28 Allgemeines Schadensersatzrecht

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Transkript:

28 Allgemeines Schadensersatzrecht Das Schadensersatzrecht unterscheidet, ob nach einer anspruchsbegründenden Norm eine Schadensersatzpflicht zur Entstehung gelangt (haftungsbegründender Tatbestand) und ob der dadurch eingetretene Schaden ersatzfähig ist (haftungsausfüllender Tatbestand). Der haftungsbegründende Tatbestand ist gegeben, wenn sämtliche Voraussetzungen einer Anspruchsgrundlage vorliegen, deren Rechtsfolge eine Verpflichtung zu Schadensersatz vorsieht, wie etwa Schadensersatz wegen Pflichtverletzung nach 280 ff. oder 311a BGB, Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung gemäß 823 ff. BGB oder Gefährdungshaftung, oder auch Schadensersatz bei Anfechtung in den Fällen des 122 Abs. 1 BGB sowie die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht auf Schadensersatz nach 179 Abs. 1 BGB etc. Ist ein solcher Schadensersatzanspruch dem Grunde nach gegeben, gilt es dann in einem zweiten Schritt beim haftungsausfüllenden Tatbestand zu klären, ob der dabei entstandene Schaden auch seiner Art nach ersatzfähig ist, 249 ff. BGB. Diese Vorschriften sind daher keine Anspruchsgrundlagen, sondern ergänzen nur die zum Schadensersatz verpflichtenden Normen. Alle Rechte bei: Dr. Gernot Wirth BR HWS 2016/17

I. Ersatz für Vermögensschäden 1. Der Grundsatz der Naturalrestitution 249 Abs. 1 BGB Unter dem Vermögen versteht man die Gesamtheit der geldwerten Positionen einer Person, also an Sachen/Tieren (= körperlichen Gegenständen) das Eigentum und sonstige dingliche Berechtigungen sowie auch der Besitz und an Rechten/Forderungen (= nicht-körperlichen Gegenständen) die Inhaberschaft bzw. andere Berechtigungen (dazu bereits 5 IV. 1. und 6 I. der Gliederung). Ein vermögensrechtlicher Schaden besteht daher in der Differenz zweier Rechtsgüterlagen derjenigen, welche durch die Schädigung geschaffen wurde (die also besteht) und derjenigen, die ohne dieses Ereignis bestehen würde (also nicht bloß derjenigen, die bestanden hat!). Statt eines Vorher-Nachher-Vergleichs ist somit ein fiktiver Zustand anzustreben, der ohne die Schädigung bestünde (sog. Grundsatz der Naturalrestitution). 249 BGB: Art und Umfang des Schadensersatzes (1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) 249 Abs. 1 BGB ordnet daher an, dass der Schädiger den Zustand herzustellen hat, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre: Daher sind nicht nur unmittelbare Schäden wie etwa bspw. bei einem Verkehrsunfall die entstandenen Personen- und Sachschäden, sondern auch mittelbare (Folge-)Schäden wie etwa der infolge einer dadurch eingetretenen Arbeitsunfähigkeit entgangene Gewinn oder der nach einer Reparatur verbleibende geminderte Wiederverkaufswert sowie der während der Reparatur des Fahrzeugs entstehende Nutzungsausfall sowie die zur Geltendmachung dieser Schadensersatzansprüche notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung wie Anwalts- und Sachverständigenkosten zu erstatten. Umgekehrt muss sich der Geschädigte im Wege der Vorteilsausgleichung allerdings auch dadurch ersparte eigene Aufwendungen und eintretende Werterhöhungen ( Abzug neu für alt ) anrechnen lassen. 2

2. Schadensausgleich durch Geldleistung a) Geldersatz 249 Abs. 2, 250 und 251 Abs. 1 BGB 249 BGB: Art und Umfang des Schadensersatzes (1) (2) 1 Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. 2 Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. 250 BGB: Schadensersatz in Geld nach Fristsetzung 1 Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Herstellung nach dem Ablauf der Frist ablehne. 2 Nach dem Ablauf der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht die Herstellung rechtzeitig erfolgt; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen. 251 BGB: Schadensersatz in Geld ohne Fristsetzung (1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung (scilicet: durch den Schuldner nach 249 Abs. 1 BGB) auch den dazu erforderlichen Geldbetrag gemäß 249 Abs. 2 S. 1 BGB verlangen. Der Gläubiger hat also eine Ersetzungsbefugnis [ dazu bereits 9 II. 1. c) der Gliederung ] und wird durch diese Geldleistung damit in die Lage versetzt, den Schadensausgleich herbeiführen zu können, ohne dabei dem Schädiger das verletzte Gut zur Naturalrestitution anvertrauen zu müssen. Beispiel: Arzt A sticht den B nieder. Bei einer Sachbeschädigung kann der Geschädigte auch den dafür erforderlichen Geldbetrag ohne Reparatur verlangen (sog. Abrechnung auf Reparaturkostenbasis). Auf solche fiktiven Reparaturkosten kann dann jedoch keine Umsatzsteuer verlangt werden, sondern nur, wenn die Reparatur tatsächlich ausgeführt wird, 249 Abs. 2 S. 2 BGB. Wird bei Personenschäden eine Heilbehandlung durchgeführt, ist diese ohnehin umsatzsteuerfrei. Daher kann auch keine Umsatzsteuer bei fiktiven Heilungskosten verlangt werden. 3

249 BGB spricht zwar nur von der Beschädigung, nicht aber auch von der Zerstörung einer Sache. Die Rechtsprechung geht aber zumindest bei Gattungssachen davon aus, dass dort eine Naturalrestitution entweder in Form einer Reparatur oder aber auch durch eine Ersatzbeschaffung erfolgen kann. Bei Zerstörung oder Verlust einer Stückschuld ist dagegen weder eine Reparatur noch eine Wiederbeschaffung möglich. Daher sind die Kosten der Wiederbeschaffung einer gleichwertigen Sache dort als Entschädigung nach 251 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Darüber hinaus gewährt 250 BGB dem Geschädigten, (unabhängig von dem Vorliegen der Voraussetzungen der 249 Abs. 2 und 251 Abs. 1 BGB) die Möglichkeit, Schadensersatz in Geld verlangen zu können, wenn er dem Schädiger eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmt, dass er die Herstellung danach ablehne. b) Entschädigung in Geld 251 Abs. 2 BGB 251 BGB: Schadensersatz in Geld ohne Fristsetzung (1) (2) 1 Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. 2 Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen. Der Ersatzpflichtige kann den Geschädigten gemäß 251 Abs. 2 S. 1 BGB in Geld entschädigen, wenn eine Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine Ersetzungsbefugnis. Diese steht jedoch nicht dem Gläubiger, sondern dem Schädiger zu. Der kann im Fall der Unverhältnismäßigkeit die an sich geschuldete Restitution durch einen entsprechenden Geldbetrag ersetzen, etwa bei einem sog. wirtschaftlichen Totalschaden. Unverhältnismäßigkeit ist dabei allerdings nicht bereits dann gegeben, wenn die Kosten der Reparatur den Wert der Sache vor dem schädigenden Ereignis übersteigen. In solchen Fällen, dass die Herstellung unvernünftig ist, dürfen die Herstellungskosten den Wert dennoch um bis zu 30 % übersteigen. Nur ein darüber hinausgehender Betrag ist dann als sog. Affektionsinteresse (Liebhaberwert) nicht (mehr) zu ersetzen. 3. Entgangener Gewinn 252 BGB 252 BGB: Entgangener Gewinn 1 Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. 2 Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. 4

Ein Schädiger hat gemäß 249 Abs. 1 BGB den Zustand herzustellen, der bestehen würde. Der zu ersetzende Schaden erfasst daher nach 252 S. 1 BGB auch den entgangenen Gewinn, insbesondere den Verdienstausfall aus selbstständiger oder nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit. 252 S. 2 BGB enthält dabei eine Beweiserleichterung für den Geschädigten. Denn ihn trifft die volle Beweislast nur für einen ungewöhnlichen oder außergewöhnlich hohen entgangenen Gewinn. 5

II. Ersatz immaterieller Schäden 253 BGB 253 BGB: Immaterieller Schaden (1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. (2) Der Verletzte kann außer Einbußen an seinem Vermögen (materielle Schäden an der Summe aller geldwerten Vorteile) auch Nichtvermögensschäden (sog. ideelle oder immaterielle Schäden) erleiden: Schmerzen, die dem Geschädigten entstehen und ferner Schäden durch das Entbehren eines bestimmten Genusses (sog. entgangene Freuden). Ersatz für solche Nichtvermögensschäden kann gemäß 253 Abs. 1 BGB dabei nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden: So etwa das Schmerzensgeld nach 253 Abs. 2 BGB wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung ( nicht aber wegen Eigentumsverletzung!) oder die angemessene Entschädigung wegen vertaner Urlaubszeit, wenn eine Reise erheblich beeinträchtigt und somit der angestrebte Erholungszweck verfehlt wird, 651f Abs. 2 BGB oder auch die billige (meint: gerechte!) Entschädigung nach 8 S. 2 ProdHaftG im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit. Darüber hinaus gewährt die Rechtsprechung aus verfassungsrechtlichen Gründen (Artt. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG) über den Wortlaut des 253 hinaus auch Ersatz immaterieller Schäden in den Fällen schwerwiegender Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wenn eine Genugtuung auf andere Art und Weise durch Unterlassung, Widerruf oder Gegendarstellung u.ä. nicht ausreichend wäre [ sog. Herrenreiterfall BGHZ 26, 349; dazu bereits 27 II. 1. b) der Gliederung ]. 253 BGB: Immaterieller Schaden (1) (2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden. 6

651f BGB: Schadensersatz (1) Der Reisende kann unbeschadet der Minderung oder der Kündigung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, es sei denn, der Mangel der Reise beruht auf einem Umstand, den der Reiseveranstalter nicht zu vertreten hat. (2) Wird die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt, so kann der Reisende auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. 8 ProdHaftG: Umfang der Ersatzpflicht bei Körperverletzung 1 Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, dass infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert ist oder seine Bedürfnisse vermehrt sind. 2 Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden. Art 1 GG: (1) 1 Die Würde des Menschen ist unantastbar. 2 Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) und (3) Art 2 GG: (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) 7

III. Mitverschulden 254 BGB 254 BGB: Mitverschulden (1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. (2) 1 Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. 2 Die Vorschrift des 278 findet entsprechende Anwendung. Die Ersatzpflicht des Schädigers wird begrenzt, wenn die Entstehung oder Entwicklung eines Schadens auf ein Mitverschulden des Verletzten zurückzuführen ist. Ein solches Mitverschulden kann gemäß 254 Abs. 1 BGB bei der Entstehung des Schadens gegeben sein. Ein Mitverschulden kann aber auch bei der Schadensabwendung und -minderung durch den Verletzten vorliegen, 254 Abs. 2 S. 1 BGB. Beispiel: (1) Zwei Kraftfahrer verursachen einen Unfall, wobei der eine die Vorfahrt missachtet und der andere innerorts 60 km/h statt der erlaubten 50 km/h gefahren ist. (2) Am Körper oder der Gesundheit Geschädigte haben sich, wenn es sich nicht um ganz unwesentliche Verletzungen handelt, zur Vermeidung von weiteren Schäden grundsätzlich in Heilbehandlung zu begeben. 8