Sind Einsparungen in ManagedCare- Modellen nachhaltig? Health Insurance Days, Interlaken, 15. April 2016 Lukas Kauer, PhD CSS Institut für Empirische Gesundheitsökonomie www.css-institut.ch
Zu meiner Person 2003-2007 Volkswirtschaftsstudium an der Uni Zürich Dort Vorlesung «Soziale Krankenversicherung» bei 2008-2009 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am WIG/ZHAW bei In dieser Zeit Teilnahme am Symposium Forum Managed Care Lukas Kauer 2
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Einleitung Managed Care (MC) wurde eingeführt in der Hoffnung den Anstieg der Gesundheitskosten zu brechen. Koordiniert die Behandlung, reduziert doppelte Behandlung. Wenn mit Capitation oder Bonus bezahlt, verändert MC die Anreize der Leistungserbringer, so dass Überbehandlung eingedämmt wird. Zahlreiche Studien zu Kosteneinsparungen, v.a. aus den USA aber auch der Schweiz Lukas Kauer 4
Evidenz aus der Schweiz Studie Jahre Modell Unkorrigierte Korrigierte Einsparung Einsparung HMO Capitation 62% 40% Lehmann & Zweifel 1997-2000 Hausarzt Bonus 34% 10% (2004) JHE Hausarzt Liste 39% 21% Schwenkglenks et al. (2006) J Epidem Comm H 2000 Hausarzt Liste 8% (n.s.) 15%-19% Grandchamp & Gardiol (2011) HE 2003-2006 Telemedizin 57%-62% 4% Trottmann, Zweifel, Beck HMO/Hausarzt 2003-2006 (2012) JHE Capitation 42% 12%-19% Beck (2013) 2006-2007 HMO/Hausarzt Capitation 59% 9% Reich, Rapold, Flatscher- HMO/HA Capitation 30% 21% Thöni (2012) 2006-2009 Hausarzt Bonus 21% 16% IntJIntegCare Telemedizin 22% 4% Lukas Kauer 5
ManagedCare Marktentwicklung in CH 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 HMO/Hausarzt mit Capitation Hausarzt ohne Capitation Telemedizin Standard Quelle: Datenpool Lukas Kauer 6
Forschungsfragen Mindestens 3 Fragen bleiben unbeantwortet: 1. Sind die Effizienzgewinne nachhaltig (für mehr als 4 Jahre) oder beobachten wir eine Regression zur Mitte? Sir Francis Galton (1886): Kinder besonders grosser Eltern sind kleiner; Körpergrösse bewegt sich Richtung des Durchschnitts, das heisst «zur Mitte». Madden Curse: Auf dem Cover des beliebten Videospiels abgebildete Sportler erzielen in diesem Jahr mediokre Leistungen. Lukas Kauer 7
Forschungsfragen Mindestens 3 Fragen bleiben unbeantwortet: 1. Sind die Effizienzgewinne nachhaltig (für mehr als 4 Jahre) oder beobachten wir eine Regression zur Mitte? 2. Ist die Qualität langfristig ein Problem? Kommt es aufgrund von Abweisung oder Unterversorgung zu höheren Kosten? 3. Wo/warum ist MC effizienter? Lukas Kauer 8
Identifikationsstrategie Selektion: Eher junge, gesunde Versicherte wählen HMO- Modell. Nicht korrigierter Vergleich überschätzt Einsparungen massiv. Identifikationsproblem: Wir beobachten immer nur ein Outcome: Person entweder im HMO-Modell oder nicht. Entscheidende Frage: Welche Kosten fallen an bei Person, welche im HMO-Modell ist, wäre diese nicht im HMO-Modell gewesen. Goldstandard: Randomisierte Zuteilung ins Versicherungsmodell (vgl. Medikamente) Lukas Kauer 9
Identifikationsstrategie Propensity score matching: 1. Schätze die Neigung (=Wahrscheinlichkeit), dass eine Person ein HMO-Modell wählt. 2. Vergleiche zwei Personen mit derselben Neigung (statistischer Zwilling), wobei eine das HMO-Modell tatsächlich gewählt hat, die andere nicht. Wichtigste Annahme: Ich beobachte alle Variablen, die sowohl die Leistungen als auch die Entscheidung ein HMO-Modell zu wählen, beeinflussen. Lukas Kauer 10
Daten CSS Versicherung Jahre 2003-2014 HMO Eintritt im Jahr X vs. Standard über gesamt Periode Start- oder «Matching»-Zeitpunkt: 1.1.2005 Vorjahresdaten über 2 Jahre, Resultate über 10 Jahre Lukas Kauer 11
Daten Lukas Kauer 12
Deskriptive Statistik 1 Lukas Kauer 13
Deskriptive Statistik 2 (continued) Lukas Kauer 14
Outcome Variablen Bruttoleistungen Mortalitätsrate Anzahl Konsultationen Anzahl stationäre Tage Wahrscheinlichkeit positive Bruttoleistungen Wahrscheinlichkeit mindestens 1 Konsultation Lukas Kauer 15
Resultate Bruttoleistungen Alle Resultate: HMO Standard Standard Reduktion der Kosten in % Grauer Bereich: 95%-Konfidenzintervall In absoluten Werten: Reduktion der Kosten (Zähler) variieren zwischen 760 und 1660 CHF. Jahr Lukas Kauer 16
Resultate Konsultationen Reduktion der Konsultationen in % Jahr In absoluten Werten: ca. 1 Konsultation weniger. Lukas Kauer 17
Resultate Anzahl stationäre Tage Reduktion der stationären Tage in % Jahr Lukas Kauer 18
Resultate Mortalitätsrate Mortalitätsrate Im HMO-Modell: 4.1% Im Standard-Modell: 5.8% Hohe Kosten vor Tod könnten (hohe) Einsparungen erklären, deshalb Analyse ohne Todesfälle: Reduktion der Kosten in % Jahr Lukas Kauer 19
Resultate W keit positive Leistungen Differenz P(BL>0) in %-Punkten Jahr Lukas Kauer 20
Resultate W keit mind. 1 Konsultation Differenz P(Konsultation>0) in %-Punkten Jahr Lukas Kauer 21
Externe Validität Personen, welche 2005 ins HMO-Modell gewechselt haben, könnten nicht repräsentativ sein. Switchers: mit HMO Unzufriedene wechseln Modell. Von 749 bleiben 54% in MC (hauptsächlich Hausarztmodell). Analyse der Kosten im letzten Jahr im HMO-Modell und in den zwei folgenden: è Keine systematische Evidenz, dass deren Kosten höher sind. Leavers: mit HMO Unzufriedene wechseln Versicherung. Pro Jahr verlassen ca. 2.9% der Versicherten die Versicherung. Analyse der Kosten im letzten Jahr im HMO-Modell: è Signifikant tiefere Kosten è eher Gesunde Lukas Kauer 22
Fazit Substantielle, langfristige Kostenreduktion, weniger Konsultationen in HMOs Obwohl Wahrscheinlichkeit positive Gesundheitsausgaben bzw. mindestens eine Konsultation zu haben, gleich wenn nicht grösser bei HMO-Versicherten. Deutet darauf hin, dass HMOs unnötige Konsultationen/Kosten verhindern. Keine Hinweise auf Qualitätsprobleme oder Unzufriedenheit, stattdessen Mortalität tiefer bei HMO-Versicherten und steigende HMO-Versichertenzahl. Lukas Kauer 23
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Lukas Kauer 24