1 Lesekonzept der Freiherr-vom-Stein-Schule, überarbeitete und ergänzte Fassung Oktober 2007 Gliederung Strategisches Ziel 1. Einleitung 2. Begründung der Thematik 3. Theoretische Grundlagen 4. Handlungskonzept 5. Fördermöglichkeiten 6. Evaluation Strategisches Ziel Am Ende des zweiten Grundschulbesuchsjahres sollen alle Schülerinnen und Schüler altersgemäße Texte sinnerfassend lesen können. 1. Einleitung Lesekompentenz ist eine Schlüsselkompetenz zur persönlichen schulischen und beruflichen Weiterentwicklung. Entwickelte Lesefähigkeit gilt auch in der Mediengesellschaft als unverzichtbare Kulturtechnik und als Grundlage zum mündlichen Umgang mit anderen Medien. Dass habituelle Leser und Leserinnen von ihrem Gebrauch anderer Medien mehr profitieren als Nicht-Leser, ist erwiesen; der Rückschluss, das Lesen von Printmedien Kompetenzen erfordert und ausbilden hilft, die für die Orientierung und den Gebrauch anderer Medien qualifizieren, ist in verschiedener Hinsicht evident(rosebrock 1995). Was aber ist Lesekompetenz? Lesekompetenz ist die Fähigkeit des Lesers, Texte zu verstehen, zu nutzen und über sie zu reflektieren, um das eigene Wissen und Potential weiterzuentwickeln. Diese Sichtweise auf Texte ist geprägt von einer zweckorientierten Sichtweise auf Texte (jeder Text beinhaltet Informationen), von dem IGLU und Pisa zu Grunde liegenden Begriff reading literacy. Lesekompetenz ist gekennzeichnet durch: a) die Nutzung textimmanenter Informationen -Einzelinformationen nutzen, Informationen erkennen und wiedergeben -Beziehungen zwischen Textteilen und -abschnitten herstellen und einfache Schlussfolgerungen ziehen b) das Heranziehen externen Wissens -über Inhalte reflektieren, komplexe Schlussfolgerungen ziehen und begründen, Interpretieren des Gelesenen -über Strukturen reflektieren, prüfen und bewerten von Inhalt und Sprache Dabei zu berücksichtigen ist, dass insbesondere literarische Texte über mehrere Deutungsmöglichkeiten verfügen, es bedarf der Anwendung vielfältiger Strategien um sie zu verstehen. Es ist Aufgabe des Unterrichts, diese Strategien zu aktivieren.
2 Lesekonzept der Freiherr-vom-Stein-Schule 2. Begründung der Thematik Der Prozess des Lesenlernens stellt die zentrale Aufgabe des Deutschunterrichts in der Grundschule dar. Ohne die Fähigkeit des sinnerfassenden Lesens kann ein Kind die gestellten Anforderungen und geforderten Lernziele in den meisten Fächern nicht erreichen. Die frühe individuelle Förderung ist wichtig für die gesamte Lernentwicklung eines Kindes. Durch den Wandel der Lebenswelt der Kinder und der sich rapide verändernden Medienumwelt (Hess. Kultusministerium: Rahmenplan Grundschule, S. 106, 1995 Frankfurt am Main) verschlechtert sich das allgemeine Leseverhalten. Der Schule kommt die Aufgabe zu, den Kindern die Freude am Lesen zu vermitteln und das Interesse an Büchern zu wecken. Konkret bedeutet das, die Lesefunktionen hervorzuheben, die das Lesen erst sinnvoll werden lassen. Der Rahmenplan gliedert in folgende Funktionen: 1. die hedonistische Funktion: Lesen als Gewinnung von Lust, also als Genuss und zur Unterhaltung, 2. die informatorische Funktion: Lesen als Erfassen von Sachverhalten und zur Wissenserweiterung, 3. die kognitive Funktion: Lesen als Erkenntnis von Sinnzusammenhängen. (ebenda) 3. Theoretische Grundlagen: a) Lesestrategien Die geforderte und benötigte Lesekompetenz erreicht man durch den Einsatz von Lesestrategien. Diese sind unter anderem kognitive Strategien, wie: - die Schüler können sich die Textinhalte bildlich vorstellen - Analogien bilden - Beispiele finden - Fragen zum Text beantworten - Wichtiges markieren - Zusammenfassung von Textstellen - Kernaussagen formulieren - Informationen entnehmen und übertragen - wiederholtes Lesen - auswendig lernen - Fragen formulieren - Texte vergleichen - eigene Meinung bilden - Texte präsentieren Unterschiedliche Ebenen des Leseprozesses sollten, je nach Alter und Können der Kinder geschult werden, wie zum Beispiel: - die Buchstabenebene - die Wortebene - die Satzebene - die Textebene (vgl. Unterlagen der Veranstaltungen Lesekompetenz durch das SSA, 2005) Als strategisches Ziel des HKM gilt für alle Grundschulen: Am Ende des zweiten Grundschulbesuchsjahres sollen alle Schülerinnen und Schüler altersgemäße Texte sinnerfassend lesen können.
3 b) Kompetenzstufen Nach IGLU ist sinnerfassendes Lesen über drei Kompetenzstufen definiert. Kompetenzstufe 1: - Informationen im Text erkennen - in unveränderter Form wiedergeben (Reproduktion) Kompetenzstufe 2: - Informationen aus dem Sachverhalt entnehmen und in veränderter Form wiedergeben - einfache Schlussfolgerungen ziehen Kompetenzstufe 3: - komplexe Schlussfolgerungen ziehen und begründen - Verknüpfung mehrerer Textteile/ Blick auf gesamten Text - Informationen auf vergleichbare Sachverhalte und Anwendungssituationen beziehen (Transfer) - Reflexion über Sprache oder Inhalt (Unterlagen der Veranstaltungen Lesekompetenz durch das SSA, 2005) 4. Handlungskonzept Ziel Handlungskonzept 1.) Über Leseerfahrungen - in allen Klassen wird regelmäßig von der Lehrerin vorgelesen (z.b. während der Frühstückszeit) verfügen - Ganzschriften werden in allen Jahrgangsstufen in den Unterricht einbezogen, der Bestand der Klassensätze wird regelmäßig auf die aktuelle Interessenlage der Kinder überprüft und aufgestockt - Besuche in der Mediathek Eltville sind spätestens ab dem 2. Schuljahr durchzuführen (Ansprechpartnerin: Frau Sybille Löschner, Tel.: 06723-5841), Nachbereitung im Unterricht durch schriftliche Schülerkommentare, Erlebnisberichte, Zusammenfassungen, Zeichnungen (im ersten Schuljahr), Fotoausstellungen u.ä. - Vorstellung eigener Bücher durch die Schüler/innen, anfertigen von Leseprotokollen - Zusammenstellung von Lesekisten aus dem Bestand der Schülerbücherei zu ausgewählten Themen (z.b. aus dem Sachunterricht), dabei Mithilfe der Leiterin der Schülerbücherei 2.) Texte präsentieren - ab Klasse 1: Anfertigen von Leporellos, Comics, Gestalten von Schmuckblättern und Plakaten - Vorlesen von geübten Texten vor der Klasse - Vorstellen von Lieblingsbüchern oder Textstellen vor der Klasse - Dialog- und Rollenspiele, Theaterstücke, Präsentation vor der eigenen wie auch anderen Klassen, auf Schulfeiern und festen, auf Elternveranstaltungen - Vortragen von Gedichten, evtl. mit Musikuntermalung oder rhythmischen und optischen Gestaltungselementen - Aushänge von gelungenen Schülerarbeiten am Schwarzen Brett
4 Lesekonzept der Freiherr-vom-Stein-Schule - Einladung an die Kindergärten zu Aufführungen - jährliche Durchführung eines Tag des Buches oder einer Leseprojektwoche mit Präsentationstag (Vorschläge für Aktionen und Präsentationen in: Mit Bücherbox und Wörterdomino, Handreichung für Lehrerinnen und Lehrer, Stiftung Lesen) 3.) Lesemotivation - zu bestimmten Anlässen (z. B. Projektwoche, Tag des Buches, Schulfeiern) werden nach Möglichkeit Autorenlesungen organisiert - Beteiligung an Lesewettbewerben - Teilnahme am Eltviller Lesefest (Ansprechpartnerin: Leiterin der Schülerbücherei) - Ausrichten eines innerschulischen Vorlesewettbewerbs (z.b. im Rahmen der Leseprojektwoche) - Sieger der Wettbewerbe bieten Vorlesestunde für die Kindergartenkinder an - in den 1. Klassen: regelmäßiges Vorlesen durch Lesepaten - ab dem 2. Schuljahr: Möglichkeit der Durchführung von Lesenächten bzw. Leseabenden (evtl. unter Mitwirkung der Eltern) 4.) Über Lesefähigkeit verfügen (Texte erschließen) Klasse 1: Leselehrgänge werden von den entsprechenden Jahrgansteams ausgewählt, Orientierung der Arbeit am didakt. Konzept der jeweiligen Fibel, Bevorzugung von Fibeln, die das frühe Schreiben anregen und fördern Klasse 1-4: Vermittlung von Lesestrategien (Überblick verschaffen, Hypothesenbildungen, mehrmaliges Lesen einzelner Textabschnitte, Besprechen von Schwierigkeiten, mündlich und schriftlich, Zusammenfassungen erstellen, Unterstreichen wichtiger Begriffe, etc.) Weitere Methoden: - Auswendiglernen von Versen und Gedichten - flüssiges und gestaltendes Vorlesen üben - Darstellendes Spiel - Malen zu Texten - Präsentation von Texten in Formen wie Plakat, Aushang, etc. - eigene Büchlein, Leporellos, etc. herstellen - Fotoalben anlegen und beschriften - Benutzung von Wörterbüchern und Lexika
5 Evaluation Bezug zu den theoretischen Grundlagen Überprüfen des Lernstandes zu Beginn (Beispielsweise Münsteraner Screening unter Mitwirkung von Frau Folland), weiterhin durch regelmäßige, gemeinsam im Team erarbeitete Lernstandskontrollen, am Ende jedes Schuljahres durch den Stolperwörterlesetest. zu 1.) - Vorlesen unterstützt die hedonistische Funktion - Ganzschriften dienen der Einübung kognitiver Strategien und erfüllen die hedonistische Funktion - Besuch der Mediathek dienen der informativen Funktion sowie der hedonistischen und kognitiven Funktion - Vorstellung eigener Bücher/ Leseprotokoll übt kognitive Strategien ein, wie z. B. eigene Meinung bilden, Texte präsentieren etc. - die Lesekisten unterstützen die informative Funktion zu 2.) und 3.) - verschiedene Arten der Textpräsentation dienen der Motivation, gleichzeitig wird die hedonistische Funktion erfüllt und emotionale und motivationale Stützstrategien kommen zu Tragen zu 4.) - die genannten Methoden zur Vermittlung von Lesefähigkeit greifen die oben genannten kognitiven Strategien auf Die Unterrichtsmaterialien sind so gestaltet, dass die drei Lesekompetenzstufen eingefordert werden! Ergibt sich nach den Lernstandserhebungen Förderbedarf bei einzelnen Kindern, werden gezielte Maßnahmen durch differenzierende Unterrichtsmethoden und wenn möglich durch Förderstunden ergriffen. Es werden Förderberichte angelegt. Ebenso werden leistungsstarke Kinder durch entsprechende Materialien in ihren Begabungen unterstützt.
6 Lesekonzept der Freiherr-vom-Stein-Schule 5. Fördermöglichkeiten a) Wortebene geforderte Leseleistung beobachtete Schwierigkeit Fördermöglichkeiten Umsetzen von Buchstaben in Laute Buchstaben werden nicht den entsprech. Lauten zugeordnet Merktraining, Anlauttabelle, Handzeichen, Nutzung von Strukturwissen auf Wortebene: schnelles Erkennen von Silben mühsames gedehntes Artikulieren, falsche Vokallänge Zergliedern von Wörtern in Wortbausteine, Blitzlesen kurzer, häufiger Wörter Aktivierung eines inneren unkorrigierte Wortruinen Aufbau eines Basis-wortschatzes Wortschatzes lautes sinngemäßes Erlesen der Wörter unsinniges Ersetzen von Wörtern durch andere (mündl+schriftl) Lesegenauigkeit trainieren b) Satzebene geforderte Leseleistung beobachtete Schwierigkeit Fördermöglichkeiten Erkennen der Kernaussage eines Satzes schnelles ungenaues Lesen Wiedergabe von Sätzen mit eigenen Worten Verstehen von Wortfolgen als zusammenhängende Sinneinheiten Verschlucken und Verwechseln von Endungen Markierung von Wortendungen Nutzen von grammat. Wissen auf Satzebene Sinnverständnis beim stillen Lesen nicht sinnentsprechende Betonung und Stimmführung beim lauten Lesen kein Übergang zum stillen Lesen Grammat. Umstell- und Ersatzproben zur Ermittlung von Satzgliedern Zuordnung von Fragen und Antworten, Lückentexte mit und ohne Vorgaben c) Textebene geforderte Leseleistung beobachtete Schwierigkeit Fördermöglichkeiten geistiges Verknüpfen von Sätzen in inhaltlicher und formaler Hinsicht zu einer Gesamtaussage des Textes als mitlaufender Prozess während des Lesens falsche Betonungen, Pausen, Stimmführung Training des flüssigen Lesens mit Lesepartnern beim gemeinsamen lauten Lesen, Vereinfachen der Lesetexte durch die Lehrkraft Kenntnis formaler und inhaltlicher Gestaltungsmittel unterschiedlicher Textsorten Einnehmen einer eigenen kritischen Haltung zum Text Ignorieren von Hinweisen wie Überschriften oder Illustrierungen, Desorientierung: best Wörter und Passagen werden im Text nicht wieder gefunden fehlende Fähigkeit, Fragen zum Text zu beantworten Unterstreichen von Schlüsselwörtern, Sortieren verwürfelter Textabschnitte in die richtige Reihenfolge Beantworten einfacher Fragen zum Text, Gespräche über gelesene Texte
7 6. Evaluation Eine Evaluation der Wirksamkeit des Konzepts erfolgt über die durchzuführenden Lesetests, eine Evaluation im Hinblick auf die Verwendung der vorgeschlagenen Inhalte und Methoden erfolgt über Fragebögen, die vom gesamten Kollegium am Schuljahresende ausgefüllt und von der Steuergruppe Lesekonzept ausgewertet werden. Hieraus ergeben sich Ansätze zur stetigen Überarbeitung und Aktualisierung des Konzepts.