Begrüßungsrede anlässlich des Empfangs der Stadt Düsseldorf im Rahmen der Großstädtekonferenz der Volkshochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz am 10. November 2005 19.00 Uhr in der ehem. Cafeteria im Museum Kunstpalast. Demographischer Wandel - Konsequenzen für die Weiterbildung Sehr geehrte Damen und Herren, angesichts des von Frau Kalender-Sander geschilderten quasi eine Generation währenden Zeitabstands bei der Gastgeberfunktion Ihrer Konferenzen möchte ich Sie besonders herzlich in Düsseldorf begrüßen. Mit Ihrem Tagungsthema haben Sie sich einem gerade auch aus meiner Sicht sowohl als Bürgermeisterin der Landeshauptstadt in Düsseldorf als auch als Essener Dezernentin für die Bereiche Soziales, Wohnen und Gesundheit besonders wichtigen und hochaktuellen Thema gewidmet. Trotz der Brisanz und der im einzelnen noch gar nicht überschaubaren Auswirkungen und gesellschaftlichen Folgen des Prozesses, den der Begriff Demographischer Wandel ja nur höchst abstrakt mehr verhüllt als beschreibt, wird das Thema im
und nicht nur da. Wie wir als Individien geistig-seelisch auch in der Lebenspraxis mit diesem Prozess trotz aller Anti-Aging-Strategien umgehen - die zum Wohlergehen ihrer Erfinder zweifellos besonders erfolgreich beitragen - das ist doch auch unserer aller persönliche Herausforderung. Diese Erkenntnis kommt sehr schön im Titel eines Buches zum Ausdruck, das in diesen Tagen Gegenstand einer Veranstaltung der VHS Düsseldorf war: Sieh da, das Alter, sagt die bekannte Düsseldorfer Schriftstellerin Ingrid Bachér, ein Buch, das zu lesen ich Ihnen sehr empfehle. Hier setzt sich eine Frau in einer starken, direkten und gleichzeitig poetischen Sprache in größter Ehrlichkeit mit allen körperlichen, seelisch-geistigen und sozialen Prozessen auseinander, um, wenn diese bewältigt werden, schließlich auch den Tod zu begrüßen: Setz dich schon mal auf die Wartebank - ich muss noch meine Lebensausbeute inspizieren. Dies ist die persönliche Seite des Themas und ich denke, es ist gut, sie nicht allein und ohne Orientierung zu erleben und zu verarbeiten. Hier tun die Volkshochschulen bereits etwas ganz wichtiges: die
ihren Geisteskräften und ihrer Lernfähigkeit, sie bleiben kreativ und sie wollen gemeinsam mit anderen noch immer neue Fähigkeiten entwickeln und neue Horizonte gewinnen. Endlich bestätigt es auch die medizinische Forschung: das Alter muss kein passiver Zustand des Dahindämmerns und des gesellschaftlich nutzlosen Schneckenhausdaseins sein, wenn man es nicht in diese Ecke drängt! Vor kurzen wurde in der WAZ, der größten Ruhrgebietszeitung, ein Wohnmodell in Anlehnung an die Senioren-Städte der USA vorgestellt und die Leser zur Reaktion aufgefordert. Das Echo war überwiegend ablehnend. Das genau wollen ältere Menschen nicht: alt sein nur unter Alten. Und so ist auch Lernen und Bildung eine Sache der generationsübergreifenden Erfahrung, auch, wenn daneben das Programm 50 plus steht. Insofern sind die Volkshochschulen schon jetzt ein Ort der Integration der Generationen, die hier gemeinsam lernen und kreativ sein können. Was Sie tun und wohl noch stärker tun müssen in der Begleitung des demographischen Wandels, wenn ich jetzt einmal die großen Linien aus meiner Sicht ansprechen darf, sind vielleicht drei Dinge:
Nutzens geben. Qualifizieren für das gesellschaftliche Engagement - so, wie es z.b. demnächst die VHS Düsseldorf mit dem Kulturführerschein macht. S Hierbei alte und junge Menschen noch stärker als bisher zusammenbringen und zwar vor allem zum Nutzen der jungen. In Essen gibt es z.b. eine Initiative, in der Menschen im Ruhestand aus unterschiedlichsten Berufen mit Kindern und jungen Leuten an deren schulischen Fortkommen arbeiten, unentgeltlich und mit Begeisterung. Der Ingenieur, der in den vorzeitigen Ruhestand entlassen wurde, den keiner der überwiegend kurzsichtigen deutschen Unternehmen mehr will: bei Entwicklungsprojekten im Ausland und bei der Förderung junger Menschen ist er hochbegehrt. Haften Großeltern für ihre Enkel? fragte die o.g. Zeitung vor kurzen in ihrer Titelseiten-Schlagzeile. Das, finde ich, ist sicher eine weitere Kernfrage und ich würde sie so beantworten: wenn ein Bewusstsein für die Zukunft und für Verantwortung über die persönliche Existenz hinaus noch als anthropologische Konstante gelten kann, heißt die Antwort JA. Man sollte allerdings das Wort haften durch sorgen ersetzten und unter Enkeln nicht
und die Perspektive. Es gibt unendlich viel zu tun. Noch nie standen Gesellschaften vor solch enormen Herausforderungen durch die scheinbar simple Tatsache, dass Menschen heute älter werden und die Gleichzeitigkeit des Fehlens der Jüngeren. Darüber hinaus wandern Arbeitsplätze ab, auch zunehmend qualifizierte, alleine im Jahre 2004 370.000. Auch dies zu thematisieren und die Gesamtzusammenhänge deutlich zu machen, ist eine Aufgabe der Weiterbildung und damit der Volkshochschulen. Wenn ich es mir dies in allen Facetten vorstelle, vor allem angesichts der politischen und gesellschaftlichen Lage im Hinblick auf den Gesamtkomplex und seine bisherige Diskussion, kommt auf Sie eine Herkules-Arbeit zu. Wir fangen alle gerade erst an zu begreifen, dass es bei diesem Thema um eine gesellschaftspolitische Herausforderung ersten Ranges geht. Packen Sie sie an. Aber machen Sie auch nach außen deutlich, dass Sie es tun! Denn es geht um nichts weniger als Zukunftsgewinnung durch Integration und Qualifikation, Information und Orientierung. Und das alles war immer schon Ihr ureigenstes Feld. Das sollte aber noch mehr in die gesellschaftliche und politische Wahrnehmung kommen. Was eine alternde Gesellschaft am allermeisten braucht, ist Bildung, und zwar für jede Altersgruppe, schreiben Roland und Andrea
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.