Ungarische Fleischerzeugnisse von hoher Qualität und der EU-Beitritt Hungarian meat products of high quality and the accession to the EU

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Transkript:

, 79-85 Ungarische Fleischerzeugnisse von hoher Qualität und der EU-Beitritt Hungarian meat products of high quality and the accession to the EU K. INCZE Ungarisches Forschungsinstitut für Fleischwirtschaft Budapest, Ungarn Zusammenfassung Bei ungarischen Fleischerzeugnissen denkt man zuerst an die ungarische Salami oder im Allgemeinen an die ungarische Dauerwurst, die eine grosse Vielfalt aufweist. In der Gesamtproduktion von fermentierter Rohwurst (etwa 20000 t/jahr) spielt noch immer der Anteil der traditionell hergestellten Dauerwurst (ohne Starterkultur oder GdL) eine beachtliche Rolle. Der Beitrag beschäftigt sich mit den fermentierten Rohwürsten, darunter die traditionellen Dauerwürste, und mit Rohwürsten neuerer Entwicklungen, die auch als hochwertige ungarische Produkte zu betrachten sind. Obwohl die traditionelle Salamiproduktion in Ungarn auf eine Geschichte von mehr als 150 Jahren zurückblicken kann, ist die mit Starterkulturen hergestellte Rohwurst viel jünger. Erst Anfang der 80er Jahre wurde mit dieser Technologie begonnen. Summary This article is about raw fermented sausages from Hungary, including traditional dry fermented sausages as well as raw sausages produced with more modern technologies which also have to be considered as high quality Hungarian products. Hungarian meat products are often associated with Hungarian salami or, more generally, with Hungarian dry fermented sausages which are characterized by a broader diversity. Even today, the traditionally manufactured dry fermented sausages, made without starter cultures or glucono-delta lactone (GdL), have a considerable share of the total raw fermented sausage production which amounts to about 20.000 tons per year. Although traditional salami fabrication in Hungary can look back on a history of more than 150 years, the application of starter cultures in raw sausage production is much younger. This modern technology was introduced not earlier than the beginning of the 80ies of the 20th century. Schlüsselwörter Key Words ungarische Fleischerzeugnisse ungarische Salami Rohwurst Qualitätsaspekte Lebensmittelsicherheit enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) Hungarian meat products Hungarian salami fermented sausage quality aspects food safety enterohaemorrhagic Escherichia coli (EHEC) Hauptmerkmale ungarischer Rohwürste Dauerwürste Traditionelle Salami. Das in 65-70 mm Kunstdarm (Cellulose-Darm) gefüllte Wurstbrät (Kutter-Technologie) enthält außer Schweinefleisch und kernigem Speck nur Gewürze und Nitritpökelsalz. Es werden weder Starterkulturen noch chemische Säuerungsmittel hinzugefügt. Als ideales Rohmaterial wird Fleisch von schweren Sauen verwendet. Durch eine bei niedriger Temperatur durchgeführte intensive Räucherung (10-12 Tage bei 10-12 C) erhält die Salami ein charakteristisches Aroma und lässt sich von nicht geräucherten südeuropäischen Dauerwürsten gut unterscheiden. Die intensive Räucherung weist neben der bakteriostati- 79

schen Wirkung auch einen antioxidativen Effekt auf, wodurch eine bessere Lagerstabilität der Salami erreicht wird. Die traditionelle ungarische Salami (hergestellt von den Firmen Pick und Herz) wird 90 bis 100 Tage gereift, wobei sich auch ein Schimmelpilzüberzug entwickelt. Dieser lebende Überzug hat mehrfachen Nutzen: - er wirkt während der Reifung und Lagerung feuchtigkeitsregulierend und verhindert dadurch eine zu schnelle Austrocknung (Randbildung) - er schützt die Wurst vor Licht und verlangsamt so die Oxidationsvorgänge - die Stoffwechselprodukte der Schimmelpilze tragen wesentlich zum charakteristischen Aroma bei. In Untersuchungen, die in Zusammenarbeit mit Herrn Professor Frank in Karlsruhe durchgeführt wurden, konnte belegt werden, dass unter den Bedingungen der traditionellen Salami-Technologie (intensive Räucherung bei niedriger Temperatur, ohne Zusatz von Kohlenhydraten, gemischte Mykoflora) von potentiell mykotoxinbildenden Stämmen kein Toxin gebildet wurde. Typische analytische Werte traditioneller ungarischer Salamiarten zeigt Tabelle 1. Die Schwankungsbreite bei den Eiweißund Fettgehaltswerten ist durch die unterschiedlichen Produkte bedingt. Es zeigt sich, dass der Nitritgehalt (analytisch bestimmt) beim Fertigprodukt unter 10 mg/kg liegt und der BEFFE-Wert die gute Qualität bestätigt. Tab. 1: Analytische Werte traditioneller ungarischer Salamiarten Probe Wasser Fett Eiweiß Salz mg/kg NaNO 2 TBS ph BEFFE a w Peroxidzahl Säurezahl Brät 52-55 24-29 14-17 2,5-2,9 50-80 0,5-1,3 < 0,7 5,7-5,9 12-14 0,96 1,9-2,1 Fertigprodukt 25-27 44-47 22-24 3,8-4,5 3-5 0,2-1 0,6-1,2 6,0-6,4 18-22 0,85-0,9 12-15 Interessant ist die Feststellung, dass die relativ hohe Säurezahl (über 10), die bei Schweineschmalz bereits auf Ranzigkeit hindeutet, bei der traditionellen Salami keinen Hinweis auf Ranzigkeit ergibt; sie stammt aus der Lipaseaktivität. Eine Ranzigkeit ist dabei weder sensorisch noch analytisch (Peroxid- und TBS-Zahl) feststellbar. Organoleptisch ist die traditionelle Salami von besonderer Qualität, was nicht nur durch den sorgfältig ausgewählten Rohstoff, die spezielle Gewürzmischung, die intensive Räucherung und den Schimmelpilzüberzug bedingt ist. Vor allem ist es auch die lange Reifezeit, in der durch biochemische Vorgänge sehr viele Stoffwechselprodukte erzeugt werden, die bei einer kurzgereiften Wurst zwangsläufig nicht entstehen können. Tab. 2: Einige wichtige Merkmale der traditionellen Dauerwurst Parameter Wintersalami Putensalami Gewicht/Scheibe (g) 3,1 2,8 Scheibenzahl/100 g 32 36 Eiweißgehalt/Scheibe (g) 0,77 0,70 Fettgehalt/Scheibe (g) 1,56 1,38 Tab. 3: Fettgehalte im Vergleich Menge Wurstart Fettgehalt pro Portion 50 g Lyoner 10 g 50 g Leberwurst 15 g 6 Scheiben Salami 8,5 g 80

Wie deutlich ersichtlich ist, enthält eine Portion Salami weniger Fett als eine Portion Brüh- oder Kochwurst (Tab. 2 und 3). (Es muss also nicht sein: Irgendwann geben viele dem Verlangen nach... Salami mit schlechtem Gewissen nach und verschlingen sie, statt sie zu geniessen." Barbara Krieger-Mettbach, Die Fleischerei 4/2003). Andere traditionelle Dauerwürste Gyulaer und Csabaer Wurst. Im Vergleich zu den deutschen oder italienischen Rohwürsten wird in Ungarn eine Vielzahl von Dauerwürsten mit erheblichen Mengen an Paprika (1-2 ) hergestellt. Charakteristische Typen dafür sind Gyulaer und Csabaer Wurst. Die Vielzahl von Paprikawürsten hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass in Ungarn dank der idealen klimatischen Bedingungen Gewürzpaprika von hoher Qualität sowohl in kleinbäuerlichen als auch in Großbetrieben angebaut wird. Die Technologie und die analytischen Werte dieser Paprikadauerwürste sind ähnlich wie die von ungarischer Salami, ein größeres Kaliber wird jedoch industriell nur ausnahmsweise benutzt. Diese Art von Dauerwürsten ist seit langem der traditionelle Wursttyp bei Hausschlachtungen, wobei Schweinedünndarm und Fettenden eingesetzt werden. Industriell werden zur Herstellung solcher Paprikadauerwürste überwiegend Schweinedünndarm und Kunstdarm (Cellulose- Faserdarm) oder seltener Kollagendarm, Kaliber 50 mm, verwendet. Obwohl es mit Wurst wenig zu tun hat, ist es dennoch interessant zu erwähnen, dass bei Hausschlachtungen traditionell ein Bauernschinken erzeugt wird, der mit nitrathaltigem Salz bei niedriger Temperatur lange gepökelt und zu Beginn der Reifung intensiv über Hartholz geräuchert wird. Mit dieser Technologie wird ein Produkt gefertigt, das gegen Ostern verzehrsfertig ist und in dünnen Scheiben serviert wird. Diese Art langgereifter Schinken wird auch industriell hergestellt. Stifolder Wurst. Ursprünglich stammt unsere traditionelle Salami vor allem aus Norditalien. Andere fermentierte Rohwürste mit Ausnahme der traditionellen Paprikawürste, die sich in Ungarn entwickelten stammen ursprünglich auch aus Deutschland. Im 18. Jahrhundert sind Zehntausende Deutsche nach Ungarn übergesiedelt, teilweise aus Hessen, teilweise aus Bayern und dem übrigen Süddeutschland. Aus Fulda kamen die Stiffoller d. h. Stift Fuldaer, woher der Name der in Ungarn berühmten sog. Stifolder Paprikadauerwurst herrührt. Charakteristisch für diese Wurst ist der scharfe und süsse Paprika, Pfeffer und eine beachtliche Menge an Knoblauch. Heute werden in Baranya etwa 200 t /Jahr hergestellt. Kulen. Eine andere Art von fermentierter Rohwurst ist die sog. Kulen, die nach alter Tradition deutscher Siedler erzeugt wird. Mit einer ähnlichen Zusammensetzung wie bei der Stifolder (scharfer und süßer Paprika, Pfeffer, Knoblauch, Salpeter), wird sie jedoch nicht in Kunstdarm sondern in Schweineblinddarm gefüllt. Aufgrund des grösseren Durchmessers des Darms trocknet das Produkt langsamer ab und benötigt deshalb eine längere Reifezeit, wodurch eine längere Lagerfähigkeit erreicht wird. Rohwürste Seit etwa zwei Jahrzehnten werden in Ungarn auch Rohwürste mit Starterkulturen, seltener mit GdL, hergestellt. Nach kurzer Lernphase hat man die neue Technologie (höhere Temperatur bei Fermentation und Reifung, niedriger ph-wert, ganz andere Geschmacksrichtung) beherrscht, und die Rezeptur durch verschiedene Kombinationen von Gewürzmischungen den ungarischen Verbrauchererwartungen angepasst. Wir mussten lernen, dass bei niedrigen ph-werten (< 5,3) die in traditionellen Dauerwürsten üblichen Gewürzmischungen völlig andere Geschmacksnoten ergaben, die teilweise sogar unangenehm waren. Eine wichtige neue Erfahrung war auch die Tatsache, dass der in Ungarn gebräuchliche höhere Paprikaanteil bei den niedrigen ph-werten (< 5,3) nicht nur sensorisch nachteilig wirkte, sondern der hohe 81

eigene Zuckerstoffanteil auch zu intensiver Säuerung und manchmal auch zu unerwünschter Gasbildung führte. Folgen des relativ hohen ph-wertes bei Dauerwürsten Die traditionellen ungarischen Dauerwürste enthalten keine Starterkulturen oder chemischen Säuerungsmittel und nur sehr wenig oder gar keine Zuckerstoffe. Dadurch fehlt eine weitgehende ph- Absenkung und damit ein möglicher bakteriostatischer Effekt. Auch die Austrocknungsgeschwindigkeit und damit das Schnittfestwerden wird verlangsamt, da die Annäherung an den isoelektrischen Punkt beeinträchtigt ist. Das bedeutet, dass a) die Lagerstabilität und zugleich die Lebensmittelsicherheit vor allem durch einen niedrigen a w -Wert (< 0,90) gesichert werden muss, b) zur Vermeidung eines Trockenrandes eine viel langsamere Trocknung durchgeführt werden muss als z. B. bei Würsten, die mit Starterkultur hergestellt worden sind. Aufgrund dieser langsameren Trocknungsgeschwindigkeit und des höheren Trocknungsgrades (Notwendigkeit des niedrigen a w -Wertes) dauert der Trocknungsvorgang 3- bis 4-mal länger als bei mit Starterkultur oder GdL hergestellten Erzeugnissen, c) die Konsistenz, die das Aufschneiden der Wurst in dünne Scheiben erlaubt, durch die Bindung von Fleisch- und Fettpartikeln infolge der durch Erhöhung der Salzkonzentration fest gewordenen Eiweiß-Matrix, nicht aber durch eine Säuredenaturierung, hervorgerufen wird. Lebensmittelsicherheit Traditionelle Dauerwürste. Wie schon erwähnt, hat der ph-wert dieser Würste (> 5,5) keine bakterienhemmende Wirkung und da auch Starterkulturen fehlen, muss das Wachstum unerwünschter Keime auf andere Art gehemmt werden. Selbstverständlich hilft dabei das Pökelsalz. Der wichtigste Faktor ist jedoch die niedrige Temperatur (< 12 C). Sie wird so lange gehalten, bis die Wurst trocken genug ist, um durch den erreichten niedrigen a w -Wert unerwünschte Keime hemmen zu können. Diese niedrige Temperatur in der ersten Phase und der niedrige a w -Wert im Endprodukt sind hochwirksame Mittel gegen das Wachstum und das Überleben von unerwünschten Keimen. Dadurch werden die traditionellen Dauerwürste zu sicheren Lebensmitteln mit einer langen Lagerstabilität. Rohwürste. Die ungarische Fleischindustrie produziert heute bereits eine Reihe von mit Starterkultur hergestellten Qualitäts-Rohwürsten, die die Vorteile dieser neuen Technologie mit dem typischen würzigen traditionellen ungarischen Geschmack vereint. Im Hinblick auf die Verbrauchererwartung ist dabei besonders die milde Säuerung wichtig, die keinesfalls auf ph-werte von 4,5 bis 4,6 sinken darf, sondern im Bereich von 5,1 bis 5,3 liegen sollte. Dieser ph-wert in Kombination mit einem a w -Wert unter 0,95 garantiert die Lebensmittelsicherheit. Neuerdings gibt es auch mit Starterkulturen hergestellte Dauerwürste. Was die Lebensmittelsicherheit betrifft, erfüllen selbstverständlich auch diese Roh- und Dauerwürste die erforderlichen Kriterien. Bei den mit Starterkultur hergestellten Dauerwürsten wird immer eine Mischkultur aus Milchsäurebakterien, Mikrokokken, und apathogenen Staphylokokken verwendet. Die Benutzung von Milchsäurebakterien trägt zur Lebensmittelsicherheit durch Beschleunigung der Trocknung bei. Während der längeren Reifezeit wird ein niedrigerer a w -Wert als bei kurzgereiften Rohwürsten erreicht, er liegt jedoch höher als bei traditionellen Dauerwürsten. Von entscheidender Bedeutung ist aber, dass während der längeren Reifung mehr Zeit für mikrobiologische und biochemische Vorgänge zu Verfügung steht, wodurch diese Produkte im Hinblick auf das Aroma den kurzgereiften Rohwürsten überlegen sind. Eine nennenswerte Veränderung bei diesen Dauerwürsten ist es auch, dass der gewöhnliche ph-wert nach der Fermenta- 82

tion (ph ca. 5,0) gewöhnlich auf 5,4 bis 5,5 oder höher ansteigt, was aber wegen des niedrigen a w -Wertes kein Sicherheitsrisiko bedeutet. Forschungsthemen des Instituts Das Ungarische Forschungsinstitut für Fleischwirtschaft hat die Rohwurstforschung immer für sehr wichtig gehalten. Vor etwa 45 Jahren wurde mit der Salamitechnologie angefangen, wobei die chemischen, mikrobiologischen, biochemischen und organoleptischen Veränderungen sowie die optimale Rohstoffauswahl und die Reifeparameter untersucht wurden. Auch die Mykotoxinforschung war diesbezüglich ein wichtiges Forschungsthema. Wie schon erwähnt, wurde dieses Thema mit einem beruhigenden Ergebnis abgeschlossen. Weitere Untersuchungen über mit Starterkulturen hergestellte Produkte wurden zu folgenden Themen durchgeführt: - Auswahl der Starterkulturen (eigene Isolate inbegriffen) - Rezepturen - Bestimmung der optimalen Reifeparameter - Die zu erreichenden sensorischen Merkmale (Produkte mit zu niedrigem ph-wert werden von den ungarischen Verbrauchern nicht akzeptiert) - Lagerfähigkeitsbestimmungen - Aspekte der Lebensmittelsicherheit - Veränderung der Rezeptur zwecks gesunder Ernährung - Bacteriocin-Produzenten - Anwendung von probiotischen Bakterien - Aromabildung während der beschleunigten Reifung - Einwirkung von a w -Werterniedrigung und Lagerung auf das Überleben von enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC). Was das Überleben des zugesetzten EHEC-Stammes betrifft, konnte bewiesen werden, dass bei der Lagerung von künstlich beimpfter Rohwurst (Challenge Test) bei Raumtemperatur die 5-log reduction, die schon während der Reifung beginnt, beim Fertigprodukt vollendet ist (Abb. 1, 2, 3). Diese Ergebnisse stimmen mit den Angaben anderer Forscher überein. Bei den EHEC-Untersuchungen wurden ein pathogener und ein apathogener E. coli O157:H7 Stamm benutzt. Die Rohwurst wurde mit einer 24 Stunden alten Nähr-Bouillon Kultur (Keimzahl: etwa 10 8-10 9 / cm 3 ) beimpft, um eine Endkeimzahl von 10 3 bzw. 10 6 /g zu erreichen. Danach wurden die Würste gereift, getrocknet, gelagert und die E. coli Keimzahlen in Zeitintervallen bestimmt. Es stellte sich heraus, dass bei den eingesetzten E. coli Stämmen die Keimzahl parallel zur a w - Werterniedrigung reduziert wurde. Es konnte ferner festgestellt werden, dass sich die Keimzahlreduzierung während der Lagerung fortsetzt, auch dann, wenn keine weitere a w -Wertabsenkung stattfand. Nach diesen Ergebnissen ist somit auch die ungarische Rohwursttechnologie in der Lage, die E. coli O157:H7 Keimzahl wesentlich zu reduzieren. In anderen Experimenten wurde im Rahmen internationaler Zusammenarbeit untersucht, ob die Reifezeit verkürzt werden kann, ohne die Sicherheit und Sensorik nachteilig zu beeinflussen. Dabei stellte sich heraus, dass bei Reduzierung der Reifezeit zwar die Aspekte der Lebensmittelsicherheit erfüllt werden können, ein reichhaltiges Aroma jedoch nicht vollständig gesichert ist. Die Entstehung der hohen sensorischen Qualität braucht Zeit. Die proteolytischen Enzyme verursachen manchmal außerdem neben einem bitteren Geschmack auch eine nachteilige Beeinflussung der Konsistenz. 83

E. coli O157:H7 log KBE/g 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0 5 10 15 20 Zeit (Tage) 0,94 0,92 0,9 0,88 0,86 0,84 0,82 niedrige Beimpfung hohe Beimpfung Wasseraktivität aw Abb. 1: Verlauf der Keimzahlen apathogener E. coli O157:H7 bei niedriger und hoher Beimpfung und des a w -Wertes während der Reifung ungarischer Salami E. coli O157:H7 log KBE/g 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0,94 0,92 0,9 0,88 0,86 0,84 0,82 0 5 10 15 20 25 30 35 Zeit (Tage) niedrige Beimpfung hohe Beimpfung Wasseraktivität aw Abb. 2: Verlauf der Keimzahlen pathogener E. coli O157:H7 bei niedriger und hoher Beimpfung und des a w -Wertes während der Reifung ungarischer Salami 4 3,5 3 Log KBE/g 2,5 2 1,5 1 0,5 0 0 5 10 15 20 25 30 Zeit (Tage) Vakuumverpackt (10-11 C) Vakuumverpackt (20-22 C) Nicht verpackt (10-11 C) Abb. 3: Veränderung der pathogenen E. coli O157:H7 Keimzahl während der Lagerung von ungarischer Salami, verpackt und unverpackt, bei unterschiedlichen Temperaturen 84

Die Bedeutung der typischen ungarischen Produkte (Hungaricum) und die dazu gehörenden Kenntnisse im Licht unseres EU-Beitritts: - Eine Reihe von Produkten können angeboten werden, die trotz ihrer hohen Qualität in den jetzigen EU- Ländern wenig bekannt sind. - Eine Reihe von Produkten von hoher Qualität könnten auch bekannt werden, die sich sowohl von den nordeuropäischen Erzeugnissen (wegen des höheren ph-wertes) als auch von den südeuropäischen Produkten (wegen der intensiven Räucherung) unterscheiden. - Alle Produkte sind sichere Lebensmittel, die den EU-Vorschriften entsprechen. Zu diesem Angebot an die EU gehören auch die Erfahrungen auf dem Gebiet der Mikrobiologie der traditionellen ungarischen Dauerwürste, die von anderen Wursttypen der EU verschieden sind. Was erwarten wir von unserem EU- Beitritt? - Die Import-Beschränkungen werden aufgehoben (Vor- und Nachteil zugleich), was aber zu keiner Marktstörung wegen der relativ kleinen Mengen, die die ungarische Fleischindustrie erzeugen kann, führen sollte. - Vielleicht eine grössere Chance bei der Teilnahme an gemeinsamen von Brüssel unterstützten Projekten, wobei wir bis jetzt diesbezüglich nicht verwöhnt wurden. 85

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