Landtag von Baden-Württemberg 5. Wahlperiode Drucksache 5 / 3789 5. 07. 203 Antrag der Abg. Paul Nemeth u. a. CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Ausbau der Windkraft voranbringen Abstände von der Wohnbebauung flexibel gestalten Antrag Der Landtag wolle beschließen, die Landesregierung zu ersuchen, I. zu berichten,. wie sich nach ihrer Kenntnis die derzeitige Situation beim Ausbau der Wind - energie in Baden-Württemberg darstellt (mit Angabe, wie viele Anlagen in 203 neu in Betrieb genommen wurden, wie viele weitere Anlagen im weiteren Verlauf des Jahres voraussichtlich in Betrieb gehen werden und für wie viele eine Genehmigung vorliegt bzw. beantragt ist, aufgeschlüsselt nach Stadt- und Landkreisen); 2. inwiefern ihr bekannt ist, wie sich der Ausbaustand 203 in anderen Bundesländern, insbesondere in den Freistaaten in Bayern und Sachsen darstellt; 3. ob sich nach ihrer Einschätzung die Vorgaben zur Festlegung der Abstandsflächen im Windenergieerlass Baden-Württemberg in der Praxis bewährt haben (mit Angabe, inwiefern sowie ggf. von welcher Seite und mit welcher Begründung hieran Kritik geäußert wurde); 4. inwiefern ihr bekannt ist, welche Abstandsflächen die entsprechenden Vorgaben in anderen Bundesländern vorsehen; Eingegangen: 5. 07. 203 / Ausgegeben: 6. 08. 203 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen Der Blaue Engel.
II. im Bundesrat die Initiative Bayerns und Sachsens zur Schaffung einer Länderöffnungsklausel für höhenbezogene Abstandregelungen bei Windkraftanlagen zu unterstützen und im Erfolgsfall von dieser für Baden-Württemberg Gebrauch 2. 07. 203 Nemeth, Groh, Lusche, von Eyb, Jägel, Müller, Razavi, Reuther, Röhm CDU Begründung Der nach wie vor marginale Fortschritt beim Ausbau der Windkraft in Baden- Württemberg gibt Anlass, insbesondere die Vorgaben zu Abstandsflächen im Windenergieerlass, der nunmehr seit einiger Zeit in der praktischen Bewährung steht, kritisch zu hinterfragen. Dabei sind auch die aktuellen in anderen Bundesländern bestehenden Vorgaben und gemachten Erfahrungen von Interesse. Aus Bayern und Sachsen kommt nun die Initiative, über eine Länderöffnungsklausel im Baurecht flexiblere Lösungen zu ermöglichen, die einerseits der Weiterentwicklung der Technik, andererseits den unterschiedlichen topografischen Gegebenheiten in den einzelnen Bundesländern Rechnung tragen soll. Dabei wird auch deutlich, dass die zehnfache Gesamthöhe der Anlage eine absolute Obergrenze für einen angemessenen Ausgleich der bei der Abwägung der zu berücksichtigenden Interessen darstellt, die bei aktuell gängigen Anlagen der zwei bis drei MW-Klasse in aller Regel unterschritten werden kann. Wenn die Landes - regierung diese Initiative im Bundesrat unterstützt und im Erfolgsfall von der Länderöffnungsklausel in sinnvoller Weise Gebrauch macht, kann dies dazu beitragen, die Akzeptanz für den Ausbau der Windkraft in Baden-Württemberg zu verbessern. Bayern und Sachsen, die beide beim Ausbau der Windkraft deutlich besser vorankommen als Baden-Württemberg, sehen in einer höhenbezogenen Abstandsregelung einen Weg, die Energiewende in ihren Ländern weiter voranzubringen. Baden-Württemberg sollte sich dem anschließen. Stellungnahme Mit Schreiben vom 5. August 203 Nr. 6-4583/780 nimmt das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur zu dem Antrag wie folgt Stellung: I. zu berichten,. wie sich nach ihrer Kenntnis die derzeitige Situation beim Ausbau der Wind - energie in Baden-Württemberg darstellt (mit Angabe, wie viele Anlagen in 203 neu in Betrieb genommen wurden, wie viele weitere Anlagen im weiteren Verlauf des Jahres voraussichtlich in Betrieb gehen werden und für wie viele eine Genehmigung vorliegt bzw. beantragt ist, aufgeschlüsselt nach Stadt- und Landkreisen); Nachdem die flächendeckende Schwarz-Weiß-Steuerung der Windenergie im vergangenen Jahr durch ein neues, dem Ausbau der Windkraft Vorschub leistendes Planungsregime abgelöst wurde, suchen Regionalverbände, Kommunen und Projektierer derzeit auf der gesamten Landesfläche systematisch nach geeigneten Flächen für die Windenergienutzung und treiben die entsprechenden Planungen mit großem Engagement voran. Die damit einhergehenden fachlichen Prüfungen 2
sind nach Wahrnehmung der Landesregierung von Gewissenhaftigkeit und Sachlichkeit geprägt. Die beigefügte Tabelle beinhaltet die Anzahl der Windenergieanlagen, die in Betrieb genommen wurden, für die derzeit eine Genehmigung vorliegt und für die ein Genehmigungsantrag gestellt wurde, aufgeschlüsselt nach Stadt- und Landkreisen. Wie viele Windenergieanlagen im weiteren Verlauf des Jahres in Betrieb gehen werden, lässt sich im Vorhinein nicht sicher abschätzen. Allerdings kann aus der Anzahl der erteilten Genehmigungen grob auf die Zahl der in absehbarer Zeit in Betrieb gehenden Anlagen geschlossen werden. Anzahl Windenergieanlagen Stadt-/Landkreis mit Inbetriebnahme mit vorliegender mit gestelltem 203 Genehmigung Genehmigungsantrag Alb-Donau-Kreis 3 Breisgau- Hochschwarzwald Emmendingen Freudenstadt Heidenheim 2 Heilbronn (Landkreis) 27 Karlsruhe (Stadtkreis) Main-Tauber-Kreis 3 Ortenaukreis 4 Ostalbkreis 6 Ravensburg 3 Reutlingen 2 Rottweil 2 Schwäbisch Hall 7 6 Schwarzwald-Baar- Kreis Gesamt 4 06 2. inwiefern ihr bekannt ist, wie sich der Ausbaustand 203 in anderen Bundesländern, insbesondere in den Freistaaten in Bayern und Sachsen darstellt; Das Deutsche Windenergie Institut GmbH (DEWI) veröffentlicht die Halbjahreszahlen zum Ausbaustand der Windenergienutzung in Deutschland üblicherweise im Sommer und bietet damit eine gute Basis für einen Vergleich der Entwicklungen in den Bundesländern. Die Halbjahreszahlen 203 liegen zum Zeitpunkt der Beantwortung noch nicht vor. 3
3. ob sich nach ihrer Einschätzung die Vorgaben zur Festlegung der Abstandsflächen im Windenergieerlass Baden-Württemberg in der Praxis bewährt haben (mit Angabe, inwiefern sowie ggf. von welcher Seite und mit welcher Begründung hieran Kritik geäußert wurde); Der Windenergieerlass gibt einen regionalplanerischen Vorsorgeabstand von 700 Metern zu Gebieten an, in denen das Wohnen nicht nur ausnahmsweise zulässig ist. Für die kommunale Bauleitplanung wird ein Abstand von 700 Metern zu Wohngebieten empfohlen, wobei bei reinen Wohngebieten größere Abstände und insbesondere bei Misch-/Dorfgebieten und Gewerbegebieten kleinere Abstände zu erwägen sind. Bei diesen pauschalierten Abständen von der Wohnbebauung handelt es sich jedoch um keine zwingenden Vorgaben zur Planung, sondern um Empfehlungen zur Berücksichtigung des Lärmschutzes bei den Planverfahren. Diese Empfehlungen sind so gewählt, dass damit die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen zum Schutz gegen Lärm in der Regel eingehalten werden können. Diese sind in der bundesweit geltenden sechsten allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm TA Lärm) konkretisiert. In der konkreten Planung kann der Planungsträger abhängig von den Verhältnissen im Plangebiet zu größeren oder geringeren Abständen gelangen. Außerdem wird vor der Errichtung jeder Windenergieanlage die Einhaltung der Vorgaben der TA Lärm im immissionsschutzrecht - lichen Genehmigungsverfahren überprüft. Die Abstände zur Wohnbebauung sind in der planerischen Praxis teilweise Gegenstand von Diskussionen. Dabei geht es zumeist um die Frage, in welchem Maße Abstände zu Siedlungsflächen aufgrund einer eigenständigen gebietsbezogenen Bewertung des Planungsträgers geplant und rechtssicher begründet werden können. Die Ausführungen des Windenergieerlasses zu den immissionsschutzrechtlichen Abständen zur Wohnbebauung haben sich nach Auffassung der Landesregierung bewährt. 4. inwiefern ihr bekannt ist, welche Abstandsflächen die entsprechenden Vorgaben in anderen Bundesländern vorsehen; Die Bund-Länder-Initiative Windenergie hat eine Übersicht der landesplanerischen Empfehlungen zur Berücksichtigung von Schutzgebieten bei der Ausweisung von Windenergiegebieten erarbeitet (http://www.erneuerbare-energien.de/ die-themen/windenergie/bund-laender-initiative-windenergie/aktivitaeten/ ). Danach erstreckt sich die Bandbreite der Abstandsempfehlungen zu allgemeinen und reinen Wohngebieten von 500 bis ca..000 Meter. Teilweise, wie etwa in Nordrhein-Westfalen, werden keine konkreten Empfehlungen der Landesregierung gegeben, sondern u. a. auf den für das jeweilige Baugebiet gültigen Wert der TA Lärm verwiesen (vgl. Windenergie-Erlass Nordrhein-Westfalen vom. Juli 20, Ziffer 8..). Aus der Tabelle geht nicht hervor, welche Belange den Abstandsempfehlungen zugrunde liegen. Eine Vergleichbarkeit ist daher nur bedingt, das heißt unter Berücksichtigung der zugrunde liegenden Kriterien, gegeben. II. im Bundesrat die Initiative Bayerns und Sachsens zur Schaffung einer Länderöffnungsklausel für höhenbezogene Abstandregelungen bei Windkraftanlagen zu unterstützen und im Erfolgsfall von dieser für Baden-Württemberg Gebrauch Die angesprochene Bundesratsinitiative zielt darauf ab, den Ländern die Befugnis einzuräumen, durch eine landesgesetzliche Regelung die Anwendung des Privilegierungstatbestandes des 35 Abs. Nr. 5 Baugesetzbuch (BauGB) in Bezug auf die Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie von der Einhaltung eines angemessenen höhenbezogenen Mindestabstandes zur Wohnbebauung abhängig In den Ländern, die von der vorgeschlagenen Öffnungsklausel Gebrauch machen würden, hätte dies zur Folge, dass Windenergieanlagen, die einen festgelegten höhenbezogenen Abstand nicht einhalten, künftig von der Privilegierung des 35 Abs. Nr. 5 BauGB nicht mehr erfasst sind und lediglich im Rahmen des 35 Abs. 2 BauGB im Einzelfall geprüft werden könnte, ob eine solche Anlage, sofern 4
öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist, zugelassen werden kann. Für den Mindestabstand unterschreitende Windenergie - anlagen bedürfte es damit nach dem Gesetzesantrag in der Regel der Aufstellung eines Bebauungsplanes. Außerdem sollen die Länder bestimmen können, dass bei der Ausweisung von Sondergebieten nach Abs. 2 S. 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) für Windenergie angemessene höhenbezogene Mindestabstände vorzusehen sind. Bei Umsetzung der Initiative würde die Außenbereichsprivilegierung der Windenergie in den Ländern, die von der Öffnungsklausel Gebrauch machen, stark eingeschränkt. Die Initiative ist nicht dazu geeignet, den Ausbau der Windenergie zu befördern, sondern könnte im Gegenteil lediglich dazu genutzt werden, den Ausbau der Windenergie zu bremsen. Insofern lehnt auch die Landesregierung wie viele andere Beteiligte den Vorschlag ab. Mit den vorhandenen Regelungen und Empfehlungen bestehen im Übrigen ausreichende und geeignete Möglichkeiten, um Abstände von Windenergieanlagen orts- und situationsbezogen zu bestimmen. In Vertretung Meinel Ministerialdirektor 5