Stadt Petershagen Bahnhofstraße Petershagen. Datum: 15. März Per vorab an: Stellungnahme

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Transkript:

BUND Barenhorststr.9a 32339 Espelkamp Stadt Petershagen Bahnhofstraße 63 32469 Petershagen KG-Sprecher: Dieter Rosenbohm Fon-BUND: 01 60 95 00 67 79 Fon-Privat: 0 57 43 92 03 30 Email: dieter.rosenbohm@bund.net Per Email vorab an: info@petershagen.de Datum: 15. März 2015 Stellungnahme Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit möchte ich im Namen und mit Vollmacht des Landesverband Nordrhein-Westfalen e.v. (BUND NRW e.v.) Merowingerstraße 88 40225 Düsseldorf Telefon: 0211-30 200 5-0 Email: BUND.NRW@BUND.net folgende Stellungnahme abgeben: Die Ermittlung und Bewertung der artenschutzrechtlichen Sachverhalte im Bereich der Potenzialflächen 1 und 10 ist fehlerhaft und führt zu einer nicht vollzugsfähigen Flächennutzungsplanung. In der Folge fehlt es dem Flächennutzungsplan an der Erforderlichkeit nach 1 (3) BauGB, was einen schweren, nicht heilbaren Mangel darstellt. Der BUND lehnt daher die vorgeschlagenen Potenzialflächen 1 und 10 als Vorrangflächen für Windenergie aus Artenschutzgründen sowie aufgrund Unvereinbarkeit mit europäischem Recht ab. Begründung:

Wie in der Begründung zur F-Planänderung richtig angeführt, handelt es sich bei dem europäischen Artenschutz um striktes Recht, das der Abwägung durch die Kommune nicht zugänglich ist. Die Konsequenz daraus, in welcher Art und Weise diese Belange in die Planung einfließen und ob sie als harte oder weiche Tabukriterien Berücksichtigung finden, wird, wie richtig dargestellt (vgl. S. 8), in der Rechtsprechung unterschiedlich gehandhabt. Dass, wie im vorliegenden Fall, die Artenschutzbelange jedoch nicht einmal als weiche Tabukriterien eingestuft werden, die ja für sich genommen schon einer Abwägung zugänglich wären, sondern lediglich im Rahmen der vergleichenden Abwägung zwischen den Potenzialflächen Berücksichtigung finden, wird in einer unzulänglichen Art und Weise mit der aktuellen rechtlichen Unsicherheit aufgrund einer sich noch entwickelnden und daher nicht konsistenten Rechtsprechung begründet. Selbst wenn der Artenschutz lediglich im Rahmen der vergleichenden Abwägung berücksichtigt wird, stellen die artenschutzrechtlichen Verbote dennoch unüberwindbare Hindernisse darstellen, die zu einer Vollzugsunfähigkeit des Flächennutzungsplanes führen. Einem vollzugsunfähigen Flächennutzungsplan fehlt jedoch die Erforderlichkeit nach 1 (3) BauGB. Im Bereich der Potenzialflächen 1 und 10 wird es zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos, zur erheblichen Störung während der Wanderungszeiten und zur Beschädigung von Ruhestätten besonders und streng geschützter Arten durch den Betrieb von WEA s kommen. Das deutlich erhöhte Risiko der betriebsbedingten Tötung einzelner Tiere ist dadurch gegeben, dass die Flächen nördlich und südlich des Vogelschutzgebiets und damit direkt im Vogelzugkorridor der Weser sowie kleinräumig zwischen Trittsteinen des Vogelzugs liegen. Im Bereich der Potenzialfläche 10, sowie direkt daran angrenzend, befinden sich traditionelle, über viele Jahre hinweg schon nachgewiesene Brutvorkommen windenergiesensibler Arten (Rohrweihe, Kormoran, Kiebitz), so dass aufgrund der räumlichen Nähe sich das Tötungsrisiko signifikant erhöht. Auf der Potenzialfläche 1 und direkt angrenzend an die Potenzialflächen 1 und 10 rasten zeitgleich zahlreiche teilweise mehrere Tausend Individuen windkraftsensibler Arten (v.a. Saatund Blässgänse (Potenzialfläche 10) sowie Sing- und Zwergschwäne (Fläche 1)), die zu Windenergieanlagen mehrere hundert Meter Abstand halten. Ihre Rastgebiete werden durch die WEA s komplett verriegelt und damit hinsichtlich ihrer artenschutzfachlichen Bedeutung entwertet. Die Wirksamkeit möglicher CEF-Maßnahmen, wie z-b. sogenannter Ablenkungsfütterungen, ist bislang nicht belegt und lässt sich vermutlich auch nicht belegen. Das Abschalten der Anlagen während der Anwesenheit gefährdeter Brut- und Rastvogelarten ist ebenfalls keine geeignete Maßnahmen, da sie in aller Regel nicht kontrolliert wird und aufgrund entgegenstehender Gewinnmaximierungsinteressen lediglich zu einer Vertreibung und Vergrämung der Arten führt. Die Potenzialflächen 1 und 10 haben eine besondere Bedeutung für Arten, für die laut Standarddatenbogen das Vogelschutzgebiet Weseraue ausgewiesen wurde. Sie sind aufgrund

dieser Bedeutung sowie aufgrund ihrer Lage zwischen Teilbereichen, die als IBA identifiziert wurden, faktisch Teil des VSG Weseraue (= faktisches Vogelschutzgebiet). Die artenschutzrechtlichen Hindernisse sind daher im Bereich der Potenzialflächen 1 und 10 so groß und sind durch das Fehlen geeigneter Maßnahmen auch nicht minderbar,so dass hier die Realisierung von Windkraftanlagen an unüberwindliche artenschutzrechtliche Hindernisse stößt. Aufgrund der Vollzugsunfähigkeit ist die Flächennutzungsplanung daher nichtig. Die Begründung der artenschutzrechtlichen Belange im Einzelnen: 1. Potenzialfläche 10: Die von der LANUV dargestellten Schwerpunktvorkommen WEA-empfindlicher Rast- und Zugvogelarten von landesweiter Bedeutung werden als weiche Tabukriterien berücksichtigt und aus den Vorrangflächen herausgenommen. Weiterhin wird dargestellt, dass auch für die verbleibenden Teile rastende Blässgänse und Goldregenpfeifer nachgewiesen wurden, ihre Gewichtung allerdings mit Hinweis auf die Abgrenzung der landesweit bedeutsamen Flächen als geringerwertig eingestuft wurde. Richtig ist jedoch, dass große Ansammlungen von rastenden Blässgänsen und Goldregenpfeiffern auch dann zu unüberwindbaren artenschutzrechtlichen Problemen führen, wenn diese außerhalb der abgegrenzten Flächen auftreten. So konnte beispielsweise bereits bei stichprobenartigen Begehungen im Februar 2015 festgestellt werden, dass sich in einem Zeitraum von mindestens 2-3 Wochen mehrere tausend Blässgänse im westlichen und östlichen Teil der Potenzialfläche 10 aufhielten. Diese Größenordnung ist von landesweiter Bedeutung und unterstreicht die Bedeutung des gesamten Bereiches südlich der Lahder Kiesteiche bis mindestens zum Friller Kirchweg als Rastgebiet von landesweiter Bedeutung für nordische Gänse. Aus mehrjährigen Untersuchungen zur Raumnutzung nahrungssuchender, rastender Blässgänse ist bekannt, dass diese ein Gebiet um Windkraftanlagen in einer Distanz von 400 m vollständig meiden. In einer Distanz von 400 600 m von Windkraftanlagen kommt es zu einer Minderung der Eignung als Äsungsflächen (Quelle: Kruckenberg, H. & J. Borbach-Jaene (2001): Auswirkung eines Windparks auf die Raumnutzung nahrungssuchender Blessgänse - Ergebnisse aus einem Monitoringprojekt mit Hinweisen auf ökoethologischen Forschungsbedarf. Vogelkdl. Ber. Niedersachs. 33: 103-109.). Diese Abstände wurden auch von anderen Autoren bestätigt. Beispielsweise wies Kowalik (2002) (in Hötker, H, K-M. Thomsen, H. Köster 2005: Auswirkungen regenerativer Energiegewinnung auf die biologische Vielfalt am Beispiel der Vögel und der Fledermäuse, Bfn Skripten 142) nach, dass Blässgänse Entfernungen bis 450 m zu WEA fast vollständig meiden. Bis 1.050 m liegt die Gänsedichte noch unterhalb der Gesamtdichte und erst ab >1.050 m ist ein starker Anstieg der Gänsedichte zu verzeichnen. Es ist zu erwarten, dass sich angesichts der mittlerweile üblichen Anlagenhöhen von (150-) 200 m sich diese Abstände noch einmal deutlich erhöhen werden. In der Abbildung 5 ist schwarz der Bereich dargestellt, in dem Windräder zu einer vollständigen

Meidung durch rastende nordische Gänse führen. Es wird deutlich, dass der Wirkungsbereich, in dem die WEA zu einer vollständigen Entwertung des landesweit bedeutsamen Rastgebiets führen, fast das gesamte Rastgebiet betrifft. Dieser nahezu vollständige Verlust der Eignung als Rastgebiet erfüllt den Verbotstatbestand des 44 BNatSchG und macht somit eine Realisierung dieser Vorrangfläche unmöglich. Die Beobachtung von insgesamt 150 Goldregenpfeifern wird mit einem Zugstau erklärt. Hierbei unterbrechen die Zugvögel ihren Weg in ihre Brutgebiete um eine spontane Rast einzulegen, auch außerhalb ihrer traditionellen Rastgebiete. Die Tiere würden daher auch teils in völlig untypischen Habitaten rasten, vgl. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag S. 34f und Fußnote 24. Im vorliegenden Fall trifft diese Einschätzung jedoch nicht zu. Es mag zwar ein Zugstau vorgelegen haben, im Fall der beobachteten Goldregenpfeifer hat dieser jedoch nicht zu einem ansonsten untypischen Rastverhalten geführt. Tatsächlich ist es so, dass die Ackerflächen im Bereich der Potenzialfläche 10 sich typischerweise im Vogelzugkorridor der Weser, befinden und hier in natürlicher Weise eine Zugverdichtung stattfindet, vgl. Abb 7. Die Lage in einer weiträumigen Ackerflur im Bereich dieses Wesertals entspricht der Struktur der Häverner und Döhrener Marsch, in denen zusammen mit den großen Kiebitz-Schwärmen regelmäßig auch Goldregenpfeifer anzutreffen sind. Dies entspricht der Bedeutung dieses Bereiches als faktischer Teil des Vogelschutzgebiets Weseraue, s.u.. Richtig ist, dass im Gegensatz zu den Bereichen in Hävern und Döhren die Friller Ackerflächen seit einigen Jahren nicht mehr regelmäßig von der Biologischen Station untersucht werden. Bei einer mehrjährigen Erfassung in diesem Bereich ist jedoch zu erwarten, dass hier, wie in den früheren Jahren dokumentiert, mit den Kiebitz-Schwärmen auch Goldregenpfeifer rasten. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Überwinterung von Sing- und Zwergschwänen. Ein möglicher Zugstau führte in Bezug auf die rastenden Goldregenpfeifer lediglich zu einer Erhöhung der Erfassungswahrscheinlichkeit in einem ansonsten typischen Rastgebiet (möglicherweise Aufenthalt über mehrere Tage im Gebiet?), nicht jedoch zu der Beobachtung eines ansonsten komplett untypischen Verhaltens.

Abb. 1: Ca. 3500 rastende Blässgänse im Februar 2015 auf dem westlichen Teil der Potenzialfläche 10. Abb. 2: Ausschnitt mit einem Teil der ca. 3500 im Februar 2015 rastenden Blässgänse im westlichen Teilbereich der Potenzialfläche 10.

Abb. 3: Einflug eines Teils der Blässgänse zur Rast auf die Gewässer der Lahder Marsch. Völlig unzutreffend dargestellt ist der Brutstandort der Rohrweihe im Bereich der Friller Seen. Dieser befindet sich nicht in der Mitte des südöstlichen Teiches sondern im Bereich der Schilfflächen. In den letzten Jahren brütete die Rohrweihe im Bereich einer Brache am nordwestlichen Rand der Seen, vgl. Karte Abb.5. Eine korrekte Berücksichtigung des Brutplatzes der Rohrweihe führt dazu, dass im südlichen Teil der Potenzialfläche 10 von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgegangen werden muss, vgl. Lageplan.

Abb. 4: Männliche Rohrweihe im Bereich der Ackerflächen am Friller Kirchweg. In diesem Raum hat auch LASKE (2013) intensive Flugbewegungen der Rohrweihe dokumentiert (vgl. v. Luckwald (2014): Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zur 28. FNP-Änderung)

Abb. 5: Lageplan mit Darstellung der landesweit bedeutsamen Äsungsflächen (einschl. Februar 2015), des Wirkungsbereiches mit vollständiger Meidung durch rastende Blässgänse sowie des Bereiches mit signifikant erhöhtem Tötungsrisiko für Rohrweihe. Es sei darauf hingewiesen, dass der regelmäßig von Rohrweihen genutzte Bereich bis zur der Lahder Marsch reicht, vgl. auch LASKE (2013) in v. Luckwald (2014: Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zur 28. FNP-Änderung). Auf den Flächen brütet traditionell eine größere Kiebitz-Kolonie. Aufgrund des starken und anhaltenden Bestandsrückganges befindet sich der Kiebitz in Nordrhein-Westfalen in einer besonderen Gefährdungslage. Das betrifft auch die Kiebitzbestände innerhalb des EU-Vogelschutzgebietes, die in den letzten 10 Jahren um 70 % zurückgegangen sind (vgl UIH 2015, s. Anhang). Aufgrund der starken Gefährdung wurde jüngst eigens vom MUNLV ein Erlass zur Förderung eines Bewirtschaftungsaufschubes auf Maisanbauflächen mit Kiebitznachweisen herausgegeben, was die Gefährdungslage weiterhin dokumentiert. Von daher besitzt die noch große Kolonie zwischen den Lahder Kiesteichen und den Friller Angelteichen eine enorme Bedeutung für den Erhalt der Art im Allgemeinen und im Besonderen für das Vogelschutzgebiet Weseraue. Die Errichtung von Windkraftanlagen in diesem Bereich läuft nicht nur den Zielen des o.g. Erlass zuwider, sondern sie entwerten dieses Brutgebiet gänzlich. Die Abstände, die Kiebitze zu Windkraftanlagen halten, führen dazu, dass große Teile der bisherigen Brutbereiche

nicht mehr zur Verfügung stehen. Aufgrund der enormen Brutbestandsrückgänge ist eine Umsiedlung in bislang nicht genutzte Bereiche keine realistische Maßnahme (fehlende Wirksamkeit, vgl. LANUV 2013: Leitfaden "Wirksamkeit von Artenschutzmaßnahmen" - Stand: 5.2.2013) Sowohl die vollständige Entwertung großer Teile des Rastgebiets, die Entwertung einer der letzten Kiebitz-Kolonien des Vogelschutzgebiets (bzw. eines faktischen Teils des VSG), als auch die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos stellen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände dar, die im Rahmen der Flächennutzungsplanung nicht weggewogen werden können. Aufgrund der Bruttradition der Rohrweihe im Bereich der Friller Teiche und (alternativ) der Lahder Seen sowie der langjährigen Rasttradition auf den Ackerflächen südlich der Lahder Seen ist davon auszugehen, dass diese Verbotstatbestände zur Nichtrealisierbarkeit der Flächennutzungsplanung in diesem Bereich führen. 2. Potenzialfläche 1 Für die Potenzialfläche 1 gilt ähnliches, wie bereits für die Potenzialfläche 10 beschrieben. Aufgrund der Lage entspricht auch sie den Anforderungen überwinternder nordischer Gänse und Schwäne. Darüber hinaus findet eine regelmäßige Korrespondenz der hier überwinternden nordischen Gänsen und Schwänen mit den angrenzenden Flächen innerhalb bzw. in den Randgebieten des EU-Vogelschutzgebietes statt (siehe Abb.7). Da auch diese Potentialfläche nicht regelmäßig der Erfassung der gebietstypischen Vogelarten durch die Biologische Station unterliegt, ist die Datenlage lückenhaft. Die lückenhafte Datenlage bedeutet jedoch nicht, dass die Flächen keine überregionale Funktion bezüglich der Überwinterung nordischer Gänse- und Schwanenarten besitzt. Tatsächlich zeigen bereits die stichprobenartigen Erfassungen sowie Zufallsbeobachtungen (dokumentiert in www.duemmerbirding.de und www.sturmmöwe.de), dass nicht nur die unmittelbar südlich an den Schleusenkanal angrenzenden Flächen, sondern auch die Flächen im Bereich der Potenzialfläche selbst eine außerordentlich hohe Bedeutung für nordische Gänse und Sing- und Zwergschwäne besitzen (z.b. Beobachtung vom 20.12.2009, wo Ch. König 50 Singschwäne und 6 Zwergschwäne auf der Potentialfläche angetroffen hat (veröffentlich unter Dümmerbirding 2009)). Nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz (BfN http://ffh-vp-info.de/ffhvp/vog.jsp? m=2,2,0,0&button_ueber=true&wg=3&wid=14) sind im Umfeld von 100 m zu WKA keine Singschwäne festzustellen, im Bereich von 100-500 m wird eine unterdurchschnittliche Dichte und erst im Umfeld ab 500 m zu WKA eine durchschnittliche Dichte (Vögel/10 ha) rastender Singschwäne verzeichnet. Gegenüber Häusern hielten 95 % des Bestandes einen Abstand von mindestens 91 m ein und gegenüber von Wegen wurde ein Abstand von 73 m verzeichnet (Quelle: Schreiber, M. (2000): Windkraftanlagen als Störungsquellen für Gastvögel, In: Bundesamt für Naturschutz - Projektgruppe "Windenergienutzung" (Hrsg.): Empfehlungen des

Bundesamtes für Naturschutz zu naturverträglichen Windkraftanlagen. - Bonn-Bad Godesberg, 55 S., in: BfN). Zwergschwäne sind deutlich empfindlicher gegenüber WEA, sie halten etwa 3x größere Abstände ein (HÖTKER et al. (2005). Da also nicht nur nordische Gänse (s.o.), sondern auch Sing- und Zwergschwäne Abstände zu Windkraftanlagen einhalten, führen Windkraftanlagen auf der vorgeschlagenen Potenzialfläche 1 zu einer massiven Entwertung der Rastgebiete. Da damit der Verbotstatbestand des 44 BNatSchG erfüllt wird und die Wirksamkeit möglicher CEF-Maßnahmen (z.b. sogenannte Ablenkungsfütterungen ) nicht erwiesen ist, ist eine Realisierung dieser Vorrangfläche überwiegend nicht möglich. Abb. 6: Lageplan mit Darstellung der landesweit bedeutsamen Äsungsflächen nördlich von Schlüsselburg sowie des Wirkungsbereiches mit vollständiger und partieller Meidung durch rastende Blässgänse, Sing- und Zwergschwäne.

3. Zugkorridor In dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zur 28. FNP-Änderung heißt es richtigerweise: Die Errichtung von WEA innerhalb regelmäßig frequentierter Korridore von (überfliegenden) Zugvögeln kann zu Kollisionen oder zu Störungen (Ausweichverhalten) führen. In diesen Fällen können das artenschutzrechtliche Tötungsverbot gem. 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (bei Tierkollisionen) oder das Störungsverbot gem. 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG (bei populationsrelevanten Störungen) tatbestandsmäßig sein. (Artenschutzrechtl. Fachbeitrag, S. 31). Aus diesem Grund sind auch außerhalb von Schwerpunktvorkommen WEA-sensibler Rast- und Zugvögel (d.h. dem Vogelschutzgebiet Weseraue sowie angrenzender, landesweit bedeutsamer Schwerpunktvorkommen) regelmäßig genutzte Rastgebiete sowie essentielle Flugrouten im Umfeld dieser Rastgebiete zu betrachten, vgl. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag S. 33. Nach den Vorgaben von MKUNLV und LANUV sind hierzu jedoch keine Untersuchungen erforderlich. Folglich wurden diese Untersuchungen zur Bedeutung der Weser als Zugvogelkorridor und damit im Zusammenhang des Zugvogel-Geschehens im Bereich der Potenzialflächen 1 und 10 nicht durchgeführt. Konkrete Erfassungen zum Zuggeschehen, das häufig auch nachts stattfindet, fehlen gänzlich. Diese fehlenden Erfassungen führen im Rahmen der Windenergie-Planungen dazu, dass es auch keine Anhaltspunkte dafür geben [kann], dass es sich um einen bevorzugten Flugkorridor für Zug- und Rastvögel handelt. (Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag S. 35, zur fehlenden Bedeutung der Potenzialfläche 10 im Rahmen des Vogelzugs). Aus fehlenden Daten aufgrund fehlender Erfassungen auf fehlende Tatsachen zu schließen, führt zu einer fehlerhaften Darstellung der Betroffenheit von geschützten Vogelarten (vgl. auch Windenergie-Leitfaden des LANUV): Wenn konkrete Datenerfassungen fehlen, aber Anhaltspunkte für eine Betroffenheit vorhanden sind, dann ist eines worst-case-analyse durchzuführen. Anhaltspunkte für eine Betroffenheit europäischer Zugvögel an den Potenzialflächen 1 und 10 ergeben sich schlicht aus ihrer Lage im Wesertal, die eine Leitlinie des Vogelzugs darstellt und besonders in der Petershäger Weseraue den Vogelzug stark bündelt.

Abb. 7: Lage der Potenzialflächen 1 und 10 im Vogelzugkorridor der Weser sowie Austauschbeziehungen zwischen den Vogelzug-Trittsteinen Lahder Kiesteiche, Friller Angelteiche und Kiesteiche Wietersheim, sowie der Austauschbeziehungen zwischen unterschiedlichen, genutzten Äsungsflächen im Bereich Schlüsselburg. Kleinräumig betrachtet liegt die Potenzialfläche 10 zwischen den 3 Vogelzug-Trittsteinen Lahder Kiesteiche, Friller Angelteiche sowie Wietersheimer Teiche. Die Friller Angelteiche sind Teil der Important Bird Area (IBA) Weserstaustufe Schlüsselburg und somit potenziell Teil des Vogelschutzgebiets. Die Friller Angelseen und die Wietersheimer Teiche werden aufgrund ihrer

ornithologisch hoch interessanten Zug- und Rastvogelvorkommen regelmäßig von verschiedenen Ornithologen aufgesucht. Eine exemplarische Auswertung findet sich im Anhang. Zu behaupten, dass es hier für das Vorhandensein eines bevorzugten Zugvogelkorridors keine Anhaltspunkte gäbe, wird durch zahlreiche Publikationen über das Vogelschutzgebiet ad Absurdum geführt. Bereits 1976 wies Gert Ziegler darauf hin, dass die ornitho-geographische Lage des Gebietes zum einen bestimmt wird durch die Nachbarschaft der beiden großen Binnenseen Steinhuder Meer und Dümmer See, zum anderen durch die Leitlinienwirkung der Mittelgebirgsschwelle des Weserberglandes, wie auch die des Mündungstrichters der Unterweser, die den Zuzug vieler Vogelarten aus nördlicher und östlicher Richtung in die Weseraue verursacht (Ziegler, G. 1976: Die Weserstaustufe Schlüsselburg, Kr. Minden-Lübbecke ein Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung. Alcedo 3 (4): 65-74). Die Abb. 8 verdeutlicht diesen Sachverhalt sehr anschaulich. Die Weser stellt daher für den Vogelzug eine wichtige Leitlinie dar. Diese Leitlinie beschränkt sich zwangsläufig nicht nur auf das ausgewiesene Vogelschutzgebiet, sondern betrifft einen breiten Korridor entlang der Weser. Nur so ist überhaupt das Vorkommen vieler nachgewiesener Vogelarten innerhalb des Vogelschutzgebietes erklärlich. Zu behaupten, dass diese Arten sich ausschließlich entlang der schmalen Weser orientieren ist schlichtweg unseriös. Auch die Korrespondenz vieler Vogelarten zwischen den beiden Binnenseen ist hinreichend bekannt. Abb. 8: Ornitho-geographische Lage des EU- Vogelschutzgebietes Weseraue (hier Staustufe Schlüsselburg genannt). Die Zahlen 1-3 geben die Feuchtgebiete internationaler Bedeutung im Wattenmeer an (Aus Ziegler 1976).

Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass sowohl die Lahder Kiesteiche als auch die Friller Angelteiche und die Wietersheimer Teiche ihre besondere Bedeutung aufgrund ihrer Lage im Vogelzugkorridor der Weser besitzen. Hier finden sich regelmäßig seltene Zugvogelarten, ebenso wie größere Anzahlen verschiedener Wasservogelarten, vgl. Tabelle im Anhang. Zwischen diesen 3 Teichgebieten gibt es kleinräumige Austauschbeziehungen, die exemplarisch tagsüber sehr gut anhand fliegender Möwenpulks, Kormoranen sowie Gänsen beobachtet werden können. Die Potenzialfläche 10 verriegelt die Flugrouten zwischen diesen 3 Teichgebieten, vgl. untenstehende Abbildung. Sowohl für die Potenzialfläche 1 als auch für die für die Potenzialfläche 10 gilt im Rahmen einer worst-case-annahme aufgrund der Lage dieser Flächen im stark frequentierten Vogelzug- Korridor der Petershäger Weseraue, dass Windkraftanlagen auf diesen Flächen aufgrund der hohen Vogeldichte während der Zugzeiten von August bis März zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für ziehende Vogelarten führen. 4. Faktisches Vogelschutzgebiet Die Potenzialflächen 1 und 10 gehören aufgrund ihrer faktischen Bedeutung für Vogelarten, für die das Vogelschutzgebiet DE-3519-401 "Weseraue" ausgewiesen wurde, zu dem Vogelschutzgebiet dazu. Das Vogelschutzgebiet DE-3519-401 "Weseraue" ist Bestandteil des kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete "Natura 2000" gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) vom 21.05.1992 (ABl. EG Nr. L 206 S. 7), geändert durch Richtlinie 97/62/EWG vom 27.10.1997 (ABl. EG Nr. L 305 S. 42). Die "Staustufe Schlüsselburg" ist Teilfläche des Feuchtgebietes von internationaler Bedeutung nach der Ramsar-Konvention "Weserstaustufe Schlüsselburg". Das LANUV beschreibt die Bedeutung des Vogelschutzgebiets Weseraue so: Das Vogelschutzgebiet hat internationale Bedeutung als Brut-, Rast- und Überwinterungsplatz für Wasser- und Watvögel. Im Sinne von NATURA 2000 weist das Feuchtgebiet eine enge Verzahnung (Austausch von Populationen) mit weiteren europäischen Schutzgebieten (u.a. Dümmer, Steinhuder Meer) und der angrenzenden Weseraue in Niedersachsen auf. In den letzten Jahren erlangte das Stromtal zunehmende Bedeutung als Durchzugs- und Überwinterungsraum für Wildgänse (v.a. Saat- und Blässgans) und nordische Schwäne (Singund Zwergschwan). Weiterhin beherbergt die Weseraue die letzten Weissstorch- Brutvorkommen in Nordrhein-Westfalen. Es gilt als das bedeutendste Überwinterungsgebiet für Schellente und Gänsesäger sowie Rastgebiet für den Goldregenpfeifer in Nordrhein-Westfalen. Besonders bei strengem Frost dient die Weser für Taucher, Enten und Säger als Zufluchtstätte, da sie nur in geringem Umfang zufriert.

Die Potenzialfläche 1 hat besondere Bedeutung für Sing- und Zwergschwäne, deren Bestände im Vogelschutzgebiet in den letzten 10 Jahren um 72 % (Singschwan) und 96% (Zwergschwan) abgenommen haben (Quelle: UIH 2015: Maßnahmenplan EG Vogelschutzgebiet Weseraue, vgl. Anhang). Die Potenzialfläche 10 befindet sich zwischen den Friller Angelteichen, die zwar zu dem IBA- Gebiet Weseraue gehören, jedoch (noch) nicht als Vogelschutzgebiet festgesetzt sind (vgl. Abb. 7). Um die Erfüllung der Vorgaben der EU-Vogelschutzrichtlinie zu überprüfen, wurden Important Bird Area Gebiete (= IBA) anhand ornithologischer Kriterien durch BirdLife International identifiziert. Nach einschlägier Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Ausweisung von Special Protection Areas nach Art. 4 der Vogelschutzrichtline (= Vogelschutzgebiete) können daher diese IBA-Gebiete herangezogen werden. Das Michael-Otto-Institut im NABU leitet die Aktivitäten des NABU für die Important Bird Area in Deutschland. Hier finden sich auch die Abgrenzungen der IBA-Gebiete in Deutschland (https://bergenhusen.nabu.de/forschung/ibas/index.html). Die Friller Angelteiche sind bereits als IBA identifiziert, und zwar als Teil des IBA Weseraue. Sie sind jedoch noch nicht als Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Eine Verriegelung der Flächen zwischen der bereits ausgewiesenen Lahder Marsch und dem fatktischen Teil des Vogelschutzgebiets an den Friller Angelteichen wäre mit europäischen Recht nicht vereinbar. Hinzu kommt, dass auch die Flächen selber zwischen den Lahder Kiesteichen (IBA und VSG) und den Friller Angelteichen ( nur IBA) eine hohe Bedeutung für rastende nordische Gänse, insbesondere Saat- und Blässgänse besitzen (vgl. Abb. 5). Außerdem finden sich hier während der Zugzeit regemäßig Kiebitz-Schwärme sowie Goldregenpfeifer. Aufgrund ihrer Bedeutung für diese wertgebenden Arten des Vogelschutzgebiets Weseraue sind auch die Flächen zwischen der Lahder Marsch und den Friller Angelteichen faktisch als Teil des Vogelschutzgebiests anzusehen. Folgende, im Standarddatenbogen der EU-Kommission genannte, für das Vogelschutzgebiet Weseraue wertgebende Arten von gemeinschaftlichem Interesse kommen im Bereich der Potenzialflächen 1 und 10 vor und sind betroffen:

Tab. 1: In den Bereichen Müsleringen und Frille (einschließlich Lahder Seen, Friller Angelteiche und Wietersheimer Teiche) vorkommenden, im Standarddatenbogen Weseraue genannten Arten Art Anhang I der Richtlinie 79/409/EWG Wertgebung gem. Standarddatenbogen Auf Wint Brut / dem erga Fortpfla Durch st nzung zug Vorkommen Gebiet bei Müsleringen Ciconia ciconia x x Ackerflur südl. Lahder Marsch Rohrweihe x (x) Nahrungsrau m, Durchflug Zwergschwan x x Singschwan x x Wanderfalke x x Zwergsäger x x Fischadler Goldregenpfeifer x Friller Angelteiche, Wietersheimer Teiche, Lahder Seen x x Zugvögel, die nicht im Anhang I der Richtlinie 79/409/EWG aufgeführt Spießente x x Krickente x x Pfeifente x x Knäckente x x Blässgans x x x (v.a. Lahder Seen) Saatgans x x x (v.a. Lahder Seen) Tafelente x x Gänsesäger x x Kiebitz x x x (Inseln, Ackerflur südl. Friller Angelteiche)

Im Ergebnis sind die Potenzialflächen 1 und 10 aufgrund ihrer Lage am Rand des bereits festgesetzten Vogelschutzgebiets Weseraue sowie aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für Arten, die gemäß Standarddatenbogen Schutzzweck des Vogelschutzgebiets Weseraue sind, faktisch Teile des Vogelschutzgebiets. Eine Ausweisung dieser beiden Potenzialflächen als Windkraftvorranggebiete ist daher auch mit europäischem Recht nicht vereinbar. Ich möchte Sie bitten ihre Entscheidung im benannten Verfahren dem Landesbüro der Naturschutzverbände NRW Ripshorster Straße 306 46117 Oberhausen Telefon: 0208-880 590 Email: Info@LB-Naturschutz-NRW.de und dem BUND mit zuteilen. Das Landesbüro ist zur Entgegennahme ihrer Entscheidung durch die anerkannten Naturschutzverbände bevollmächtigt. Mit freundlichen Grüßen Dieter Rosenbohm Kreisgruppen-Sprecher Minden-Lübbecke Anhang: 1. Tabelle: Stichprobenartige Auswertung www.strummöwe.de, www.duemmerbirding.de 2. UIH (2015): Zwischenergebnisse aus der Bearbeitung der Fachstudie zum Vogelschutz- Maßnahmenplan EG-Vogelschutzgebiet Weseraue

Anhang: 1. Tabelle: Stichprobenartige Auswertung www.strummöwe.de, www.duemmerbirding.de a. Wietersheimer Teiche Datum Meldung Beobachter 9.12.2006 Wie im letzten Winter ist der große Baggersee auch zur Zeit wieder ein sehr guter Ort, um Möwen zu studieren. Heute (9. Dezember) waren gegen 16 Uhr mindestens 1500 Großmöwen auf dem Wasser, badeten und putzten sich oder ruhten nur. Die allermeisten davon natürlich Silbermöwen in allen Kleidern, aber auch 2 adulte und eine K1-Mantelmöwen, 2 adulte intermedius-heringsmöwen, aber auch mind. zwei K1-Vögel und - höchst interessant - eine K2- Heringsmöwe, die immer irgendwie seltsam aussieht und noch vor wenigen Jahren als Top-Seltenheit im Binnenland im Winter galt. Mind. 3 adulte Mittelmeermöwen und mehrere K1, mind. 2 ad. Steppenmöwen und eine K2. Dazu noch Sturm- und Lachmöwen - eine vielfältige Gesellschaft. Jörg Hadasch hat dort vorgestern ähnliche Zahlen ermittelt. Zum Schlafen fliegen die Großmöwen offenbar in der Dämmerung in den Mindener Hafen. Die beste Zeit in Wietersheim ist jetzt ab etwa 15 Uhr. E. Möller 20.1.2007 52 adulte, 8 K2- und 3 K3 Silbermöwen zählen, dazu 1 K2- Sturmmöwe und nur 5 Lachmöwen. 18.12.200 9 27.12.200 9 10.11.2011 Letztes Jahr waren um dieselbe Zeit 1000+ Möwen dort! 2 wf TRAUERENTEN (auf dem östlichen See) 2 Mantelmöwen mehrere Zwergsäger 1 immat. Seeadler 8 Krickenten 1 m Schellente E. Möller C. Cordes E. Möller, P. Meyrahn, C. Moning E. Möller

Datum Meldung Beobachter 2,2 Schnatterenten 1 m Pfeifente 29.11.2011 15.12.201 1 8.1.2012 12.1.2012 14.1.2012 19.1.2012 2 ad. Mittelmeermöwen 3 Pfeifenten 6 Schnatterenten 1 wf. SAMTENTE 7 Schellenten 9 Gänsesäger 1 Silberreiher 35 Schnatterenten 9 Schellenten 31,15 Gänsesäger 1,2 Zwergsäger 3 Silberreiher 1 wf. SAMTENTE 7 Schellenten 1 Silberreiher 1 Eisvogel 35 Tafelenten 1 wf. SAMTENTE 9 Pfeifenten 10 Schellenten 2,1 Zwergsäger 1 Silberreiher 1 Eisvogel 1 wf. SAMTENTE 1 EISMÖWE (wohl 2. Winter) 1 wf. SAMTENTE 3 ad. Heringsmöwen 2 immat. Mantelmöwen (1 K4) 1 Silberreiher E. Möller E. Möller D. Schmidt- König E. Möller C. König, D. Schmidt- König E. Möller

Datum Meldung Beobachter 1 EISMÖWE (um 16:10 Uhr abfliegend in Richtung Schlafplatz; der Vogel wurde bereits am 04.01. von Jörg Hadasch in der Gegend beobachtet 12.7.2012 Stummöwenkolonie, Ad. + Juv. H.-J. Meier 8.3.2015 1500 Lachmöwen, mehrere Großmöwen H.-J. Meier 11.3.2015 1 Eisente (m) E. Möller, H..- J. Meier 6 Schellenten > 53 Kormorane 6 Sturmmöwen >6 Silbermöwen

b. Friller Angelteiche Datum Meldung Beobachter 6.12.2009 Zwergsäger 3 m, 3 w 8.12.2009 12.12.200 9 17.1.2011 11.02.2011 17.3.2011 15.12.201 1 Gänsesäger 1 m, 4 w Silberreiher 4 11 Tafelenten 1 wf Löffelente 3,3 Schellenten 2 Schnatterenten 1 m Gänsesäger 3,2 Zwergsäger 14 Silberreiher (vielleicht dort ein weiterer Schlafplatz?) 1 Silberreiher 5 Tafelenten 12 ad. Höckerschwäne 1 Tundrasaatgans mit 94 Graugänsen 7,5 Schellenten 4,4 Gänsesäger 2 Tafelenten 2,1 Schellenten 4,3 Gänsesäger 9 Tafelenten 2,3 Schellenten 1,2 Gänsesäger 1,5 Zwergsäger 1 Silberreiher H.-J. Uffmann, T. Weigel C. König H.-J. Meier C. König C. König C. König E. Möller 8.1.2012 44 Höckerschwäne ca. 200 Graugänse 1 Nonnengans C. König, D. Schmidt- König

Datum Meldung Beobachter 2 Nilgänse 12 Zwergsäger 5 Silberreiher 14.1.2012 1 ad. DREIZEHENMÖWE C. König, D. Schmidt- König 3 Schnatterenten 20.1.2012 6,3 Schellenten C. König 12 Tafelenten 6,2 Gänsesäger 6 w Zwergsäger 10 Silberreiher 1 ad. m Habicht min. 1 Eisvogel min. 60 Erlenzeisige

2. UIH (2015): Zwischenergebnisse aus der Bearbeitung der Fachstudie zum Vogelschutz- Maßnahmenplan EG-Vogelschutzgebiet Weseraue (Auszug: Folien zur Bestandsentwicklung relevanter Brut- und Rastvogelbestände)