Blutgruppen GK: 2.5.5 Blutgruppen Stichworte: Blutgruppenantigene und Vererbung AB0-System Rhesus-System Kreuzprobe Rhesus-Inkompatibilität Lerninhalte s. a. Speckmann/Hescheler/Köhling: Physiologie, 5. Aufl., Elsevier Urban & Fischer 2008, S. 328-330 Unter Blutgruppen versteht man genetisch festgelegte Merkmale von Blutbestandteilen. Im Wesentlichen handelt es sich bei Blutgruppenmerkmalen um Moleküle auf den Oberflächen der Blutzellen, die in einem fremden Organismus eine Immunantwort (Antikörperbildung) auslösen können. Die Merkmale des bekanntesten Blutgruppensystems, des AB0-Systems, bestehen aus Glykolipiden in den Membranen nahezu aller Körperzellen. Das Blutgruppenmerkmal A hat n- Acetylgalaktosamin, das Merkmal B Galaktose als endständigen Zucker. Man unterscheidet Blutgruppe A (nur A-Substanz), B (nur B-Substanz), AB (A- und B- Merkmale nebeneinander) und 0 (Null) ohne die beiden Merkmale. AB0- und ähnliche Substanzen sind in der Natur weit verbreitet. Durch Kontakt mit Bakterien, die blutgruppenähnliche Oberflächenmerkmale besitzen, bildet jeder Mensch im Laufe der ersten Lebensjahre reguläre Antikörper gegen die Blutgruppensubstanzen, die er selbst nicht besitzt. Menschen der Blutgruppe A besitzen demnach Antikörper gegen B-, Menschen der Blutgruppe B Antikörper gegen A- und Menschen der Blutgruppe 0 Antikörper gegen A- und B-Substanzen. Diese Antikörper müssen bei jeder Bluttransfusion und Organübertragung (Leber, Niere, Herz) berücksichtigt werden, da sie zur schnellen Zerstörung unverträglicher Erythrozyten bzw. zur Organabstoßung beim Empfänger führen können. Im Praktikum wird exemplarisch neben dem AB0-System das Rhesus-System untersucht. System Antigene Häufigkeit der Phänotypen AB0 A, B, (H) A = 44%, AB = 4%, B = 10%, 0 = 42% Rhesus D/d, C/c, E/e Rh + (D) = 85%, rh - (dd) = 15% Kell K, k K = 9%, k = 91% Duffy Fy a, Fy b MNSsU M, N, S, s, U Tab. 1: Wichtige Blutgruppensysteme des Menschen. Häufigkeiten sind nur für Blutgruppen angegeben, an denen starke Antigene (fett) beteiligt sind [aus: Speckmann/Hescheler/Köhling: Physiologie, 5. Aufl., Elsevier Urban & Fischer 2008]. Elsevier GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Speckmann, Hescheler, Köhling. Physiologie. 5. Auflage. 2008, Seite 1
Fallbeispiel In großer Aufregung ruft eine Rentnerin um die Mittagszeit in der Praxis ihres Hausarztes an. Sie erklärt, dass sie vormittags alleine zum Einkaufen in der Stadt gewesen sei. Bei der Rückkehr habe sie ihren Mann in einer großen Blutlache auf dem Fußboden des Badezimmers zusammengekauert vorgefunden. Er könne zwar sprechen, habe sich aber immer wieder übergeben müssen und dabei schwallartig ziemlich dunkles Blut erbrochen. Außerdem habe er starke Schmerzen im rechten Oberbauch. Verdachtdiagnose: Gastrointestinale Blutungen Blutungen im Magen-Darm-Trakt (MDT) können entweder als Sickerblutungen lange Zeit okkult bleiben oder auch als akute gastrointestinale Blutungen einen dramatischen Verlauf nehmen, wobei die Blutungsquelle sowohl im oberen als auch im unteren Teil des Magen-Darm-Trakts liegen kann. Überwiegend ist der obere Gastrointestinaltrakt betroffen (ca. 80%). Führende Symptome sind Blut-Erbrechen (Hämatemesis), schwarzer Stuhlgang (Meläna, Teerstuhl) oder Beimengungen von rotem Blut im Stuhl (Hämatochezie). Teerstühle weisen auf eine Blutung im oberen Gastrointestinaltrakt hin, da das Häm durch den Kontakt mit der Magensäure in das schwarzbraune Hämatin umgewandelt wird. In jedem Fall handelt es sich um einen möglicherweise lebensbedrohlichen Zustand, so dass eine unverzügliche stationäre Einweisung zu veranlassen ist. Nach schweren Blutverlusten mit Hämatokrit unter 30% und Hämoglobin unter 10 g/dl können unabhängig von der Blutungsursache in Verbindung mit anderen Maßnahmen Bluttransfusionen lebensrettend sein. Vor jeder Bluttransfusion müssen die Blutgruppen des Empfänger- und des Spenderblutes auf ihre Verträglichkeit untersucht werden. Nur im Notfall darf das Blut der Blutgruppe 0 Rhesus-negativ transfundiert werden. Klinisches Kernwissen: Gastrointestinale Blutungen s. a. Classen/Diehl/Kochsiek: Innere Medizin, 5. Aufl., Elsevier Urban & Fischer 2004, S. 1399 1404 Vorkommen und Häufigkeit In Deutschland werden Jahr für Jahr rund 60.000 Patienten mit akuten Gastrointestinalblutungen notfallmäßig in Kliniken eingewiesen, wobei der Anteil älterer Patienten steigt. Bei etwa 80% aller Blutungsfälle liegt die Blutungsquelle im oberen Gastrointestinaltrakt, wobei neben peptischen Läsionen Elsevier GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Speckmann, Hescheler, Köhling. Physiologie. 5. Auflage. 2008, Seite 2
Rupturen von Ösophagusvarizen und Schleimhauteinrisse im Zuge des MALLORY- WEISS-Syndroms nach jahrelangem Alkoholabusus zunehmen. Im unteren Gastrointestinaltrakt dominieren Blutungen aufgrund von Divertikeln und verschiedenen Gefäßveränderungen (Angiodysplasien). Peptische Läsionen (Erosionen, Ulzera) 65% Ösophagus- bzw. Fundusvarizen 20% Mallory-Weiss-Lazeration am gastroösophagealen Übergang 10% Magenneoplasma 4% Morbus Osler-Rendu-Weber, Ulcus simplex Dieulafoy u. a. 1% Tab. 2: Prozentuale Häufigkeit von Blutungsquellen im oberen Gastrointestinaltrakt [aus: Classen/Diehl/Kochsiek, Innere Medizin, 5. Aufl., Elsevier Urban & Fischer 2004] Ursachen Die Ursachen der gastrointestinalen Blutungen sind zwar potenziell zahlreich, können aber oft auf einige wenige pathogenetische Faktoren zurückgeführt werden. Sicher spielt zum einen eine konstitutive Überempfindlichkeit des psychovegetativen Systems eine Rolle, was vor allem bei Magenschleimhautentzündungen und Geschwüren in Magen und Duodenum von Bedeutung sein kann. Eine wichtige Rolle spielt heutzutage aber zusätzlich eine Infektion mit dem Erreger Helicobacter pylori als Teilursache von Geschwüren. Zum anderen muss an Neoplasien (Neubildungen = Tumoren) gedacht werden, die Gefäße eröffnen können, so dass eine akute Blutung einsetzen kann. Aber auch die Medikation mit nichtsteroidalen Antiphlogistika (syn. nichtsteroidale Antirheumatika, NSAR) kann die Entwicklung von Blutungen begünstigen, zumal diese Medikamente zum Teil rezeptfrei zu erhalten sind, so etwa die Acetylsalicylsäure. Ferner ist an die Einnahme von Pyrazolonen und des Indometacins als Antirheumatikum zu denken. NSAR hemmen die Cyclooxygenase (COX) und damit die Synthese von Prostaglandinen, die im Magen eine protektive Funktion auf die Schleimhaut ausüben. Bei Ösophagusvarizenblutungen liegt allerdings meist eine Leberzirrhose zu Grunde, in deren Gefolge sich eine portale Hypertension entwickelt hat, deren Druck die nach und nach anschwellenden ösophagealen Venen nicht mehr standhalten konnten. Diagnostik Die Diagnostik bei akuten Gastrointestinalblutungen ist mehrschichtig. Sie muss innerhalb möglichst kurzer Zeit veranlasst werden. Dabei ist stets daran zu denken, dass gastrointestinalen Blutungen oft gleichzeitig mehrere Ursachen zu Grunde liegen können. So können etwa Refluxösophagitis, Magenschleimhauterosionen und Ulcus duodeni gemeinsam auftreten. In anderen Fällen sind Ösophagusvarizen und peptische Läsionen zwei koinzidierende Ursachen, die unabhängig voneinander therapiert werden müssen. Alles in allem werden sich diagnostisch an die kurze Befragung, die orientierenden Gerinnungstests und die Bestimmung der Blutgruppe zwei Maßnahmen anschließen. Liegen Hämatemesis (Blut-Erbrechen) oder Melaena (schwarzer Stuhlgang) vor, ist die orale Notfallgastroskopie oder Notfallkoloskopie Elsevier GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Speckmann, Hescheler, Köhling. Physiologie. 5. Auflage. 2008, Seite 3
das Mittel der Wahl, bei Hämatochezie (rotes Blut im Stuhlgang) wird unter dem Verdacht auf Neoplasien oder ulzeröse Läsionen mit der rektal-digitalen Untersuchung begonnen, bevor auch hier mit Magensonde und Notfallendoskopie nach der Blutungsquelle gefahndet wird. Ist die Blutungsquelle hierdurch nicht identifizierbar, kann eine abdominale Szintigrafie mit markierten Erythrozyten oder eine abdominale Angiografie erforderlich sein. Abb. 1: Diagnostik und notfallmäßige Strategie bei Hämatemesis, Meläna und Hämatochezie Differenzialdiagnose Differenzialdiagnose Blutung aus Tracheobronchialsystem, Nasen-Rachen-Raum Einnahme von Medikamenten (Bismut, Eisen), Blaubeeren Ausschlussmaßnahmen Anamnese, Endoskopie Anamnese Tab. 3: Differenzialdiagnosen bei Verdacht auf eine gastrointestinale Blutung [aus: Classen/Diehl/Kochsiek, Innere Medizin, 5. Aufl., Elsevier Urban & Fischer 2004] Elsevier GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Speckmann, Hescheler, Köhling. Physiologie. 5. Auflage. 2008, Seite 4
Physiologisches Kernwissen: AB0-System Blutgruppenbestimmung Das 1901 von K. LANDSTEINER entdeckte AB0-System ist das am längsten bekannte Blutgruppensystem des Menschen. Die Einteilung in Blutgruppen erfolgt durch den Nachweis bestimmter Substanzen, die sich auf den Oberflächen der Erythrozyten, aber auch anderer Zellen befinden und als Antigene wirken. Inzwischen konnten rund 200 verschiedene solcher Antigene nachgewiesen werden, so dass man außer dem AB0-System das Rhesus-System, das CARTWRIGHT- System, das DIEGO-System, das DUFFY-System, das KELL-System, das KIDD- System usw. unterscheidet. Insgesamt bilden die rund 200 beim Menschen nachgewiesenen Antigene etwa 15 verschiedene Blutgruppensysteme unterschiedlicher klinischer Bedeutung. Methode Wegen ihrer besonderen Bedeutung ist die Blutgruppenbestimmung durch Richtlinien der Bundesärztekammer geregelt. Die Blutgruppen des AB0-Systems werden unter Verwendung staatlich geprüfter Seren Anti-A (blau), Anti-B (gelb) und Anti-AB (farblos) bestimmt. Diese Bestimmung der Antigene im Serum muss durch eine Serumgegenprobe vervollständigt werden. Dabei werden Testerythrozyten bekannter Blutgruppenzugehörigkeit mit dem Serum des vorgesehenen Empfängerblutes in Kontakt gebracht. Normalerweise darf zwischen der Antigenbestimmung, wie sie auch im Praktikum durchgeführt wird, und der Serumgegenprobe, auf deren Durchführung im Praktikum verzichtet wird, keine Diskrepanz auftreten. Geräte/Material 1. Einmalhandschuhe 2. Tüpfelplatte (Objektträger mit Vertiefungen zur Blutgruppenbestimmung) 3. Hautdesinfektionsmittel 4. Tupfer 5. Einmal-Pasteurpipette 6. physiologische NaCl-Lösung (0,9%) 7. Testserum Anti-A (blau) 8. Testserum Anti-B (gelb) 9. Testserum Anti-AB (farblos) 10. Lanzette 11. Objektträger 12. Markierungsstift 13. Pflaster Elsevier GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Speckmann, Hescheler, Köhling. Physiologie. 5. Auflage. 2008, Seite 5
14. Halibox Durchführung 1. Versuchsperson (VP) sitzt am Tisch. 2. Versuchsleiter (VL) gibt in die Vertiefung Anti-A des Blutgruppen-Objektträgers einen Tropfen des Testserums Anti-A (blau), in die Vertiefung Anti-B einen Tropfen des Testserums Anti-B (gelb) und in die Vertiefung Anti-AB einen Tropfen des Testserums Anti-AB (farblos). 3. Da laut Herstellerangabe mit einem Tropfen 5%iger Erythrozytensuspension in isotonischer NaCl-Lösung gearbeitet werden soll, anstatt mit einem Tropfen 40-50%iger Erythrozytensuspension in Serum oder Plasma, reicht es zur Demonstration des Effektes aus, wenn der VL in jede der drei Vertiefungen der Platte zunächst je einen Tropfen physiologischer NaCl-Lösung gibt. 4. VL zieht Einmalhandschuhe an. 5. VL desinfiziert die Hautoberfläche der vorgesehenen Einstichstelle an der Endphalanx des linken Ringfingers der VP. 6. VL setzt mit der Lanzette eine Verletzung an der Endphalanx. 7. VL streift mit den verschiedenen Ecken eines Objektträgers einen austretenden Bluttropfen vom Ringfinger der VP und verrührt ihn in den Vertiefungen Anti-A, Anti-B und Anti-AB des Blutgruppen-Objektträgers. 8. VL lässt den Blutgruppen-Objektträger bei Raumtemperatur 1 min lang völlig ruhig stehen. 9. VL nimmt den Blutgruppen-Objektträger auf und prüft unter leichten Schaukelund Kippbewegungen, in welchem der drei Felder sich eine Agglutination zeigt. 10. Alle Teile (Kanülen, Spritzen, Tupfer etc.), die mit Blut kontaminiert sind, müssen in den dafür vorgesehenen Abfallbehälter entsorgt werden. Auswertung und Interpretation Auswertung und Interpretation erfolgen visuell, wobei oft eine Mehrfeldermatrix den Sachverhalt zu verdeutlichen hilft (Abb. 2). 1. Tritt mit Testserum Anti-A (blau) im Blut der VP eine Verklumpung (Agglutination) auf, so ist auf der Oberfläche der Erythrozyten der VP A-Substanz vorhanden: VP hat die Blutgruppe A oder AB. 2. Tritt mit Testserum Anti-B (gelb) im Blut der VP eine Verklumpung (Agglutination) auf, so ist auf der Oberfläche der Erythrozyten der VP B-Substanz vorhanden: VP hat die Blutgruppe B oder AB. 3. Testserum Anti-AB (farblos) agglutiniert Erythrozyten der Blutgruppe A, B und AB. Tritt hier keine Agglutination auf, so liegt die Blutgruppe 0 vor, die gelegentlich auch als Merkmal H bezeichnet wird (heterogenetische Grundsubstanz). Elsevier GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Speckmann, Hescheler, Köhling. Physiologie. 5. Auflage. 2008, Seite 6
Abb. 2: Blutgruppenbestimmung im AB0-System. Die Blutgruppen werden in den Vertiefungen von vier Blut-Gruppen-Objektträgern mit Testseren vermischt. Teilweise treten Agglutinationsreaktionen auf (dunkle Zentren), teilweise nicht (helle Zentren). Durch Beurteilung der Agglutinationskombinationen wird die Blutgruppe bestimmt. Während im Praktikum lediglich festgestellt wurde, ob die Erythrozyten eines potenziellen Spenders mit dem laborchemisch hergestellten Testserum eines potenziellen Empfängers harmonieren, setzte die lebensnotwendige Blutübertragung im Fallbeispiel voraus, dass außerdem die gesetzlich vorgeschriebene Kreuzprobe (cross match) von einem Arzt durchgeführt wurde, die aus zwei Testteilen besteht: Im Major-Test wird die Verträglichkeit zwischen Spendererythrozyten und Empfängerserum beurteilt, im Minor-Test die zwischen Empfängererythrozyten und Spenderserum. Abb. 3: Kreuzprobe Elsevier GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Speckmann, Hescheler, Köhling. Physiologie. 5. Auflage. 2008, Seite 7
Physiologisches Kernwissen: Rhesus-System Blutgruppenbestimmung Die Arbeiten von LEVINE und STETSON sowie von LANDSTEINER und WIENER führten 1939 bzw. 1940 zur Entdeckung eines weiteren Blutgruppensystems. Es wird heute traditionell als Rhesus-System bezeichnet. Inzwischen ist bekannt, dass die von LANDSTEINER und WIENER beschriebenen Xenoseren gegen ein D-ähnliches Antigen reagierten, das als "LW-Antigen" bezeichnet wird. Nur der von LEVINE und STETSON entdeckte Antikörper war gegen das D-Antigen gerichtet. Die Rhesus-Merkmale bestehen aus einer Kette von 412 Aminosäuren, die sich zwölfmal durch die Erythrozytenmembran windet. Aufgrund struktureller Ähnlichkeiten z. B. mit der Na-K-Pumpe wird eine Transportfunktion angenommen, zumal das extrem seltene Fehlen aller Rhesus-Merkmale zu einer Hämolyse führt. Aufgrund des Austauschs einzelner Aminosäuren kann man u. a. die Merkmale D, C, c, E und e unterscheiden. Das Merkmal D ist das wichtigste und stärkste Merkmal des Rhesus-Systems. Das allele Merkmal d führt aufgrund einer Deletion zu einer verkürzten Kette und kann mit Antiseren nicht nachgewiesen werden. Personen, die das Merkmal D besitzen, werden als "Rhesus-positiv", Personen ohne dieses Merkmal als "Rhesus-negativ" bezeichnet. Kommen Rhesus-negative Personen in Kontakt mit Rhesus-positivem Blut (Transfusion oder auch Schwangerschaft), so bilden sie häufig ein Anti-D, was bei weiteren Transfusionen (oder Schwangerschaften) zur extravasalen Hämolyse der Rhesus-positiven Erythrozyten führt. Der Morbus hämolyticus neonatorum kann zum intrauterinen Tod des Rhesus-positiven Kindes führen. Methode Wegen ihrer besonderen Bedeutung ist die Blutgruppenbestimmung durch Richtlinien der Bundesärztekammer geregelt. Die Blutgruppen des Rhesus-Systems werden unter Verwendung eines staatlich geprüften Rhesus-Testserums Anti-D (rot) bestimmt, wobei eine Serumgegenprobe wie bei der Bestimmung der AB0- Blutgruppe nicht notwendig ist. Unter den verschiedenen Methoden, die der Hersteller des Testserums angegeben hat, wird im Praktikum der Schnelltest bei Raumtemperatur durchgeführt. Elsevier GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Speckmann, Hescheler, Köhling. Physiologie. 5. Auflage. 2008, Seite 8
Geräte/Material wie Bestimmung der Blutgruppen AB0 System zusätzlich: 1. Inkubator 2. Schale mit angefeuchtetem Papier 3. Testserum Anti-D Durchführung 1. VP sitzt am Tisch. 2. VL gibt in die Vertiefung Anti-Rh einen Tropfen des Rh-Testserums Anti-D (rot). 3. VL zieht Einmalhandschuhe an. 4. VL desinfiziert die Hautoberfläche der vorgesehenen Einstichstelle an der Endphalanx des linken Ringfingers der VP. 5. VL setzt mit der Lanzette eine Verletzung an der Endphalanx. 6. VL streift mit einer Ecke des Objektträgers einen austretenden Blutstropfen vom Ringfinger der VP und verrührt ihn in der Vertiefung Anti-Rh des Blutgruppen-Objektträgers. 7. Der Blutgruppen-Objektträger wird 5 min bei Raumtemperatur in feuchter Kammer inkubiert. 8. VL nimmt den Blutgruppen-Objektträger auf und prüft unter leichten Schaukelund Kippbewegungen, ob sich im Feld Anti-Rh der Platte eine Agglutination zeigt. 9. Alle Teile (Kanülen, Spritzen, Tupfer etc.), die mit Blut kontaminiert sind, müssen in den dafür vorgesehenen Abfallbehälter entsorgt werden. Auswertung und Interpretation Auswertung und Interpretation erfolgen visuell. Tritt eine Agglutination auf, so ist das Merkmal D vorhanden; die Beurteilung lautet: rhesus-positiv. Bei Rhesus-Negativität sind zusätzlich speziellere Untersuchungen notwendig, weil innerhalb des Rhesus- Systems mehrere Modifizierungen bestehen, die bei einer Bluttransfusion zu beachten sind. Elsevier GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Speckmann, Hescheler, Köhling. Physiologie. 5. Auflage. 2008, Seite 9
Therapie Die Therapie zielt primär auf Kreislaufstabilisierung durch Bluttransfusionen oder Gabe von Plasmaexpandern. Sobald der Kreislauf stabilisiert ist, kann über die Art des weiteren Vorgehens entschieden werden, wobei in den meisten Fällen medikamentös-konservativ, in selteneren Fällen endoskopisch-operativ oder chirurgisch vorzugehen ist. Bei den lebensbedrohlichen blutenden Ösophagusvarizen entscheidet man sich in der Regel für die endoskopische Sklerosierung (Sklerotherapie = Unterspritzung mit Adrenalin und Polidocanol). Weitere endoskopisch-operative Möglichkeiten sind die Elektrokoagulation, die Laserphotokoagulation, die Gummibandligatur und die notfallmäßige Sondentamponade. a b c Abb. 4: a: Spritzende arterielle Ulkusblutung, b: Unterspritzung mit Adrenalin, c: Zustand nach Unterspritzung [aus: Classen/Diehl/Kochsiek, Innere Medizin, 5. Aufl., Elsevier Urban & Fischer 2004] Wie das Fallbeispiel weiterging Bei der Notfall-Endoskopie wurden als Ursache der Hämatemesis des Patienten blutende Ösophagusvarizen entdeckt. Unter Verzicht auf eine notfallmäßige Sondentamponade wurde die variköse Region des Ösophagus noch während der endoskopischen Untersuchung mit 1%igem Polidocanol infiltriert, wodurch eine Sklerosierung der Varizen erreicht werden konnte. Die Letalität bei gastrointestinalen Blutungen beträgt etwa 8 10%. Beim Hinzukommen von Risikofaktoren (Alter > 60 Jahre, Hb < 6 7 g/dl, Begleiterkrankungen, Rezidivblutungen) kann die Letalität bis auf 40% ansteigen. Ursachen sind v. a. Blutungsschock oder eine Dekompensation der Leberfunktion. Elsevier GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Speckmann, Hescheler, Köhling. Physiologie. 5. Auflage. 2008, Seite 10
Klinische Beratung Prof. Dr. med. B. Brinkmann, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin, Universität Münster Prof. Dr. med. H. Jürgens, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde, Pädiatrische Hämatologie/Onkologie, Universität Münster Prof. Dr. med. J. van de Loo, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik, Innere Medizin A, Universität Münster Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. W. Sibrowski, Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin, Universität Münster Prof. Dr. med. W. Zidek, Medizinische Klinik, Marienhospital, Universität Bochum Elsevier GmbH, München. Alle Rechte vorbehalten. Speckmann, Hescheler, Köhling. Physiologie. 5. Auflage. 2008, Seite 11