Bettina Wiener Wachsender Fachkräftebedarf in der Landwirtschaft (Forschungsergebnisse aus dem ) Zentrum für Sozialforschung Halle e. V. an der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg () Emil-Abderhalden-Straße 6 06110 Halle/ Saale Tel.: 0345-5526600 Internet: www.-online.de Februar 2005
Die ostdeutsche Landwirtschaft hat die Feuerprobe des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes über alle Erwartungen oder Befürchtungen gut bestanden. Sie musste hierfür jedoch einen hohen Preis bezahlen, der jetzt erst zunehmend deutlich wird. Dieser Preis bestand vor allem in einem massiven, ausgesprochen dramatischen Personalabbau der Älteren in den Vorruhestand und der Jungen über Sozialpläne oder weil sie freiwillig die Betriebe verließen. Das führte zu einer Konzentration der verbleibenden Beschäftigten auf die zu Anfang der 90er Jahre mittleren Altersjahrgänge. Da seither praktisch niemand in Rente ging und deshalb auch keine jungen Fachkräfte nachrücken konnten, ist die ostdeutsche Landwirtschaft heute ausgesprochen überaltert. Dies gilt sowohl im Vergleich mit der Gesamtheit der ostdeutschen Wirtschaftsbereiche wie im Vergleich mit der Landwirtschaft der alten Bundesländer. Die alarmierenden Signale haben die Ministerien für Landwirtschaft der neuen Bundesländer ernst genommen und wollten sich mit aktuellen Daten ein klares Bild über die jetzige und zukünftige Fachkräftenachfrage verschaffen. Sachsen-Anhalt hat im Sommer 2002 das Zentrum für Sozialforschung Halle () mit einer Befragung zur Personalstruktur in landwirtschaftlichen Unternehmen beauftragt. Die Ergebnisse dieser Studie sind beunruhigend aber zugleich auch wegweisend. Nach Vergabe der Studie in Sachsen-Anhalt wurde das vom BMVEL beauftragt, die in allen neuen Bundesländern seit Anfang 2000 vorliegenden Studien zur Fachkräfteentwicklung miteinander zu vergleichen und daraus schlussfolgernd Tendenzen aufzuzeigen. Diese beiden (hier auf der Folie genannten) Projekte sind Grundlage der Ergebnispräsentation. Homepage: http://www.-online.de Wachsender Fachkräftebedarf in der Landwirtschaft Ergebnisse zweier Untersuchungen im Personalstrukturerhebung Landwirtschaft 2002 (Forschungsberichte aus dem 03-1) (im Auftrag des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt) Abschätzung des Bedarfs landwirtschaftlicher Fachkräfte unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung - Schwerpunkt neue Bundesländer (Forschungsberichte aus dem 04-2) (im Auftrag des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft) 1
Das beschäftigt sich seit Mitte der neunziger Jahre mit der sogenannten demographischen Falle. Es sei hier noch einmal kurz darauf verwiesen, worum es dabei geht. Zwischen Ende der 70er und Ende der 80er Jahre wurden in der DDR pro Jahr bis zu 240.000 Kinder geboren (somit war zeitweise jedes dritte Kind deutscher Eltern in der DDR geboren worden). Die starken Geburtsjahrgänge verlassen zur Zeit die Schule und drängen auf den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Diese Situation wird allerdings nur wenige Jahre andauern, wie die Graphik zeigt: Nach der Wende gingen die Geburtenzahlen drastisch (in zwei Jahren bis auf ein Drittel) zurück, so dass jahrelang nicht viel mehr als 80.000 Kinder geboren wurden. Diese jungen Leuten werden genau dann auf den Arbeitsmarkt treten, wenn durch massive Renteneintritte (der Mitarbeiter, die 1990 ca. 45 bis 55 Jahre alt waren) die Nachfrage nach Nachwuchskräften wieder immens ansteigt. Ersatzbedarf und Nachwuchskohorten in Ostdeutschland 2000 2019 Quelle: Statistisches Bundesamt, FS 1, Reihe 4.1.1, 1999; Statistisches Jahrbücher; Berechnung des 300000 250000 Zunehmende Überalterung der Fach- und Führungskräfte Personen 200000 150000 100000 50000 Der Wechsel von starken zu sehr schwachen Geburtsjahrgängen 0 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 heute Erwerbstätige erreichen Jahr das 65. Lebensjahr Neuzugänge der 21jährigen 2018 Die Landwirtschaft ist einer der Wirtschaftszweige, die schon heute Probleme bei der Rekrutierung geeigneter Jugendlicher für die Berufsausbildung hat, obwohl derzeit aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge besonders viele Schulabgänger/innen in den neuen Bundesländern auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle sind. In Zeiten starker Nachfrage nach Nachwuchskräften wird die Fachkräftesicherung für diese Branche also besonders schwierig werden. 2
Das heißt, dass wir heute eigentlich eine extrem günstige Situation für alle Betriebe vorfinden, die Nachwuchskräfte benötigen. Trotzdem hat die Landwirtschaft schon jetzt Probleme, genügend qualifizierten Nachwuchs für sich zu gewinnen. Offensichtlich leidet die Attraktivität der landwirtschaftlichen Berufe: einmal unter dem nostalgisch verzerrten Bild einseitig schwerer körperlicher Arbeit, zum anderen unter den Spätfolgen des massiven Personalabbaus vor zehn bis fünfzehn Jahren und der Vorstellung, dass die Landwirtschaft keine Zukunft bieten könnte. Ich möchte das nur an einem Beispiel deutlich machen: Die folgende Folie zeigt die durchschnittlichen Bewerberzahlen in unterschiedlichsten Berufsgruppen, wobei die land-, tier-, forstwirtschaftlichen und Gärtnereiberufe am Ende rangieren. Durchschnittliche Bewerberzahl auf einen Ausbildungsplatz in den unterschiedlichen Berufsgruppen Berufsgruppe Bewerber je Ausbildungsplatz kaufmännisch-administrative Berufe allgemein 19 Bank- und Versicherungskaufleute 13 technische Berufe 13 Berufe im Kfz-Handwerk 11 medizinische und medizinisch-technische Hilfsberufe 11 Kaufleute im Einzelhandel 10 gesamt 10 technische Ausbauberufe, Elektrohandwerk 9 industrielle Chemieberufe 9 industrielle Elektroberufe 8 Verkäufer/innen, Fachverkäufer/innen, sonstige Handelsberufe Hotel-, Restaurant- und hauswirtschaftliche Berufe 8 sonstige Berufe 8 Verkehrsberufe u.ä. 7 Bauberufe 6 and. Ausbauberufe, Holzberufe, Maler, Lackierer 6 sonstige industrielle Berufe 6 graphische und Medienberufe 6 industrielle Metallberufe 5 land-, tier-, forstwirtschaftliche Berufe 4 Nahrungsmittel- und sonstige Handwerksberufe 4 Gärtnereiberufe 3 Quelle: -Ausbildungsbefragung 2001 8 Die Landwirtschaft steht also schon heute vor der schwierigen Situation, in einigen Bereichen nicht genügend qualifizierte Fachkräfte rekrutieren zu können. Das ihre derzeitige Altersstruktur das Problem weiter verschärft, soll im folgenden gezeigt werden. Ich möchte Ihnen einen Überblick über die Alters- und Qualifikationsstruktur der Beschäftigten in der Landwirtschaft im Haupterwerb geben. Die Ergebnisse in den Landwirtschaftsstudien verweisen auf fünf interessante und wichtige Befunde für diese Branche: 3
1. Die Betriebe der ostdeutschen Landwirtschaft sind entschieden größer als in Westdeutschland Ein Vergleich der betrieblichen Strukturen in den alten und neuen Bundesländern erscheint an dieser Stelle notwendig, da die Betriebsstruktur einen maßgeblichen Einfluss auf die Fachkräfteentwicklung hat. Die Unternehmensgrößen in der Landwirtschaft der neuen Bundesländer unterscheiden sich deutlich von denen der alten Bundesländer. In Ostdeutschland sind im Zuge des Transformationsprozesses Anfang der neunziger Jahre aus den ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften durch Umstrukturierungen viele Agrargenossenschaften entstanden, die zum einen deutlich mehr Mitarbeiter beschäftigen als die bisher eher typischen Einzel- und Familienunternehmen der alten Bundesländer und zum anderen größere Flächen bewirtschaften. Die großflächig betriebene Landwirtschaft in den ostdeutschen Agrargenossenschaften lässt sich über die für die Betriebsgröße in der Landwirtschaft gängige Kennzahl Arbeitskräfte (AK) je 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche abbilden, die in den neuen Bundesländern für die landwirtschaftlichen Haupterwerbsunternehmen mit 1,6 nicht einmal halb so groß wie in den alten Bundesländern mit dem Wert 3,6 ist. (BMVEL 2003) Es besteht außerdem ein enger Zusammenhang zwischen Rechtsform und Mitarbeiterzahl der Unternehmen. Anteil der Betriebe und der Arbeitskräfte nach Rechtsform in der ostdeutschen und westdeutschen Landwirtschaft Bundesland Einzelunternehmen Personengesellschaft Juristische Person Unternehmen Arbeitskräfte* Unternehmen Arbeitskräfte* Unternehmen Arbeitskräfte* Baden-Württemberg 95,3 92,9 4,2 6,1 0,5 1,0 Bayern 97,0 96,1 2,7 3,3 0,3 0,6 Hessen 96,2 93,4 3,0 5,1 0,4 1,5 Niedersachsen 94,8 91,3 4,5 6,9 0,7 1,8 Nord 96,7 95,0 2,8 3,9 0,5 1,1 Rheinland-Pfalz 93,5 89,9 5,8 9,0 0,3 1,1 Saarland 99,0 96,3 0,6 2,6 0,5 1,1 Schleswig-Holstein 96,7 ** 2,6 ** 1,0 ** Brandenburg 77,3 36.1 9,1 13,5 17,5 50,4 Meckl.-Vorpommern 72,2 33,7 15,9 25,9 11,9 40,3 Sachsen 86,1 44,1 6,4 12,1 7,6 43,8 Sachsen-Anhalt 71,7 32,6 17,2 23,1 11,1 44,3 Thüringen 80,3 34.2 7,9 12,0 11,8 53,8 Quelle: Meldungen der einzelnen statistischen Landesämter für 2003 * Ständige Arbeitskräfte (Familienarbeitskräfte und familienfremde Arbeitskräfte) ** Es liegen nur Angaben zu den Familienarbeitskräften vor. Juristische Personen sind eher große Unternehmen, in denen ca. die Hälfte der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte in den neuen Bundesländern beschäftigt sind. In den alten Bundesländern macht der Anteil der beschäftigten in dieser Rechtsform gerade einmal 1 bis 4
2 Prozent aus. Auch die Personengesellschaften spielen in den neuen Bundesländern mit mehr als doppelt so hohen Anteilen an den Betrieben und Beschäftigten eine deutlich größere Rolle. Die Landwirtschaft der alten Bundesländer wird von den vielen kleinen Einzelunternehmen dominiert, die meistens aus nicht mehr als 1 bis 3 Mitarbeitern bestehen. In diesen Kleinstbetrieben arbeitet in der westdeutschen Landwirtschaft mit 90 und mehr Prozent der Hauptanteil der Beschäftigten. In den neuen Bundesländern ist in diesem Unternehmenstyp nur etwa ein Drittel der Arbeitskräfte beschäftigt. 2. Die Beschäftigten der ostdeutschen Landwirtschaft sind im Durchschnitt deutlich älter als in den alten Bundesländern Vergleicht man das Durchschnittsalter in der Landwirtschaft Ost und West, wird deutlich, dass die ostdeutschen Beschäftigten deutlich älter sind. Mit einem Durchschnittsalter der Beschäftigten von 45 Jahren liegt Sachsen-Anhalt noch über dem ostdeutschen Durchschnittswert von 44 Jahren. Vergleich des Durchschnittsalters der Beschäftigten in der Landwirtschaft in ausgewählten Regionen Alter 46 45,3 45 44,4 44 43,6 43 42 41,5 41 40 39 LW-West LW-Ost Brandenburg Sachsen-Anhalt Quellen: Personalstrukturerhebung in der Landw irtschaft Sachsen-Anhalts 2002, Sozio-ökonomisches Panel Durchschnittswerte allein sagen noch nicht viel aus. In der Untersuchung des aus dem Jahr 2004 wurden die Beschäftigten der neuen Bundesländer nach Altersgruppen in Fünfjahresschritten betrachtet. Dabei wurde deutlich, dass besonders in größeren Unternehmen der neuen Bundesländer mit der Rechtsform juristische Person des privaten Rechts junge Nachfolger fehlen. Mit knapp 8 Prozent der Beschäftigten unter 25 Jahren sind 5
es nicht einmal halb so viele wie in den Unternehmen dieser Rechtsform in den alten Bundesländern (17 %). Wenn man die bis unter 35-jährigen vergleicht sieht es ähnlich aus, in den neuen Bundesländern sind nur 22 Prozent der Beschäftigten in diesem Alter, in den alten Bundesländern 38 Prozent. Gerade in den Betriebsformen, die die Unternehmenslandschaft in Ost- und Westdeutschland dominieren, sind besonders viele ältere Mitarbeiter beschäftigt. In den neuen Bundesländern ist der Anteil der älteren Beschäftigten besonders hoch in den Betrieben mit der Rechtsform Juristische Personen. In diesen Betrieben arbeitet fast die Hälfte der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte Ostdeutschlands. Hier werden in den nächsten Jahren besonders viele Austritte aus den Unternehmen in den Ruhestand erwartet. In den alten Bundesländern ist die Überalterung besonders in den Familienbetrieben festzustellen. 3. Das Qualifikationsniveau der Beschäftigten in der ostdeutschen Landwirtschaft ist hoch Die Beschäftigten der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern sind deutlich höher qualifiziert als die Beschäftigten in den alten Bundesländer. Qualifikationsniveau Ost West 90 80 70 60 Angaben in Prozent 50 40 30 20 10 0 Männer West Frauen West Männer Ost Frauen Ost ohne Berufsabschluss mit Berufsabschluss FS/FHS/Uni Quelle: Beschäftigtenstatistik 2002 6
Während in den alten Bundesländern ein Viertel der Frauen und ein Drittel der Männer der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ohne Berufsabschluss sind, sind des in den neuen Bundesländern gerade einmal 5 Prozent der Frauen und 7 Prozent der Männer. Des weiteren weiß man, dass das Qualifikationsniveau der Beschäftigten in der Landwirtschaft kontinuierlich wächst. Untersuchungen von Weißhuhn (1994) zeigen, dass der Anteil der Erwerbstätigen ohne abgeschlossene Berufsausbildung in den Jahren 1978 bis 1990 am stärksten bei Landwirten und Bergleuten zurückgegangen ist. Im Gegenzug steigen in allen Qualifikationsstufen vom Facharbeiter bis zum Hochschulabschluss die Anteile an den Beschäftigten in der Landwirtschaft weiter an. Die Unternehmen schätzen ein, dass sie die hohen Qualifikationsabschlüsse auch weiterhin benötigen und dass die Anforderungen an die Qualifikationen eher noch weiter steigen werden. 4. Höher- und Hochqualifizierte sind besonders überaltert Wie die nächste Grafik zeigt, sind ein Viertel der Beschäftigten mit Meister-, Fachschul-, Fachhochschul- oder Hochschulabschluss in Sachsen-Anhalt 55 Jahre oder älter. Altersstruktur der Höher- und Hochqualifizierten in Sachsen-Anhalt 30,0 25,0 Angaben in Prozent 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 bis 29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55 und älter Alter Quelle: Personalstrukturerhebung Sachsen-Anhalt 2002 Fehlender Fachkräftenachwuchs wurde in der Personalstrukturerhebung 2002 in den Unternehmen aller Größenklassen benannt, dabei steigt der Bedarf mit wachsender Unternehmensgröße an. Auch das Fehlen von Führungskräftenachwuchs beklagen vor allem größere Unternehmen. 30 Prozent der Unternehmen mit 20 und mehr Mitarbeitern müssen in 7
den nächsten 5 Jahren und sogar 50 Prozent dieser Unternehmen müssen in den nächsten 10 Jahren die Ablösung des Leitungspersonals bewältigen! Ein Fünftel dieser Unternehmen, die in den nächsten 5 bis 10 Jahren ihrer Leiter ablösen müssen, haben definitiv noch keinen entsprechenden Nachfolger, den sie aufbauen können. 5. Die Ausbildungsbeteiligung der Landwirtschaftsunternehmen ist noch zu gering und es fehlt an qualifiziertem Nachwuchs In der folgenden Folie ist die prognostizierte Entwicklung der Beschäftigtenzahl in Sachsen- Anhalt mit einem Rückgang um jährlich 2 bzw. 3 Prozent verzeichnet. Entsprechend dieser Entwicklung wurden die benötigten Auszubildendenzahlen berechnet. Dabei wurde angenommen, dass jährlich 2 Prozent der Beschäftigtenzahlen Auszubildende sind, was eine durchschnittliche Ausbildungsquote von 5 bis 6 Prozent bedeuten würde (hierbei wird von einer zweieinhalb bis dreijährigen Berufsausbildung ausgegangen). Mit diesem Ansatz wurde das absolute Minimum an notwendigen Azubis benannt, wenn man bedenkt, dass gerade in der Landwirtschaft die Ausbildungsabbrüche relativ hoch sind und ein Großteil der Absolventen später nicht in dem Bereich arbeiten möchte. Arbeitskräfteentwicklung und Bedarf an Auszubildenden Jahr Arbeitskräftebestand bei 2% Red. neue Auszubildende/Jahr Arbeitskräftebestand neue Auszubildende/Jahr 2002 21308 426 21091 422 2003 20882 418 20458 409 2004 20464 409 19844 397 2005 20055 401 19249 385 2006 19654 393 18671 373 2007 19261 385 18111 362 2008 18876 378 17568 351 2009 18498 370 17041 341 2010 18128 363 16530 331 2011 17766 355 16034 321 2012 17410 348 15553 311 2013 17062 341 15086 302 2014 16721 334 14634 293 2015 16386 328 14195 284 2016 16059 321 13769 275 2017 15738 315 13356 267 2018 15423 308 12955 259 2019 15114 302 12566 251 Quelle: Personalstrukturerhebung Sachsen-Anhalt 2002 2001 wurden laut amtlicher Statistik in Sachsen-Anhalt 294 Ausbildungsverträge in den Berufen Landwirt, Tierwirt, Pferdewirt, Molkereifachmann/-frau, Milchwirt, Viehwirt, Winzer neu abgeschlossen. Benötigt werden aber ca. 400 pro Jahr. Die Ausbildungsquoten der Unternehmen in den neuen Bundesländern sind zu niedrig. Aufgrund der derzeitigen starken Nachfrage der Jugendlichen nach Ausbildungsplätzen mit beruflicher Perspektive hätte die Landwirtschaft am ehesten die Möglichkeit, sich Nachfolger 8
für die zukünftigen Aufgaben zu sichern. Nur etwa drei Viertel der benötigten Nachwuchskräfte werden bisher in landwirtschaftlichen Berufen neu ausgebildet. Seit Jahren baut sich auf diese Weise eine Nachwuchskräftelücke auf, die von Jahr zu Jahr schwerer zu schließen sein wird. Erschwerend kommt hinzu, dass schulisch gut vorqualifizierte Jugendliche sich nur selten auf eine Berufsausbildung in der Landwirtschaft orientieren. Der Anteil der Auszubildenden mit Hauptschulabschluss oder ohne schulischen Abschluss ist durchschnittlich höher als in allen anderen Ausbildungsberufen. Das hat zur Folge, dass viele Jugendliche die anspruchsvolle Ausbildung nicht zu Ende führen und somit auch die zukünftig wachsenden Anforderungen nicht bewältigen können. Außerdem sagen viele Auszubildende spätestens im 2. oder 3. Lehrjahr, dass sie für sich eine berufliche Perspektive eher außerhalb der Landwirtschaft sehen. Ähnliche Perspektiven sehen die landwirtschaftlichen Fachschüler für sich. In einer Befragung in Sachsen gaben nur 75 Prozent an, dass sie nach Abschluss der Ausbildung in einem landwirtschaftlichen Unternehmen arbeiten wollen. Die anderen 25 Prozent sehen ihre Zukunft in der Agrarverwaltung, Lehre oder Forschung. Lassen Sie mich noch einmal kurz zusammenfassen: Das Qualifikationsniveau in der ostdeutschen Landwirtschaft ist hoch. Der Ersatzbedarf ist unzureichend gedeckt. Gerade Höherqualifizierte sind älter. Mehr als ein Drittel derer, die in Rente gehen, arbeitet zur Zeit in einer Leitungsfunktion. Besonders dramatisch zeigt sich das Bild bei der Unternehmensform juristische Personen. Mit der Umstrukturierung der Unternehmen im Transformationsprozess haben sich sehr altershomogene Belegschaftsstrukturen herausgebildet, wobei sich die Mitarbeiterzahlen besonders auf die älteren Jahrgängen konzentrieren. Da über viele Jahre hinweg keinerlei Ersatzbedarf in den Landwirtschaftsbetrieben bestand konnte auch keine jungen Fachkräfte eingestellt werden. Nun wird in wenigen Jahren ein massiver Fachkräftebedarf erwartet, wenn die älteren Beschäftigten in großen Kohorten die Unternehmen verlassen, der nicht allein durch Personalabbau abgefangen werden kann. Es muss dann also aus zwei Gründen zu Neueinstellungen kommen: 1. Der umfangreiche Austritt von Arbeitskräften aus den Unternehmen kann nicht vollständig über weiteren Personalabbau erfolgen, da die Betriebe schon jetzt eine sehr dünne Personaldecke zur Absicherung ihrer Aufgaben besitzen. 2. Mit dem Austritt der älteren Mitarbeiter aus den Unternehmen gibt es nicht nur ein rein quantitatives Problem, sondern es geht ein riesiger Pool an Erfahrungswissen verloren, wenn nicht rechtzeitig durch der Übertragung dieses Wissens an die jungen Fachkräfte gegengesteuert wird. 9