Die Funk onsweise des Mietmarkts eine Einführung

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Transkript:

CUREM Horizonte Mietmarktregulierung jenseits der Polemik 30. September 2015 Die Funkonsweise des Mietmarkts eine Einführung Prof. Dr. Pascal Gantenbein, MRICS Ordinarius für Finanzmanagement Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Universität Basel www.wwz.unibas.ch/fmgt pascal.gantenbein@unibas.ch

Die Schweiz ist nach wie vor ein Land der Mieter Wohnkosten Schweiz 23.9% der verfügbaren Einkommen (2013) bzw. 14.8% der Brutto- Haushaltseinkommen (2012) Tiefe Einkommen (Zürich):* Untere 20%: 25-35%, davon Einpersonenhaushalte: 39% 21% Wohnungen unter 1 230 (= 25% des ø tiefen Eink.) Probleme: Verteilung Tragbarkeit zentrale Lagen Wohnqualität Quelle: Andrea Martel: «Riskantes Herumschrauben am Mietwohnungsmarkt», NZZ, 27. Januar 2015 * Felix Thurnheer: «Ausreichend günstiger Wohnraum in der Stadt Zürich? Swiss Real Estate Journal, No. 9, 2014, 12-17 2

Angebot und Nachfrage in der Schweiz Determinanten der Wohnungsnachfrage: Demographie: Alterung, Migration, Einkommen und Finanzierungskosten Transportkosten und Attraktivität Preise für Wohneigentum / Price-Rent Nachfrage und Angebot (Schweiz): Plus ca. 1.7% p.a. seit 1970 (in Phasen) Bis 2013 Ausweitung Wohnungsangebot gedeckt durch Nachfrage (phasenweise sogar zu langsame Ausweitung) 1200 Mietpreisindex (BFS) und Konsumentenpreise (Pictet) Mietanstieg stärker als Teuerung, aber: Einkommensanstieg > CPI Flächenbedarf pro Kopf Segmentierung Neubau / Altbau 1000 800 600 400 200 0 1940 1943 1946 1949 1952 1955 1958 1961 1964 1967 1970 1973 1976 1979 1982 1985 1988 1991 1994 1997 2000 2003 2006 2009 2012 2015 Mieten CPI Quelle: Credit Suisse Economic Research: Real Estate Market 2015, p. 30 (oben); BFS, 2015 (unten) 3

Der «Mietmarkt» als Bestandteil des Immobilienmarktes Neubauten Preisanpassung Preisanpassung Raumangebot Erstellungsmarkt Bestandesmarkt Mietmarkt Immobilienpreise Mieten Bodenpreise Zinssätze Nachfrage Baukosten Löhne, Maschinen Technologie Neubaunachfrage Alternativanlagen Alternativnutzungen Betriebskosten Künftige Performance Wirtschaftslage Einkommen Demographie Alterung Migration Trends (Haushalte) Leerstandsrisiko Kostenmieten: Zinsen, Kosten, Teuerung 4

Preisdeterminanten und Preisanpassung Preisdeterminanten Preisanpassung Mietpreis Büro Objektqualität Mikrolage Steuern Kulturelles Angebot Umweltbelastung Einkaufsmöglichkeiten Schulen Mietpreis Wohnen Distanz von Zentrum Menge Preis = f («Attraktivität») Segmentierung von Nutzungen (vgl. Von Thünen-Modell) Kurzfristig: Nachfrage schwankt stärker als Angebot. Folge: Preisänderungen Langfristig: Mietpreise im Gleichgewicht 5

Mietrecht Schweiz: Schutzbestimmungen Mietregulierung: Verfügbarkeit von genügend und angemessenem Wohnraum Bezahlbarkeit von Wohnraum: Rent Control und Schutzbestimmungen Asymmetrie der Verhandlungsmacht vs. Bereitstellung von genügend Wohnraum Kündigung: Gesetzliche Kündigungsfristen und -termine 3 Monate (OR 266a-f) Kündigungsschutz (OR 271-273c) und Anfechtbarkeit der Kündigung Erstreckungsbegehren und Erstreckungsdauer sowie Kündigung während Erstreckung Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen (OR 269-270e): Grundsatz: Erzielung eines angemessenen Ertrags bei nicht übersetztem Kaufpreis, Ortsund Quartierüblichkeit, Kostensteigerungen, Teuerung auf risikotragendem Kapital Anpassungsmöglichkeiten bei veränderten Umständen. Grenzen: VMWG Formularpflicht: Mitteilung des Mietzinses des Vormieters; Erhöhungslimite bei 10% ohne Sanierung; Kantone / Diskussion auf Bundesebene Preisrigidität über Wechsel hinaus 6

Mietmarkt und Mietregulierung Markt Staatliche Eingriffe / Regulierung Marktmechanismus Preisnormalisierung durch Angebot Einflussnahme auf Preis im regulierten Teil des Marktes Funktionierende Angebotsausweitung (etwa infolge Nachfrageausweitung) Mietpreise Bodenpreise Marktversagen? Angebotsrigiditäten (+ / -) Verfügbarkeit zu bestimmten Preisen an bestimmten Orten beschränkt Problem, wenn keine Ressourcen Wohnungsgrösse Bevölkerungsdichte Kurzfristiger Nutzen Aber: Bereitstellung von genügend und qualitativ guten Wohnungen? Wohnbaugenossenschaften Mindestquoten Affordable Units Sozialer Wohnungsbau Inverse Effekte im offenen Mietmarkt bei Mengenbeschränkung Keine Evidenz für Wohlfahrt unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit und verzerrende Effekte von Rent Controls (EU-Studie Cuerpo et al., 2014*) * Carlos Cuerpo, Sona Kalantaryan, Peter Pontuch: Rental Market Regulation in the European Union. Economic Papers 515, European Commission, April 2014 7

Fazit Tragbarkeit und Verfügbarkeit von Wohnraum: Tragbarkeit von Wohnen hat sich einkommens- und flächenbereinigt verbessert. Produktion von Wohnraum parallel zu Nachfrage. Genügend tragbarer Wohnraum Aber: Gerechte Verteilung? Problem für tiefe Einkommen: teure zentrale Lagen, Qualität Mieten bilden sich aufgrund von Angebot und Nachfrage Aggregiert: Einkommen, Finanzierung, Demographie (Alterung, Migration, Haushaltsgrösse) Individuell: Transportkosten, Price-Rent-Ratio, Neubau / Altbau, Attraktivität (Sicht, Kultur, Umweltbelastung, Steuern, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, ) Regel: Attraktivere Wohnungen = höherer Preis Markt: Preisnormalisierung, aber Mietpreisschwankungen bei temporären Angebotsrigiditäten Mietregulierung zielt auf Tragbarkeit und Verfügbarkeit Mietpreisregulierung: a) erhöht Tragbarkeit, b) wirkt langfristig dämpfend auf Angebot, c) birgt Gefahr hoher Neubaumieten, d) begünstigt jene, die schon Wohnungen haben Negative Effekte auf die Bereitstellung neuen Wohnraums 8