Gemeinsame Stellungnahme BWE e.v. Hessen und BUND Hessen e.v. zum LEP-Entwurf

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Transkript:

1 Stellungnahme BWE e.v. Hessen und BUND Hessen e.v. mit gemeinsamen Kernforderungen zum Entwurf der Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 nach 8 Abs. 7 HLPG Vorgaben zur Nutzung der Windenergie Zusammenfassung Die Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 (LEP 2000-Änderungsentwurf) muss überarbeitet werden. Das im Hessischen Energiegipfel politisch vereinbarte Ziel, der Windenergie auf einer Größenordnung von 2 % der Landesfläche auf windgeeigneten Flächen Vorrang einzuräumen, wird im LEP 2000-Änderungsentwurf durch die dargestellten Kriterien für die Abgrenzung der Windenergie-Vorrangräume nicht ausreichend abgesichert. Die Vorgaben zur Nutzung der Windenergie sollten wie folgt geändert werden: Kap. 3.1. des LEP 2000-Änderungsentwurfs o Es muss ein Ziel aufgenommen werden, dass mindestens 2 % der Landesfläche als Vorranggebiet für die Windenergienutzung auszuweisen sind. Kap. 3.2. des LEP 2000-Änderungsentwurfs o Die Kriterien für die Ermittlung der Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie müssen hinsichtlich der Zielfestlegungen wie folgt geändert werden: Mindestwindgeschwindigkeit Festsetzung der Mindest-Windgeschwindigkeit auf 5,75 m/s in 140 m Höhe gemäß der Windpotentialkarte des TÜV-SÜD oder bei Erbringung des Nachweises der Mindest-Windgeschwindigkeit von 5,75 m/s in 140 m Höhe entweder durch mindestens zwei Windgutachten von unabhängigen Windgutachtern oder durch geeignete Windmessungen mittels Windmessmast, Sodar- oder Lidarmessverfahren. Neuaufnahme des Abwägungsgrundsatzes, dass besonders windhöffige Gebieten > 5,75m/s vorrangig festgesetzt werden sollen. Repowering Zulassung des Repowering außerhalb der Vorranggebiete. Mindestabstände zu Windenergie-Vorranggebieten Mindestabstände zu bestehenden Siedlungsgebieten bestehende Siedlungsgebiete 1.000 m, Bei Einzelhäusern und Splittersiedlungen (Weilern) 600 m. Angleichung der Mindestabstände zu Verkehrswegen an die Regelung in Bayern und Baden-Württemberg o Autobahnen 100 m o Bundes- und Landstraße 40 m o Kreisstraßen 30 m Tabu-Flächen aus Gründen des Wald- und Naturschutzes o Die Kategorie Nahbereich von Naturdenkmalen. 1

2 Im Einzelnen Die Kriterien für die Ermittlung der Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie müssen hinsichtlich der Grundsätze wie folgt geändert bzw. ergänzt werden: Natura 2000-Gebiete sind einzubeziehen, wenn das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung auf Ebene der Regionalplanung nicht entgegensteht. Es muss ein neuer Grundsatz eingeführt werden, der klarstellt, dass der staatliche Grundbesitz im Zuge der Energiewende einen Beitrag zur Strukturförderung und regionalen Wertschöpfung des ländlichen Raums leisten soll. Vorranggebiete müssen die Installation von Anlagen mit einer Leistung von mindestens 2 MW erlauben. Im Hinblick auf die neueste Generation großer WEA von 2-6 MW ist es nicht erforderlich, den Flächenumfang eines Vorranggebietes auf die Errichtung von mindestens drei WEA auszulegen. 1. LEP-Änderungsentwurf gefährdet den notwendigen Ausbau der Windenergie Das im Hessischen Energiegipfel politisch vereinbarte Ziel, der Windenergie auf einer Größenordnung von 2 % der Landesfläche Vorrang einzuräumen, wird durch die Kriterien für die Abgrenzung der Windenergie-Vorrangräume nicht ausreichend abgesichert. Aus der Begründung in Kapitel 4.3 Energiebedarf wird deutlich, dass die 2 %-Marke eine Mindestgrenze markiert. Wird die 2 %-Marke nicht erreicht, ist die gewollte eigenständige Energieversorgung des Landes im Umfang von 28TWh/a (Kapitel 4.3 Energiebedarf ) und damit die energiepolitische Zielsetzung gefährdet. Der LEP 2000-Änderungsentwurf verfehlt seine Zielsetzung, den Ausbau der Windenergie auf rund 2 % der Landesfläche planungsrechtlich so weit wie möglich abzusichern, weil er die entscheidende Zielsetzung, nämlich den Auftrag, in den Planungsregionen Vorranggebiete für die Windenergie festzusetzen, nicht als Ziel vorgibt, sondern als weniger bindenden Grundsatz mit den drei weiteren Unverbindlichkeiten sollen grundsätzlich in einer Größenordnung von verbindet, weil er die Ermittlung der Vorranggebiete für die Windenergie durch sachlich nicht nachvollziehbare Restriktionen behindert. Der LEP 2000-Änderungsentwurf (S. 23) selbst enthält die Aussagen, dass bei Berücksichtigung der in ihm verbindlich vorgeschriebenen Kriterien landesweit nur ca. 6,2 % potenzielle Vorranggebietsfläche zur Verfügung steht und dass bei einer detaillierteren Prüfung auf der Ebene der Regionalplanung (...) der Flächenanteil an konfliktarm zu realisierenden Vorranggebieten Räumen zum Teil deutlich geringer ausfällt. 2

3 Als noch nicht geprüfte Faktoren nennt der LEP2000-Änderungsentwurf z.b. Bauschutzbereiche um Flughäfen, Anlagenschutzbereiche von Radaranlagen, Wasserschutzgebiete, großflächige Kulturdenkmale. Die Angaben führen insgesamt zu der Befürchtung, dass es nicht in allen Regierungsbezirken gelingen wird Windenergievorrangflächen in einer Größenordnung von 2 % auszuweisen. In Verbindung mit der generellen Abstandsforderung der Deutschen Flugsicherung von 15 km um ihre (Radar-) Anlagen befürchten wir, dass das 2 %-Ziel im Regierungsbezirk Darmstadt nicht mehr erreicht werden kann. 1.1. Zielfestlegung 2 % Damit in den Planungsregionen, d.h. in den Regionalplänen der drei hessischen Regierungspräsidien eine ausreichende Fläche an Vorranggebieten für die Windenergie festgesetzt wird, muss das politisch vereinbarte 2%-Ziel sich im LEP als Zielfestlegung Z wiederfinden. Die Festlegung auf mindestens 2 % der Landesfläche ist unverzichtbar. Diese Änderung des LEP-Entwurfs kann erreicht werden, wenn der Grundsatz G 1 gestrichen und die Zielaussage Z 1 (LEP2000-Änderungsentwurf, S. 3) ergänzt wird: Für Räume mit ausreichenden natürlichen Windverhältnissen sind in den Regionalplänen Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie auf mindestens 2 % der Landesfläche mit Ausschluss des übrigen Planungsraumes festzulegen (Textvorschlag) Ziel statt Grundsatz Die bisherige Festlegung des Flächenziels für die Windkraftvorranggebiete als Grundsatz ist unzureichend, da landesplanerische Grundsätze der Abwägung unterliegen und gerade nicht aus sich heraus bindende Vorschrift für die nachgeordnete Planungsebene sind. Eine solche bindende Festlegung ist aber notwendig. Sie wird nur durch die Festlegung als landesplanerisches Ziel erreicht. müssen mindestens 2 % auf windgeeigneten Flächen statt sollen grundsätzlich in einer Größenordnung von 2 % Die Entwurfsformulierung sollen grundsätzlich in einer Größenordnung von 2 % ist als landesplanerischer Grundsatz vierfach unverbindlich und damit völlig unzureichend. Wenn der inhaltliche Gehalt der politischen Vereinbarung des Energiegipfels erreicht werden soll, dann muss die Formulierung sollen grundsätzlich in einer Größenordnung von 2 % durch die Formulierung müssen mindestens 2 % ersetzt werden. Durch die wörtliche Übernahme des politischen Ziels aus dem Energiegipfels in den rechtlich bindenden LEP würde die Vereinbarung des Energiegipfels hingegen ausgehöhlt. 3

4 Der inhaltliche Gehalt der politischen Vereinbarung ist im LEP 2000-Änderungsentwurf im Kapitell 4.3 Energiebedarf wiedergegeben. Ziel der politischen Vereinbarung ist die Bereitstellung von 28 TWh/a Elektrizität aus Windenergie und zugleich die Erreichung der prognostizierten Einsparziele. 28 TWh/a Elektrizität können aber nur erreicht werden, wenn tatsächlich auf rund 2 % der Landesfläche Windenergieanlagen auf geeigneten Flächen errichtet werden. Damit dies möglich wird, sollten mindestens 2 % der Landesfläche, d.h. 2 % plus einen Sicherheitszuschlag als Vorranggebiet für die Windenergie ausgewiesen werden. Die Notwendigkeit des Sicherheitszuschlags ist außerdem wegen der Unsicherheit, ob die Einsparziele im Energieverbrauch erreicht werden und wegen der sehr langen Geltungsdauer des LEP, notwendig. der Landesfläche statt in den Planungsregionen Im Energiegipfel wurde Konsens erzielt, dass in Hessen 2 % der Landesfläche zu Vorranggebieten für die Windenergie werden sollen. Es wurde hingegen nicht vereinbart, dass in jedem Regierungspräsidium 2 % der Planungsregion als Vorranggebiet für die Windenergie festgesetzt werden muss. Angesichts der ungleichmäßigen Verteilung der windhöffigen Gebiet in Hessen und des größeren Flächenanteils konfliktarmer, windhöffiger Gebiete im Regierungsbezirk Kassel ist eine solche Konkretisierung auch nicht sinnvoll. In Verbindung mit der kategorischen Abstandsforderung der Deutschen Flugsicherung von 15 km um ihre (Radar-) Anlagen befürchten wir, dass das 2 %-Ziel in einigen Regionen nicht mehr erreicht werden kann. Diese Sorge wird gestützt durch die im LEP 2000-Änderungsentwurf enthaltenen überzogenen Kriterien. Ausschlusswirkung Die Ausschlusswirkung für alle Flächen außerhalb der Windenergievorranggebiete wird begrüßt. Sie ist gerechtfertigt, wenn eine ausreichende Fläche an Vorranggebieten für die Windenergie festgelegt wird, wenn sich durch die Begrenzung auf Vorranggebiete eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung ergibt und wenn innerhalb der Vorranggebiete eine höhere Investitionssicherheit besteht, Ausschlusswirkung: ausreichende Vorranggebietsfläche für die Windenergie Mit den verschiedenen Restriktionsvorgaben wird gerade nicht gesichert, dass eine ausreichend große Fläche an Vorranggebieten für die Windenergie festgelegt werden kann (s. u.). Ausschlusswirkung: Akzeptanzerhöhung Die Akzeptanz der Windkraft in der Bevölkerung verändert sich im Verlauf der Zeit. Sie hat sich nach dem Super-Gau der Atomkraftwerke in Fukushima/Japan erhöht. Gleichwohl bestehen regional immer noch große Vorbehalte, so dass die Begrenzung 4

5 des Neubaus von Windenergieanlagen auf die Vorranggebiete die Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie erhöhen dürfte. Die Begrenzung der Windenergie auf Vorranggebiete ist auch für Naturschutz und Landschaftspflege günstig. Sie vermindert insbesondere die Eingriffe in das Landschaftsbild. Ausschlusswirkung: höhere Investitionssicherheit Eine deutlich höhere Investitionssicherheit besteht aber nur dann, wenn bei Anträgen auf Errichtung von Windenergieanlagen innerhalb der regionalplanerisch festgesetzten Windenergie-Vorranggebiete nicht mehr über das ob, sondern nur noch über das wie diskutiert wird. In dem Naturschutz-Erlass, der dem Landesnaturschutzbeirat im Juni 2012 vorgelegt wurde, wird aufgezeigt, warum dies hinsichtlich des Naturschutzes in Hessen anders als in anderen Bundesländern - künftig gewährleistet sein soll. Unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung wird dort klargestellt, warum die in Hessen vorgesehene Vorgehensweise - Festsetzung der Windenergievorranggebiete o mit Ausschlusswirkung, o unter Berücksichtigung des besten wissenschaftlichen Kenntnisstandes zum Bestand an Vögeln und Fledermäusen, o auf der Ebene der Regionalplanung - die regelmäßige Anwendung der Ausnahmevorschrift des Artenschutzes ( 45 Absatz 7 BNatSchG) in den so festgelegten Vorranggebieten ermöglicht. Außerdem wird dort aufgezeigt, welche Voraussetzungen erforderlich sind, damit Vorranggebiete der Windenergie in Natura 2000-Gebieten festgesetzt werden können und die spätere Realisierung der konkreten Windenergieanlagen nicht an den Bestimmungen der FFH-Richtlinie scheitert. Grundsätzlich muss jedoch sichergestellt werden, dass auf der Ebene der Regionalplanung, gemäß den Kriterien des LEP und der Regionalpläne, ausgewiesene Windvorranggebiete auch rechtskräftige Genehmigungen für Windkraftanlagen durchsetzbar sind und zu Investitionssicherheit führen. Sicherzustellen ist, dass keine artenschutzrechtlichen Untersuchungen im Rahmen der einzelnen Genehmigungsverfahren nach BImSchG veranlasst werden, die Untersuchungen in s Blaue herein darstellen oder zeitlich und räumlich unerfüllbare Untersuchungsvorgaben machen. 2. Klärungsbedarf durch die Landesregierung: Sicherheitserfordernisse der Luftfahrt Die Sicherheitserfordernisse der militärischen und zivilen Luftfahrt schließen möglicherweise große Teile des Landes als Standorte für die Windenergie aus. Damit sehen wir das Ziel, 2 % der Fläche als Vorranggebiete für die Windenergie festzusetzen als gefährdet an. Es ist Sache der Landesregierung, die Auswirkungen, die von den Sicherheitserfordernissen der Luftfahrt ausgehen, soweit einzugrenzen, dass in jedem Fall ausreichend Windenergie-Vorrangflächen festgesetzt werden können. 5

6 Der Anlagenschutzbereich eines Zivilflughafens wird den Ländern für jede einzelne zivile Flugsicherungseinrichtung vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung mitgeteilt ( 18a Abs. 1a Satz 1 LuftVG) 1. Dabei ist im Regelfall ein Umkreis mit Radius 3 km fu r alle Bauwerke bzw. ein Umkreis mit Radius von 15 km für Windkraftanlagen vorgesehen (jedoch sind Modifikationen im Einzelfall möglich). 2 Für Windkraftanlagen besteht damit im Regelfall auf einer Fläche von knapp 95 km 2 um eine Flugsicherungseinrichtung Bauverbot. Die Klärungspflicht des Landes über die zu erwartende Größenordnung der Tabubereiche ergibt sich zum einen aus ihrer Verantwortung für die Umsetzung der energiepolitischen Ziele des Energiegipfels, zum anderen aber auch aus der unmittelbaren Zuständigkeit des Hessischen Wirtschaftsministeriums. Es ist nämlich zugleich oberste Landesplanungsbehörde, damit der Ersteller des LEP, und oberste Luftfahrtbehörde. Der Umgriff der zivilen Anlagenschutzbereiche der Flughäfen wird den Ländern fu r jede einzelne zivile Flugsicherungseinrichtung vom Bundesaufsichtsamt fu r Flugsicherung mitgeteilt. Er kann folglich im LEP dargestellt werden. Wenn unsere Befürchtung hinsichtlich der Konsequenzen für die Festsetzung von Vorranggebiete sich als berechtigt erweist, muss die Landesregierung die Vorgaben des LEP-Entwurfs korrigieren. Die Sicherheitsprobleme zwischen Windenergie und Luftfahrt sind offenbar nur schwer zu verallgemeinern. In vielen Fällen in denen Bundesbehörden zunächst Einspruch gegen die Errichtung von Windenergieanlagen einlegten, konnten die Anlagen später dennoch gebaut werden 3. Durch die Anlagenschutzbereiche wird zunächst lediglich die Überprüfung der Verträglichkeit eines geplanten Bauwerks in der Umgebung einer Flugsicherungseinrichtung ermöglicht, ein Bauverbot tritt erst mit der Feststellung des Störpotentials im konkreten Einzelfall ein. Genehmigungsanträge für Windenergieanlagen dürfen u.w. nur abgelehnt werden, wenn der Betreiber der Radaranlage (Bundeswehr oder Flugplatzbetreiber) seinerseits ein Gutachten vorgelegt hat, aus dem sich eine konkrete Gefahr ergibt (vgl. dazu den Erlass des BMVg vom 11.01.2010, WV III 3 - Az 56-50-01/03; BVerwG, U. v. 05.09.2006, 4 B 58.06, sowie VG Minden, Urteil v. 22.09.2010, 11 K 1 18a Abs. 1 LufverkehrsG: Bauwerke dürfen nicht errichtet werden, wenn dadurch Flugsicherungs- einrichtungen gestört werden können. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung entscheidet auf der Grundlage einer gutachtlichen Stellungnahme der Flugsicherungsorganisation, ob durch die Errichtung der Bauwerke Flugsicherungseinrichtungen gestört werden können. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung teilt seine Entscheidung der zuständigen Luftfahrtbehörde des Landes mit. 2 Antwort des Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie vom 13.07.2011 auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl vom 04.05.2011 betreffend Windenergieanlagen und Radar 3 vgl. Bundestagsdrucksache 17/7579 vom 02. 11. 2011: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine An- frage der Abgeordneten Hans- Josef Fell, Oliver Krischer, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/7245 Stand der Umsetzung des Energie- konzepts der Bundesregierung bezüglich der Windenergie 6

7 445/09, sowie schon VG Aachen, Urteil v. 15.07.2008, 6 K 1367/07). 4 Die Entscheidung trifft fu r den zivilen Bereich das Bundesaufsichtsamt fu r Flugsicherung, die zuständigen Dienststellen der Bundeswehr entscheiden fu r den militärischen Bereich. Die Landesluftfahrtbehörden sind wie auch die Kreisverwaltungsbehörden an die Feststellung des Störpotentials durch die Behörden des Bundes und an das damit ausgelöste Bauverbot gebunden. 3. Zu scharfe Restriktionskriterien bei der Abgrenzung der Windenergie-Vorranggebiete Im LEP2000-Änderungsentwurf werden zu scharfe Restriktionskriterien für die Abgrenzung der Windenergie-Vorranggebiete formuliert. Es ist zu befürchten, dass dadurch die Festsetzung der Vorranggebiete für die Windenergie auf rund 2 % der Landesfläche verhindert wird. Mindestwindgeschwindigkeit Die Vorgabe einer Mindestwindgeschwindigkeit ist grundsätzlich zu begrüßen. Der Nachweis für die im LEP 2000-Änderungsentwurf gewählte Mindestwindgeschwindigkeit von 5,75 m/s auf 140 m Höhe ist jedoch aufgrund der unzureichenden Detaillierung der zu Grunde gelegten Windpotenzialkarte des TÜV-SÜD nicht ausreichend. Hier sollte eine zusätzliche Detaillierung entweder durch den Nachweis von mindestens zwei Windgutachten von unabhängigen Windgutachtern oder durch geeignete Windmessungen mittels Windmessmast, Sodar- oder Lidarmessverfahren zugelassen werden. Die Mindestwindgeschwindigkeit von 5,75 m/s vernachlässigt auch die üblichen methodischen Ungenauigkeiten, die auch in der landesweiten Prognose zur mittleren Windgeschwindigkeit enthalten sind (vgl. Kapitell 8 in DWD (2011): Unabhängige Ermittlung des Windpotenzials für das Bundesland HESSEN (DEUTSCHLAND) ). Im Abschlussbericht des Energiegipfels wird keine Mindestwindgeschwindigkeit genannt. Für bestehende Windenergiestandorte und Windparks ist die Angabe einer Mindestwindgeschwindigkeit nicht sinnvoll. Die Anlagen genießen Bestandsschutz. Ob das Repowering wirtschaftlich sinnvoll ist, kann der Investorenentscheidung überlassen werden. Es wäre fatal, wenn das Repowering an der fehlenden Aufnahme in die künftige Kulisse der Wind-Vorranggebiete scheitern würde, weil die Prognose des Landes für einen solchen Standort keine Mindestwindgeschwindigkeit ausweist. Mindestabstände Die im LEP 2000-Änderungsentwurf enthaltenen Abstandswerte von 1000 m zu bestehenden Siedlungsgebieten sollten differenziert werden. Für Einzelgehöfte, Splittersiedlungen und Weiler sind verringerte Mindestabstände von 600 m zu Windkraftanlagen anzusetzen. Die Begründung für die Festlegung des Mindestabstandes von Windenergie- Vorranganlagen zu den Verkehrswegen im LEP 2000-Änderungsentwurf ist nicht akzeptabel. Vorbeugender Immissionsschutz gegen Lärm, Lichtreflexe und 4 BWE Baden- Württemberg (06.02.2012): Stellungnahme zum Entwurf für einen Windenergieerlass Baden- Württemberg 7

8 Schattenwirkungen sowie die Vorsorge gegen die Bedrängniswirkung von Windenergieanlagen, die näher als 150 m an einer Autobahn stehen, können als Begründung nicht überzeugen. Da die stark befahrenen Autobahnen A5 und A3 im nahen Umfeld des Frankfurter Flughafens von Großraumflugzeugen deutlich niedriger als 100 m überflogen werden, ohne dass dort die o.g. Probleme auftreten, ist die Festlegung so großer Abstände unnötig. Es genügt völlig, wenn wie in den anderen Bundesländern - auf die einschlägigen Vorschriften des Straßenrechts zu den Abstandsregeln von baulichen Anlagen zurückgegriffen wird. Der Abstand von 600 m zu Siedlungsgebieten kann begründet werden mit der Vermeidung der optisch bedrängenden Wirkung : Abstände von WEA zu Wohngebieten (sind) unproblematisch, wenn diese mindestens das Dreifache der Gesamtanlagenhöhe (Nabenhöhe + ½ Rotordurchmesser) betragen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.Juni 2010, Az. 8 A 2764/09). Die größten Windenergieanlagen haben heute eine Gesamthöhe von ca. 200 m. Eine solche Anlage müsste also mindestens 600 m vom Rand des Wohngebietes entfernt stehen. 5 Damit ist die Hessische Regelung so weit gehend, dass sie jegliche rechtlich relevante Lärm-Beeinträchtigung bereits durch die Festlegung der Windkraftvorranggebiete weitestgehend ausschließt. Die Vorsorgeregelung wird sogar gegenüber den Siedlungsgebieten-Zuwachs angewendet, obwohl heute noch gar nicht erkennbar ist, dass dort einmal eine Bebauung als reines Wohngebiet erfolgt. Dort wo der bestehende Siedlungsrand von einem Gewerbe- oder Industriegebiet gebildet wird, ist die Regelung mit Sicherheit überschießend. Dieses Übermaß gefährdet das Gesamtkonzept zur Ausweisung von Windenergie-Vorrangräumen auf der Ebene der Regierungspräsidien. 4. Änderung der Tabu-Flächen aus Gründen des Wald- und des Naturschutzes Bei den Tabu-Flächen aus Gründen des Wald- und des Naturschutzes sollte die Kategorie Nahbereich von Naturdenkmalen gestrichen werden. Die Notwendigkeit zur Streichung der Kategorie Nahbereich von Naturdenkmalen ergibt sich schon aus der Tatsache, dass den Regierungspräsidien die Planungsgrundlage fehlt, um diese Kategorie zu berücksichtigen. Die Formulierung Nahbereich von Naturdenkmalen ist außerdem zu ungenau. Der rechtlich vorgegeben Schutz der Naturdenkmale ist wie der Schutz der gesetzlich geschützten Lebensräume im späteren Zulassungsverfahren zu gewährleisten. Da die Schutzkategorien nur kleinflächig vorliegen, ist dies unschwer möglich. 5 Bevor eine Windenergieanlage errichtet und in Betrieb gehen darf, muss der Investor durch Gutachten nachweisen, dass die Anlage nicht gegen die rechtsverbindlichen Schutzvorschriften des Bundesimmissionschutzgesetzes (BImSchG) verstößt. Anlagen, die die Schutzwerte nicht einhalten dürfen auch innerhalb eines Vorranggebietes für die Windkraft - nicht erreichtet werden 8

9 5. Neufassung von LEP-Grundsätzen Neufassung des Planungsgrundsatzes G 2 Aus Gründen der Rechtsklarheit empfehlen wir die Neufassung des Planungsgrundsatzes G 2 und schlagen folgende Formulierung vor: Natura 2000-Gebiete sind einzubeziehen, wenn das Ergebnis der FFH- Verträglichkeitsprüfung auf Ebene der Regionalplanung nicht entgegensteht. Unser Vorschlag stellt klar, dass die FFH-Verträglichkeitsprüfung sich in der Beurteilungstiefe auf die Ebene der Regionalplanung bezieht und nicht auf die Beurteilungstiefe des späteren Zulassungsverfahrens. Ergänzung des Planungsgrundsatzes G3 Entsprechend der Zielsetzung des Planungsgrundsatzes G3 im LEP2000- Änderungsentwurf schlagen wir folgende Ergänzung vor: Der staatliche Grundbesitz soll im Zuge der Energiewende einen Beitrag zur Strukturförderung des ländlichen Raums leisten. Mit dieser Ergänzung soll sichergestellt werden, dass die Vorranggebiete sich ländlichen Raums maximal gleichmäßig auf Grundeigentum des Staates und auf kommunales und privates Grundeigentum erstrecken. Zugleich soll sichergestellt werden, dass Bürgerwindparks bei der Verpachtung staatlicher Grundstücke bevorzugt werden. Für den BWE e.v. Hessen Für den BUND Hessen e.v. Joachim Wierlemann Jörg Nitsch Hermann Maxeiner Vorsitzender Vorstandssprecher Vorstandssprecher BWE e.v. Hessen und BUND Landesverband Hessen behalten sich vor, zu weiteren Aspekten des LEP-Kapitels Energie zusätzlich Stellung zu nehmen. BWE e.v. Hessen BUND Hessen e.v. Joachim Wierlemann Ostbahnhofstraße 13 Im Grund 5 60314 Frankfurt am Main 35444 Biebertal 9