07.06.07 Rede der jugendpolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion, Sandra Scheeres. SCHUTZ UND CHANCENGLEICHHEIT FÜR ALLE KINDER - EINE HERAUSFORDERUNG FÜR POLITIK UND GESELLSCHAFT - Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, Kinder haben Rechte. Dieser Satz ist so einfach und kurz wie richtig. Seit 1992 gilt dies noch umfassender in Deutschland durch die UN- Kinderrechtskonvention. Daran ändern auch die Vorbehalte nichts, die von Deutschland in einer Erklärung gegenüber der UN vorgebracht wurden. Bereits im zweiten Staatenbericht zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention führte die damalige Bundesregierung aus, dass es aus heutiger Sicht nicht notwendig gewesen wäre, die deutsche Erklärung abzugeben. Allerdings konnten damals die Vorbehalte nicht zurück genommen werden, da die Bundesländer einem solchen Verfahren nicht zustimmten. Insofern möchte ich vor allem die Bedeutung des Engagements Berlins in den Ländergremien, das ja auch im Antrag von Bündnis 90/ DIE GRÜNEN eingefordert wird, ausdrücklich betonen. Auch ich bin für eine vorbehaltlose Zustimmung zur UN-Kinderrechtskonvention. Sehr geehrte Damen und Herren, Allerdings finde ich es bedauerlich, dass in dem Antrag noch Forderungen gestellt werden, die in Berlin bereits umgesetzt werden. Das gilt etwa sowohl für die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in Einrichtungen der Jugendhilfe als auch für den Einsatz von speziell geschultem Personal bei ihrer Befragung. Allerdings hätte ich schon etwas mehr Anerkennung für die gute Praxis in Berlin erwartet. Schließlich soll Berlin selbstbewusst und offensiv eine bessere Praxis in anderen Bundesländern einfordern. Da wäre ein Hinweis auf die eigenen Erfolge sicher hilfreich. 1/6
Von solchen Kleinigkeiten einmal abgesehen, freue ich mich, dass die Rechte der Kinder in so vielen Parteien ein große Rolle spielen. Zwei wichtige Bereiche der Kinderrechte bilden dabei den Schwerpunkt der heutigen Debatte: 1. Das Recht auf Beteiligung 2. Das Recht auf gewaltfreie Erziehung und auf Schutz vor körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt. Anrede, Eine wichtige Errungenschaft der UN-Kinderrechtskonvention war und ist es, dass Kinder nicht mehr als Objekte wahrgenommen werden, sondern als Subjekte. Beteiligungsrechte für junge Menschen sind das sichtbare Zeichen für diesen Perspektivwechsel. Dabei geht es darum, Kinder selbst zu beteiligen. Kinder und Jugendliche müssen an den Entscheidungen in ihrem Umfeld beteiligt werden. Dort ist es auch am einfachsten, altersgerechte Formen der Beteilung zu entwickeln. Junge Menschen müssen darüber hinaus schnell den Erfolg ihres Engagements sehen können. Wenn sie sich an einer Entscheidung beteiligen, darf das Ergebnis nicht erst nach Jahren sichtbar werden. All dies spricht für eine besondere Verantwortung der bezirklichen Ebene. Die Bezirke haben in Berlin bereits eine gesetzliche Verpflichtung, die Mitwirkung und Mitgestaltung von Kindern und Jugendlichen an allen sie betreffenden kommunalen Planungen und Entscheidungen sicherzustellen. Das Land hat die Bezirke bei der Schaffung der struktureller Rahmenbedingungen für Beteiligungspolitiken angeregt und unterstützt. Vielfältige Aktivitäten wurden dabei in den letzten Jahren entwickelt. 2/6
Erst auf der Grundlage solcher konkreten Beteiligungsprojekte und ihrer Auswertung können die Beteiligungsmöglichkeiten von allen Kindern und Jugendlichen verbessert werden. Dabei haben Land und Bezirke gemeinsam die Aufgabe, gute Lösungen in ganz Berlin zu verankern. Wir sind also auf einem guten Weg. Dabei bin ich offen für interessante und neue Formen der direkten Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Neue Gremien brauchen wir jedoch nach meiner Einschätzung nicht. Wir sollten den Bezirken lieber Zeit und Raum für die Entwicklung neuer Formen der Beteiligung geben. Dies stärkt die Position von Kindern und Jugendlichen mehr als eine weitere Kommission. Damit möchte ich zu meinem zweiten Punkt kommen. So spannend die Debatte um die richtigen Formen der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist, sie setzt eins voraus: Kinder und Jugendliche müssen sich als Persönlichkeiten entfalten und einbringen können. Damit bin ich beim Thema Kinderschutz. Das Recht auf gewaltfreie Erziehung, auf Schutz vor körperliche, seelische oder sexuelle Gewalt und das Recht auf staatliche Unterstützung bei Erziehungsproblemen bilden die Basis für ein positives Aufwachsen. Sie sind damit auch Voraussetzung für all unsere Beteiligungsbemühungen. Wen wir heute über Kinderrechte reden, möchte ich daher ausdrücklich betonen: Schutz und Chancengleichheit für alle Kinder ist eine der größten Herausförderungen für Politik und Gesellschaft!!! Wie sie alle wissen haben wir genügend Gesetzliche Grundlagen die den Schutz von Kindern und Jugendlichen regeln. Neben der Kinderrechtskonvention möchte ich hier noch das Grundgesetz und das Kinder- und Jugendhilfegesetz nennen. Diese Gesetzte sind dringend Notwendig um die Rechte der Kinder zu Schützen. 3/6
Wir müssen aber auch mit Bedauern und erschrecken feststellen, das wiederholt Fälle von Verwahrlosung, Misshandlung in unserer Gesellschaft in unserer Stadt auftreten. Immer wieder haben einzelne Fälle uns und die Öffentlichkeit bewegt. So bedauerlich jeder einzelne Fall auch ist, die breite Debatte zeigt auch ein gewachsenes öffentliches Bewusstsein. Die Menschen, aber auch die Verantwortlichen in den Institutionen haben gelernt, genauer hin zu schauen, nicht weg zu sehen und schneller zu reagieren, um Kinder zu schützen. Wir als SPD Regierungsfraktion sahen und sehen eine wesentliche Aufgabe darin, Berliner Kinder und Jugendliche zu schützen. Ich habe in diesem Zusammenhang einen wichtigen Aspekt schon häufiger betont und möchte dies auch heute noch einmal herausstellen: Wir haben die Aufgabe dafür zu sorgen, dass die, die Schutz benötigen, diesen auch bekommen. Und dies tun wir auch und nicht erst seit gestern. Dieser Anspruch prägt vielmehr die Arbeit aller Verantwortlichen seit Jahren. Auch angesichts der Fälle der letzten Monate dürfen wir nicht vergessen, was engagierten Menschen im Interesse des Kinderschutzes geleistet wird. Trotzdem eint alle Verantwortlichen die Erkenntnis: Der Kinderschutz in Berlin muss optimiert und verbessert werden. Dieser Aufgabe stellen wir uns. Das Konzept Netzwerk Kinderschutz ist in der Umsetzung. In der Praxis wird sich nun zeigen, wo unsere Ansätze greifen und wo noch Handlungsbedarf besteht. Denn das beste Konzept wird nur dann wirksam, wenn es in den Bezirken mit Leben gefüllt wird. Mit dem Konzept Netzwerk Kinderschutz bestreiten wir den richtigen Weg, um aufbauend auf den vorhandenen und durchaus bewährten Hilfestrukturen das System weiter zu qualifizieren und noch verlässlicher zu machen. 4/6
Wir finden es richtig und wichtig, das der Senat zur Etablierung des Netzwerkes eine ressortübergreifende Projektgruppe eingerichtet hat, die den Umsetzungsprozess begleiten wird. Anrede, Bei der Weiterentwicklung des Kinderschutzes haben wir als SPD klare Ziele gesetzt: Den Aufbau eines Frühwarnsystems; schnelle, unbürokratische Hilfe durch kompetente Ansprechpartner in Krisenfällen; eine zentrale Anlaufstelle für Bürger, Fremd- und Selbstmelder - die Hotline Kinderschutz; die Zusammenarbeit aller Verantwortlichen im Interesse des Wohls des Kindes. Lassen sie mich an dieser Stelle auf einige Erfolge, aber auch auf Probleme eingehen. Ich finde es erfreulich, dass die Hotline so gut angenommen wird. Positiv ist auch, dass Kooperationsvereinbarungen zwischen den Jugendämtern und den Gesundheitsdiensten abgeschlossen werden. Zu den Erfolgen in diesem Bereich gehört auch, dass Ausführungsvorschriften auch für die Gesundheitsdienste in naher Zukunft realisiert werden. Allerdings würde es mich freuen, wenn die Berufsverbände im Gesundheitsbereich, deren Kooperation für den Erfolg unseres Ansatzes unverzichtbar sind, verbindlicher in die Zusammenarbeit eingebunden werden könnten. Lassen Sie mich abschließend kurz auf die Situation in den Jugendämtern eingehen. Wer Leistung gerade im Bereich Kinderschutz erwartet, muss auch leistungsfähige Strukturen gewährleisten. Dies erscheint im Bereich der Jugendämter aktuell, aber auch perspektivisch eine große Herausforderung. Ich nenne hier nur die Punkte unbesetzte Stellen und Alterentwicklung bei den Beschäftigten. Wir werden hier sehr genau hinschauen müssen, welche Auswirkungen die 5/6
Einsparanstrengungen auf die Qualität der Arbeit haben. Ich bin die Letzte, die hier alles schön reden will. Ich bin allerdings auch die Letzte, die glaubt, mehr Geld und mehr Personal führen automatisch zu besserer Qualität und mehr Leistungen. Wir debattieren heute über Kinderrechte, über Partizipation und Kinderschutz. Lassen sie uns bei allem Streit in der Sache eins nicht vergessen. Wir haben gemeinsam ein Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen in unserer Stadt. Sie müssen unsere Entscheidungen leben. Lassen sie uns daher die Erfolge weiter ausbauen und noch vorhandene Probleme lösen. Im Interesse der jungen Menschen dieser Stadt. Vielen Dank 6/6