse dieser Studie erscheint die laborchemische Bestimmung der Transferrinsättigung zur Abklärung einer unklaren Lebererkrankung und Verdacht auf eine Eisenüberladung alters - und geschlechtsunabhängig diagnostisch hilfreich. Hier fanden sich auch signifikante Zusammenhänge mit einer erhöhten GPT in den laborchemischen Untersuchungen, als Hinweis auf eine zugrunde liegende chronische Lebererkrankung. Einschränkend ist zu berücksichtigen, dass in dieser Studie die Parameter nur einmalig erfasst und nicht im Verlauf 69

kontrolliert wurden. Es erfolgte zudem kein Ausschluss einer sekundären Genese der Eisenüberladung. Erhöhte Ferritinkonzentrationen wurden in dieser Studie gehäuft bei männlichen Probanden gefunden, wobei auch aufgrund des hohen Anteils von 28,8 % (105/364) aller männlichen Probanden, nicht ausschließlich von einer Eisenspeichererkrankung auszugehen ist, sondern andere Erkrankungen, einschliesslich Erkrankungen der Leber, als Ursache zu berücksichtigen sind. Daher ist die separate Bestimmung dieses Parameters offenbar nicht ausreichend. In Hinblick auf eine erhöhte Eisenspeicherung ist eine Bestimmung der Transferrinsättigung nach den Ergebnissen dieser Studie besser geeignet, als die Bestimmung der Ferritinkonzentration. Es konnte in diesem Patientenkollektiv kein signifikanter Zusammenhang zwischen erhöhten Ferritinkonzentrationen und erhöhtem Serumeisen nachgewiesen werden. Es ist hierbei zu berücksichtigen, dass der Eisenspiegel physiologischen Tagesschwankungen unterliegt und sich demnach für die bestehende Fragestellung alleine nicht eignet. Eine erhöhte GPT konnte sowohl bei Patienten mit erhöhtem Serumferritin, als auch bei Patienten mit einer erhöhten Transferrinsättigung erhoben werden. Allerdings liegen, aufgrund der für diese Fragestellung relativ geringen Probandenzahl, bei der Untersuchung der weiblichen Probanden mit einer erhöhten Transferrinsättigung nur geringe Fallzahlen vor (13/329), so dass dieses Ergebnis eingeschränkt zu interpretieren ist. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass eine erhöhte GPT nicht ausschließlich bei Lebererkrankungen zu finden ist, sondern auch bei Herzund Muskelerkrankungen auftreten kann. 70

Die Ergebnisse dieser Studie belegen, dass eine laborchemische Bestimmung der Transferrinsättigung und der Ferritinkonzentration, ausschließlich basierend auf anamnestisch bestehenden Allgemeinsymptomen, oder Risikofaktoren für eine infektiöse Lebererkrankung, in Hinblick auf die Verdachtsdiagnose einer hereditären Hämochromatose, alleine nicht aussagekräftig sind. Ein pathologisch erhöhtes Serumferritin und gleichzeitig eine erhöhte Transferrinsättigung sind für eine hereditäre Hämochromatose nicht beweisend, sondern stellen einen Hinweis dar und indizieren weitere Untersuchungen. In der vorliegenden Studie wiesen 3,0 % (11/364) der untersuchten männlichen Probanden und 0,6 % (2/329) der weiblichen Probanden, eine entsprechende Konstellation in den laborchemischen Untersuchungen auf. Ein Screening dieser Teilnehmer nach einer HFE - Gen - Mutation wäre bei dieser Konstellation sinnvoll, dies ist innerhalb dieser Studie primär jedoch nicht erfolgt. Das Angebot zur weiteren Untersuchung der Patienten in der Klinikambulanz, welches den teilnehmenden Hausärzten schriftlich unterbreitet wurde, nahmen nur zwei Patienten wahr. Diese Rückmeldungsquote war nicht ausreichend, um eine valide Aussage bezüglich der Häufigkeit der hereditären Hämochromatose innerhalb des erfassten Patientenkollektivs machen zu können. Es konnte in einem Fall eine heterozygote C282Y - Mutation im HFE - Gen nachgewiesen werden, im weiteren Fall zeigte sich eine homozygote H63D - Mutation. Als heterozygoter Merkmalsträger der C282Y Mutation besteht kein erhöhtes Risiko für eine Hämochromatose, auch einer homozygoten H63D - Mutation im HFE - Gen wird keine Bedeutung in Hinblick auf die Entstehung einer Hämochromatose zugemessen [34]. Bei gleichzeitigem Nachweis einer chronischen Virushepatitis oder einer alkoholtoxischen 71

Leberschädigung ist jedoch bei heterozygoten Merkmalsträgern für eine C282Y - Mutation durch eine Eisenakkumulation mit einer erhöhten Leberfibrosierung zu rechnen [44]. Als eines der Ergebnisse der HEIRS - Studie (Hemochromatosis and Iron Overload Screening), einer grossflächig angelegten Multizenterstudie in den USA und Canada, in der bei über 100000 Probanden ein Screening hinsichtlich HFE - Mutation, Ferritin und Transferrinsättigung erfolgte, wird ein generelles Screening von HFE - Gen Mutationen nicht empfohlen, da unklar ist, wie viele Personen mit C282Y - Mutation im HFE - Gen auch tatsächlich eine klinische Manifestation der Hämochromatose ausbilden [1], tatsächlich scheint die klinische Penetranz eher gering. Es fanden sich in dieser Studie auch kombinierte Erhöhungen von Ferritin und Transferrinsättigung bei Probanden, hauptsächlich asiatischer Herkunft, ohne Nachweis einer C282Y - Mutation im HFE - Gen und ohne relevante Erhöhung der Eisenspeicher im Leberpunktat [28]. Eine aktuelle Studie, in der über 17000 Schüler einer High - School bezüglich einer C282Y - Mutation im HFE - Gen untersucht wurden, zeigt jedoch auch, dass die Früherkennung einer Hämochromatose eine sinnvolle präventive Maßnahme darstellen kann, um die Ausprägung krankheitsspezifischer Symptome im Verlauf der Erkrankung zu verhindern, oder zu minimieren [15]. Die Diagnose der hereditären Hämochromatose ist durch die Genotypisierung in den meisten Fällen möglich. Die laborchemische Bestimmung der Ferritinkonzentration und der Transferinsättigung schränkt die Zahl der zu untersuchenden Patienten ein. Die Erhebung der Verdachtsdiagnose durch Fragebögen, das zeigen auch die Ergebnisse der vorliegenden Studie, sind aufgrund der sehr unspezifischen klinischen 72

Symptome im frühen, noch gut behandelbaren Stadium der Krankheit unspezifisch und nicht hilfreich. Zahlreiche Faktoren, wie klinische Symptome, eine familiäre Risikokonstellation bei homozygoten Merkmalsträgern [11] und pathologisch erhöhte Laborparameter nehmen Einfluss auf die Entscheidung, eine Genanalyse durchführen zu lassen, die letztlich individuell getroffen werden muss. Das Ziel der Studie, die Zahl der Patienten mit Hämochromatoseverdacht in Münster und im Münsterland zu messen wurde allein aufgrund der geringen Gesamtzahl der Teilnehmer an der Studie nicht erreicht. Das Studienziel der Sensibilisierung von Bevölkerung und Ärzteschaft für die immer noch oft übersehene und zu spät diagnostizierte Krankheit Hämochromatose ist nicht überprüft. Die geringe Zahl der Rückmeldungen nach dem Anschreiben der Studienärzte mit Hinweis auf konkrete Risikopatienten, lässt eine fortbestehende Unterschätzung, oder gar Sorglosigkeit bezüglich dieser Erkrankung befürchten. Weitere Untersuchungen und Aktivitäten sind erforderlich, um die Häufigkeit der Erkrankung im Münsterland zu quantifizieren und die Aufmerksamkeit in Bevölkerung und Ärzteschaft zu verbessern. 73