Psychiatrische Kriminaltherapie: Behandlungskonzepte und Behandlungserfolge 14. DGPPN Hauptstadtsymposium Berlin, 31.01.2013 // Meine Folien maile ich Ihnen gerne zu! rmi@vitos-haina.de Rüdiger Müller-Isberner Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina 35114 Haina / Kloster
DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 2
Maßregelvollzug: Die Black Box Tatort t Freiheit Maßregelvollzug DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 3
Maßregelvollzug: Die Black Box gute Kriminal- prognose schlechte Kriminal- prognose Maßregelvollzug DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 4
Das Innenleben der black box Zurück in der Gemeinde Ambulante Kriminaltherapie Tatort psychiatrischer Maßregelvollzug Richterliche Entscheidung Risiko- beurteilung Maßregelvollzug Kriminaltherapie = Reduzierung, Neutralisierung, Kompensierung, Eliminierung der kriminogenen Merkmale Richterliche Entscheidung Beurteilung der kriminogenen Faktoren Stufenweise Re-integration DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 5
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Kriminaltherapie: 'State of the Art' Kriminaltherapie fußt auf unserem empirischen Wissen über die spezifischen Charakteristika tik psychisch h gestörter Straftäter über die Ursachen von Kriminalität i darüber, welche Methoden wirken Kriminaltherapie bedarf adäquater rechtlicher, institutioneller und materieller Rahmenbedingungen DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 7
Kriminaltherapie: 'State of the Art' Kriminaltherapie fußt auf unserem empirischen Wissen über die spezifischen Charakteristika tik psychisch h gestörter Straftäter über die Ursachen von Kriminalität i darüber, welche Methoden wirken Kriminaltherapie bedarf adäquater rechtlicher, institutioneller und materieller Rahmenbedingungen DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 8
Charakteristika psychisch gestörter Rechtsbrecher (1) Psychische Erkrankung / Störung chronisch schlechtes Ansprechen auf Behandlung Co-Diagnosen Substanzmissbrauch Antisoziale Persönlichkeitsstörung Grenzbegabung Lange Vorgeschichte antisozialer Merkmale antisoziales i Verhalten antisoziale Einstellungen antisoziales Denken Lebensstil der sozial deviantes Verhalten fördert DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 9
Charakteristika psychisch gestörter t Rechtsbrecher h (2) Mangelnde Fertigkeiten wenig gpro-soziale Fertigkeiten wenig inter-personale Fertigkeiten wenig lebenspraktische Fertigkeiten Management Probleme schwierig im täglichen Umgang generelle Ablehnung von Interventionen non-compliant mit Medikation hohes Rückfallrisiko Sowohl die psychischen Probleme, als auch die sozial devianten Verhaltensmuster sind chronisch-stabil DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 10
Die Charakteristika der Patienten führen zu ersten Schlussfolgerungen Delinquenz verhindernde Interventionen müssen bei psychisch gestörten Rechtsbrechern folgende Kriterien erfüllen: assertiv intensiv i hoch strukturiert multi-modal & umfassend lang dauernd DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 11
Kriminaltherapie: 'State of the Art' Kriminaltherapie fußt auf unserem empirischen Wissen über die spezifischen Charakteristika tik psychisch h gestörter Straftäter über die Ursachen von Kriminalität i darüber, welche Methoden wirken Kriminaltherapie bedarf adäquater rechtlicher, institutioneller und materieller Rahmenbedingungen DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 12
Basis der Delinquenz DELINQUENZ inadäquate Ablehnung durch antisoziale Substanzmissbrauch Erziehung pro-soziale Peers Freunde Gene + prä-, peri- & postnatale Faktoren Persönlichkeitszüge: - Impulsivität - risk taking - Gefühlskälte + unterdurchschnittliche verbale Fertigkeiten DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 13
DELINQUENZ Die Basis der Delinquenz Mangel an Einsicht Schlechtes Urteilsvermögen Geringe Compliance bei psychisch Kranken Substanzmissbrauch Gene + prä-, peri- & postnatale Faktoren + Stress Gravierende psychische Störungen: - Impulsivität - Reizbarkeit - Aufmerksamkeit - Lernfähigkeit - Sozialkontakte DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 14
Das Wissen über die Ursachen von Delinquenz führt zu folgenden Schlussfolgerungen l Antisoziales Verhalten hat eine starke biologische Basis Die biologische Basis antisozialen Verhaltens determiniert die Grenzen der Veränderbarkeit durch Interventionen gleich welcher Art Heilung ist ein unrealistisches Behandlungsziel Adäquat ist ein 'Behinderungsmodell' Delinquenz ist multikausaler Genese Kriminaltherapie muss multi-modal sein DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 15
Kriminaltherapie: 'State of the Art' Kriminaltherapie fußt auf unserem empirischen Wissen über die spezifischen Charakteristika tik psychisch h gestörter Straftäter über die Ursachen von Kriminalität i darüber, welche Methoden wirken Kriminaltherapie bedarf adäquater rechtlicher, institutioneller und materieller Rahmenbedingungen DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 16
What works Drei Quellen unseres Wissens Evaluationen der Behandlung o psychisch Kranker o Persönlichkeitsgestörter Evaluationen der forensisch-psychiatrischen hi i h Nachsorge Evaluationen der Straftäterbehandlung DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 17
What works Drei Quellen unseres Wissens Evaluationen der Behandlung o psychisch Kranker o Persönlichkeitsgestörter Evaluationen der forensisch-psychiatrischen hi i h Nachsorge Evaluationen der Straftäterbehandlung DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 18
Evaluationen der Behandlung psychisch Kranker Pharmakotherapie Psychosoziale Interventionen Psychoedukation (PE) Assertive Behandlung im Herkunftsumfeld (ACT) Interventionen in den Familien (FI) Training sozialer Fertigkeiten (SST) Beschützte Beschäftigung g (SE) Integrierte Doppeldiagnosebehandlung (IDDT) Kognitive Behandlung von Psychosen (CT) DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 19
What works Drei Quellen unseres Wissens Evaluationen der Behandlung o psychisch Kranker o Persönlichkeitsgestörter Evaluationen der forensisch-psychiatrischen hi i h Nachsorge Evaluationen der Straftäterbehandlung DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 20
Psychotherapie Persönlichkeitsgestörter Erfolgsfaktoren gute Struktur der einzelnen Behandlungseinheiten und des gesamten Therapieverlaufs klarer Focus und Zielvereinbarungen aktive Haltung des Therapeuten hohe theoretische Kohärenz für Therapeut und Patient Adressierung dysfunktionaler Denk- und Verhaltensmuster und daraus resultierender Interaktionsstörungen tragfähige und flexible therapeutische Beziehung Förderung der Compliance Langzeitbehandlung Kooperation mit anderen psycho-sozialensozialen Diensten Aktueller Trend: störungsspezifisch, multimodal & integrativ DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 21
What works Drei Quellen unseres Wissens Evaluationen der Behandlung o psychisch Kranker o Persönlichkeitsgestörter Evaluationen der forensisch-psychiatrischen hi i h Nachsorge Evaluationen der Straftäterbehandlung DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 22
Evaluationen der forensisch- psychiatrischen i h Nachsorge Gemeinsame Merkmale erfolgreicher Programme DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 23
Erzwungene Teilnahme Mitarbeiter, die ihr Doppelmandat akzeptieren 1. Kriminalitätsprävention 2. Behandlung der seelischen Störung Rechtliche Möglichkeiten der schnellen Re- Hospitalisierung i Struktur Intensität Multimodaler Ansatz Sicherstellung von Compliance mit allen Aspekten des Behandlungsprogramms DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 24
What works Drei Quellen unseres Wissens Evaluationen der Behandlung o psychisch Kranker o Persönlichkeitsgestörter Evaluationen der forensisch-psychiatrischen hi i h Nachsorge Evaluationen der Straftäterbehandlung DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 25
Evaluationen der Straftäterbehandlung Effektive Straftäterbehandlung Effektive Straftäterbehandlungsprogramme berücksichtigen die Prinzipien i i von Risiko, Bedürfnis und Ansprechbarkeit RNR - principles (risk, need, responsvity) DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 26
Risikoprinzip: Straftäterbehandlung sollte solchen Tätern vorbehalten sein, die ein hohes Rückfallrisiko haben Bedürfnisprinzip: Behandlungsgegenstand sind jene veränderbaren Tätercharakteristika, die in empirisch belegter Weise in einer Beziehung zu kriminellem Verhalten stehen Ansprechbarkeitsprinzip: Behandlungsverfahren werden dem spezifischen Lernstil der Klienten gerecht DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 27
Straftäterbehandlung: Was lehrt uns die Forschung? Erfolgreiche Programme 1. sind multimodal, kognitiv-behavioral und benutzen Techniken des sozialen Lernens 2. verwenden Methoden, die dem Lernstil der Klienten entsprechen 3. zielen auf Klientenmerkmale, die nach dem empirischen Kenntnisstand kriminogene Faktoren sind 4. haben Behandler, die die Autorität über die Behandlung behalten ('firm but fair') DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 28
Empirisch belegte wirksame Methoden Modellernen Rollenspiele abgestufte Erprobung Verstärkung konkrete Hilfestellungen Ressourcen-Bereitstellung kognitive Umstrukturierung DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 29
Straftäterbehandlung: Was lehrt uns die Forschung? Erfolgreiche Programme 1. sind multimodal, kognitiv-behavioral und benutzen Techniken des sozialen Lernens 2. verwenden Methoden, die dem Lernstil der Klienten entsprechen 3. zielen auf Klientenmerkmale, die nach dem empirischen Kenntnisstand kriminogene Faktoren sind 4. haben Behandler, die die Autorität über die Behandlung behalten ('firm but fair') DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 30
Empirisch belegte dynamische Risikomerkmale bei Straftätern (1) DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 31
Empirisch belegte dynamische Risikomerkmale bei Straftätern (2) DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 32
Empirisch belegte dynamische Risikomerkmale bei Straftätern (3) DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 33
Straftäterbehandlung: Was lehrt uns die Forschung? Erfolgreiche Programme 1. sind multimodal, kognitiv-behavioral und benutzen Techniken des sozialen Lernens 2. verwenden Methoden, die dem Lernstil der Klienten entsprechen 3. zielen auf Klientenmerkmale, die nach dem empirischen Kenntnisstand kriminogene Faktoren sind 4. haben Behandler, die die Autorität über die Behandlung behalten ('firm but fair') DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 34
x DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 35
Widersprüchliches Bild? Immer mehr Patienten werden immer schneller entlassen (Gesamtbehandlungsdauer 1991: 4,5 J. 2006: 3,6 J. = -20%) Bessere Behandlung Immer mehr Patienten verbleiben sehr lange in der Unterbringung (Anteil Unterbringungsdauer über 10 J. in 1991: 8,7% 2006: 12,8% = +47,1%) Bessere Risikoeinschätzung DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012
45,0 Klinik für forensische Psychiatrie Haina Entweichungen pro 100 Patienten pro Jahr (1984-2011) 40,0 Zwischen 1984 und 2012 hatte ein konstanter Anteil von 50-60% der Patienten Ausgang ohne Personalbegleitung 34,7 35,0 30,0 25,0 23,5 2010: keine (!) Entweichung 20,0 15,0 10,0 50 5,0 0,0 1984 1985 1985 & 1986: kein e Daten verfü ügbar 1986 1987 17,0 16,11 1988 1989 1990 10,5 1991 13,0 1992 9,1 8,9 1993 1994 7,4 7,7 6,4 4,0 4,9 4,0 Gewaltdelikte aus der Behandlung heraus 1991 1994 10 1995 1998 2 1999 2002 0 2003 2006 0 2007 2010 0 2011 heute 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2011: 0,5 pro 100 Pat. 2012: 1 pro 100 Pat. 1,9 1,7 1,3 0,3 1,0 0,5 0,9 0,9 0,9 0,2 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Letzte Gewalttat: 05 / 1998 DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 2009 Seite 37 37
Bedingte Entlassungen und Wiederaufnahmen 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Wiederaufnahmen wg. Rückfalldelikt - in der Führungsaufsicht ht 2 1 0 0 0 0 0 - nach der Führungsaufsicht 1 1 2 3 1 0 0 Bedingte Entlassungen 'at risk' 48 47 52 48 41 56 60 DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 38
Erschreckende Unterschiede innerhalb eines Rechtsgebietes t (BRD 2008) min max alle BL (ex Bay & B-W) > mehr als 10 J. untergebracht 15.7% 32.8% Faktor: 2,10 Behandlungstage bis zur Entlassung 1,552 2,856 Tage = 4,2 7,8 J. Stichtagsverweildauer 1,713 2,984 Tage =47 4.7 82J 8.2 J. gem. 63 StGB Untergebrachte pro 100,000 Einwohner 5.7 13.9 Faktor: 2.44 DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 Page 39
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Psychiatrische Kriminaltherapie wirkt wenn Pharmakotherapie & psychosoziale Interventionen ti (PE, ACT, FI, SST, SE, IDDT, CT) multi-modale, l kognitiv-behaviorale i Programme auf der Basis der Prinzipien von Risiko, Bedürfnis und Ansprechbarkeit Gute Struktur, klarer Focus, Zielvereinbarungen, i hohe h Intensität über langen Zeitraum Mitarbeiter, die ihr Doppelmandat akzeptieren: Kriminalitätsprävention + Behandlung der seelischen Störung Assertive Sicherstellung von Compliance mit allen Aspekten der Behandlung Zugriffsmöglichkeiten it DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 41
Der Kontext von Kriminaltherapie und Ki Kriminalprognose i öffentliche Meinung, Medien, e Politik, Gesetzgebung g Rechtliche Rahmenbedingungen Administrativer Kontext Institution Risikobeurteilung Risikomanagement DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 42
Danke..! Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina Vortragsfolien: rmi@vitos-haina.de DGPPN 2012: Maßregelvollzug: State of the Art 22.11.2012 43