Vorhaben. Auftraggeber: Stadtbauamt Süßen Heidenheimer Straße Süßen

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1 (vom Erlöschen bedroht) 2 (stark gefährdet) 3 (gefährdet) R (Art geografischer Restriktion) V (Vorwarnliste)

Transkript:

Vorhaben Änderung des Bebauungsplans Stiegelwiesen, Bereich ehemaliger Kindergarten Süßen (Flst. 901) und Flst. 896/2 Artenschutzrechtliche Relevanzprüfung (Habitatpotenzialanalyse) nach 44 und 45 BNatSchG Auftraggeber: Stadtbauamt Süßen Heidenheimer Straße 30 73079 Süßen Auftragnehmer: Fachbüro für ökologische Planungen Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Lissak Schubartstraße 12 73092 Heiningen Heiningen, Januar 2015 1

1 Einführung 1.1 Anlass und Zielsetzung Die Stadt Süßen beabsichtigt die Änderung des Bebauungsplans Stiegelwiesen vom 05.01.1968 mit nachfolgenden Änderungen, um im Bereich des ehemaligen Kindergartens im Buchenweg die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Neubau eines Mehrfamilienhauses zu schaffen. Im Rahmen der Bebauungsplanänderung ist zudem für das benachbarte Grundstück Flurstück 896/2 eine Anpassung des Baufensters vorgesehen. Im Zuge der beabsichtigten Bebauungsplan-Änderung ist vorgesehen, das auf dem Flst. 901 bestehende Kindergartengebäude abzubrechen und dort ein Mehrfamilienhaus zu errichten. Gegenüber dem derzeit gültigen Bebauungsplan ist auf den betreffenden Grundstücken Flst. 901 und 896/2 eine Änderung der Baufenster bzw. der Nutzungsart von Gemeinbedarf in Wohnen geplant. Für Planungen und Vorhaben sind die Vorschriften für besonders und streng geschützte Tier- und Pflanzenarten gemäß 44 BNatSchG zu beachten und zu prüfen. Aufgrund des 44 BNatSchG sind im Rahmen der Bauleitplanung Ausführungen zu artenschutzrechtlichen Belangen vorgeschrieben. Dies gilt auch für einen Bebauungsplan der Innenentwicklung nach 13a BauGB. Nach dem BNatSchG ist für das Bebauungsplangebiet zu prüfen, ob lokale Populationen streng geschützter Arten des Anhangs IV der FFH-RL, eurpäische Vogelarten und Arten, die in einer Rechtsverordnung nach 54 Abs. 1 Nr. 2 aufgeführt sind (BArtSchV), erheblich gestört bzw. beeinträchtigt werden. Eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch vorhabenbedingte Störwirkungen der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert ( 44 BNatSchG). National besonders geschützte Arten sind gemäß 44 (5) BNatSchG in der Eingriffsregelung zu berücksichtigen, die im vorliegenden Fall einer Bebauungsplanänderung entfällt. Die Einschätzung der artenschutzrechtlichen Relevanz erfolgt im ersten Schritt einer Relevanzprüfung anhand der vorhandenen Biotopstrukturen (Habitatpotenzialanalyse). Über das Plangebiet lagen keine Unterlagen bezüglich Vorkommen von geschützten Tier- und Pflanzenarten vor. 1.2 Plangebiet und örtliche Situation Das Plangebiet Stiegelwiesen befindet sich im Nordwesten der Stadt Süßen und umfasst die Grundstücke Flst. 901 und 896/2. Es liegt im Innenbereich und wird von allen Seiten von bestehender Wohnbebauung eingerahmt. Die Siedlungsstruktur umfasst Einzel- und Mehrfamilienhäuser mit Gärten und Anbindung an öffentliche Grünanlagen. 2

Linde Kirsche Buche Ahorn Abb. 1: Abgrenzung des Plangebiets und Untersuchungsbereichs (rot) und Eingriffsbereich (gelb) mit Darstellung wertgebender Bäume. Kartengrundlage: Luftbild/Katasterplan Stadt Süßen. 3

Abb. 2: Ausschnitt 1. Änderung Bebauungsplan Stiegelwiesen, Süßen v. 16.12.20914 (Planverfasser: Büro Baldauf) 2 Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände gemäß 44 (1) BNatSchG Zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten vor Beeinträchtigungen durch den Menschen sind auf gemeinschaftsrechtlicher und nationaler Ebene umfangreiche Vorschriften erlassen worden. Europarechtlich ist der Artenschutz in den Artikeln 12, 13 und 16 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen vom 21.05.1992 - FFH-Richtlinie - (ABl. EG Nr. L 206/7) sowie in den Artikeln 5 bis 7 4

und 9 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten vom 02.04.1979 - Vogelschutzrichtlinie - (ABl. EG Nr. L 103) verankert. Im nationalen deutschen Naturschutzrecht (Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 [BGBl. IA. 2542], das seit 01. März 2010 in Kraft ist) ist der Artenschutz in den Bestimmungen der 44 und 45 BNatSchG verankert. Entsprechend 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG gelten die artenschutzrechtlichen Verbote bei nach 15 BNatSchG zulässigen Eingriffen in Natur und Landschaft sowie nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässigen Vorhaben im Sinne des 18 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG nur für die in Anhang IV der FFH-RL aufgeführte Tier- und Pflanzenarten sowie für die Europäischen Vogelarten (europarechtlich geschützte Arten). Im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung wird für diese relevanten Arten zunächst untersucht, ob nachfolgende Verbotstatbestände des 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind. Der 44 Abs.1 BNatSchG legt fest: Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen, aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungsund Wanderzeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören (Zugriffsverbote). Soweit Verbotstatbestände nach 44 Abs. 1 BNatSchG einschlägig sind, ist gemäß 44 Abs. 5 BNatSchG für die Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und die europäischen Vogelarten zu prüfen, ob die ökologische Funktion der von dem Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätte der Art im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Für die aufgrund nationaler Vorschriften besonders geschützten Arten sieht 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG eine Berücksichtigung im Rahmen der Eingriffsregelung vor. Für streng geschützte Arten, die nicht zugleich gemeinschaftsrechtlich geschützt sind, ist zu prüfen, ob Biotope zerstört werden, die für die Art unersetzbar sind ( 21 Abs. 4 Satz 2 NatSchG). Soweit für Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie sowie europäische Vogelarten Verbotstatbestände nach 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG eintreten, sind für eine Zulassung des Vorhabens die Ausnahmevoraussetzungen des 45 Abs. 7 BNatSchG zu erfüllen. 5

In den Ausnahmebestimmungen gemäß 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG sind verschiedene Einschränkungen enthalten. Danach gelten die artenschutzrechtlichen Bestimmungen des 44 Abs. 1 Nr. 1 (Tötungsverbot) nicht in Verbindung mit 44 Abs. 1 Nr. 3 (Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten), wenn sie unvermeidbar sind und die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Bei Gewährleistung der ökologischen Funktion der vom Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten ist auch 44 Abs. 1 Nr. 3 nicht gegenständlich. Ggf. kann die ökologische Funktion vorab durch sogenannte CEF-Maßnahmen gesichert werden. Mit der Realisierung des Vorhabens können Beeinträchtigungen von Habitatstrukturen verbunden sein, welche artenschutzrechtlich relevanten Tierarten als Lebensstätte dienen. Die gesetzlichen Regelungen des 44 (1) und 45 (7) BNatSchG kommen auch in Zusammenhang mit Abbruch-, Sanierungsund Umbaumaßnahmen an Gebäuden einschließlich innerörtlichen Grünanlagen zum Tragen. Besonders geschützt sind: - Arten der Anhänge A und B der EG-Artenschutzverordnung 338/97 - Arten des Anhanges IV der FFH-Richtlinie - "europäische Vögel" im Sinne des Art. 1 der EG-Vogelschutzrichtlinie - Arten der Anlage 1 Spalte 2 der Bundesartenschutzverordnung Darüber hinaus streng geschützt sind: - Arten des Anhanges A der EG-Artenschutzverordnung 338/97 - Arten des Anhanges IV der FFH-Richtlinie - Arten der Anlage 1 Spalte 3 der Bundesartenschutzverordnung Doppelnennungen versucht der Gesetzgeber zu vermeiden. Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und die europäischen Vogelarten sind deshalb nur dann durch diese Vorschriften geschützt, wenn sie nicht bereits durch die Nennung in Anhang A oder B der EG-Artenschutzverordnung 338/97 als besonders geschützt gelten. Für die besonders geschützten Arten gelten nach 44 BNatSchG bestimmte Zugriffsverbote. Unter anderem ist es verboten, sie der Natur zu entnehmen, zu beschädigen, zu töten oder ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten bzw. Standorte zu beschädigen oder zu zerstören. Bei den streng geschützten Tierarten sowie den europäischen Vogelarten gilt zusätzlich das Verbot, sie während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs-, und Wanderungszeit erheblich zu stören. Ferner gelten für die besonders geschützten Arten bestimmte Besitz- und Vermarktungsverbote. 3 Ergebnis Das Plangebiet wurde am 05.11.2014 begangen. Das Ergebnis der Übersichtsbegehung wird im Folgenden wiedergegeben. 6

3.1 Habitatanalyse Das unmittelbar angrenzende Umfeld wird von bebauten Grundstücken mit Einzelund Mehrfamilienhäuser sowie mit Gartenflächen geprägt. In diesem Umkreis befinden sich keine Habitatstrukturen oder Biotope, die auf ein Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Tier- oder Pflanzenarten schließen lassen. Das betreffende Grundstück Flst. 901 wird durch eine parkartige Grünanlage mit Gehölzbestand und Rasenflächen sowie von Spielbereichen charakterisiert. Der Gehölzbestand umfasst vorwiegend Ziersträucher und einige größere, ältere Laubbäume sowie einige wenige Koniferen. Bei den älteren und bestandsprägenden Laubbäumen handelt es sich um Winterlinde Tilia cordata, Spitzahorn Acer platanoides und Vogelkirsche Prunus avium, welche im südlichen Teil des Grundstücks stehen. Eine ältere Weide war zum Zeitpunkt der Übersichtsbegehung bereits gefällt worden. Sie wies soweit erkennbar - keine Höhlung oder Mulmbereiche o. ä. auf. Die Übersichtsbegehung ergab keine Anhaltspunkte oder Hinweise für ein Vorkommen bzw. einen Nachweis von streng geschützten Tier- und Pflanzenarten. Aufgrund der vorhandenen Gebäude- und Vegetationsstrukturen kann das Gelände einschließlich des Gebäudes jedoch Habitatpotenziale für folgende Arten- bzw. Artengruppen aufweisen: Europäische Vogelarten Fledermäuse Totholz bewohnende Käferarten Zauneidechse 3.2 Habitateignung Die auf dem Gelände vorhandenen Bäume und Sträucher bieten verschiedenen Vogelarten der Gilde der Baumfreibrüter und Zweigbrüter Nistmöglichkeiten. Von den europäischen Vogelarten sind ausschließlich häufige bis sehr häufige und weit verbreitete Arten der Siedlungsräume, wie z. B. Amsel Turdus merula, Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla, Grünling Carduelius chloris, u. a., zu erwarten. Ein Vorkommen von gefährdeten oder streng geschützten europäischen Vogelarten kann aufgrund fehlender bzw. ungeeigneter Lebensräume ausgeschlossen werden. Das Gebäude besitzt unter der Attika schmale schlitzartige Öffnungen, die für Gebäude besiedelnde Fledermäuse als Unterschlupf dienen könnten. Vor allem Tagesquartiere von kleinen Arten, wie Zwergfledermäuse, sind in solchen Spaltenquartieren denkbar. Ob die Spalten auch als Fortpflanzungsstätten (Wochenstube) geeignet sind, lässt im Zuge der Übersichtsbegehung jahreszeitlich bedingt nicht feststellen. Der Gehölzbestand weist ein geschätztes Alter von 30 40 Jahre auf. Der Stammdurchmesser liegt meist unter 50 cm. Die vorhandenen Bäume weisen keine erkennbaren Strukturen auf, welche die ökologische Funktion als Fortpflanzungs- und Ruhestätten für streng geschützte Arten (z. B. Baumhöhlen 7

bewohnende Fledermäuse, Totholz bewohnende Käferarten) erfüllen könnten. Lediglich in der Linde sind zwei Baumhöhlenöffnung mit einem Durchmesser von etwa 4 6 cm (vermutlich alter Astausbruch) erkennbar. Eine Einsicht des Höhlenraums zur Ermittlung des Potenzials als Fortpflanzungs- und Ruhestätten bzw. des Mulmreservoirs konnte im Zuge der Übersichtsbegehung nicht vorgenommen werden. Sofern sich ein ausreichend großer Höhleninnenraum in diesem Baum befindet, kann die Besiedlung durch baumhöhlenbrütende Vogelarten oder Fledermäuse nicht ausgeschlossen werden. Eine Besiedlung durch Totholz bewohnende, streng geschützte Käferarten ist aufgrund der Höhlenstruktur und Beschattung des Baumes dagegen eher unwahrscheinlich. Ein Vorkommen der nach Anh. IV FFH-RL europarechtlich streng geschützten Zauneidechse auf dem Gelände ist angesichts der isolierten Lage im bebauten Innenbereich (fehlender Anbindung an eine lokale Populationen) und der damit einhergehenden Störwirkungen sowie der weitgehend ungeeigneter Lebensräume (Beschattung, Gehölzbestand, fehlender geeigneter Habitatstrukturen) und dem anzunehmenden hohem Prädatorendruck (Hauskatzen) unwahrscheinlich. Abb. 2: Kindergartengebäude Eingang Nordseite. Abb. 3: Teilaspekt des Baumbestandes (Kirsche, Linde). Abb. 4: Kindergartengebäude Südseite. Abb. 5: Außenanlage mit Spielgeräten. 8

3.3 Ergebnis der Baumhöhlen-Beprobung Aufgrund des Verdachts erfolgte am 07.01.2015 eine Beprobung der Linde. Die Beprobung ergab, dass die überwallten und angefaulten Astschnittstellen oder abbrüche keinen Höhleninnenraum aufwiesen. Sie besitzen daher keine Funktion als Lebensstätte für baumhöhlenbewohnende und artenschutzrechtlich relevante Tierarten. 4 Überschlägige Wirkungsprognose und Bewertung In Zusammenhang mit dem beabsichtigten Bauvorhaben sind betriebsbedingte Wirkungen zu erwarten. Neben dem Abbruch des vorhandenen Gebäudes ist innerhalb des Eingriffsbereichs (siehe Abb. 1) eine weitgehende Beseitigung des vorhandenen Vegetationsbestandes einschließlich der dort befindlichen Laubbäume in der Außenanlage erforderlich. Anlage- und betriebsbedingte Wirkungen des Bauvorhabens sind angesichts der bestehenden Wirkfaktoren i. S. einer Vorbelastung im vorliegenden Fall unerheblich. Für die im Plangebiet zu erwartenden Brutvögel können im Zuge der Baufeldräumung Nistmöglichkeiten entzogen werden. Bei häufigen, weit verbreiteten und ungefährdeten Vogelarten, wie im vorliegenden Fall, liegt in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung oder Störung der lokalen Population vor. Nahrungs- und Jagdhabitate sind nur als relevante zu betrachten, wenn durch eine Beseitigung oder Entwertung dieser Habitate die Population in ihrem Erhaltungszustand beeinträchtigt wird. Im vorliegenden Fall kann dies ausgeschlossen werden. Für die evtl. betroffenen Brutreviere stehen im räumlich-funktionalen Zusammenhang ein hohes Angebot an geeigneten Lebensräumen einschließlich an Fortpflanzungsstätten zur Verfügung, so dass eine Verschlechterung Erhaltungszustandes der lokalen Population der Arten nicht zu erwarten ist. Aufgrund der relativ geringen Flächengröße ist der Verlust der betreffenden Nistmöglichkeiten nicht populationsrelevant. Die auf dem Gelände zu erwartenden Vogelarten gelten zudem als Siedlungsfolger. Sie zeichnen sich auch durch eine relativ große Toleranz gegenüber anthropogenen Störungen aus. Störungen somit für in ihren Beständen nicht gefährdete Arten keinen relevanten Wirkfaktor dar. Da bei Gebüsch- und Baumfreibrütern die Niststätte i. d. R. nur für eine Brut hergestellt und genutzt wird und der Nistplatz je nach Angebot und Eignung der Gehölzstruktur stets auf Neue ausgesucht wird, wird diese Fortpflanzungsstätte durch den 44 (1) Nr. 3 BNatSchG nur während der Fortpflanzungszeit erfasst. Die Umgehung des Schädigungs- und Zerstörungsverbots ergibt sich weitgehend durch das Fang-, Verletzung- oder Tötungsverbot nach 44 (1) Nr. 1 BNatSchG, bei dem zur Vermeidung von Direktverlusten eine Bauzeitenregelung zu Trage kommt. 9

Die zu erwartenden Beeinträchtigungen sind für die Brutvögel bzw. die lokalen Populationen der betreffenden Arten nicht erheblich. Bei den Brutvögeln kann das Eintreten von Verbotstatbeständen gem. 44 Abs. 1 Nr. 1-3 BNatSchG durch das Vorhaben unter Berücksichtigung von Vermeidungsmaßnahmen ausgeschlossen werden. Durch die geplante Entfernung der Bäume werden nach vorliegenden Befundergebnissen keine Verbotstatbestände des 44 (1) Nr. 1 3 BNatSchG berührt. Insbesondere kann ausgeschlossen werden, dass durch die Entfernung der Bäume Lebensstätten von streng geschützten Tierarten beeinträchtigt werden. Ein Vorkommen von Fledermäusen ist aufgrund der Potenziale für Tagesverstecke oder Spaltenquartiere (Ruhestätten i. S. BNatSchG) möglicherweise zu erwarten. Eine artenschutzrechtliche Betroffenheit kann infolge baubedingter Wirkungen in Zusammenhang mit dem Vorhaben (Abbruch) demnach nicht ausgeschlossen werden. Um ein Eintreten artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände gemäß 44 Abs. 1 Nr. 1 3 BNatSchG zu vermeiden, wird empfohlen, zur Absicherung eine weitere Kontrolle bzw. Überprüfung vor der Baufeldräumung vorzunehmen. Für die übrigen Artengruppen, im Besonderen streng geschützte Arten ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine artenschutzrechtliche Betroffenheit durch bau-, anlage- und betriebsbedingte Wirkungen. Es kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass Verbotstatbestände des 44 (1) Nr. 1 3 BNatSchG durch das Vorhaben erfüllt werden. Die Durchführung einer vertieften Untersuchung im Rahmen einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (sap) wird angesichts dieser Prognose und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als nicht erforderlich erachtet. 5 Maßnahmenempfehlungen 5.1 Maßnahmen zur Minimierung und Vermeidung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände Zur Sicherung der ökologischen Funktionen im Hinblick auf mögliche Vorkommen besonders oder streng geschützter Arten werden folgende Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen vorgeschlagen: Der Verbotstatbestand nach 44 (1) Nr. 1 BNatSchG (Tötungs- / Verletzungsverbot) wird nicht erfüllt, wenn die Baufeldräumung außerhalb der Fortpflanzungszeit erfolgt. - Um Direktverluste bei Brutvögeln (Baum- oder Gebüschbrüter) zu vermeiden, ist eine Rodung von Gehölzen entsprechend der Naturschutzgesetzgebung im Zeitraum zwischen 1. Oktober und 28. Februar vorzunehmen. 10

- Der Abbruch des Gebäudes sollte nach Möglichkeit außerhalb der Aktivitätszeit von Fledermäusen (Winterhalbjahr, d. h. zwischen Oktober und März) vorgenommen werden. In diesem Zeitraum kann weitgehend ausgeschlossen werden, dass sich in Nischen oder Spalten von Fledermäusen besiedelte Fortpflanzungs- oder Ruhestätten befinden, bzw. diese baubedingt zerstört oder beschädigt werden oder es zu einer erheblichen Störung kommt. Kann der Abbruch innerhalb des o. g. Zeitraumes nicht vorgenommen werden, wird empfohlen, unmittelbar vor Beginn der Abbrucharbeiten eine Kontrolle durch einen Fledermaus-Experten durchzuführen, so dass evtl. vorhandene Tiere in Tagesverstecken ggf. vergrämt werden können. Evtl. kann ein im Winterhalbjahr vorgezogener Teilabbruch (z. B. Demontage der Attika-Verkleidung) ausreichend sein, um ein Eintreten der Verbotstatbestände des 44 (1) Abs. 1-3 BNatSchG zu umgehen. 5.2 Empfehlungen zu Auflagen und planungsrechtliche Festsetzungen nach BauGB Es wird angeregt, die Erhaltung der vom Bauvorhaben nicht tangierten Bäume durch eine Pflanzbindung planungsrechtlich festzusetzen. Zum Schutz der verbleibenden Bäume vor baubedingten Beeinträchtigungen oder Schäden wird empfohlen, auf Baumschutzmaßnahmen entsprechend der DIN 18920 bzw. RAS-LP 4 (Stammschutz, Einhaltung von Abstände zum Wurzelraum, falls notwendig fachgerechte Einkürzung von Kronenästen oder Wurzeln) während der Bauzeit hinzuweisen bzw. diese als Auflage vorzuschreiben. Aufgestellt: Dipl. Ing. (FH) Wolfgang Lissak Heiningen, 17.11.2014, erg. 19.12.2014 und 08.01.2014 11