Deutsch eine Fremdsprache für viele! Bezug zu Bildungsstandards

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Begriffsvielfalt/Verständnisdschungel Muttersprache Vatersprache Familiensprache Großelternsprache Umgebungssprache Primärsprache Kultursprache Erstsprache Fremdsprache Zweitsprache Mehrsprachigkeit

Marion-Linda Paternostro 2012

Sprachliche Voraussetzungen für den Schriftspracherwerb Phonologische Bewusstheit im weiteren Sinn Im engeren Sinn Hören (v.a. ganz fremder Laute) Isolation von Phonemen Graphem(26) Phonem(60-4000) - Zurodnung (der deutschen Sprache) Interferenz

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Rahmen- und Lernbedingungen Leistungsheterogene Lerngruppen = standard differenziert Lernbedingungen individuell angemessen

Bildungsstandards und DaZ Kompetenzoriertierter Unterricht ab der ersten Schulstufe Mindeststandards Regelstandards Maximalstandards ( Optimalstandards )

Population an österreichischen Volksschulen Schuljahr 2005/2006 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% VS Wien VS Österreich durchschnittl. Erst-/Muttersprache Deutsch andere Erst-/ Muttersprachen

Quelle: Österreichische Schulstatistik 2001/02.

Quelle: Österreichische Schulstatistik 2001/02

PISA 7 % der in der PISA-Studie befragten SchülerInnen sprechen normalerweise zu Hause nicht die Testsprache! größte nicht-deutsprachige Gruppe: 2,5 % - Sprache aus dem ehemaligen jugoslawischen Staatsgebiet (Bosnisch, Kroatisch, Serbisch) 1,8 % - Türkisch jeweils 0,5% - verbleibende andere Sprachen (Polnisch, Rumänisch, Slowenisch, Tschechisch und Ungarisch) (vgl. Haider 2002b, S. 69-70).

OECD Studie 2009 - Verteilung SchülerInnen mit anderen Erstsprache als Deutsch: 16 % der gesamten Schülerpopulation in Österreich - 21 % der SchülerInnen an Volksschulen etwa die Hälfte dieser SchülerInnen sind österreichische Staatsbürger, viele sind in Österreich geboren. Bei der geografischen Verteilung der SchülerInnen mit Migrationshintergrund gibt es beträchtliche Unterschiede: Wien 39 % der SchülerInnen eine andere Erstspracheals Deutsch Steiermark und Kärnten nur 8 % der Fall. Insgesamt haben weniger als 20 % der österreichischen Schulen keine SchülerInnen mit einer anderen Erstsprache als Deutsch.

Wo und wie werden Sprachkompetenzen erworben? Peers Schule Familie Freizeit Haushalt

Zweitsprache Deutsch lautliche Grundlagen aus der Erstsprache Wahrnehmung und Interpretation von Lauten der zu erlernenden Sprache Wohin mit fremden Lauten? lautgetreue Schreibung ist für uns oft nicht erkennbar

Interferenz - Interferenzfehler (abgeleitet vom lat. inter zwischen und ferire schlagen, treffen ) Übertragung erst-/muttersprachlicher Strukturen auf die Fremd-/Zweitsprache und umgekehrt! (auch Dialekt Standardsprache!) Sichere Kompetenz in Erst-/Muttersprache übersetzen erst das Was dann das Wie

Phonologische Interferenzen Unterschiede im Phoneminventar (Laute der Fremdsprache durch ähnliche Laute der Muttersprache erstetzt) Übertragung des fremdsprachlichen Phoneminventars auf die Muttersprache Nichterkennen der Herkunft eines Wortes (z.b.: beinhalten, kreieren)

Beispiele lautlicher Gesetzmäßigkeiten Russisch: fehlende Längen und Kürzen der Vokale (Ratte = Rate) Türkisch: Doppelkonsonanten innerhalb einer Silbe durch Vokale aufgelöst (spielen sepilen, nn, ck, st") w-laut = v (wenn ven) j-laut = y (einem - eynem, freut sich froysis)

Beispiel unterschiedlicher Interferenzfehler 1 Die Prinzessin spielt mit dem goldenen Ball ist fällt Die Prinzessin weint meine Ball ist gefallen ein Frosch sagt ich will aber deine teller essen deine bett schlafen Die Prinzessin sagt Ja, Ja okey. Die Prinzessin zu Hause 5 alle zusammen abend essen der Frosch kommt Plack, Plack König ist, was ist los der Forsch. Ich will goldene Ball gerett Die Prinzessin sagt du bist meine teller essen und meine Bett schlafen der Frosch teller essen und der Frosch Immer gegangen nein nein du bist alte frosch. Die 10 Prinzessin aus der Börönnen aber kein Frosch. Frosch ist Prenz oh Prenz komm schlafen nein danke ich nach Hause gegangen cüs.

1. Orthographie: Viele Nomen beginnen mit einem Kleinbuchstaben (z.b.: teller und bett, Z. 3) im Türkischen werden alle Wörter mit Ausnahme des Wortes am Satzanfang und Eigennamen klein geschrieben. 2. Phonologie: In der türkischen Sprache treffen innerhalb einer Silbe i.d.r. zwei oder mehrere Konsonanten nicht aufeinander. Um die Konsonantenanhäufungen des Deutschen aufzuweichen, werden manchmal Sprossvokale zwischen die Konsonanten geschoben, wie in dem Wort Börönnen (Z. 10. Brunnen) 3. Satzbau: Im Türkischen steht das Verb in Prosatexten immer an der letzten Stelle des Satzes, wie in dem Satz alle zusammen abend essen (Z.5). 4. Genusgebrauch: Im Türkischen gibt es keine Genera, sodass die richtige Wahl der Artikel und die korrekte Deklination von Adjektiven Probleme bereiten kann wie in den folgenden Textstellen: meine Ball (Z.2), deine teller (Z.3.), deine bett (Z.3).

Besonderer Förderunterricht Deutsch Schulorganisationsgesetz (SchOG) weist ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer Zusatzausbildung hin: Für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache, welche die Unterrichtssprache nicht ausreichend beherrschen, kann ein entsprechend ausgebildeter Lehrer zusätzlich eingesetzt werden ( 13 Abs. 1 SchOG) Für die Sprachförderkurse werden seitens des Bundes zusätzliche zweckgebundene Lehrerdienstposten österreichweit zur Verfügung gestellt.