Merkblatt. Inhalt. Günter Umbach. Erbschaftsteuer: Übertragung von Betriebsvermögen

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Transkript:

Erbschaftsteuer: Übertragung von Betriebsvermögen Wenn Betriebsvermögen in Form von Einzelunternehmen oder Anteilen an einer Personengesellschaft vererbt wird, wird Erbschaftsteuer erhoben. Mittels unseres Merkblatts informieren wir Sie über diesbezügliche Rechte und Pflichten. Günter Umbach Steuerberater Dipl. oec. Christian Umbach Steuerberater Industriestraße 2a D 34277 Fuldabrück Tel. +49 561 95928-0 Fax +49 561 95928-30 kanzlei@stb-umbach.de www.stb-umbach.de Mitgliedschaften Steuerberaterkammer Hessen K.d.ö.R. Steuerberaterverband Hessen e.v. DATEV e.g., Nürnberg Registrierung in KfW-Beraterbörse Confédération Fiscale Européenne (CFE) Erbschaftsteuer: Übertragung von Betriebsvermögen Inhalt Merkblatt 1 Allgemeines 2 Vergünstigungen für Betriebsvermögen 2.1 Teilweise Steuerbefreiung 2.2 Vollständige Steuerbefreiung 3 Beachtung von Fristen 3.1 Behaltensfrist 3.2 Lohnsummenfrist 3.3 Entnahmebegrenzung 4 Ausnutzung von Fristen 4.1 Persönliche Freibeträge 4.2 Abzugsbetrag für Betriebsvermögen 5 Bewertung des Vermögens 6 (Teilweise) Verfassungswidrigkeit der Regelungen für Betriebsvermögen 6.1 Welche Regelungen wurden beanstandet, welche nicht? 6.2 Praktische Auswirkungen 6.3 Weitergeltung der bisherigen Rechtslage Raiffeisenbank eg Baunatal IBAN DE64 5206 4156 0007 7667 77 BIC GENODEF1BTA Kasseler Sparkasse IBAN DE18 5205 0353 0230 0044 65 BIC HELADEF1KAS USt-ID-Nr. DE242445176 Betriebsnr. 47113033 Gläubiger-ID-Nr. DE87ZZZ00000122757 Mandatsbezogene Daten werden elektronisch gespeichert, 33 BDSG. Es gelten die AAB für StB unter www.stb-umbach.de.

1 Allgemeines Betriebliches Vermögen wird von der Erbschaft- und Schenkungsteuer unter bestimmten Voraussetzungen verschont. Da nach dem Willen des Gesetzgebers Betriebe nicht durch anfallende Erbschaft- und Schenkungsteuer beim Betriebsübergang gefährdet werden sollen, sieht das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) verschiedene Verschonungsmaßnahmen (Vergünstigungen) vor. In einem am 17.12.2014 ergangenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist die steuerliche Begünstigung bei Betriebsübergang für teilweise verfassungswidrig erklärt worden. Näheres erfahren Sie unter Punkt 6. Aufgrund der momentanen Unsicherheit, wie die Gesetzesänderungen sich gestalten, die aufgrund des Urteils des BVerfG bis spätestens zum 30.06.2016 erfolgen müssen, werden auf Erlass der Finanzbehörden der Länder sämtliche Festsetzungen von Erbschaft- und Schenkungsteuer, die nach dem 31.12.2008 entstand, als vorläufig angesehen. 2 Vergünstigungen für Betriebsvermögen 2.1 Teilweise Steuerbefreiung Gewährt wird zunächst ein 85%iger Verschonungsabschlag und daneben ein gleitender Abzugsbetrag in Höhe von maximal 150.000. Die vorgenannten Vergünstigungen sind jedoch von einer Reihe von Voraussetzungen abhängig. Das sogenannte Verwaltungsvermögen darf nicht mehr als 50 % betragen. Hierzu rechnet man insbesondere Grundstücke, welche an Dritte vermietet bzw. verpachtet sind. Es muss betriebliches Vermögen vorliegen (z.b. GmbH- Anteile mit einer Beteiligungsquote von mehr als 25 %, Anteile eines Mitunternehmers an einer Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen) Adam erbt von seinem Vater einen Betrieb, dessen Steuerwert 2.000.000 beträgt. Das Verwaltungsvermögen des Betriebs beträgt 25 %. Adam kann sowohl den 85%igen Verschonungsabschlag als auch den gleitenden Abzugsbetrag beanspruchen. Die Berechnung des steuerpflichtigen Betriebsvermögens, welches dann in die Erbschaftsteuerberechnung eingeht, sieht damit wie folgt aus: Steuerwert Betrieb 2.000.000 abzüglich Verschonungsabschlag 85 % von 2.000.000-1.700.000 Ermittlung des Abzugsbetrags Abzugsbetrag 150.000 Abzugsbetrag - 150.000 Übersteigender Wert 150.000 Davon 50 % 75.000-75.000 Gekürzter Abzugsbetrag 75.000 Ermittlung steuerpflichtiges Betriebsvermögen abzüglich (gekürztem) Abzugsbetrag - 75.000 steuerpflichtiges Betriebsvermögen 225.000 Die Inanspruchnahme dieser teilweisen Steuerbefreiung wird vom Finanzamt automatisch gewährt. Ein Antrag ist also nicht notwendig. Gehören Sie als Erwerber zur Steuerklasse II oder III (z.b. als Bruder oder Nichte), kommt Ihnen zusätzlich auch noch eine Tarifbegrenzung bzw. ein Entlastungsbetrag zugute. Hinsichtlich des Abzugsbetrags müssen Sie beachten, dass der vollständige Verbrauch des Abzugsbetrags für das übertragene Vermögen insgesamt eintritt, unabhängig davon, in welcher Höhe er sich bei der Steuerfestsetzung tatsächlich ausgewirkt hat. 2.2 Vollständige Steuerbefreiung Sie können jedoch auch eine völlige Steuerbefreiung erreichen. Hier ist aber zu beachten, dass es dabei verschärfte Voraussetzungen einzuhalten gilt. Insbesondere darf das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 10 % betragen. Zu den weiteren Voraussetzungen siehe weiter unten. Zur Inanspruchnahme muss bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ein entsprechender schriftlicher Antrag gestellt werden, welcher aber unwiderruflich ist. Sie können den Antrag grundsätzlich bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft der Festsetzung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer stellen. Merkblatt Erbschaftsteuer: Übertragung von Betriebsvermögen Seite 2 von 5

Der Unternehmer Klaus schenkt seiner Tochter Irina sein Einzelunternehmen, dessen Verwaltungsvermögen 5 % beträgt. Der Wert des Einzelunternehmens beträgt 4.000.000. Die Weitergabe des Unternehmens bleibt steuerfrei. Dies hat gleichzeitig den angenehmen Effekt, dass Irinas persönlicher Freibetrag für weiteres Vermögen zur Verfügung bleibt. 3 Beachtung von Fristen Um die in Punkt 2 aufgeführten Begünstigungen zu erhalten, müssen Sie bestimmte Fristen einhalten. 3.1 Behaltensfrist Verfügen Sie über das erhaltene Vermögen bei der teilweisen Steuerfreistellung innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren steuerschädlich (z.b. durch Verkauf des Betriebs oder durch Betriebsaufgabe), fällt die Befreiung rückwirkend weg. Haben sie eine solche steuerschädliche Maßnahme vorgenommen, dann müssen Sie dem Finanzamt eine entsprechende Mitteilung erstatten. Bei der vollständigen Steuerbefreiung beträgt die einzuhaltende Frist sogar sieben Jahre. Die Weiterübertragung eines Betriebs in Form einer Schenkung oder einer Erbschaft gilt hierbei nicht als steuerschädlich. 3.2 Lohnsummenfrist Voraussetzung ist auch, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet. Bei der vollständigen Steuerbefreiung darf die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs innerhalb von sieben Jahren nach dem Erwerb insgesamt 700 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreiten. Unter der Ausgangslohnsumme ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Übertragungszeitpunkt endenden Wirtschaftsjahre zu verstehen. Diese Frist muss aber nicht beachtet werden, wenn die Ausgangslohnsumme entweder 0 beträgt oder der übertragene Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat. 3.3 Entnahmebegrenzung Ein Verstoß gegen die Behaltensregelungen liegt ebenfalls vor, wenn der Erwerber als Inhaber begünstigt erworbenen Betriebsvermögens oder land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ab dem Zeitpunkt der Steuerentstehung bis zum Ende des letzten in die Fünfjahresfrist fallenden Wirtschaftsjahrs zu hohe Entnahmen tätigt. In diesem Zusammenhang bedeutet zu hohe Entnahmen, dass die Entnahmen die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne oder Gewinnanteile seit dem Erwerb um mehr als 150.000 übersteigen. Dies gilt auch für Entnahmen zur Bezahlung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer. 4 Ausnutzung von Fristen 4.1 Persönliche Freibeträge Die persönlichen Freibeträge werden alle zehn Jahre erneut gewährt. Daher sollten Sie darauf achten, dass Sie sofern Ihnen dies möglich ist die entsprechende Zuwendung erst nach Ablauf von zehn Jahren vornehmen. Hinsichtlich des Betriebsvermögens gilt das insbesondere dann, wenn das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % ausmacht, da in diesem Fall die Vergünstigungen für Betriebsvermögen nicht greifen. Der Unternehmer Klaus überträgt einen Betrieb, dessen gemeiner Wert 300.000 beträgt, auf seinen Sohn Sebastian. Das Verwaltungsvermögen beträgt 55 %. Elf Jahre nach der Übertragung wendet Klaus seinem Sohn Sebastian nochmals einen Betrieb zum gemeinen Wert von 350.000 zu, dessen Verwaltungsvermögen 70 % beträgt. Die erste Übertragung ist zwar nicht begünstigt, da das Verwaltungsvermögen zu hoch ist, aber aufgrund von Sebastians persönlichem Freibetrag in Höhe von 400.000 ergibt sich keine schenkungsteuerliche Belastung. Gleiches gilt für die zweite Übertragung nach elf Jahren, da hier der persönliche Freibetrag erneut ausgenutzt werden kann. 4.2 Abzugsbetrag für Betriebsvermögen Der Abzugsbetrag in Höhe von 150.000 kann vom selben Betriebsübergeber an denselben Erwerber nur einmal innerhalb von zehn Jahren genutzt werden. Auch hier sollten Sie, sofern Sie über weiteres unternehmerisches Vermögen verfügen, nach Ablauf der Zehnjahresfrist über eine weitere Übertragung nachdenken. Dies gilt aber nur für kleinere Betriebe, denn ab einem Wert von 3.000.000 kommt der Abzugsbetrag nicht mehr zur Anwendung. Merkblatt Erbschaftsteuer: Übertragung von Betriebsvermögen Seite 3 von 5

5 Bewertung des Vermögens Ab 2009 ist unternehmerisches Vermögen mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Dieser ermittelt sich in der Regel nach dem sogenannten vereinfachten Ertragswertverfahren. e dazu können Sie insbesondere den Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) 2011 entnehmen (vgl. R B 95 ff. ErbStR 2011). 6 (Teilweise) Verfassungswidrigkeit der Regelungen für Betriebsvermögen Der erste Senat des BVerfG hat mit seinem Urteil vom 17.12.2014 die 13a und 13b und 19 Abs. 1 ErbStG für verfassungswidrig erklärt. Diese Vorschriften sind aber zunächst weiter anwendbar. Der Gesetzgeber ist durch das Urteil verpflichtet, bis zum 30.06.2016 eine Neuregelung zu treffen. Das Bundesfinanzministerium will diese Frist nach seinen Verlautbarungen nicht ausschöpfen, daher ist bereits zu einem früheren Zeitpunkt mit einer neuen Regelung zu rechnen. 6.1 Welche Regelungen wurden beanstandet, welche nicht? Einige der bestehenden Regelungen wurden vom BVerfG insbesondere als verfassungswidrig herausgestellt: a) Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten Die Freistellung von Betrieben mit nicht mehr als 20 Beschäftigten verstößt nach Ansicht des BVerfG gegen das Grundgesetz. Durch diese Regelung werden Erwerber von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten unverhältnismäßig privilegiert. b) Verwaltungsvermögenstest Auch diese Regelung wird als verfassungswidrig angesehen. Denn hierdurch kann begünstigtes Betriebsvermögen mit einem Anteil von bis zu 50 % Verwaltungsvermögen insgesamt in den Genuss der steuerlichen Privilegierung gelangen. Ein Erwerber erhält einen Betrieb, dessen Verwaltungsvermögen 49 % beträgt. Obwohl der Betrieb fast zur Hälfte aus unproduktivem Vermögen (sogenanntem Verwaltungsvermögen) besteht, wird dem Erwerber die Steuerbefreiung (85%iger Verschonungsabschlag, der Abzugsbetrag und gegebenenfalls die Tarifbegrenzung) für Betriebsvermögen gewährt. c) Mehrstöckige Gesellschaftsbeteiligungen Bei mehrstöckigen Gesellschaftsbeteiligungen ist eine missbräuchliche Ausnutzung der Verwaltungsvermögensgrenze von 50 % möglich. Wenn ein Unternehmen eine Beteiligung an einer anderen Gesellschaft hält, ist diese insgesamt nicht dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen, wenn deren eigener Anteil von Verwaltungsvermögen 50 % oder weniger beträgt. Hierdurch kann es bei mehrstufigen Konzernstrukturen zu einem Kaskadeneffekt kommen. Bei einer Beteiligung auf unterer Stufe mit einem Verwaltungsvermögen von bis zu 50 % entsteht dort insgesamt begünstigtes Vermögen, das auf der nächsthöheren Beteiligungsstufe vollständig als begünstigtes Vermögen gewertet wird, obwohl bei einer Gesamtbetrachtung des Konzerns der Verwaltungsvermögensanteil überwiegt. Dagegen wurden insbesondere die Behaltensregelungen und die Tarifbegrenzung vom BVerfG nicht beanstandet. Die Lohnsummenregelung ist nach Ansicht des BVerfG ebenfalls nicht verfassungswidrig, nicht jedoch die Freistellung von Betrieben mit nicht mehr als 20 Beschäftigten (siehe Punkt 6.1a). 6.2 Praktische Auswirkungen Welche konkreten Änderungen der Gesetzgeber nun tatsächlich vornehmen wird, um den Kritikpunkten des BVerfG an den bestehenden Regelungen zu begegnen, ist momentan nicht abschätzbar. Insgesamt stellt das BVerfG heraus, das die steuerliche Bevorteilung von kleinen und mittelständischen Unternehmen an sich nicht zu beanstanden ist. Die derzeit gültigen Regelungen jedoch differenzieren nicht trennscharf nach Unternehmensgrößen, was bedeutet, dass auch große Unternehmen unverhältnismäßig in den Genuss der Steuerbegünstigungen gelangen. Offen ist hierbei aber, was unter einem kleinen bzw. mittleren Unternehmen zu verstehen ist und wie diese zukünftig erbschaftsteuerlich entlastet werden sollen. Weiterhin sieht das BVerfG die Privilegierung betrieblichen Vermögens verfassungswidrig an, soweit sie über kleine und mittlere Unternehmen hinaus für große Unternehmen ohne eine Bedürfnisprüfung greift. Auch hier bleibt es abzuwarten, wie der Gesetzgeber die Bedürfnisprüfung im Einzelnen ausgestalten wird, wobei damit zu rechnen ist, dass die Bedürfnisprüfung bei Großbetrieben rechtsformunabhängig erfolgen wird. 6.3 Weitergeltung der bisherigen Rechtslage Die als verfassungswidrig eingestuften Vorschriften bleiben zunächst noch anwendbar. Daher unterliegen Merkblatt Erbschaftsteuer: Übertragung von Betriebsvermögen Seite 4 von 5

sowohl alle Schenkungen wie auch Erbschaften, die bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung vorgenommen werden, noch dem jetzigen Erbschaftsteuerrecht. Die Anordnung der Fortgeltung der verfassungswidrigen Normen begründet jedoch keinen Vertrauensschutz! Daher kann der Gesetzgeber das geltende Regelwerk auch rückwirkend ab dem 17.12.2014 (d.h. dem Urteilsdatum) verschärfen, was einer exzessiven Ausnutzung der als gleichheitswidrig befundenen Ausgestaltungen nicht ratsam erscheinen lässt, da deren Anerkennung versagt werden kann. Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Rechtsstand: April 2015 Alle Informationen und Angaben in diesem Mandanten- Merkblatt haben wir nach bestem Wissen zusammengestellt. Sie erfolgen jedoch ohne Gewähr. Diese Information kann eine individuelle Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Merkblatt Erbschaftsteuer: Übertragung von Betriebsvermögen Seite 5 von 5