Formen und Strukturen Klinischer Ethikberatung Dr. Gerald Neitzke Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin Vorsitzender des der MHH Mitglied des Ethikkomitees, DRK-Kliniken Berlin neitzke.gerald@mh-hannover.de
Gliederung Überblick: Klinische Ethikberatung (KEB) in Deutschland Strukturen und Modelle von KEB Beiträge der Klinischen Ethikberatung zur Patientenversorgung
Klinische Ethik in Deutschland Internationale Vorläufer: 1960er: Life or Death Committees (U.S.) 1976 Karen Ann Quinlan (New Jersey) 1997 Empfehlung der konfessionellen Krankenhausverbände 2000 wenige Klinische Ethik-Komitees () in Deutschland auch: Kommunale KH + eine Universitätsklinik seit 2003 Qualifizierungsprogramm Hannover Klinische Ethikberatung seit 2005 Fernlehrgang Berater/in für Ethik im Gesundheitswesen, Nürnberg 2005 Curriculum Ethikberatung im Krankenhaus der AG Ethikberatung in der AEM (Simon, May, Neitzke 2005)
Klinische Ethik in Deutschland 2005 312 Beratungseinrichtungen (14 % aller Kliniken in Deutschland), davon 149 (Dörries 2007) 2006 Stellungnahme der ZEKO der BÄK 06/2006 (DÄ 103/24, A1703-7)
Stellungnahme der ZEKO bei der BÄK Die Zentrale Ethikkommission begrüßt die zunehmende Gründung von Klinischen Ethikkomitees und anderer klinischer Ethikberatungsstrukturen im deutschen Gesundheitswesen als praxisrelevanten Beitrag zur besseren Versorgung von Patienten und fordert Einrichtungen, in denen derartige Strukturen bisher nicht bestehen, zu ihrer Implementierung auf. Dtsch. Ärztebl. 16.06.2006, 103/24: A1703-1707
Klinische Ethik in Deutschland 2005 312 Beratungseinrichtungen (14 % aller Kliniken in Deutschland), davon 149 (Dörries 2007) 2006 2006 Stellungnahme der ZEKO der BÄK 06/2006 (DÄ 103/24, A1703-7) 2008 Klinische Ethikberatung. Ein Praxisbuch (Dörries A, Neitzke G, Simon A, Vollmann J (Hrsg.), Stuttgart 2008) Aktuelle und zukünftige Herausforderungen: Ethikberatung in der Altenpflege Ethikberatung im Bereich ärztlicher Praxen
Strukturen und Modelle Experten-Modell Delegations-Modell Prozess-Modelle Offene Modelle Pluralität der Modelle, an Erfordernisse/Bedürfnisse/ Kontext der Klinik angepasst
Strukturen: Experten-Modell F: moralisches Problem / Konfliktfall Station Dr Pat Kp A: Entscheidung / Lösung
Strukturen: Delegations-Modell P/Dr F. Dr Station Pat A. Kp F: moralisches Problem / Konfliktfall A: Entscheidung / Lösung
Strukturen: Prozess-Modelle Dr Station Pat Kp Kp -Subgruppe Moderatoren F: moralisches Problem / Konfliktfall A: Beratungs-Prozess Lösung shared decision-making
Strukturen: Prozess-Modelle Dr Dr K Station Pat Kp Kp Ethik-Konsil Ethik-Liaison Ethik-Visite F: moralisches Problem / Konfliktfall A: Beratungs-Prozess Lösung shared decision-making
Strukturen: Offene Modelle Dezentrale Arbeitsgruppen Ethik-AG (z.b. PV, parenterale Ernährung, Umgang mit Verstorbenen, Pflege und Ethik, ethische Fragen in der Neonatologie) Ethikforum (z.b. retrospektive Fallbesprechungen) Runder Tisch Ethik (z.b. Weiterbildung) Ethik-Café, Ethik-Salon evtl. Vorbereitung eines
Strukturen: Offene Modelle Fallbezogene Stationsrunden Nach Todesfällen / Komplikationen Vor Operationen / Transplantationen etc. Änderung des Behandlungszieles Palliation Futility Anlage einer PEG-Sonde Runden für: Angehörige, Ärzteschaft, Pflegende
Beitrag zur Patientenversorgung Ethische Fallbesprechung Ethische Fallberatung Moderierte Falldiskussion Ethikkonsil Ethikvisite
Beitrag zur Patientenversorgung: Begründung Umformulieren: Da müssen wir jetzt operieren Sie sind also der Meinung, dass sich die OP unterm Strich für den Patienten lohnt. Auf welcher Abwägung beruht diese Bewertung? Scheinargumente: Das ist doch aktive Sterbehilfe! Ich bin nicht bereit, die Therapie abzubrechen, CAVE: Therapieabbruch Positionen stark machen, Gegenpositionen finden Handlungsalternativen offen ansprechen (weiter behandeln, Therapie einfrieren oder beenden)
Zulässigkeit einer Therapiemaßnahme Indikation der medizinischen/ pflegerischen Maßnahme + Patientenwille (Zustimmung nach Aufklärung) Ethisch und juristisch zulässige Therapie/Pflege
Zulässigkeit einer Therapiemaßnahme Indikation der medizinischen/ pflegerischen Maßnahme Fachliche Standards (evidenzbasiert) auf den Einzelfall anwenden Indikation ist abhängig vom therapeutischen Ziel (Heilung, Lebensverlängerung, LQ, Sterbebegleitung ) therapeutisches Ziel kann nur im Dialog bestimmt werden
Zulässigkeit einer Therapiemaßnahme 1.Aktuell geäußerter Wille 2.Patientenverfügung (geäußerter Wille) Patientenwille (Zustimmung nach Aufklärung) 3.Juristische/r Stellvertreter/in (Betreuer/in, Bevollmächtigte/r) 4.Mutmaßlicher Wille (soziales Umfeld einbeziehen) 5.Ärztlicher Wille (objektiv beste medizinische Behandlung)
Beitrag zur Patientenversorgung: Effektivität keine Grauzone, sondern Ampelphasen rot: eindeutig verboten grün: eindeutig zulässig gelb: Einzelfallentscheidung, individuellen Kontext evaluieren und berücksichtigen, Ethische Fallbesprechung (z.b. mit oder als Entscheidung im Team)
Danke für Ihr Interesse!