Sucht und Gewalt. Eine Herausforderung für die medizinische und psychosoziale Versorgung?

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Transkript:

Sucht und Gewalt Eine Herausforderung für die medizinische und psychosoziale Versorgung?

Sucht und Gewalt Eine Herausforderung für die medizinische und psychosoziale Versorgung? (Ich bin nur der Ersatzspieler, Kollegin Doris Höpner ist kuzfristig verhindert.)

Sucht und Gewalt Eine Herausforderung für die medizinische und psychosoziale Versorgung? (Ich bin nur der Ersatzspieler, Kollegin Doris Höpner ist kuzfristig verhindert.) GNADE!

Sucht und Gewalt Eine Herausforderung für die medizinische und psychosoziale Versorgung? Verwendetes Material: Rosa Logar, Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie rosa.logar@interventionsstellewien.at http://www.dhs.de/makeit/cms/cms_upload/dhs/alkohol_und_gewald_rosalogar.pdf (DHS) 12.-14. November 2007, Mannheim Seminar Alkohol und Gewalt

Alkohol, Geschlecht & Gewalt Männer: Im Rausch seine Frau zu verprügeln ist normal Gewaltausübung ist legitim, unter Alkoholeinfluss noch legitimer Die Schuld für Gewaltausübung wird auf den Alkohol geschoben; Aber: Alkohol ist nicht die Ursache, sondern Risikofaktor: setzt Hemmschwelle herab, führt zu massiverer Gewaltausübung! Muster von Gewaltausübung und Muster von Alkoholmissbrauch werden schon in der Familie gelernt und von Generation zu Generation weitergegeben.

Alkohol, Geschlecht & Gewalt Frauen: Gewaltausübung ist nicht legitim (Aggressionstabu) Gewaltausübung unter Alkoholeinfluss ist noch weniger legitim! Frauen schlagen nicht wenn sie trinken, sondern sie trinken wenn sie geschlagen werden! Alkoholkonsum ist eine Coping-Strategie um Gewalt auszuhalten Frauen erleben unter Alkoholeinfluss noch mehr Gewalt, da sie sich noch schlechter wehren können Frauen werden als Opfer nicht ernst genommen und erhalten weniger Hilfe, wenn sie alkoholisiert sind Frauen, die trinken gelten automatisch als schlechte Mütter.

Gewalterleben und Suchtmittelabhängigkeit (1): Frauen, die in der Kindheit Gewalt erleiden oder Zeuginnen von Gewalt werden, haben ein erhöhtes Risiko, auch im Erwachsenenleben Opfer von Gewalt durch einen Partner zu werden; Sie haben auch ein erhöhtes Risiko, suchtmittelabhängig zu werden; Frauen mit Suchtproblemen haben häufiger einen gewalttätigen Partner als Frauen ohne Suchtproblem; Sie wehren sich häufiger körperlich gegen Gewalt und riskieren damit, noch mehr Gewalt zu erleiden.

Gewalterleben und Suchtmittelabhängigkeit (2): Die Mehrheit suchtkranker Frauen hatte in der Kindheit Gewalt erfahren oder Gewalt zwischen den Eltern miterlebt; Die Mehrheit der Frauen hatte kürzlich Gewalt durch einen Partner erlebt; Suchtkranke Frauen, die auch Gewalt erfahren hatten, hatten ein schwerwiegenderes Suchtproblem als Frauen ohne Gewalterfahrungen; Eine signifikante Zahl von Frauen in Frauenhäusern hat auch ein Suchtproblem Suchtkranke Frauen in Frauenhäusern hatten gleichzeitig massivere Gewalterfahrungen, als Frauen die kein Suchtproblem hatten.

Gewalterleben und Suchtmittelabhängigkeit (3): Bei Spritzdrogen-abhängigen Frauen und bei Frauen mit einer Mehrfachabhängigkeit steigt der Prozentsatz gewalterfahrener und aktuell Gewalt überlebender Frauen nochmals an! Fazit: häufige Überlappung der beiden Probleme: sowohl das Gewalt, als auch das Suchtproblem sind schwerwiegender wenn beides zusammenkommt!

Gewalterleben und Suchtmittelabhängigkeit (4): Der Verzahnung von Gewalt- und Suchtproblemen wird in der Praxis wenig Rechnung getragen: Anti-Gewalt-Einrichtungen und Einrichtungen der Suchtkranken-Hilfe arbeiten weitgehend getrennt. Notwendig: Entwicklung und Intensivierung der Zusammenarbeit, um in der Gewaltprävention/-behandlung und in der Suchtbehandlung erfolgreich zu sein!

good practice entwickeln: Das sollte ein Schritt sein, den BEIDE Seiten miteinander gehen! Wenn eine Einrichtung der Suchtbehandlung das Gewaltproblem einer Klientin und die Notwendigkeit von Schutz ignoriert, kann das Suchtproblem nicht bewältigt werden! Wenn eine Fraueneinrichtung gegen Gewalt das Suchtproblem einer Klientin ignoriert, kann das Ziel der Befreiung aus der Gewalt nicht erreicht werden!

good practice entwickeln: => Das sollte ein Schritt sein, den BEIDE Seiten miteinander gehen! 1.: baue eine Karte auf: wer in meiner Umgebung beschäftigt sich mit Sucht wer mit Gewalt gegen Frauen und Kinder? 2.: come together! Verabredet Euch und Eure Teams, stellt Euch gegenseitig Eure Arbeit vor und kommt in einen Austausch über Eure Menschenbilder und Ideologien Angst vor Gewalt Stigmatisierung von Abhängigen

good practice entwickeln: => Das sollte ein Schritt sein, den BEIDE Seiten miteinander gehen! Wir lernen voneinander! Wir lernen voneinander! Routinemäßige Erfassung von Gewalterfahrungen und aktueller Bedrohung Auslegen von Infomaterial, aktive Vermittlung von Adressen. Klare Haltung: Gewalt ist nicht zu akzeptieren, Täter trägt Verantwortung! Routinemäßige Aufnahme einer Suchtanamnese, akt. Konsum von was in welchen Mengen? Auslegen von Infomaterial, aktive Vermittlung von Adressen. Klare Haltung: Abhängigkeit ist eine Erkrankung und GUT behandelbar!

good practice entwickeln: Das sollte ein Schritt sein, den BEIDE Seiten miteinander gehen! Beispiele von Zusammenarbeit: MARACS - Multi-institutionelle Zusammenarbeit in England DAPHNE Projekt Zusammenarbeit Drogeneinrichtungen und Opferschutzeinrichtungen in Wien Projekt STELLA in London Good practice guidelines Nottinghamshire Country Council: www.nottinghamshire.gov.uk/drugalcoholguidelinesdomviolence.pdf

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!